Dunkle Materie

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Re: Dunkle Materie
« Antwort #550 am: 20. März 2024, 09:49:02 »
Es steigt ein weiterer Teilnehmer in den Ring, der behauptet, die beobachteten Phänomene ganz ohne Dunkle Materie (und auch Dunkle Energie) erklären zu können: Jonathan Oppenheim vom University College London (UCL). Statt dessen zieht er statistische Fluktuationen der (weiterhin klassisch angenommenen) Raumzeit heran:
https://arxiv.org/abs/2402.19459 "Anomalous contribution to galactic rotation curves due to stochastic spacetime"

https://www.theguardian.com/science/2024/mar/09/controversial-new-theory-of-gravity-rules-out-need-for-dark-matter

Da werfe ich doch noch das hier in die Runde:

schwächer werdende Gravitation statt dunkler Energie und Materie? Prof. Gupta

Ich weiß nicht, ob es diesen Ansatz schon gibt. Klingt interessant, auasi ein ermüdendes Universum und abnehmende Gravitation. Die Arbeit ist im Link und muss sich bitte jeder selbst übersetzen. Ich habe nur die Zusammenfassung übersetzt.


Zitat
Zusammenfassung
Der Hauptzweck dieses Papiers besteht darin zu untersuchen, wie gut ein kürzlich vorgeschlagenes neues Modell (a) zur Position der Baryonenschalloszillation (BAO)-Merkmale passt, die in der großräumigen Verteilung von Galaxien beobachtet werden, und (b) zur gemessenen Winkelgröße des Schallhorizonts aufgrund von BAO, die in der kosmischen Hintergrundstrahlungsanisotropie (CMB) eingeprägt ist. Das neue Modell ist ein Hybridmodell, das die müde Licht (TL)-Theorie mit einer Variante des ΛCDM-Modells kombiniert, bei der die kosmologische Konstante durch einen kovarianten Kopplungskonstantenparameter α ersetzt wird. Dieses Modell, das CCC+TL-Modell genannt wird, kann die Daten des Typ-Ia-Supernovae-Pantheon+ so genau passen wie das ΛCDM-Modell und passt auch zur Winkelgröße der kosmischen Morgenröte-Galaxien, die vom James Webb-Weltraumteleskop beobachtet werden und im Widerspruch zum ΛCDM-Modell stehen. Die von uns erhaltenen Ergebnisse sind 151,0 (±5,1) Mpc für die absolute BAO-Skala zu aktueller Epoche und die Winkelgröße des Schallhorizonts θsh = 0.60, die mit den Beobachtungen von Planck an der Oberfläche der letzten Streuung übereinstimmt, wenn die Baryondichte auf 100% der Materiedichte eingestellt ist und ∣α∣ um 5,6% erhöht wird. Es bleibt abzuwarten, ob das neue Modell mit dem CMB-Leistungsspektrum, der Big Bang-Nukleosynthese leichter Elemente und anderen wichtigen Beobachtungen übereinstimmt.


Re: Dunkle Materie
« Antwort #551 am: 22. März 2024, 16:56:34 »
Der Oppenheim-Ansatz kursiert ja schon eine Weile als Möglichkeit, eine Quanten-Gravitationstheorie zu schaffen, ohne eine Qantisierung der Gravitation zu benötigen.
Das wäre gegenüber z.B. Stringtheorien verhältnismäßig einfach testbar.

Re: Dunkle Materie
« Antwort #552 am: 05. April 2024, 15:08:49 »
Eine Ansammlung von 60 (!) Sternen soll seit Milliarden Jahren die Milchstraße umkreisen, das spricht wohl für DM.
https://www.heise.de/news/Rekordfund-Zwerggalaxie-aus-nur-etwa-60-Sternen-wohl-voller-Dunkler-Materie-9674977.html

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Offline Rücksturz

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Re: Dunkle Materie
« Antwort #553 am: 06. April 2024, 11:45:34 »
"TU Darmstadt: Mit Atomwolken Dunkle Materie detektieren

Die Natur eines Großteils der Materie im Universum ist Physikern weiterhin ein Rätsel. Bisherige Versuche, sie zu detektieren, scheiterten. Nun zeigen Darmstädter Physiker, wie es mit so genannten Quantensensoren doch gelingen könnte. Eine Pressemitteilung der Technischen Universität Darmstadt."



Physiker der Technischen Universität Darmstadt haben nun maßgebliche Beiträge zum Design von neuen Quantensensoren geleistet, die Dunkle Materie mit Hilfe hochpräziser Messungen detektieren sollen. (Bild: CC BY 4.0 DEED / Bearbeitung TU Darmstadt)


Weiter in der Pressemitteilung der TU Darmstadt:
https://www.raumfahrer.net/tu-darmstadt-mit-atomwolken-dunkle-materie-detektieren/

Viele Grüße
Rücksturz
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Re: Dunkle Materie
« Antwort #554 am: 19. April 2024, 09:07:07 »
Sabine Hossenfelder hat einen Beitrag zum Ansatz MOG von John Moffat
https://arxiv.org/abs/2311.17130

Danach würde nicht die Beschleunigung sondern der Abstand entscheiden.
Interessant!
« Letzte Änderung: 19. April 2024, 18:49:17 von einsteinturm »

Offline failsafe

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Re: Dunkle Materie
« Antwort #555 am: 19. April 2024, 11:29:33 »
Moffat überprüft die Effekte anhand der GAIA-Beobachtungen von "wide binaries",  d.h. Doppelsternen, die so weit von einander entfernt sind, dass die Schwelle erreicht wird, an der Abweichungen von Newtons Gesetz sichtbar werden sollten. Dass dies nicht unproblematisch ist, kann man zB in Stacy McGaughs ausgezeichnetem Blog "Triton Station" nachlesen:
https://tritonstation.com/2023/05/18/wide-binary-weirdness/
Also: solche claims mit Vorsicht geniessen ..

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Offline James

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Re: Dunkle Materie
« Antwort #556 am: 19. April 2024, 13:02:36 »
COSINUS: Neues Experiment prüft umstrittene Dunkle-Materie-Signale

In Italien wird am 18. April 2024 ein Großexperiment zum Nachweis Dunkler Materie eingeweiht. COSINUS ist ein internationales Forschungsprojekt, an dem auch ein Team des Max-Planck-Instituts für Physik (MPP) beteiligt ist. Eine Pressemitteilung des MPP.


Aufbau des COSINUS-Experiments. (Grafik: COSINUS Collaboration)

Weiter in der Pressemitteilung des MPP  =>  Link zum Portalartikel

Viele Grüße, James

Re: Dunkle Materie
« Antwort #557 am: 19. April 2024, 18:53:16 »
Claim würde ich es auch nicht nennen. Es ist ein Ansatz. Aktuell alles sehr offen. Triton Station finde ich eine gute Adresse. Offenes Denken.
SH meint, die WideBinaries-Analysen würden Mond größere Probleme machen.
Es bleibt spannend.

Offline Wolli

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Re: Dunkle Materie
« Antwort #558 am: 20. Juni 2024, 12:07:34 »
Offenes Denken finde ich gut.
Wie wäre es, wenn die dunkle Materie die Galaxien zusammenhält, nicht wenn sie von innen zusätzlich zieht, sondern von außen drückt. Das Ergebnis wäre vermutlich dasselbe.

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Offline Nitro

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Re: Dunkle Materie
« Antwort #559 am: 20. Juni 2024, 13:46:09 »
Offenes Denken finde ich gut.
Wie wäre es, wenn die dunkle Materie die Galaxien zusammenhält, nicht wenn sie von innen zusätzlich zieht, sondern von außen drückt. Das Ergebnis wäre vermutlich dasselbe.

Da driften wir aber dann schon schnell in den pseudowissenschaftlichen Bereich und das wollen wir in diesem sach- und fakten-basierten Forum eigentlich gerne vermeiden.  ;)
Bevor man einen Beitrag letztendlich abschickt sollte man ihn sich noch ein letztes Mal durchlesen und sich dabei überlegen ob man ihn genau in diesem Wortlaut auch Abends seinem Partner und/oder Kindern ohne Bedenken vorlesen würde.

Re: Dunkle Materie
« Antwort #560 am: 20. Juni 2024, 14:43:27 »
Wobei der Begriff DM auch nicht gerade sach- und fakten-basiert ist, für etwas, für das es bisher 0 Erklärung gibt. Zwickys "Missing mass" war da wesentlich ehrlicher.

https://home.cern/sites/default/files/inline-images/abelchio/Map-1_Plan%20de%20travail%201.png

Offline Wolli

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Re: Dunkle Materie
« Antwort #561 am: 21. Juni 2024, 00:37:24 »
Warum pseudowissenschaftlich?

Re: Dunkle Materie
« Antwort #562 am: 21. Juni 2024, 05:03:02 »
Warum bezeichnet man etwas als Materie, was auch ein Feld oder ein emergenter Effekt sein könnte?
Es gibt ein relativ neues Paper, nach welchem die flache, also nicht abfalllende Rotationsgeschwindigkeit um große einzelne Spiralgalaxien so unglaublich weit nach draussen Bestand hat, dass man sich fragt, wie das mit DM-Halos erklärbar sein soll.
https://arxiv.org/abs/2406.09685

tw

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Re: Dunkle Materie
« Antwort #563 am: 21. Juni 2024, 06:46:47 »
Wieso sollte "Missing mass" eigentlich besser sein? Man könnte sagen, man kann nur etwas vermissen, was schon mal da war. Und warum sollte etwas, das irgendwie wirkt, weg sein, und doch wirken?

Man kann - muß aber nicht - darüber diskutieren, ob die verbreitete Begrifflichkeit "dunkle Materie" passend ist oder nicht. Von solch einer Diskussion ginge auf die Sache bezogen wohl keinerlei Erkenntnisgewinn aus.

Es ist ja sowieso gemeint, dass Wissenschaftler etwas suchen, dass sich in gewisser Hinsicht wie Materie verhält bzw. wirkt, andererseits auch wieder nicht, weil (bisher) nicht "sichtbar". Und daher gewissermaßen dunkel ist.

Es liegt halt noch im Dunklen, ob es dieses "Material" gibt, und was seine vollständigen Eigenschaften und Wirkungen sind. Das herauszufinden, daran arbeiten Wissenschaftler.

Viele Grüße    tw

Re: Dunkle Materie
« Antwort #564 am: 21. Juni 2024, 07:53:41 »
Da gebe ich Dir teilweise Recht. Fritz Zwicky machte eine Feststellung, die zum damaligen Zeitpunkt aus heutiger Sicht vollkommen nachvollziehbar war, daher gefällt mir diese Bezeichnung für das Phänomen. Auf heute passt es nicht mehr so gut. DM bezeichnet heute im Wortsinn die, in Jura würde man sagen "herrschende Meinung".
Das gefällt mir weniger. Andererseits ist klar, dass Sprache schwer zu reglementieren ist und sich entwickelt. Ein Begriff wie "Aether" wäre m.E. besser, da er nicht einer Deutung ganz klar den Vorzug gibt.
Das verlinkte Paper ist, wenn man es nicht inhaltlich angreifen kann, jedenfalls eine echte Herausforderung für die herrschende Meinung von DM-Halos.

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Offline Pham

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Re: Dunkle Materie
« Antwort #565 am: 21. Juni 2024, 08:17:46 »
Wobei der Begriff DM auch nicht gerade sach- und fakten-basiert ist, für etwas, für das es bisher 0 Erklärung gibt. Zwickys "Missing mass" war da wesentlich ehrlicher.

https://home.cern/sites/default/files/inline-images/abelchio/Map-1_Plan%20de%20travail%201.png

"Dunkle Materie" ist ein rein begrifflicher Platzhalter für eine unbekannte Ursache einer sichtbaren Wirkung (man geht klassisch aus, dass eine Wirkung eine Ursache haben muss).
Man könnte auch "Unbekanntes Dingsbums" sagen ... das macht inhaltlich keinen Unterschied. Alles andere ist Semantik. Insofern kann man mit dem gleichen Recht auch die Begriffe "schwarzes Loch" und "Urknall" in Frage stellen (auch zurecht!). Auch die beiden Begriffe sind streng genommen unwissenschaftlich, das sie die Natur dessen was sie beschreiben sollen, nicht oder sogar verkehrt beschreiben.

Das Gleiche gilt für den Begriff "dunkle Materie".
Müssten wir allein dem gesunden Menschenverstand vertrauen, so wäre die Welt noch immer eine Scheibe.

Re: Dunkle Materie
« Antwort #566 am: 21. Juni 2024, 09:53:54 »
So empfinde und schrieb ich das auch. Dennoch ist die Zuweisung Materie für etwas absolut Unbekanntes eine viel weniger passende Namensgebung in Anbetracht der Alternativen als zum Beispiel SH.
Sollte es keine Materie sein, wird der Begriff wohl verschwinden müssen, ebenso wie LCDM...

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Offline MpunktApunkt

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Re: Dunkle Materie
« Antwort #567 am: 21. Juni 2024, 10:03:10 »
Hallo,

klar wenn man herausfindet das der "Dunkle Materie Effekt" nicht durch Materie entsteht, wird man den Begriff nicht mehr nutzen. Da dieser Effekt aber sich eben wie Gravitation verhält, und diese nun mal durch Materie erzeugt wird, finde ich den Begriff momentan schon passend.

Gruß

Mario
Wenn Du heute morgen schon sechs unmögliche Dinge getan hast, warum dann nicht als siebentes zum Frühstück ins Milliways, das Restaurant am Ende des Universums?

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Offline Nitro

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Re: Dunkle Materie
« Antwort #568 am: 21. Juni 2024, 11:02:15 »
Warum pseudowissenschaftlich?

Du hast eine private Nachricht von mir, das wird hier sonst zu off topic.
Bevor man einen Beitrag letztendlich abschickt sollte man ihn sich noch ein letztes Mal durchlesen und sich dabei überlegen ob man ihn genau in diesem Wortlaut auch Abends seinem Partner und/oder Kindern ohne Bedenken vorlesen würde.

Re: Dunkle Materie
« Antwort #569 am: 29. Juni 2024, 16:12:32 »
Herr Kroupa aus Bonn hat nachgelegt.
Ich hoffe es ist in Zeiten der KI-Übersetzer nicht schlimm, dass der Artikel Englisch ist.
https://darkmattercrisis.wordpress.com/2024/05/10/91-the-winnie-the-pooh-test-and-the-galactic-potential-full-of-invisible-dark-matter/

Interessant ist der Prozess der dynamischen Reibung. https://de.wikipedia.org/wiki/Dynamische_Reibung

In der englischen Wiki als Chandrasekhar friction bezeichnet.