Dunkle Materie

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Offline Sensei

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Re: Dunkle Materie
« Antwort #325 am: 07. September 2015, 20:49:38 »
o.O Wie kommt ihr drauf dass es (außer manchmal ganz wenig) bei Galaxiekollisionen zu echter Reibung kommt? Soweit ich weißt wechselwirken die beiden Kollisionspartner praktisch nur über Gravitation miteinander...

Was der Diskusion gleich wieder die grundlage nehmen würde.

Re: Dunkle Materie
« Antwort #326 am: 07. September 2015, 21:28:04 »
Ohne "Reibung" würden sie sich einfach "gegenseitig durchfliegen" und sich dann wieder komplett trennen, quasi ein hyperboler Flyby aneinander.
Sobald das Material aber gegenseitig in direkten mechanischen Kontakt tritt (praktisch Kollisionen, seien es Sterne, Planeten, Steine oder Staub), dann ist das ein reibungsbehafteter Prozess.
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Offline Volker

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Re: Dunkle Materie
« Antwort #327 am: 07. September 2015, 23:23:57 »
Hallo,

bei Galaxienkollisionen und Verschmelzungen geht es vor allem um die Gravitationskraefte zwischen den Galaxien, nicht um Reibung, jedenfalls in erster Naeherung. Man kann das also als einen kollisionsfreien Prozess behandeln. Erst wenn man untersuchen moechte, wie sich das interstellare Gas in den Galaxien durch Verschmelzungen aufheizt, muss man auch hydrodynamische Kraefte mit behandeln. Das ist alles ganz schoen hier erklaert: http://burro.cwru.edu/JavaLab/GalCrashWeb/dynamic.html

Zum Nachweis von Dunkler Materie in Galaxien(haufen)kollisionen und wie die meisten Astrophysiker sich das erklaeren, siehe z.B. http://chandra.harvard.edu/press/15_releases/press_032615.html

Gruss,
Volker
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Re: Dunkle Materie
« Antwort #328 am: 07. September 2015, 23:35:56 »
Danke Volker, für die Erläuterung. Ich hatte mich vor ein paar Tagen mit einem Astronomen bei uns unterhalten, der von "losgelöster" Dunkler Materie nach der Interaktion/Störung zwischen Galaxien gesprochen hatte. Vielleicht muss ich da noch mal nachhaken.
« Letzte Änderung: 08. September 2015, 07:41:37 von Schillrich »
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Offline rok

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Re: Dunkle Materie
« Antwort #329 am: 08. September 2015, 05:43:50 »
Danke Volker,

das bedeutet, dass zumindest bei der Kollision von Galaxienhaufen das enthaltene Gas durch die Reibung stark abgebremst wird, während die Galaxien und die Dunkle Materie wenig gegenseitige Beeinflussung zeigen. (Gemeint ist, dass sich die Galaxien untereiander und die Bereiche mit DM sebst nicht wesentlich beeinflussen).

Insbesondere konnte nicht nachgewiesen werden, dass sich DM bei der gegenseitigen Durchdringung irgendwie beeinflusst.

Die Beobachtung (Lokalisierung) der DM wurde durch das Hubble-Teleskop anhand des Gravitationslinsen-Effekts möglich.

Robert

edit
« Letzte Änderung: 08. September 2015, 09:06:18 von rok »

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Offline Volker

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Re: Dunkle Materie
« Antwort #330 am: 08. September 2015, 07:59:47 »
Hallo,

Materie ist langweilig, wenn ihr mich fragt. Warum? Weil dunkle Materie ist (wie bei Wikipedia steht):
 - Kaltes Gas
 - Kalte Staubwolken
 - MACHOs (Massive astrophysical compact halo objects)
Oder was ich auch für möglich halte: inaktive schwarze Löcher (wie sollte man die auch erkennen, wenn "dahinter" nicht viel los ist...)

Das steht eben nicht in dem von Dir als Referenz angegebenen Wikipediaartikel. Stattdessen ist dort zu lesen, daß diese baryonischen (klassischen) Kandidaten für die Dunkle Materie heute ausgeschlossen werden können. Z.B. würden MACHOs und stellare Schwarze Löcher sich durch Mikrolinsen Ereignisse verraten, also das Licht von zufällig hinter ihnen vorbeiziehenden Sternen auf sehr charakteristische Weise verstärken. Experimente und Beobachtungskampgnen dazu gab es in den 90 ern.
So einfach kannst Du das nicht vom Tisch wischen.

Gruß,
Volker
Forschung aktuell: Das Neueste aus Wissenschaft und Forschung

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Offline m.hecht

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Re: Dunkle Materie
« Antwort #331 am: 08. September 2015, 09:08:15 »
Das steht eben nicht in dem von Dir als Referenz angegebenen Wikipediaartikel. Stattdessen ist dort zu lesen, daß diese baryonischen (klassischen) Kandidaten für die Dunkle Materie heute ausgeschlossen werden können.

Richtig. Der aktuelle Stand bezüglich dunkler Materie ist, dass sie definitiv nicht aus baryonischer Materie besteht. Für alle die nicht wissen was baryonische Materie ist. Baryonische Materie ist sichtbare Materie. Oder genauer gesagt. Materie, die mit elektromagnetischer Strahlung wechselwirkt. Also das Zeugs aus dem wir sind. Dunkle Materie ist eine Form von Materie, die nicht mit Strahlung wechselwirkt. Der Begriff "Dunkle Materie" gefällt mir deshalb nicht. Denn diese Form von Materie ist nicht DUNKEL, sie ist transparent bzw. unsichtbar. Man könnte also auch Transparente Materie sagen.

Deshalb kann man heute alles was aus baryonischer Materie besteht ausschließen (Gas, Staub, braune Zwerge, Schwarze Löcher, ...).

Mane

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Offline m.hecht

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Re: Dunkle Materie
« Antwort #332 am: 08. September 2015, 09:24:45 »
Zum aktuellen Stand der Forschung bezüglich Dunkler Materie empfehle ich dieses Video. Neben vielen Grundlagen wird z.B. auch detailliert auf Galaxienkollisionen eingegangen und wie man versucht, Dunkle Materie direkt nachweisen zu können.


https://www.youtube.com/watch?v=e3AcrT8aSto

Mane

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Offline MpunktApunkt

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Re: Dunkle Materie
« Antwort #333 am: 10. Oktober 2015, 11:28:56 »
Hallo,

was ich mich seit der Entdeckung der Masse der Neutrinos frage ist, ob und wen ja welchen Anteil der Dunklen Materie die Neutrinos haben? Gibt es darauf eine Antwort?

Liebe Grüße

Mario
Wenn Du heute morgen schon sechs unmögliche Dinge getan hast, warum dann nicht als siebentes zum Frühstück ins Milliways, das Restaurant am Ende des Universums?

Re: Dunkle Materie
« Antwort #334 am: 10. Oktober 2015, 12:49:13 »
was ich mich seit der Entdeckung der Masse der Neutrinos frage ist, ob und wen ja welchen Anteil der Dunklen Materie die Neutrinos haben? Gibt es darauf eine Antwort?
Aus dem Wikipediaartikel: "Neutrinos galten lange Zeit als naheliegende Kandidaten für heiße Dunkle Materie, da ihre Existenz bereits gesichert ist, im Gegensatz zu anderen Kandidaten für dunkle Materie. Allerdings ist die maximale Masse der Neutrinos nach neueren Erkenntnissen nicht ausreichend, um das Phänomen zu erklären."
Im Diagramm oben sind die Neutrinos mit 10% der Materie- bzw. Energieanteil eingezeichnet.

Re: Dunkle Materie
« Antwort #335 am: 10. Oktober 2015, 14:06:52 »
Was ich bei der Diskussion um die Dunkle Materie bisher nicht verstanden habe ist, wo sich innerhalb einer Galaxie die DM befinden müßte.
Ist dies:
- im inneren Bereich?
- eher in den Außenbereichen?
- gleichmäßig verteilt?
In den Außenbereichen kann sich ja eigentlich keine DM befinden, da man sie dann auch bei uns im Sonnensystem messen müßte. Da DM immerhin einen mehr als 5x so großen Anteil wie sichtbare Materie haben soll, würde das in dem Falle, daß sie auch "hier" ist bedeuten, daß die Umlaufbahnen der Planeten völlig anders aussehen müßten. Dem ist aber nicht so, weshalb das Sonnensystem scheinbar weitestgehend frei von DM ist.
Wenn sie sich statt dessen auf den inneren Bereich einer Galaxie konzentriert, sollten dann nicht auch die weiter innen liegenden Sterne schneller um das Zentrum kreisen? Das tun sie aber nicht.
Daher meine Verwirrung: Wo innerhalb einer Galaxie muß die DM verteilt sein, damit das beobachtbare Phänomen der zu schnellen äußeren Rotation erklärbar ist?

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Offline Klakow

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Re: Dunkle Materie
« Antwort #336 am: 10. Oktober 2015, 14:27:33 »
@Sputnik: Genau das stimmt eben nicht mehr, nach den Untersuchungen an Neutrinos für die es gerade den Nobelpreis gegeben hat.

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Offline Lumpi

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Re: Dunkle Materie
« Antwort #337 am: 10. Oktober 2015, 20:22:17 »
Naja, die Entdeckung, für den es jetzt den Nobelpreis gab, liegt 15 Jahre zurück. Im aktuellen "SPIEGEL"  42/2015 ("Autisten des Mikrokosmos", Seite 114/115) steht zudem geschrieben, dass das Gewicht aller Neutrinos im Universum etwa dem Gewicht aller Sterne entsprechen dürfte. Was @Sputnik geschrieben hat ist also, meiner Meinung nach, durchaus richtig.
Das Bekannte ist endlich, das Unbekannte unendlich.

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Offline m.hecht

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Re: Dunkle Materie
« Antwort #338 am: 11. Oktober 2015, 23:21:59 »
Die DM kann definitiv nicht vollständig durch Neutrinos erklärt werden. Ob Neutrinos (es gibt ja mehrere Arten davon) nun 10%, 8% oder 12% der DM ausmachen ist zuerst einmal unerheblich. Die Forschung in diesem Bereich geht stetig voran und die Zahlen ändern sich immer wieder ein bisschen.

Sicher ist jedoch, dass die Neutrinos nicht den überwiegenden Anteil der DM ausmachen. Es bleibt also spannend.

Es gibt Theorien, nachdem jedes Teilchen ein supersymetrisches Partnerteilchen hätte. Nach diesen Theorien hätte das Neutrino das Partnerteilchen Neutralio. Dieses Teilchen wäre ein guter Kandidat für ein Teilchen, das nicht mit elektromagentischer Strahlung wechselwirkt aber Masse hätte. Am LHC versucht man tatsächlich, supersymetrische Teilchen zu finden. Bisher hat man aber noch gar nichts in der Richtung gefunden. Sprich: Aktuell ist das nur eine mathematische Idee.

Mane

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Offline m.hecht

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Re: Dunkle Materie
« Antwort #339 am: 11. Oktober 2015, 23:54:19 »
Was ich bei der Diskussion um die Dunkle Materie bisher nicht verstanden habe ist, wo sich innerhalb einer Galaxie die DM befinden müßte.

Die dunkle Materie müsste wie eine Kugel geformt sein. Im inneren die Galaxie. Der Rand nach aussen ist nicht scharf, sondern die Konzentration der DM nimmt zum intergalaktischen Raum fließend ab. Die DM durchzieht also die ganze Galaxie, allerdings relativ gleichmäßig verteilt und nicht so punktuell wie die baryonische Materie (das Zeugs aus dem Sterne, Planeten und wir sind) und bildet auch einen Halo um die Galaxie.

Sie so aus:


Zwischen den Objekten aus baryonischer Materie (Sterne, Planeten, Asteroiden, ...) gibt es praktisch (fast) keine weitere baryonische Materie. Deshalb wirkt die Gravitation hier sehr punktuell. Ausgelöst eben durch die sehr kompakten Objekte aus baryonischer Materie. Die DM ist sehr viel gleichmäßiger in der Galaxie verteilt, aber eben in der ganzen Galaxie und darüber hinaus. Deshalb sind die Umlaufbahnen der Planeten im Sonnensystem so wie sie sind obschon die DM auch hier vorhanden ist. Es gab und gibt übrigens tatsächlich Versuchsaufbauten, die die natürliche DM im Sonnensystem messen wollten. Also keine künstlich erzeugten Teilchen im LHC sondern die DM die auch in unserem Sonnensystem da sein muss. Bisher konnte aber nichts nachgewiesen werden. Das heißt aber nicht, das die Theorien falsch sind. Wir wissen nur aktuell nicht wirklich, nach was wir suchen müssen und wie wir es detektieren können.

Was man nicht vergessen darf ist, dass die Dunkle Materie sehr wahrscheinlich nicht DIE Dunkle Materie ist. Ich meine damit, dass die DM sehr wahrscheinlich aus mehreren, verschiedenen Teilchen besteht. Wir nennen all diese theoretischen Teilchen zusammen DM, so wie wir alle Teilchen aus der wir sind baryonische Materie nennen. Den Begriff DM könnte man also austauschen mit "alle Teilchen, die nicht mit elektromagnetischer Strahlung wechselwirken". Das bedeutet das wir wahrscheinlich Schritt für Schritt Teilchen entdecken und nachweisen werden, die nicht mit Strahlung wechselwirken und so nach und nach immer mehr Anteile der Dunklen Materie bekannt werden. Sprich: Den einen Detektor für DM-Teilchen wird es voraussichtlich nicht geben.

Mane

Re: Dunkle Materie
« Antwort #340 am: 12. Oktober 2015, 00:14:41 »
Die DM durchzieht also die ganze Galaxie, allerdings relativ gleichmäßig verteilt und nicht so punktuell wie die baryonische Materie
Müßte sie dann nicht auch bei uns im Sonnensystem relevant vertreten sein? Warum verhalten sich dann die Bewegungen der Planeten exakt so, als wäre hier überhaupt keine DM vorhanden? Ok, s.u...

Die DM ist sehr viel gleichmäßiger in der Galaxie verteilt, aber eben in der ganzen Galaxie und darüber hinaus. Deshalb sind die Umlaufbahnen der Planeten im Sonnensystem so wie sie sind obschon die DM auch hier vorhanden ist.
D.h. bei völlig gleichmäßiger Verteilung der DM hebt diese sich quasi in einem lokalen System gravitativ selber auf? Aber wenn DM gravitativ wirkt, warum verteilt sie sich dann so völlig gleichmäßig und klumpt nicht zusammen bzw. verdichtet sich nicht - innerhalb von baryonischer Materie z.B. (also z.B. bei unserer Sonne), denn sie muß ja damit gravitativ wechselwirken? Liegt das an der fehlenden "Reibung" bei zusammenstürzender Materie, der die DM nicht unterliegt?


Nosmas

  • Gast
Re: Dunkle Materie
« Antwort #341 am: 12. Oktober 2015, 13:12:44 »
Hallöchen.
Seeeehr interessant!
Die Frage nach der Verteilung der DM in Galaxien bis runter zu den Beeinflussungen der Laufbahnen von Planeten und bis rauf zum Verhalten bei Galaxienkollisionen...
Hab mich das selbst so noch nie gefragt, aber stimmt schon:
Wieso soll die DM sich derart gleichmäßig und dünn verteilt haben, dass Planetenbahnen wegen der Aufhebung der Kräfte unbeeinflusst scheinen?
Wieso (insbesondere da die Teilchen aus denen DM zu bestehen scheint ja so offensichtlich sehr massereich sind) ballt sie sich nicht mehr zusammen und konzentriert sich auf die Zentralregionen von Galaxien?
Dieses nebelhafte Umlagern von Galaxien ist doch total widersinnig.
Des Weiteren bedenke man:
In der Entwicklung des frühen Universums (so heißt es zumindest), sei die DM ZUERST in Ansammlungen aufgetreten und habe DANACH die baryonische Materie in ihren "Schwerkrafttöpfen" zusammengezogen, was die Bildung der heute sichtbaren Sterneninseln ausgelöst/initiiert habe.
Bei jedweder Interaktion mit baryonischer Materie müsste doch dann aber auch die DM in immer höherem Maße konzentriert worden sein und sich (wie gesagt) heute in den Zentren gesammelt haben... Und dass DM mit Materie zumindest gravitativ interagiert, davon geh'n wir doch alle aus, oder nicht? Das ist ja die bemühte Erklärung für die Widersprüche bei Galaxienrotation und Fluchtverhalten der äußeren Bereiche.
Wieso soll DM bei der Kollision zweier Galaxien mit sich selbst weniger interagieren als baryonische???
Im Gegenteil: WENN DM-Teilchen massereich sind, dann sind sie doch auch gravitativ "stark".
Völlig skurril dann im selben Atemzug zu sagen sie bremse sich weniger ab als Gaswolken es tun.
Ebenso die Frage mit der Reibung: Selbst wenn Teilchenkollisionen (und nix anderes ist Reibung in diesem Sinne) extreeeemst selten sind, so kommen sie doch bei gleichmäßiger Verteilung von DM bei Galaxienzusammenstößen vor und müssten maßgeblich relevant sein.

Ich bleib dabei:
Unter'm Strich bin ich immer noch nicht überzeugt davon, dass es die DM überhaupt gibt.
Die Möglichkeit, dass an den Gravitationsgesetzen irgendein Faktor mit reinspielt von dem wir noch nix wissen und der all diese Beobachtungen verursacht, sollte nicht ganz ad acta gelegt werden. Auch Newton und Einstein haben nur mit Wasser gekocht.

Grüße,
Nosmas

Re: Dunkle Materie
« Antwort #342 am: 12. Oktober 2015, 13:25:30 »
Hallo Nosmas,

DM wirkt nur/fast nur gravitativ, auch auf sich selbst. Damit finden auch so Dinge wie "Reibung", "aneinander lagern", "aneinander prallen" nicht statt, zumindest nicht, wie wir das klassisch, mechanisch "verstehen". Reibung und Druck sind Interaktionen der Atomhüllen baryonischer Materie untereinander, und das sind elektrische Wechselwirkungen. Das findet bei DM so nicht statt ...

Daher passen mechanisch (Kugel-)Analogien so nicht, um sich DM "vorzustellen". DM-Teilchen fliegen quasi "wirkungslos" aneinander vorbei/durcheinander durch. Baryonische Materie kann "elektrisch" Atome bilden, dann Moleküle ... und am Ende Bauklötzchen und Häuser. Mit DM geht das wohl nicht.
\\   //    Grüße
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Nosmas

  • Gast
Re: Dunkle Materie
« Antwort #343 am: 12. Oktober 2015, 14:39:59 »
Ok!
Vielen Dank erst mal Schillrich!
Ich find's cool, dass hier so "gefachsimpelt" werden kann und auch Menschen mitreden,
die nicht ganz so einfach und demonstrativ dramaturgen-lastig gestrickt sind wie
z.B. N24-Ami-Dokus (...die ich trotzdem liebe weil's im TV wenig bess'res gibt!).

Ich hab's begriffen, und Du hast natürlich recht.
Atomare Wechselwirkungen kann ich nicht als Grundlage zur Mutmaßung über eben nichtbaryonische DM nehmen.
Das war Quatsch!
Deine Antwort trägt auch dazu bei, dass ich verstehe wieso DM bei Galaxienkollisionen weniger abgebremst wird als sich durchdringende,
eben atomhüllenseitig-elektrisch interagierende baryonische Gaswolken.

Die eine Frage aber bleibt:
Wieso gleichmäßig verteilt und nicht im Laufe der Jahrmilliarden hochgradig konzentriert?

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Offline m.hecht

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Re: Dunkle Materie
« Antwort #344 am: 12. Oktober 2015, 16:25:02 »
Wieso gleichmäßig verteilt und nicht im Laufe der Jahrmilliarden hochgradig konzentriert?

Ich nehm mal die Neutrinos als Beispiel:
Neutrinos haben eine Ruhemasse (wenn auch eine sehr kleine), sie treten in extrem hohem Zahlen auf (pro Sekunde durchdringen mehrere Milliarden Neutrinos die Fläche eines Fingernagels) und interagieren praktisch nicht mit baryonischer Materie, mit Strahlung und mit anderen Neutrinos. Und Neutrinos bewegen sich schnell.

Ein Neutrino kann mühelos die gesamte Erde durchqueren ohne eine Wechselwirkung zu verursachen. Würde man den Weg zwischen der Sonne und der Erde mit Blei auskleiden, würde selbst das keinen nennenswerten Schutz vor Neutrinos bilden. Diese "Ignoranz" führt dazu, dass die Gravitationswirkung von Neutrinos durchaus wirksam ist, aber nur auf sehr großen Skalen. Also auf Galaxien- und Galaxienhaufen Skalen. Nicht aber auf so "kleine" Dinge wie ein Sonnensystem.

Ich versuch das mal mit großen Gesteinsbrocken und feinem Sand zu verdeutlichen. 100 Tonnen Granitbrocken kann man sehr einfach zu einem Haufen bzw. Turm stapeln während man 100 Tonnen feinsten Sand nur in der Fläche ausbreiten kann, ihn aber praktisch nicht stapeln kann. Ohne Bindemittel wie Wasser/Zement kann man also mit Sand nur großflächige Strukturen bilden während das mit Granitbrocken sehr gut geht.

Mane

Nosmas

  • Gast
Re: Dunkle Materie
« Antwort #345 am: 14. Oktober 2015, 10:42:44 »
Da bedeutet also, dass  die Potenz der Gravitation, die von einem Teilchen gewirkt wird, von seiner Masse bestimmt wird, das aber nicht auch heißt, dass die Gravitation mit der baryonisch-materiellen Wechselwirkung der jeweiligen Teilchen "Hand-in-Hand" geht... Aha...
Ob Materie also miteinander/aneinander "reibt" hängt NICHT mit der Anziehungskraft die sie auf sich selbst ausübt zusammen.
JETZT hab ich's!
Danke!
Über die Konsequenzen im Rahmen dieses Forum-Themas muss ich erst noch nachgrübeln.

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Offline m.hecht

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Re: Dunkle Materie
« Antwort #346 am: 14. Oktober 2015, 12:34:38 »
Hallo Nosmas

Das klingt skeptisch. Find ich gut. Skepsis ist die Basis seriöser Wissenschaft.

Ich hab allerdings noch nicht verstanden, wo du genau skeptisch bist.


1) Bist du skeptisch, dass die DM nicht punktuell klumpt?

2) Bist du skeptisch, dass die DM weiträumiger in und um eine Galaxie verteilt ist wie die baryonische Materie (so wie auf dem Bild in #339 zu sehen)?

3) Bist du skeptisch, dass sich die DM anders verhält als normale Materie, weil sie sich nicht "reibt".

4) Bist du skeptisch, dass es die DM überhaupt gibt.

5) Oder ist mein Erklärungsversuch warum die DM nicht lokal klumpt der Grund deiner Skepsis?


Mane

Nosmas

  • Gast
Re: Dunkle Materie
« Antwort #347 am: 14. Oktober 2015, 14:54:38 »
Lieber Mane,
Eine Bemerkung und 5 Fragen ergeben eine Erwiderung aber nur 2 Antworten:
Du hast recht, ich bin bei diesem Thema GRUNDSÄTZLICH und an allen Ecken und Enden skeptisch
1.... zu Deinen Fragen 1), 2), 3) und 5):
Dass die "Reibung", die physikalisch-dinglich-körperliche Interaktion baryonischer Materie zu deren höherem "Verklumpungsdrang" im Vergleich zur DM beiträgt, ist mir aufgrund Deiner Erklärungen verständlich. - Folge: Die DM sammelte sich im frühen Universum auf wirklich großen Skalen, "zog" die normale Materie mit sich, die sich dann ihrerseits (wegen ihres baryonischen Charakters eben) weiter zusammenballte, und zwar mehr als die DM, weil eben die atomare, dingliche, greifbare "Reibung" "Zusammenstoßerei" usw. stattfand... Sie bremste sich selbst mehr ab als die DM (die mit sich selbst nur gravitativ wechselwirkt) und bildete so Galaxien mit großräumigeren und gleichmäßiger verteilten DM-Halos. KEINE SKEPSIS MEHR.
2.... zu Deiner Frage 4):
Wie in meinem allerersten Beitrag (#315 vom 7.9.) beschrieben bin ich tatsächlich skeptisch, ob es die DM überhaupt gibt. So einige theoretische Gedankengebilde können nicht weniger gut die beobachtbaren Auswirkungen erklären, die heute der DM zugeschrieben werden. Natürlich mag ich solche "Hilflosigkeiten" wie eine Gravitationskonstante genauso wenig wie Einstein sie seinerzeit gemocht hat, aber es könnte auch noch andere Erklärungen geben. Die von mir angesprochene "Zinseszins-Sache" z.B. würde nichts anderes bedeuten, als dass nicht nur Materie Gravitation verursacht, sondern auch Gravitation sich selbst verstärkt. Wenn Energie und Masse zwei Seiten ein und derselben Medaille sind, wieso soll Gravitation nicht "ein Dritter im Bunde" sein? Vielleicht lässt sich Energie in Masse wandeln und Masse in Energie und Gravitation in Masse und Energie in Gravitation usw. Einsteins Formel könnte auch so aussehen:
E = mc² = G²/c/mE (wobei der dritte Faktor natürlich Quatsch ist und nur irgendeinen x-beliebigen Faktor symbolisieren soll den dann bitt'schön die Physiker zu berechnen hätten! Einzig, dass das G quadriert ist, soll andeuten, dass es sich selbst verstärkt).
Und noch ein letztes Mal anders formuliert: Dass Galaxien trotz der hohen Drehgeschwindigkeit zusammenhalten liegt nicht nur an der Gravitation der Massen sondern auch an der Gravitation der Gravitation.

Klar... Brutal abgehobene Laien-Theorie... Weiß ich auch... Aber irgendwie bin ich, wie gesagt, noch nicht so ganz einig mit der DM an sich...

Ingo

Offline Ruhri

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Re: Dunkle Materie
« Antwort #348 am: 14. Oktober 2015, 15:11:28 »
Das Problem ist halt, dass trotz der gut (Newton) oder ziemlich gut (Einstein) funktionierenden Gravitationsmodellen uns nach wie vor das Verständnis dafür abgeht, was Gravitation eigentlich ist. Harals Lesch hat die Frage nach dem Wesen der Gravitation einmal in einer Sendung so beantwortet, dass, wenn er es wüsste, er es nicht sagen, sondern aufschreiben würde. Und dann würde er auf die Einladung nach Stockholm warten, zur Verleihung des Physik-Nobelpreises.

Zu beiden existierenden Modellen gibt es jeweils eine noch nicht abschließend beantwortete Frage:

Newton: Warum ziehen sich Massen an?
Einstein: Warum krümmen Massen den Raum?

Soweit ich das verstanden habe, versucht man sich mittels Higgs-Feld der Frage anzunähern, was Masse eigentlich sein soll, und warum sie Gravitation ausübt. So ganz in trockenen Tüchern scheint es indes nicht zu sein.

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Offline m.hecht

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Re: Dunkle Materie
« Antwort #349 am: 14. Oktober 2015, 16:10:57 »
Hallo Nosmas

Danke für deine Antworten. Damit kann man was anfangen.

Zu deiner Antwort 1)
Sehr gut. Freut mich.   :)

Zu deiner Antwort 2)
Das es DM gibt, ist erwiesen! Ich weiß, eine provokative Aussage. Bevor ich gesteinigt werde, hier die Erklärung was ich meine. Ich habe bereits mehrfach erwähnt, dass ich den Begriff "Dunkle Materie" nicht mag. Dieser Begriff suggeriert zum Einen etwas mystisches, zum Anderen suggeriert er, die Dunkle Materie wäre eine einzige Art von Teilchen. Statt Dunkler Materie bevorzuge ich "nicht mit EM-Strahlung wechselwirkende Materie". Neutrinos gehören zu dieser Gruppe von Teilchen. Damit gehören sie auch zur Dunklen Materie. Nach aktuellem Stand der Forschung machen sie ca. 10% der DM aus. Das heißt, die Frage ob es dunkle Materie generell gibt ist bereits beantwortet und auch der Nachweis ist erbracht. Jetzt bleiben da noch die restlichen 90%. Für diese 90% hat man einige Theorien, aber nicht wirklich was handfestes. Es könnte nun sein, dass es ein weiteres Teilchen gibt, welches ebenfalls keine Wechselwirkung mit Strahlung zeigt. Es könnten auch viele weitere Teilchen sein. Es könnte aber auch so sein wie du sagst: Unser aktuellen Beschreibungen der Natur stimmen nicht und wir haben was grundsätzlich falsch verstanden. Es könnte auch eine Mischung all dieser Möglichkeiten sein. Wie geht man also wissenschaftlich an sowas ran? Man falsifiziert. Man schließt also eine Möglichkeit nach der anderen aus.

Zu deiner Theorie bezüglich der sich selbst verstärkenden Gravitation. Ich bin nicht sicher ob ichs richtig verstanden habe, aber ich denke das kann man ausschließen, also falsifizieren. Deine Idee würde bei sowas wie einer Galaxie funktionieren. Also da, wo es DM und normale Materie am gleichen Ort (auf großen Skalen) gibt. Aber sie wäre mit den vielen Gravitationslinsen nicht vereinbar, bei denen man keine Masse sehen kann die die Linse auslöst. Wenn ich deine Idee richtig verstanden habe, wäre ja normale Materie nötig, dessen Gravitation sich selber verstärken würde. Man müsste also bei Gravitationslisten grundsätzlich normale Materie sehen. Das ist aber nicht der Fall.

Mane