Dieses Aufkaufen der alten Chips ist meines Erachtens eine Lachnummer allererster Kajüte, gerade weil es in vielen Fällen wohl um nicht-fliegende Technik geht, also nix was irgendwelchen aussergewöhnlichen Belastungen ausgesetzt wäre. Mit anderen Worten: Bodenstationen. Das Signal ist: Wir entwickeln nix neues, dieses Programm bleibt auf dem Stand Ende 70er.
Andererseits finde ich es durchaus nicht zum lachen, in "gewöhnlicher" Alltagstechnik flugtaugliche Lösungen zu finden und damit erstens Kosten zu sparen und zweitens den Mythos "Raumfahrttechnik" ein wenig in die reale Welt zu holen. Meiner Ansicht nach ist vieles, was zu Zeiten des ersten Shuttle-Fluges noch High-Tech und Sonderentwicklung war, heutzutage wortwörtlich im Baumarkt zu kriegen, von den Entwicklungen in der IT und Steuerungstechnik mal ganz zu schweigen. Wenn ich mir das Equipment im Shuttle angucke kriege ich vor lauter Kopfschütteln nen Schleudertrauma.
Was die Raumfahrt-F&E angeht, kann ich mir das auch nur so erklären wie Robert Zubrin es im Spiegel-Interview beschreibt [1]:
---- Zitat:
Im Lauf ihrer Geschichte hat die Nasa zwei unterschiedliche Ansätze verfolgt. Den einen nenne ich den Apollo-Modus, der im Wesentlichen von 1961 bis 1973 vorgeherrscht hat. Der andere ist der Shuttle-Modus, der seitdem das Handeln bestimmt. Der Apollo-Modus funktioniert folgendermaßen: Sie entscheiden, wohin Sie wollen. Sie entwickeln einen Plan, wie Sie dorthin kommen. Sie entwerfen die dafür erforderliche Hardware, bauen sie und fliegen die Mission. Im Shuttle-Modus gibt es dagegen verschiedene Interessengruppen, die Vorschläge zur Entwicklung von Technologien und Hardware machen. Je nachdem, wie durchsetzungsfähig sie sind, entsteht so eine Zufallsauswahl unterschiedlicher Technologien.
[...] Der Shuttle-Modus ist eine Ad-Hoc-Vorgehensweise, chaotisch und zufällig, die keinen Fortschritt bringt.
---- Zitat Ende
Es ist das Problem der fehlenden Ziele und Visionen. Statt zielorientierter Entwicklung werden in - übergreifend betrachtet - zielloser und weitgehend zweckfreier Forschung mithilfe staatlicher Gelder tiefe Bretter gebohrt und der Mythos der "teuren Hochtechnologie" gepflegt. Es lohnt sich auch für Forscher nicht, vorhandene Technologie zu _verwenden_ um etwas zu _erreichen_, sondern man muss was neues _entwickeln_, um Gelder zu bekommen.
In jedem Auto der oberen Mittelklasse steckt heute mehr Materialwissenschaft, Physik, Fertigungstechnik und IT als damals im gesamten Saturn/Apollo/Eagle-System. Zubrin zum Thema Marsflug: "Wir wissen, wie all das gebaut werden kann. Wir müssen es nur tun."
Kai
[1]
http://www.spiegel.de/wissenschaft/weltraum/0,1518,268006,00.html