Hier ist ein eigentlich überraschend tiefgehender Artikel über die Auswirkungen des Vakuums des Weltraums auf einen Wassertropfen:
http://www.forbes.com/sites/startswithabang/2016/12/23/water-in-space-does-it-freeze-or-boil/#c0de5a7313e8So vermeintlich fundiert der Artikel auch zu sein scheint, versteift er sich unglücklicherweise auf folgenden falschen Sachverhalt:
Well, space is really, really cold.
Das ist in meinen Augen vollkommen falsch formuliert. Nicht der Weltraum selbst ist wirklich wirklich kalt, aber Dinge darin können (über die Zeit) wirklich wirklich kalt werden und das ist ein großer Unterschied. Gerade der abschließende Vergleich mit dem Experiment "kochendes Wasser zum Gefrieren in sehr kalter Umgebung in die Luft werfen" ist in diesem Zusammenhang dann auch vollkommen unrelevant, da hier andere physikalische Wirkprinzipien greifen. Dennoch ist die Schlussfolgerung des Artikels wiederum richtig und auch über Experimente auf der Erde belegt, dass nämlich
Wasser im Vakuum erst kocht, dann jedoch gefriert.
Was aus meiner Sicht in diesem Artikel vollkommen unterschlagen wird, ist das Phänomen der Verdampfungsenergie, also die Energie, die benötigt wird, um den Aggregatzustand einer Flüssigkeit von flüssig in gasförmig zu ändern. Im Kochtopf wird dieser Energiebedarf während des Kochens/Siedens ganz still und "heimlich" durch die Herdplatte (also die externe Wärmezufuhr) gespeist.
Wenn Wasser im Vakuum kocht, existiert jedoch keine externe Wärmezufuhr. Wassermoleküle, welche beim Siedevorgang in den gasförmigen Zustand übergehen, schert das allerdings recht wenig. Sie nehmen sich die Verdampfungsenergie einfach aus der Wärmeenergie des Wassers selbst. Analog fröstelt uns, wenn verdunstendes Wasser auf unserer Haut Temperatur entzieht.
Hätten die gezeigten Videoaufnahmen von kochendem Wasser in Vakuum die entsprechende Laufzeit (und ein Thermometer), könnte man erkennen, dass das Wasser zwar munter vor sich hin kocht, sich dabei jedoch stetig abkühlt........bis es eben kalt genug ist, während des Kochens zu gefrieren.
Um den Vorgang zu erklären, muss man auch nicht die spezifische Wärmekapazität heranziehen, außer man möchte berechnen,
wie lange ein Tropfen definierter Größe und Ausgangstemperatur bis zum Gefrieren braucht. Und so trivial ist auch das nicht (siehe Mpemba-Effekt).
Auf die Wärmestrahlung, als einzige Möglichkeit im All Temperatur abzugeben, wurde hier im Forum ja schon häufiger hingewiesen:
Temperatur sucht sich eigentlich immer Gleichgewichtszustände und versucht diese über Wechselwirkung (Wärmeleitung, Konvektion) mit dem kälteren Umgebungsmedium und eben Wärmestrahlung zu erreichen. Würde ich mich bei -30° ins Freie legen, ist es einfach nur eine Frage der Zeit (egal mit welcher Kleidung), bis ich ebenfalls -30°C habe. Zwischenzeitlich mit für mich sehr unschönen Folgen, was das ganze aber ab dann nur beschleunigen würde. Ein Wasserstropfen im All würde also streng genommen erst kochen, dann gefrieren und sich daraufhin (eine externe Strahlungsquelle (eine Sonne, einen Planeten, etc) als "Gleichgewichtsanker" mal ausgeschlossen) über die Zeit in Abhängigkeit seiner Oberfläche und seinem Volumen einfach munter "noch kälter strahlen", d.h. immer weiter abkühlen und sich assymptotisch dem absoluten Nullpunkt nähern (der aus physikalischen Gründen bekanntlich nicht erreicht werden kann).
Was bleibt ist also interessanterweise ein Artikel, der über falsche Schlüsse zum richtigen Schluss zu kommen scheint, oder einfach nur den richtigen Sachverhalt falsch erklärt.