Solaris - 1972 - Regie Andrei TarkowskiHabe mal einen doch schon älteren Film erstmals angesehen. Der Weihnachtsmann brachte eine DVD Box mit mehreren Werken des. o.g. Regisseurs – also gleich mal mit dem Ansehen angefangen.
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Solaris--
Der Film beginnt mit eindrücklichen Aufnahmen von irdischer Natur und Menschen einschließlich der Einführung in bisheriges Geschehen und Schwierigkeiten auf einer Raumstation, die den Planeten Solaris umkreist. Wie in einem Kammerspiel wird in und um das Vatershaus der Hauptperson, eines Psychologen, hier ein irdischer Anker gesetzt.
Dabei berichtet ein Gast als Zeuge, der scheinbar vor längerer Zeit vor Ort (Solaris) war von seinen damaligen Problemen und auch die Skepsis gegenüber ihm und seinen Schilderungen wird dargestellt. Solaris steht in Interaktion mit den Insassen der Raumstation und die Menschheit will vor Ort ihren Willen durchsetzen, kann das aber nicht.
Die unmittelbar bevorstehende Abreise des Psychologen hin zur Raumstation wird in einen Ballastabwefungsabschied stilistisch übergeleitet zu der langen Reise mit einer sehr langen Autofahrt durch ?eine japanische Stadt?
Das erinnert mich sehr an einige Sequenzen aus „Koyaanisqatsi“.
Dann, im zweiten Handlungsteil wird die heruntergekommen Station gezeigt, deren beide letzten lebenden Bewohner kein Interesse am Neuankömmling zeigen. Ein ehemaliger guter Freund, der auch auf der Station lebte hat sich umgebracht und der Psychologe bekommt einige Informationen über die Probleme durch eine Videobotschaft des ehemaligen Freundes geschildert. Also ist die Lage doch sehr schlimm.
Die beiden „Altbewohner“ der Station üben sich in Ignoranz bzw. wissenschaftlichem Übereifer, um mit der Situation zurechtzukommen. Sie müssen in einer eher stillen Einsamkeit seit längerer Zeit auskommen und haben damit schon genug zu tun. Die Einsamkeit ist spürbar dargestellt – das gelingt in dem alten Film auf jeden Fall besser als bei „Passengers“ wo „Einsamkeit in der Welt des Überflusses“ zu sehen ist.
Da Solaris die Gedanken der Menschen analysieren kann, werden dazu positiv oder negativ passende Erinnerungen in Form von „Gästen“ erschaffen. Im Falle des Psychologen ist es ein Abbild seiner Frau, die sich vor ein paar Jahren trennte und Selbstmord verübte.
Anfangs ist der Psychologe da noch sehr kühl und geleitet das erste Abbild seiner Frau in eine Forschungsrakete auf der Station – Klappe zu und in eine Umlaufbahn geschossen.
Diese Stelle ist sehr überraschend gewesen – insbesondere meine Frau fand das sehr befremdlich wie der Mann sich dem Abbild seiner Frau entledigte.
Da sein Gast (Abbild seiner Frau) aber wieder erscheint lässt sich der Psychologe nun doch mehr und mehr davon beeindrucken. In einem zweiten Akt trinkt die Frau flüssigen Sauerstoff um sich zu richten – tiefgefroren taut sie doch wieder zum Leben auf. Das zeigt, dass man die Gäste nicht so einfach losbekommt.
Durch weitere Handlungsschleifen, auch in Interaktion mit den beiden „Altbewohnern“, wird die Macht von Solaris und die Nicht-Macht der Menschen klar.
Schlussendlich versucht sich der Psychologe auf das Abbild seiner Frau immer mehr einzulassen und lebt in der neuen Situation so dahin.
Um Solaris zum Verständnis gegenüber den Menschen zu bewegen wird die Oberfläche mit einem Signal der Hirnströme des Psychologen bestrahlt. Damit gibt es kein Zurück mehr, denn jetzt übernimmt Solaris das Geschehen.
Es gibt in diesem Film sicherlich mehrere hundert Hinweise, Anspielungen etc. die der jeweilige (Er)Kenner dankbar aufnimmt. Davon sind mir sicherlich die meisten verborgen geblieben. Einen doch schon älteren Film nicht in seinem mittelbaren zeitlich/gesellschaftlichen Kontext anzusehen führt natürlich auch zu komplett anderen Eindrücken und Interpretationen.
Aber – das ist auch sehr interessant.
Sehr lange Dialoge mit gleicher Kameraeinstellung zeigen das hohe Maß an schauspielerischer Leistung und man kann eher in das Gesamtgeschehen eintauchen als bei den superschnell geschnittenen Filmen der Neuzeit
Dieses indifferente Hinübergleiten von der Realität über deren Abbildung bis zur Fiktion ist zum Schluss interessant dargestellt, wo die Insel mit dem Haus incl. Bewohner auf dem Solarisozean übrig bleibt. Man denkt man hat alles unter Kontrolle und nur die anderen sind so komisch…
So was in der Art war als Stilmittel bei „The Sixth Sense“ auch mal in einem anderen Kontext aber doch für mich ähnlich dargestellt.
Wenn man den Film z.B. als Grundlage für eine anschließende Diskussionsrunde heranzieht, könnte ich mir da noch viele interessante Interpretationen vorstellen.
Abschließend mein Urteil: ansehenswert, wenn man sich für ältere Filme interessiert.
Nebenbemerkung: Der melancholisch/dystopische Hintergrund des Films hat mich an 2 Dinge „erinnert“.
1. Joy Devision – New dawn fades (remember Ian Curtis)
2. Film
Stalker – vom gleichen Regisseur wie Solaris – sehr empfehlenswert
Da geht es um Wünsche – insbesondere die unbewussten Wünsche, die das Leben schwer machen. Bei Solaris wäre eine Interpretation, dass diese sichtbar gemacht werden.
Noch ein paar YT Links zum Film und tangierenden Themen:
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dksk