Habe jetzt auch den Film "First Man" gesehen, im glaube im kleinsten Kino des Cinecitta in Nürnberg.
Insgesamt finde ich den Streifen sehr gelungen!
Die technische Umsetzung lässt kaum Wünsche offen, man hat praktisch nie den Eindruck eine Computeranimation zu sehen (ala Transoformers oder ähnlichem Quatsch).
Die bedrohliche Enge in den kleinen Kisten (egal ob X-15, Gemini oder Apollo) wird einem sofort bewusst, das erinnert mehr an "Das Boot" als an Sci-Fi (was sehr gut ist).
Die Wackelkamera ist gewöhnungsbedüfrtig, aber passt zum ganzen Konzept.
Das stellt die Personen in den Vordergrund, vor allen Armstrong und seine Frau.
Die Kamera ist immer ganz nah an den Personen (ein Vorschreiber hat das kritisiert...) oder zeigt ihr eigenes meist eingeschränktes Gesichtsfeld.
Auch das gehört zum Konzept und passt.
Die Musik passt wie die Faust aufs Auge, insbesondere wenn es keine gibt.
Die Stille verdeutlicht zum einen die Leere und Einsamkeit des Weltraums bzw. der Mondoberfläche als auch die Sprachlosigkeit zwischen den Protagonisten, insbesondere dem Ehepaar Armstrong.
Und ich denke das ist der Grund, warum der Film bei einigen nicht so gut weg kommt (eine handvoll Besucher hat das Kino während des Films verlassen), weil es eben keine Heldensaga ala Space Cowboys ist sondern vor allem ein Beziehungsdrama.
Genau genommen stellt es die Unfähigkeit der Eheleute Armstrong dar miteinander zu kommunizieren, zumindest was ihre Gefühle angeht.
Wer den Film noch nicht gesehen hat, wird sich jetzt fragen was das mit der Mondlandung zu tun hat?
Letztlich sind es die Menschen und wie sie damals waren, die die Mondlandung möglich gemacht haben.
Auf der einen Seite als Testpiloten, Ingenieure, Techniker und Astronauten die Creme de la Creme der westlichen Welt, auf der anderen Seite emotional begrenzt und eher noch in den 1950ern als in den 1960ern.
Der Aufbruch der "1968er-Bewegung", Flower-Power, eigentlich auch Frauenbewegung etc. sind an ihnen fast spurlos vorbei gegangen bzw. haben sie verpasst (waren wohl mit was anderem zu beschäftigt).
Die Charakterzeichnung von Armstrong hat mich sofort an meinen Vater (etwa gleiche Generation) erinnert.
Gewohnt als Mann die Entscheidungen in der Beziehung und der Familie zu treffen (einsam und ohne jede Rücksprache), aber unfähig ein Konfliktgespräch zu führen.
Wenn es sich wirklich so zugetragen hat (der Film soll ja auf der autorisierten Biographie von Armstrong beruhen), dann war das durch seine Frau erzwungene Gespräch mit den eigenen Kindern vor dem Flug von Apollo 11 ("geh rein und erklär ihnen, dass Du vielleicht nicht wieder zurückkommst!") die für ihn emotional weitaus stressigere Situation als so ein banaler Flug zum Mond.
Die ganze Charakterzeichnung von Armstrong passt zu dem Bild das ich vorher von ihm hatte, in sich gekehrt, unfähig über seine Probleme zu sprechen, trotzdem auch über emotionale Probleme reflektiert, öffentlichkeitsscheu.
Insoweit passt auch die Besetzung mit Ryan Gosling (der immer das gleiche Gesicht auf hat, egal ob er weint, lacht, angestrengt ist oder mit seiner Filmfamilie im grünen entspannt).
Als Beziehungsdrama ein absolut gelungener Film!
Um die historischen Abläufe zu verstehen, ist es allerdings hilfreich, wenn man die Raumfahrtgeschichte etwas kennt.
Darauf hat meine Frau nach dem Film hingewiesen, sie fand den Film auch sehr gelungen.
Sie konnte aber vor allem deswegen der Raumfahr-Handlung folgen, weil sie schon wusste was (technisch) passiert.
Da hat von meinem Hobby ein bisschen was abgefärbt...
Also wer einfach nur Spaß haben will (ohne Sinn und Verstand) ist in diesem Film nicht richtig, dem würde ich mal wieder Apollo 13 oder den Marsianer empfehlen.
Wer einen Einblick in die Denkmuster, Gesellschaft und Psychologie der 1960er nehmen will, der ist genau richtig.
Sehr empfehlenswert!
Viele Grüße
Rücksturz