Die überflüssige Ausstellung

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kmb

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Die überflüssige Ausstellung
« am: 05. Oktober 2003, 20:53:43 »
Kurz vor Schluss wollte ich denn doch noch die Ausstellung "Von Bremen in ferne Galaxien. Raumfahrt und die Mission Erde" besuchen, die seit Juni im Bremer Übersee-Museum[1] zu sehen ist.

Fazit: Erschütternd.

Zu Beginn ein paar "Fitnessgeräte" ohne Erklärungen. Dann ein Durchgang mit einem fiktiven Flug auf einen fernen Planeten; lieblos projeziert, ohne erklärenden Ton und blöderweise mit naturwissenschaftlichen Fehlern. Ein Showeffekt, der niemanden beeindruckt, der schon mal einen zweitklassigen Science Fiktion gesehen hat.

Die eigentliche Ausstellung ist dann ein ziemlich unzusammenhängendes Sammelsurium. Neben "Reliquien" aus MIR und ISS, teilweise nur als plumpe Nachbildung, war ein Mars-Panorama ausgestellt, leider ohne weitere Erklärung. Raketenmodelle standen herum, wieder ohne Zusammenhang. Als Nutzen der Raumfahrt wurden unter anderem GPS und - etwas skuril - eine medizinische Telemetrie für Säuglinge präsentiert. Ob ein Normalbesucher mit einem komplexen Plastik-Molekülmodell unter dem Titel "Kristallisation" etwas anfangen kann wage ich auch stark zu bezweifeln.

Anfassen war grundsätzlich nicht erlaubt, ausser bei den Multimedia-Schirmchen, deren Benutzung so undurchschaubar war, dass sich praktisch niemand daran versuchte.

Ich habe nichts entdecken können, was irgendjemandem Lust auf Raumfahrt machen könnte. Es war schon eher zum abgewöhnen geeignet. Nix für Kinder, zu viel Text für Erwachsene. Keine Visionen, keine Ausblicke, keine Faszination. Nicht mal dem Thema Bremen wurde dieses Gewurschtel gerecht; keine historischen Zusammenhänge, keine Entwicklung, nix. Mit anderen Worten: Deutsche Museumsdidaktik in Reinkultur. *seufz*

Kai

[1] http://uebersee-museum.de/akt_sonder.htm#Raumfahrt
« Letzte Änderung: 05. Oktober 2003, 20:54:39 von kmb »

*

Offline pikarl

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Re: Die überflüssige Ausstellung
« Antwort #1 am: 10. Oktober 2003, 22:14:43 »
Solche Erfahrungen hatte ich in Berlin leider auch schon mehrmals. Besonders bei Ausstellungen von sowjetischen Raumfahrtreliquien kam der Eindruck von wir verramschen unseren Schrott häufiger aus.

Wirklich gute Raumfahrtausstellungen habe ich selten gesehen - aber es gibt sie. Beispiel: Deutsches Raumfahrtmuseum in Morgenröte-Rautenkranz (Vogtland/Sachsen).

Das Problem ist meiner Meinung nach, das Raumfahrt und Astronomie zwar viele gefühlsmäßig interessiert, aber sehr sehr wenige ein ausreichendes Grundwissen darüber haben. Wenn es viele interessiert, lässt sich damit Geld machen (alleine wegen den schönen Fotos und Grafiken auf Ankündigungsplakaten kann man ne Menge Leute anlocken). Und dann wird es eben gemacht, egal ob anspruchsvoll oder nicht.

Beim den russischen Reliquien hatte ich jedenfalls wirklich diesen Eindruck. :P

Felix_Korsch

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Re: Die überflüssige Ausstellung
« Antwort #2 am: 12. Oktober 2003, 11:42:28 »
Das Problem ist doch, dass die Veranstalter und Initiatoren solcher Ausstellungen gar kein Interesse am Ziel der Bildung haben. Es geht hier um Effekthascherei und damit um den "Cool"- und "Wow"-Effekt von jung und alt, die hoffentliche viel Geld dortlassen. Der Versuch, die gesamte Geschichte der Raumfahrt in einem solch musealen Stil darzustellen scheitert in der Regel am mangelnden Wissen derer, die dahinter stehen.

Mit wissenschaftlichen Erläuterungen lassen sich keine fernsehverwöhnten Massen anziehen und begeistern. Die wollen dann ein Trekkie-Feeling mit Effekten hier und da und bekommen das auch geboten. Es geht um Show - denn mal ehrlich, welcher Jugendliche (okay, außer vielleicht wir) geht in ein Museum mit der Absicht, sich lange Textwände durchzulesen oder sich an kleinen Plastikmodellen sattzusehen. Insofern ist die Konzeption beider Varianten - hochfachlich oder effektbasiert - total fehlgeleitet.

Ziel sollte es doch sein, ein Interesse an der Raumfahrt zu erzeugen bzw. die Faszination an dieser zu fördern. Dazu gehört es natürlich, einzelne Aspekte multimedial zu unterstreichen. Da kann es aber nicht sein, dass immer die selben Exponate herumgereicht werden (genau das ist der Fall. Man erkennt einzelne Stücke wieder...) und an große Leinwände ein Shuttle-Start projiziert wird um zu sagen: "Das ist Raumfahrt!"

Das gilt im Übrigen nicht nur für Ausstellungen dieser Art. Seht euch den Bücher- und Softwaremarkt an. Zwischen Kinderbuch und Fachliteratur gibt es nicht viel. Wenn sich jemand im jugendlichen Alter beginnt, für Raumfahrt zu interessieren, möchte der nicht zu endlos langen Abhandlungen mit allerhand Fachtermini greifen, aber sich eben auch nicht verarscht vorkommen, wenn anderswo damit eröffnet wird zu erklären, was das Weltall und was die Sterne sind. Bunte Bildchen können vieles, aber allein können sie doch kein Wissen transportieren.

Wenn man also ein Raumfahrtausstellung besuchen will, dann bitte die in Morgenröthe-Rautenkranz, das von Tassilo Römisch in Mittweida (zwei Mal Sachsen!) oder das Oberth-Museum in Feucht. Dahinter steckt Enthusiasmus und Interesse. Alles andere, was ich bisher gesehen habe, lässt sich unter Ulk verbuchen.

kmb

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Re: Die überflüssige Ausstellung
« Antwort #3 am: 13. Oktober 2003, 02:37:44 »
Ich habe nichts gegen "Wow"-Effekte, im Gegenteil. Es wäre ja toll, wenn die Besucher "Wow" sagen und begeistert sind von dem was ihnen da gezeigt wird.

Wenn es denn wenigstens "Wow" gewesen wäre... Auch Wissenschaft _kann_ ja interessant dargestellt werden, sowohl ohne Fachchinesisch, als auch ohne peinlich kindlich zu werden. Nur: Dafür muss man wenigstens wissen, _was_ man vermitteln will _und_ das dann durch in Beziehung setzen zum Wissenshintergrund der Besucher verständlich machen. Beides, inhaltliche Zielsetzung und Verständlichmachung scheint den Machern im Überseemuseum gefehlt zu haben.

Anders übrigens die kleine DFG-Ausstellung zeitgleich hier im Flughafen, "Der neue Weg ins All" ( http://www.dfg.de/raumtransportsysteme ). Die Idee, das Konzept, die Aufgaben und Problemstellungen wurden verständlich und aufeinander aufbauend dargestellt, sogar ohne Multimedia-Schnickschnack. Wenn man die noch mit etwas bewegten Beispielen - oder eben Multimedia - angereichert hätte und ein bischen was zum ausprobieren für Kinder, wäre sie ein Paradebeispiel.

Kai