Könnt Ihr meine Kritik nachvollziehen bzw. auch nur teilweise?
Nachvollziehen .. ja. Aber den Schritt den du anmahnst halte ich für den erst nach Ares-I+V (+ Jupiter 121) nachfolgenden Schritt.
Derzeit schaut es so aus:
Alles was in einen Erd-Orbit gehoben werden soll und alles was seinen Orbit wechseln soll, kostet enorm viel Treibstoff (Lift+Transfer).
Angenommen eine kleine supergute Schraube im Wert €10 müßte in einer Pappschachtel aus unerfindlichen Gründen bei jeder Mission mitgeführt werden. Die zusätzliche Masse der Schraube müßte geliftet werden, zum Mond und danach wieder zurück zur Erde transferiert werden und danach wieder auf der Erde zu landen. Danach mag die Schraube in einen 1a Zustand sein, aber die Lift+Transfer-Kosten werden den Wert der Schraube um ein vielfaches übertreffen.
Darum wird als erstes überlegt, ob man die Schraube wirklich mitnehmen sollte und wenn ja, wird sie so schnell wie möglich, sobald sie nicht mehr gebraucht oder benötigt wird, weggeworfen, weil sie dann keine weiteren Kosten mehr verursacht.
Ansätze um den Nutzen zu steigern bzw Kosten zu senken:
1) Man nimmt Sachen nur bis dorthin mit wo sie schliesslich gebraucht werden und(!) auch wieder aufgenommen werden können und nimmt diese Sachen erst später auf der Heimreise wieder auf.
2) Sachen die nicht mehr "selbst" gebraucht werden, werden für einen späteren wohlmöglich noch unbestimmten Wiederverwendung zurückgelassen. Motto: Wer weiß wofür man es noch mal gebrauchen kann, aber da es schon im Orbit ist und kein Brot frisst kann man es auch lagern!
3) Wiederverwendbare Infrastruktur im Orbit. Z.B. ein Mond-Lander, der die Crew aus dem Mond-Orbit auf die Mond-Oberfläche transportiert, und später vollständig wieder in den Mond-Orbit zurückkehrt. Dieser Lander müßte dazu entweder auf dem Mond oder in dessen Orbit neu betankt werden und mit weiteren Versorgungsgütern (z.B. Atemluft) wieder Einsatzbereit gemacht werden.
Man kann die "Nutzlast-Effizienz" der Transport-Wege beschreiben mit einen einfachen Gleichung, wobei jedes Glied e_i die Nutzlast-Effizienz eines Gliedes in der Transfer-Kette entspricht:
e_ges = e_1 * e_2 * .. * e_i * .. * e_n mit 0<=e_i<1
Wie man sieht macht es im Prinzip keinen Unterschied, ob man die Nutzlast-Effizienz der Träger-Rakete oder aber die der Transfer-Stufe verdoppelt (2=2*1=1*2) - in beiden Fällen ist die Gesamt-Nutzlast-Effizienz gleich.
Von allen entwickelten Antriebssystemen sind bisher nur chemische Raketen-Triebwerke leistungsfähig genug, um Nutzlast von der Erde in einen Orbit zu heben. Aus einen Orbit kann man im Prinzip mit beliebiger Schubkraft auch andere Orbits anfliegen. Vergleiche das mit einen PKW vor einen steilen Berg: Wenn der Motor zu schwach ist kommst du den Berg nicht hoch. Wenn du aber oben an der Hochebene angekommen bist, kannst du mit einen wesentlich kleineren Motor überall auf der Hochebene hingelangen - du brauchst mit einen kleineren Motor ebend nur länger. Wenn du den Berg wieder heruntermöchtest, brauchst du dagegen sehr gute Bremsen. Weil der Berg aber sehr steil ist müssen auch die Bremsen sehr leistungsfähig und werden dementsprechend schwer sein. Wegen der schweren Bremsen muß der Motor natürlich wieder etwas leistungsfähiger sein und der Tank mehr Treibstoff fassen.
Auf der Hochebene benötigst man nicht soviel Motor-Leistung wie beim Aufstieg. Darum könnte man dort einen wesentlich effizienteren Motor benutzen, der allerdings nicht soviel Leistung besitzt. Dann kommen das Nutzlast-Problem hinzu, daß man für jeden weiteren Tag auf der Hochebene zusätzliche Nahrungsmittel mit sich führen muß. Darum darf der Motor zumindest für Personen-Transporte nicht zu schwach sein.
Technologisch erreichbar erscheint mir die Möglichkeit, im Orbit umzusteigen in elektrisch betriebene Transferschiffe Erde-Mond-Erde, um die Nutzlast-Effizienz wesentlich zu steigern. Aber wenn Constellation nicht 10-20 Jahre auf diese Transferschiffe warten soll, müßen konventionelle technologisch erprobte Transferstufen entwickelt und verwendet werden. Wenn ich die Leistungsfähigkeit der AeroSpike-Triebwerke richtig einschätze, könnten diese vll sogar für leichte Mond-Lander Verwendung finden. Für Transferschiffe wären sie immo auch geeignet, aber für diese würden sich immo mehr noch Nuklear-Energie versorgte Ionentriebwerde wie VASIMR eignen.
Auf der ISS wird eine Triebwerks-Test-Einrichtung installiert werden. Dort soll als erstes ein VASIMR-Triebwerk getestet werden. Später wird sicherlich auch das AeroSpike-Triebwerk folgen. Wenn die Test zufriedenstellend verlaufen wird es sicherlich keine 10 Jahre dauern, bis Planungen für Transfer-Stufen/Transfer-Schiffe und Mond-Lander auf diese Technologien zurückgreifen werden.
ABER zum gegenwärtigen Zeitpunkt würde ich Constellation von diese Technologien derzeit nicht davon abhängig machen! Wenn die AeroSpike-Technologie noch weitere Jahre zur Reife benötigen, würde das gesammte Constellation-Programm nur wegen diesem Triebwerk um ebend diese Zeit verzögert werden. Darum unabhängig wie gut oder schlecht VASIMR oder AeroSpike funktionieren werden, für Ares-I und Ares-V hat das wenige Auswirkungen. Ein wichtiger Vorteil ist, daß man dadurch außerdem eine Fallback-Technologie erhält.
Derzeit ist zu hören, daß NASA Kräfte von den Ares-Liftern abzieht um den Fortbetrieb der SpaceShuttles zu erreichen. Vll. tröstet dich ja der Gedanke, daß vll. für weitere 5 Jahre etwas wiederverwendbares mit Flügeln fliegen wird. Die schlechte Nachricht aber ist: Das SpaceShuttle ist im Betrieb seeehr teuer! Die Resourcen, die das SpaceShuttle binden wird/würde, wird fehlen für die Entwicklung der Ares-Lifter und die resultierende Verzögerung betrifft auch die Entwicklung und Einführung der VASIMR- und AeroSpike-Technologie.
Deine Forderung fortschrittlichere Tchnologien einzuführen ist also nicht verkehrt, jedoch um 5-10 Jahre verfrüht.