Raketen Bahn

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Offline proton01

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Re: Raketen Bahn
« Antwort #50 am: 11. Juni 2021, 23:08:33 »
....
Wenn das so wäre, warum fliegt man so eine Bahn anstatt gleich mit einen steileren Winkel aufsteigen?
Falls es so sein sollte und es nicht nur ein optischer Effekt ist: Weil man mit der Startstufe nicht so weit weg will und der Landeort ja erreicht werden will? Also mehr rauf statt mehr Richtung?

Das hätte man eben mit weniger flachem gravity turn auch erreicht. Aber dann hätte die zweite Stufe weniger Anfangsgeschwindigkeit in der Horizontalen. Wie man sich dreht, es passt irgendwie nicht.

Falls es also kein optischer Effekt ist (die Onboard Videos sind da aber schon auffällig), hat die Falcon ab 25km Höhe durch leichten Anstellwinkel für kurze Zeit einfach nur das Apogäum besonders schnell erhöht.

Die Frage wäre dann vielleicht geklärt, die zweite Stufe braucht schon gewisse horizontale Geschwindigkeit weshalb die Falcon einen flachen gravity turn fliegt. Zum Schluss erhöht der Booster kurz nur noch das Apogäum.
Ob das im Sinne des "Spritverbrauchs" wirtschaftlicher ist, kann ich nicht beurteilen.
In 25 km Höhe spielt die Aerodynamik keine Rolle. Da ist nur wichtig daß der Gesamtschub durch den Schwerpunkt geht wenn man in gleicher Richtung weiter fiegen will, oder eben nicht wenn man die Rakete drehen will. Die Flugbahn ist das Ergebnis einer ziemlich komplizierten Optimierung (der Nutzlast) mit diversen Randbedingungen wie Rückkehr der ersten Stufe, De-orbit der zweiten Stufe, Aussetzbedingungen der Satelliten, Sichtbereich der Empfangsstationen, usw.

Wenn es also so wäre, würden grob überzeichnet natürlich, die beiden unterschiedlichen Aufstiegsarten so aussehen:



Denkbar, aber ungewöhnlich. Es gab doch mal Foristen die die Flugbahn aus den angezeigten Daten geplottet haben. Da müsste man sowas ja sehen.

Re: Raketen Bahn
« Antwort #51 am: 13. Juni 2021, 14:16:23 »
Hallo,

ich hatte, da ich zu dem Thema im amerikanischen Nasaspaceflightforum auch nichts gefunden hatte, meine Wahrnehmung dort auch gepostet: https://forum.nasaspaceflight.com/index.php?topic=42465.msg2250131#msg2250131

Dort bekam ich heute den Hinweis, dass dieses Verhalten schonmal im Nasaspaceflightforum am Beispiel des Starlink L16 Starts jemanden aufgefallen ist und diskutiert wurde: https://forum.nasaspaceflight.com/index.php?topic=52324.msg2181066#msg2181066

Dort wurden Beispiele gezeigt, dass auch andere Raketen einen solchen Anstellwinkel fliegen, zb die Delta 2 oder auch Launcher One von Virgin. Obwohl auch dort bei NSF niemand offizielle Quellen anbringen konnte, die bestätigen/belegen, welchem Zweck dieser Anstellwinkel dient, war der Tenor dort in der Diskussion eine Mischung aus aerodynamischem Auftrieb und der vertikalen Komponente des Schubs, um Höhe zu halten bzw. zu steigern.

Der User Onespeed, der dort in NSF sehr aktiv ist und sich ähnlich wie Hugo hier bei uns sehr viel mit Auswertungen von Telemetrie und Aufstiegsbahnen, usw., beschäftigt, hat in diesem Beitrag hier meiner Ansicht nach sehr schön aufgezeigt, worum es bei diesem Effekt wahrscheinlich geht und was er bewirkt: https://forum.nasaspaceflight.com/index.php?topic=52324.msg2181278#msg2181278 Seine Begründung: F9 beendet den "gravity turn" (das umstellen von senkrechtem Aufstieg zu horizontalem Flug) recht früh bei T+ 01:40. Ab diesem Zeitpunkt muss dennoch weiter gegen die Gravitation gearbeitet werden und dies wird durch eine Mischung aus aerodynamischem Auftrieb und der durch den Anstellwinkel erzeugten, nach unten feuernden Schubkomponente erreicht.

Er hat dazu eine entsprechende Auswertung der Telemetrie dieses Starts vorgenommen, die man dort auch sehen kann.

Ist natürlich alles nichts definitives, finde ich. Aber ich bin etwas beruhigter, dass ich es mir wohl doch nicht eingebildet habe und vielleicht trägt es ja ein bisschen zur Wissensmehrung bei  :)

Nochmal Danke an alle (!), die sich beteiligt haben.
Gruß
Excalibur
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Offline jdark

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Re: Raketen Bahn
« Antwort #52 am: 13. Juni 2021, 19:13:33 »
F9 beendet den "gravity turn" (das umstellen von senkrechtem Aufstieg zu horizontalem Flug) recht früh bei T+ 01:40. Ab diesem Zeitpunkt muss dennoch weiter gegen die Gravitation gearbeitet werden und dies wird durch eine Mischung aus aerodynamischem Auftrieb und der durch den Anstellwinkel erzeugten, nach unten feuernden Schubkomponente erreicht.

Dann habe ich wohl (auch mit meiner Zeichnung) richtig getippt  :)

Und nun ist es endlich vorbei mit der Formulierung "Wenn es so wäre...", dank Excalibur  ;)
Und wer ist schuld?....

Re: Raketen Bahn
« Antwort #53 am: 04. November 2022, 22:38:11 »
Hallo,

mich beschäftigt eine Frage, für die ich bisher keine Antwort finden konnte. Vermutlich gibt es eine simple Antwort und ich stehe einfach auf dem Schlauch, dafür schon einmal Verzeihung im Voraus  :E

Unsere Erde dreht sich um die eigene Achse. Die Atmosphäre dreht sich mit, sonst hätten wir hier extreme Winde im Bereich von 1.000 bis 1500 km/h. Soweit ist eigentlich alles klar. Wenn nun ein Objekt (Flugzeug oder auch Rakete) entlang der Erdachse aufsteigt und die Atmosphäre zb auf einem genauen Südkurs durchfliegt, dreht sich dieses Objekt ja zuerst einmal ebenfalls mit um die Erdachse, richtig? Anderenfalls würde das Objekt ja seitlich mit den besagten 1.000 bis 1.500 km/h angeströmt werden. Das Objekt müsste also, soweit ich mir das vorstelle, den Drehimpuls der Erde sozusagen "behalten haben", wenn es sich vom Erdboden löst.

Nun weiß ich aber, dass im Falle einer Rakete und eines polaren Orbits das "Besondere" ist, dass im polaren Orbit die Erde sich unter dem Objekt, dass mit der Rakete in den Orbit gebracht wurde, hinwegdreht. Das ist zb für bestimmte Arten von Satelliten sehr nützlich.

Was ich mich nun frage, ist: Wenn die Rakete anfangs noch in der Atmosphäre ist und den Drehimpuls der Erde behält und sich die Nutzlast der Rakete dann aber im polaren Orbit scheinbar ohne diesen seitlichen Drehimpuls um die Erde bewegt (die Erde sich unter dem Objekt hinweg bewegt)... wo ist der anfängliche Drehimpuls hin? Warum bewegt sich die Rakete, solange sie innerhalb der Atmosphäre auf dem Weg zum polaren Orbit ist, quasi mit der drehenden Erde mit und verliert diese "Seitwärtsbewegung" dann außerhalb der Atmosphäre?

Wenn ich mir das, was ich hier nun aufgeschrieben habe, so anschaue, bin ich fast überzeugt, dass ich tatsächlich irgendeinen dummen Denkfehler mache  ;P Aber ich komme nicht drauf wo und finde dazu auch nicht wirklich was im Netz. Kann hier jemand helfen?  :)

Schonmal ganz vielen Dank im Voraus!
Mit freundlichen Grüßen
Excalibur
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Offline Hugo

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Re: Raketen Bahn
« Antwort #54 am: 04. November 2022, 22:46:43 »
Wenn eine startende Rakete den vorhandenen Impuls der Erde abbauen soll, dann fliegt sie in die entsprechende Gegenrichtung. Am einfachsten ist es, wenn die Rakete möglichst wenig Impuls bekommt, das wäre dann der Fall, wenn man möglichst weit im Norden startet. Man kann das recht gut am Flugkurs solcher Raketen.

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Offline alepu

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Re: Raketen Bahn
« Antwort #55 am: 05. November 2022, 00:44:13 »
Solange sich die Rakete in der dichten Atmosphäre befindet wird sie praktisch "mitgenommen". So wie auch jedes Flugzeug. Erst wenn sie hoch genug gestiegen ist und dieses Erde/Luftsystem verlassen hat wird sie unabhängig.
In jedem Orbit dreht sich irgendwie die Erde unter dem Flugobjekt, nicht nur im polaren, nur differiert die Relativgeschwindigkeit, so ist diese im geostationären Orbit Null, da sich die Geschw. des Objekts (die nötig ist, daß es nicht wieder runterfällt!) und die Drehgeschw. der Erde. aufheben.

Die Drehgeschwindigkeit der Erde ist am Äquator 1.670 km/h in unseren Breiten etwa 1.000 km/h und direkt am Pol praktisch Null

Wenn nun eine Rakete an einem Pol (Drehachse) aufsteigt und genau nach Süden fliegt (wie in deinem Beispiel!) hat sie überhaupt noch keinen seitlichen Drehimpuls(!) und kommt tatsächlich auf Grund der Corioliskraft seitlich versetzt an!
Deshalb ist es auch so wichtig wo auf der Erde die Rakete startet und in welche Richtung

Hier z.B. schön erklärt:

https://www.stadt-wien.at/freizeit/wetter/corioliskraft.html

Die sich in den Weltraum begebende Rakete behält den Drehimpuls den sie am Startplatz mitbekommen hat(!) durchaus, nur muß sie zusätzlich eine "seitliche" Geschwindigkeit aufbauen, damit sie nicht wieder runterfällt. Erst wenn diese groß genug ist, fällt sie praktisch "um die Erde rum."
Diese Eigengeschw. des in einem stabilen Erdorbit fliegenden Objekts wird mit dem Erdabstand immer geringer!
So fliegt die ISS mit 28.000 km/h und der Mond nur mit 3.700 km/h
Trotzdem muß ein Raumschiff um so stärker beschleunigen je höher es hinauf will, nur wird diese Beschleunigung hauptsächlich in Höhe umgesetzt.
New Shepard steigt mehr oder weniger senkrecht auf und kommt senkrecht praktisch in unmittelbarer Startplatznähe wieder runter. (wohl etwas seitlich versetzt wegen Sicherheitsabstand)

Ich befürchte allerdings, ich habe dich jetzt eher noch mehr verwirrt und deine Frage in keinster Weise beantwortet. :-X

Offline trallala

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Re: Raketen Bahn
« Antwort #56 am: 05. November 2022, 09:54:42 »
Ich finde alepu hat es gut erklärt. Der Denkfehler bei Excalibur lag an dem Punkt, das die Rakete beim Start von einem Pol auch schon den ganzen Drehimpuls wie bei einem Start vom Äquator hat. Das ist dann logisch mit den ganzen anderen (richtigen) Annahmen kollidiert.

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Offline alepu

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Re: Raketen Bahn
« Antwort #57 am: 05. November 2022, 11:29:56 »
Noch ein Versuch das oben geschriebene etwas prägnanter zusammenzufassen:

-Der Drehimpuls der Erdumdrehung ist an den Polen praktisch Null, nimmt in Richtung Äquatur ständig zu und erreicht am Äquator 1.670 km/h.
-Eine startende Rakete nimmt den Drehimpuls mit, der am Startplatz vorliegt und behält diesen auch im Weltraum bei. Wenn sie genau nach Osten fliegt (in diese Richtung dreht sich die Erde) wird dieser Drehimpuls 100%ig zu der Eigengeschwindigkeit hinzugezählt. Wenn sie genau nach Westen fliegt wird sie abgezogen.
-Eine Rakete braucht eine gewisse Geschwindigkeit um nicht wieder runter zu fallen. Diese ist höhenabhängig und dann erreicht, wenn die Rakete "um die Erde rum fällt".
-Fliegt die Rakete innerhalb der Lufthülle, wird sie von dieser ständig abgebremst. Die Stärke dieser Abbremsung ist höhenabhängig, da die Atmosphärendichte mit zunehmender Höhe abnimmt.
(Auch die ISS fliegt noch innerhalb der Atmosphäre(!), wenn diese auch dort schon sehr dünn ist, wird von dieser ständig abgebremst und muß dementsprechend immer wieder mal beschleunigt werden um nicht schlußendlich abzustürzen.)
-Um in einem stabilen Orbit zu fliegen, muß die Rakete um den Erdmittelpunkt kreisen (sehr wichtig!). Um dies zu erreichen, kann eine Rakete nur genau nach Osten starten/fliegen, wenn sie genau über dem Äquator fliegt.(und nur in dieser "Äquatorbahn" fliegen auch die geostationären Satelliten!)
-An allen anderen ("Nichtäquatorpunkten") startet die Rakete normalerweise mit der Inklination (Winkel zum Äquator) die dem Breitenmeridian (Abstand zum Äquator) entspricht (dies kann entweder in nordöstl. oder in südöstl. Richtung erfolgen) Dieser Winkel/AbStand ist am Äquator Null und an den Polen 90. (Cape Caneveral hat z.B. 28)
(Eine Rakete kann natürlich in jede Richtung starten, verbraucht dann aber u.U. wesentlich mehr Energie um einen stabilen Orbit zu erreichen.)
-Am wenigsten Energie braucht die Rakete wenn sie am Äquator genau nach Osten startet und fliegt.
-Eine Rakete steigt zu Beginn ihres Fluges sinnvollerweise erstmal so lange senkrecht auf, bis sie die dichteren, stark bremsenden Luftschichten überwunden hat und schwenkt erst dann in die gewünschte Richtung ein.
-Alle Objekte (Sats, Monde u.ä) die sich in einem stabilen Orbit befinden bewegen sich praktisch auf dem Rand einer Scheibe die durch den Erdmittelpunkt geht und um den Inklinationswinkel zum Äquator gekippt ist. Diese Scheibe bildet nicht notwendigerweise einen vollkommenen achsensymetrischen Kreis sondern meißt eine mehr oder weniger elongierte Ellipse. (Mondbahn, Erdbahn um die Sonne....)

Ist doch wieder etwas länger geworden und vieles davon ist natürlich auch Allen hier bekannt, aber ich habs halt der Vollständigkeits halber nochmal mit hingeschrieben.
Damit es nicht noch länger und unverständlich(er) wird, höre ich jetzt erstmal wieder auf, auch wenn zu diesem Thema sicher noch seitenweise zu schreiben wäre.  ;)

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Offline James

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Re: Raketen Bahn
« Antwort #58 am: 05. November 2022, 20:17:02 »
Guten Abend

Jetzt versuche ich es auch.
Was Excalibur wissen wollte ist wohin der Drehimpuls gekommen ist den die Rakete am Startplatz hatte und den sie auf ihrer polaren Bahn nicht mehr hat.
Ich hoffe das ich es richtig erkläre. Einer der sich in Orbitmechanik auskennt und/oder einer der damit vertraut ist wie man eine Rakete in eine bestimmte Bahn manövriert, bin ich auch nicht.
Nichts desto weniger sieht es für mich so aus:
Es hat überhaupt nichts damit zu tun ob sich die Rakete innerhalb oder außerhalb der Atmosphäre befindet. Das ist Unmöglich.
Die Rakete bekommt genauso wie das Flugzeug den selben Drehimpuls mit.
Drehimpuls ist eine Erhaltungsgröße und verschwindet überhaupt niemals.
Das Flugzeug das nach Richtung Norden fliegt (oder wo auch immer hin), baut diesen Drehimpuls auch niemals ab (bzw. es ist nicht in dessen Sinn diesen abzubauen). Es bleibt im mitdrehenden Koordinatensystem der Erde.
Aus meiner Sicht wird die Rakete genau so geflogen, daß sie dieses Koordinatensystem verläßt. Sie baut beim Flug diesen Drehimplus aktiv ab.
Natürlich muß dieser Orbit immer ein Großkreis sein, also der Mittelpunkt im Erdmitttelpunkt liegen.
Aber ob dieser Orbit "raumstabil" sein muß oder sich auch langsamer oder schneller als der "raumstabile", also in Bezug auf diesen ebenfalls um die Erde drehend sein darf, und damit mehr oder weniger Drehimpuls zu ändern ist, ist mir momentan auch nicht klar. Ich würde aber annehmen daß die Orbits recht vielfältig eingestellt werden können.
Aber welches Bezugssystem würde für "raumstabil" gelten - insoferne ist das eh eine eigenartige Angabe und damit eh schon je nach Bezugssystem variabel.
Da würde mich eine fundierterere Auskunft auch interessieren.

Und nebenbei, wie ich sagte ist Drehimpuls eine Erhaltungsgröße. Auch beim aktiven Abbau des Drehimpulses der Rakete ist der nicht verloren gegangen. Der steckt jetzt in der genutzten Stützmasse.
Ich hoffe ich habe etwas beitragen können, auch wenn mir selber nicht alles klar ist, und ich hoffe das zumindest das Ausgeführte Richtig ist.
(wir brauchen einen der sich in Orbitmechanik und mit Raketenbahnen auskennt....)

Viele Grüße, James


Edit: unzutreffendes durchgestrichen
« Letzte Änderung: 06. November 2022, 10:45:36 von James »

Re: Raketen Bahn
« Antwort #59 am: 06. November 2022, 00:24:47 »
Hallo an alle,

zuerst einmal ganz herzlichen Dank für Eure Antworten!  :)

Es wurden viele wichtige (und, soweit ich das beurteilen kann, auch richtige) Dinge gesagt. Aber mein Gefühl ist - und ich glaube da geht es James genauso - dass die Antwort auf meine Frage noch nicht wirklich dabei war. Zuerst einmal @ James, das Beispiel mit der Atmosphäre habe ich nur gebracht, damit es anschaulicher wird, worum es mir geht. Die Rakete muss in dem Moment, in dem sie abhebt, den Drehimpuls der Erde haben, anderenfalls würden ihr 1.000 km/h Wind seitlich den Gar aus machen. Nur um das gewissermaßen "bildlich" zu machen, habe ich die Atmosphäre angebracht. Dass die Atmosphäre zur Lösung des Problems jedoch keinen Unterschied macht, sehe ich genauso wie Du.

Hier wurde ja unter anderem angesprochen, man müsse diesen Drehimpuls abbauen, indem man quasi in die Gegenrichtung fliegt. Also in meinem Beispiel eben nicht direkt nach Süden oder Norden, sondern mit einem gewissen Anstellwinkel entgegen des Drehimpulses. Die Erde dreht sich in östlicher Richtung und dieser Drehimpuls steckt - soweit ich das verstehe bzw. annehme - zuerst einmal ebenfalls in der Rakete. Würde die Rakete auf ihrer zb südlichen Aufstiegsbahn also mit einem gewissen Anteil Richtung Westen starten, würde sie diesen Drehimpuls abbauen. Aber... dann ist es ja kein rein polarer Orbit mehr, den sie erreicht. Sie hätte dann die Inklination, die dem Anteil entspricht, mit dem sie eben nicht nach Süden, sondern nach Westen fliegt. Oder liege ich hier falsch?

Nun möchte ich aber in meinem Beispiel, dass die Rakete bzw. deren Nutzlast eine reine polare Bahn hat. Also genau über die geographischen Pole der Erde führt. Soweit ich annehme, ist es möglich einen solchen Orbit zu erreichen und in diesem Orbit würde sich die Erde unter der Nutzlast hinwegdrehen. Also "muss" ja irgendwo auf dem Weg in diesen Orbit der (östliche) Drehimpuls abgebaut werden. Aber wie?

Ein anderer Vorschlag, der hier angeführt wurde, war, direkt vom Pol zu starten. Eine spannende und gute Idee, finde ich  :) Aber ist das die einzige Möglichkeit? Ich glaube nicht, oder? Was ist, wenn man vom Äquator, oder einem anderen Ort, irgendwo auf einem beliebigen Breitengrad starten möchte, der weder - 90 Grad noch +90 Grad (die Pole) ist?

Viele Grüße und nochmals vielen Dank!
Gruß
Excalibur
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Offline James

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Re: Raketen Bahn
« Antwort #60 am: 06. November 2022, 09:16:32 »
Hallo

Noch ein kleiner Nachtrag.
Damit ist auch klar warum man für polare Bahnen gerne möglichst nördlich gelegene Startplätze nutzt.
Eben damit man möglichst wenig Drehimpuls mitbekommt, weil man den vorhandenen dann ja abbauen muss.
(Starts aus Äquatornähe in polare Bahnen sind deswegen ja nicht unmöglich. Es sind ja sowieso ca. 2700km/h aufzubringen, Äquatornah muß man dann zusätzlich die ca. 1600km/h einrechnen. Das ist kein Showstopper, aber man benötigt halt etwas mehr Antriebsvermögen)
Und man kann die Rakete ja richtungsmäßig fliegen wie man will; erst zuletzt, wenn man antriebslos ist muß der Orbit ein Großkreis sein, damit er auch Bestand hat.
Die Inklination ist dann diejenige, die du letztendlich auf dem gewählten Großkreis hast. Polarer Orbit oder SSO, oder welcher eben angeflogen wird.
Das hört sich für mich alles stimmig an; habe also viel Vertrauen, daß es so ist, wie ich schreibe.
Also, auf dem Flug in den Zielorbit wird auch der Drehimpuls mitgeändert.
Die Idee auf der Rotationsachse der Erde zu starten, ist wegen der Nichtpraktikablen Infrastruktur natürlich nicht gut. Aber als Gedankenszenario würde die Rakete, wenn sie einen Durchmesser von Null hat gar keinen Drehimpuls mehr mitbekommen. Da sie einen Durchmesser hat, bekommt sie wieder einen, aber symmetrisch, also Rotation. Die ist natürlich dann recht sparsam zu kompensieren.
Wie man die Rakete im Detail fliegt, damit sie z. B. einen polaren Orbit erreicht, würde mich trotzdem interessieren.

Viele Grüße, James

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Offline Schillrich

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Re: Raketen Bahn
« Antwort #61 am: 06. November 2022, 09:57:17 »
Hallo zusammen

#
...

 Also "muss" ja irgendwo auf dem Weg in diesen Orbit der (östliche) Drehimpuls abgebaut werden. Aber wie?

...

Das "Wie" ist eigentlich ganz einfach. Vektoraddition der Geschwindigkeiten macht das Prinzip offensichtlich:



Auf der Orbithöhe im Beispiel muss die Rakete mit dem Vektor Vo fliegen, also genau polar mit 90° Inklination.
Am Startort bekommt sich den Vektor VE mit. Um von VE auf Vo zu kommen, muss sie VR fliegen ... bzw. in den 7 bis 8 Minuten Aufstieg erzeugen. Sie fliegt also leicht nach Westen.

Wer Kerbal Space Progamm hat, kann es auch einfach mal ausprobieren ... man muss etwas nach Westen steuern.

Was man auch sieht: VR ist länger als Vo. Die Rakete muss mehr DeltaV erzeugen als die eigentliche Zielgeschwindigkeit.
\\   //    Grüße
 \\ ///    Daniel

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Offline James

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Re: Raketen Bahn
« Antwort #62 am: 06. November 2022, 10:15:00 »
Danke (gut das du mitliest)

Und wird Ve, wie es das Diagramm suggeriert, kontinuierlich abgebaut, oder ist das eine Optimierungssache?
Oder ist es bei einem LEO egal, da die Orbithöhe gegen dem Erdradius eh vernachlässigbar ist?
Zuerst mal hat Priorität aus der Atmosphäre raus, das ist klar, aber wie geht es weiter?

Re: Raketen Bahn
« Antwort #63 am: 06. November 2022, 10:23:55 »
Hier sieht man ab etwa 21:52...



...die Bahn der Falcon 9, die ihre Nutzlast in einen sonnensynchronen Orbit bringt. Ist zwar nicht genau eine polare Bahn, aber man muß ähnlich manövrieren.
Wie Daniel sagte, wird leicht nach Westen geflogen.

*

Offline Schillrich

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Re: Raketen Bahn
« Antwort #64 am: 06. November 2022, 10:29:35 »
Danke (gut das du mitliest)

Und wird Ve, wie es das Diagramm suggeriert, kontinuierlich abgebaut, oder ist das eine Optimierungssache?
Oder ist es bei einem LEO egal, da die Orbithöhe gegen dem Erdradius eh vernachlässigbar ist?
Zuerst mal hat Priorität aus der Atmosphäre raus, das ist klar, aber wie geht es weiter?


Es bringt eigentlich nichts erst später "umzuschwenken". Das sähe im Vektordiagramm so aus:


Die blauen Vektoren VR1 + VR2 wären ein zweigeteilter Aufstieg. Die sind zusammen immer länger als der schwarze VR. Es ist also sinnvoller direkt und konstant mit Westkomponente zu fliegen.
\\   //    Grüße
 \\ ///    Daniel

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Offline James

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Re: Raketen Bahn
« Antwort #65 am: 06. November 2022, 10:34:46 »
Hallo
Vektoraddition der Geschwindigkeiten macht das Prinzip offensichtlich.
Wie man damit erkennt (oder ich glaube es zu erkennen) muß damit auch immer die gesamte Ve abgebaut werden, damit es ein polarer Orbit wird.
Wenn man Ve nicht komplett abbaut endet es immer in einer Inklination.
Das was ich unter "raumstabil" dahingefaselt habe, womit man sich vielleicht aussuchen kann ob die Erde schneller oder langsamer unter dem Orbit dahinrotiert ist also vollkommener Blödsinn (ich werde die "raumstabilpassage" im obigen Text durchstreichen, damit ich niemand verwirre). Außer ich erhöhe die Orbithöhe und werde damit pro Umlaufzeit langsamer, womit die Erde sich weiter drehen kann.
Aber die Ve ist immer ganz abzubauen.

Danke für das Vektordiagramm. Das macht es wirklich anschaulich.
Durch das Vektordiagramm bin ich mir eigentlcih recht sicher das es nicht anders sein kann.

Grüße, James

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Offline alepu

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Re: Raketen Bahn
« Antwort #66 am: 06. November 2022, 11:12:39 »
Ja, danke #Schillrich für das Diagramm!
Damit wird alles auf einen Blick klar.
Hab schon dauernd an so ein Vektordiagramm gedacht, aber kenne keine Möglichkeit es hier rein zu stellen.
Damit ließe sich auch die Kräftesummation bei einem Start am Äquator oder vom Cape o.ä. sehr schön darstellen, aber das kann ja auch Jeder für sich mit Stift und Lineal (und etwas Nachdenken!)

Re: Raketen Bahn
« Antwort #67 am: 06. November 2022, 12:44:57 »
Hallo Schillrich,

zuerst einmal ganz herzlichen Dank! Aus meiner langen Zeit als Mitleser hier im Forum weiß ich, dass das, was Du schreibst, auch Hand und Fuß hat. Von daher "glaube" ich Dir sofort. Leider bin ich in Mathe/Physik eine Niete (mein Steckenpferd ist eher die Sprache  ;P ), daher habe ich noch eine Frage. Mir ist aber wichtig, dass Du meine Frage bitte nur als Verstehensversuch interpretierst. Ich stelle das, was Du geschrieben hast, nicht in Frage, ok?

Du schreibst, dass man in meinem Beispiel eben nicht genau in Richtung Südpol startet, sondern etwas nach Westen, um den Drehimpuls abzubauen. Man "zielt" also sozusagen am Pol vorbei. Oder, um es anders zu formulieren, man startet mit einer Inklination kleiner 90 Grad. Richtig?

Was passiert dann, wenn während des Aufstiegs dieser Drehimpuls vollständig abgebaut wurde? Ist die Rakete/Nutzlast dann quasi "automatisch" auf der gewünschten Inklination 90 Grad (also exakt polar)? Oder um es in anderen Worten zu sagen: Ich ziele zuerst westlich des Pols und durch den Abbau des Drehimpuls wandert das Ziel automatisch zum Pol? So eine Art automatische "Hundekurve"? Oder muss man während des Aufstiegs, je kleiner der Drehimpuls wird, die Inklination der Aufstiegsbahn aktiv immer mehr in Richtigung Pol anpassen?

Wenn ich mir vorstelle (und ich vermute eben, dass meine Vorstellung da falsch ist) dass man nicht auf den Pol zielt, sondern weiter westlich, dann sagt mir mein Gefühl, dass die Rakete/Nutzlast am Ende eben auch nicht über den Pol fliegt. Ist die Inklination am Anfang zb -87 Grad (um den Drehimpuls abzubauen) und die Rakete fliegt eine gerade Aufstiegsbahn, sollte die Inklination dann nach Erreichen des Zielorbit nicht ebenfalls -87 Grad sein?

Wie gesagt, ich stelle damit Deine Aussagen nicht in Frage. Du weißt darüber tausend mal mehr als ich  :) Ich bin nur noch nicht an dem Punkt, es ganz verstanden zu haben  :-[
Gruß und vielen Dank!
Excalibur
Wenn Du mit dem Finger auf jemand anderen zeigst, schaue Dir Deine Hand an. Du wirst feststellen, dass drei Finger auf Dich selbst gerichtet sind.

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Offline alepu

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Re: Raketen Bahn
« Antwort #68 am: 06. November 2022, 13:14:03 »
Die Erde dreht sich während dem Raketenflug unter der Rakete gemächlich weiter, bzw. Die Rakete bewegt sich durch den mitgenommenen Drehimpuls stetig immer weiter seitlich-östlich. Exakte Berechnung und genauer Flug vorausgesetzt hat sie dann genau in dem Augenblick den Pol erreicht, wenn die "negative" Inklination "abgebaut" ist. Tatsächlich wird da nix abgebaut, sondern sie würde mit dieser Inklination weiterfliegen(!), falls nicht im entscheidenden Moment eine Korrekturzündung stattfindet. Das wirkt dann so, als wäre sie vom Pol aus direkt nach Süden/Norden gestartet.
(Ich erinnere daran, daß am Pol kein Drehimpuls wirkt, und daß es zum Erreichen eines polaren Orbits um so besser ist, je polnäher man startet, weil dann eben diese Korrekturzündung zum Abbau des mitgebrachten Drehimpulses entsprechend kürzer ausfallen kann.)

Kannste dir vorstellen, wie z.B. beim Segeln. Je nach einfallendem Wind, mußt du da mehr oder wenig seitlich vorhalten um das Ziel auch tatsächlich zu erreichen und wenn du dann nicht rechtzeitig eine Wende machst, fährst du geradeaus weiter.

Wir Menschen leben zwar schon seit "Urgedenken" auf einer sich drehenden Kugel, aber diese ist so riesengroß und wir bewegten uns bisher so langsam, daß wir eher auf ein Kriechen über eine zweidimensionale Ebene programmiert sind. Deshalb trügt uns sehr oft unser "Gefühl" wenn es um etwas höherdimensionales und schnelleres geht.
« Letzte Änderung: 07. November 2022, 18:15:08 von alepu »

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Offline James

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Re: Raketen Bahn
« Antwort #69 am: 06. November 2022, 13:29:28 »
Hallo Excalibur

Ich bin nicht der Angesprochene. Ich antworte aber trotzdem, da schon einen Weile "mitrede".
Mit dem leichten Westkurs fliegst du nicht am Norpol vorbei.
Das kannst du dir vorstellen in dem du dir die Strecke in kleine Teile zerlegst (zumindest ich mache es so).
Du fliegst nach Norden und ein kleines Stück nach Westen.
In der Zeit hat sich die Erde das gleiche Stück nach Osten gedreht.
In dem nicht mitdrehendem Koordinatensystem, welches du ja erreichen willst, bist du genau nach Norden geflogen.
(Du verläßt das mitdrehende Koordinatensystem gleich mit dem Start)
Das wiederholt sich bis du am Nordpol angekommen bist.
Ich glaube nicht das ich da falsch liege.
Aber vielleicht kann das Daniel ja besser darlegen.

Viele Grüße, James

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Offline alepu

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Re: Raketen Bahn
« Antwort #70 am: 06. November 2022, 13:41:12 »
#James
Soweit durchaus richtig, aber was passiert, wenn du am Pol angekommen bist und mit dieser Inklination weiter fliegst?

Siehe den Versuch einer Antwort in meiner letzten post

Re: Raketen Bahn
« Antwort #71 am: 06. November 2022, 13:44:32 »
Hallo Ihr Beiden,

vielen Dank. Ja, Wahrscheinlich hat einer von Euch Recht... oder Ihr Beide, keine Ahnung  :) Aber in meiner Vorstellung ist da immer noch etwas, dass nicht ganz klick macht und ich denke es geht dabei einfach um genau den Unterschied, den Ihr Beide (Alepu und James) aufzeigt. Nämlich um die Frage, ob der Kurs aktiv angepasst werden muss, oder quasi das "Ziel" (der Pol) autmatisch durch den Abbau des Drehimpulses einwandert.

Ich komme aus der Privatfliegerei. Da kenne ich die sogenannte "Hundekurve". Ich möchte von A nach B und habe einen seitlichen Windvektor. Dieser Windvektor treibt mich von meinem Ziel weg (seitlicher Versatz). Um trotzdem bei B anzukommen, muss ich mit einem je nach Windstärke definierten Winkel an B vorbeizielen (in die Richtung, aus der der Wind kommt) und lande dadurch automatisch bei B. Ziele ich jedoch trotz des seitlichen Windvektors genau auf B, muss ich meinen Kurs ständig anpassen (die Hundekurve). In dieser Analogie und wenn ich Schillrichs Aussagen richtig interpretiere (hoffentlich) würde die Rakete quasi automatisch am Pol landen, wenn sie in ihrer Aufstiegsbahn etwas westlich des Pols zielt. Die Erddrehung wäre da der "Windvektor" und ich denke dass ist, worauf James hinaus will.

Aber kann man das so einfach übertragen? Windvektoren und Erddrehung sind halt doch zwei paar Dinge  :P Es könnte ja auch sein, dass hier eher aktiv die Hundekurve geflogen werden muss, um den Westvektor am Schluss, wenn der Drehimpuls abgebaut wurde, ebenfalls abzubauen? Das entspricht, wenn ich es richtig verstehe, Alepus Aussage.

Was mir - nur so am Rande - gerade noch in den Sinn kommt: Wenn dieses "am Ziel vorbeizielen" um den Drehimpuls der Erde abzubauen so richtig ist... würde das nicht jede beliebige Inklination betreffen? Oder kommt das nur bei extrem hohen Inklinationen zum tragen? Müsste eine Rakete, die zb 50 Grad Inklination erreichen möchte, nicht auch in einem gewissen (geringeren) Maße auf eine andere Inklination zielen, um dann die 50 Grad zu treffen? Hm  ;P

Viele Grüße
Excalibur
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Offline Hugo

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Re: Raketen Bahn
« Antwort #72 am: 06. November 2022, 13:50:21 »
Ich habe das ganze mal in eine Grafik gepackt, wie ich es beschreiben/betrachten würden:



Man stelle sich vor, man beobachtet den Start vom Mond aus. Das hat den Vorteil, dass man es sich einfacher vorstellen kann. Die Erde dreht sich dann "frei im Raum", während die gewünschte Bahn der Rakete sich nicht verändert sondern starr ist.


Am Roten "X" ist der Startplatz der Rakete. Die Rakete fliegt in Richtung des orangenen Pfeils. Da sich die Erde aber (anfangs mit der Rakete) dreht, nimmt die Rakete den türkisen Pfad ein. Natürlich dreht sich die Erde während dessen weiter, der Startplatz wandert unter dem grünen Wunschorbit entlang immer weiter nach rechts.

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Offline alepu

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Re: Raketen Bahn
« Antwort #73 am: 06. November 2022, 16:17:02 »
Genauso verstehe ich das auch. Bei Flug zum Pol würde hier grün und blau zusammenfallen.

Da ist auch kein "ständiges Gegensteuern" nötig. Du fliegst von dir aus gesehen geradeaus mit der einmal eingeschlagenen Richtung und kommst dann, wenn deine Berechnungen richtig sind und diese Richtung stimmt(!), über dem Pol an.
Aber, wie geht es dann weiter? Schließlich willst du ja nicht am Pol landen, sondern in einen "polaren Orbit", bzw. jetzt schnurstracks zum anderen Pol!
Fliegst du jetzt einfach geradeaus weiter, oder mußt du jetzt deine Korrekturdüsen zünden und aktiv in einen "polaren 90° Orbit" einschwenken. Weil bisher bist du ja eben nicht mit 90° unterwegs.  ???  ???  ???
Ausser du fliegst eben doch diese "Hundekurve" mit ständiger Kursanpassung über den gesamten Flug hinweg, dann müßtest du bereits mit 90° ankommen.

Die einzigen Fälle in denen tatsächlich keinerlei Kursanpassung/-korrektur nötig ist, ist eben der Start von einem Punkt am Äquator in Richtung des Äquators mit Flug ständig über dem Äquator und Starts von den Polen.
In allen anderen Fällen ist wohl durchaus ein "Vorhalten" bzw. eine "Kurskorrektur" nötig. Und auch in der Praxis ist ja bei den Flügen immer wieder von "Kurskorrekturen" die Rede.
Ähnlich ist es ja auch z.B. beim Flug zum Mond, da zielst du ja auch nicht ständig auf den Mond, sondern fliegst da hin wo er bei deiner Ankunft sein wird. Nur, daß eben hier der Mond bzw. dein Ziel sich auch noch bewegt  ;)

Ich glaube wir sollten doch mal ein Lehrbuch der Orbit-/Himmelsmechanik bzw. der Raumfahrt lesen.  ;)  P-I

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Offline James

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Re: Raketen Bahn
« Antwort #74 am: 06. November 2022, 17:32:40 »
Guten Abend

Ja, da stimme ich zu.
Immer dieses blöde Nichtwissen. Wenn man nur ein bißchen näher ins Detail geht sieht man das alles doch nicht so einfach ist.
Kommen wir noch mal auf Schillrichs Vektordiagramm zurück. Und bleiben wir bei dem polaren Zielorbit.
Es ist ja ein Geschwindigkeitsdiagramm.
Es sagt uns also das von Start bis Brennschluß die Geschwindigkeit der Erdrotation zu kompensieren ist und das als zweite Geschwindigkeitskomponente, 90 Grad dazu, Orbitalgeschwindigkeit aufzubauen ist. Dann befindet man sich auf einem polaren Orbit.
Das sagt jetzt nichts über die Bodenspur aus, also die oberflächenprojektierte Bahn im mitrotierenden Koordinatensystem der Erde.
Weiters wird der Brennschluß nicht mit dem Nordpol zusammenfallen.
(vielleicht ist mein Erklärungsversuch mit den Teilstücken nicht sinnvoll, oder gar falsch, denn das impliziert ja das Brennschluß am Nordpol wäre)
Aber zum Brennschluß, wenn Ve kompensiert ist und Vo erreicht ist, ist keine Korrektur mehr nötig. Man befindet sich bereits im polaren Orbit.
Ich sehe es so, daß man eigentlich nicht "am Nordpol vorbei zielt", der ist nicht maßgebend. Maßgebend sind die beiden Geschwindigkeitsvektoren die aufzubauen sind. Ob die Grundspur real so eine schöne Kurve ist, weiß ich nicht.