Schönes Video, dass die Tests wieder mal "greifbar" macht. So einer Belastung möchte man seinen Computer daheim nicht aussetzen ... und das eigene Auto wohl auch nicht. Da fliegt einem im Innenraum wohl alles um die Ohren.
Auch auf die Gefahr von OT – dazu (Auto-Innenraum und Ohren fliegen) will ich mal ein paar Vergleichsinfos einstreuen.
@ Schillrich: Du kannst gewiss davon ausgehen, dass dein Auto Innenraum und insbesondere die Sitze mindestens wenn nicht noch mehr durchgeschüttelt wurden, wie im Film.
Für die Fahrzeuginnenraumsysteme, Sitze etc. werden in der Entwicklungsphase bis hin zur Produktionsfreigabe mehrere Varianten von Shakertest durchgeführt, die in Zeitdauer und Anregungsart sehr unterschiedlich sind und alle vom Produkt bestanden werden müssen.
Dabei gibt es 2 Hauptbelastungsvarianten:
1. Shakeranregung mit einem „Realprofil“ in alle Richtungen. Ziel ist dabei ein Fahrzeugleben (10-14 Jahre) in einem Zeitraffer von 40 – 72 Stunden, je nach gefordertem internen oder Kundenprofil abzubilden. Die Shakerprofile sind dabei von Fahrzeugen auf Teststrecken mit entsprechenden Daten/Sensoraufnahmen – Beschleunigung, Winkel etc. in allen Richtungen X,Y;Z Koordinaten - aufgenommen und werden anschließend zu einem Shakerprofil -auch wieder X,Y,Z-Koordinaten verdichtet. Dabei gibt es Profile mit wohlklingenden Namen, wie „Belgisches Pflaster“ oder auch einfach nach Herstellerteststrecke z.B. Hällered –Volvo. Nach der geforderten Zeit müssen die Grund(verstell)funktionen noch nutzbar sein. Zum weiteren dürfen sich keine Teile separiert haben (böses Wort „loose bolt“ od. „loosening nut“)
und auch keine Anrisse an Blech, Schweissnähten etc. auftreten. Günstig ist es stunden- oder tageweise mal Zwischensichtung zu machen, da sich da auch mal was zerlegen kann. Ggf. ist da
auch der Gewichtsdummy kaputt und je nachdem welche Füllung der hat, verteilt sich dann die Plärre. Wenn ich mir das GERUMPELE bei dem Rovertest-Film ansehe und anhöre – das ist absolut vergleichbar mit den Fahrezugshakern
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2. Sinus sweep – dabei wird hauptsächlich in Vertikalrichtung im Bereich 3 – 60 Hz angeregt. Dabei werden vordergründig die Haltbarkeit und Robustheit von Verstellsystemen, die eine Position gegen vertikale Last halten sollen überprüft. Da läuft der Shaker natürlich auch wieder mehrere Stunden – je nach Vorgabe und der Sitz ist bis zu 136 kg aufgelastet (US Mark).
Hier ist ein s.g. „ablaufen“ bei manchen Systemen mehr oder weniger erkennbar. Bei elektromotorischen Verstellern gibt es ja meist in der ersten Stufe nach dem Motor eine Schnecke/Schneckenradpaarung mit Selbsthemmung – aber auch da kann es durch die träge Masse „Entlastungserscheinungen“ geben, die sehr überraschende sehr kleine aber auch sehr viele Bewegungen als Ergebnis haben.
Manuelle Verstellsysteme sind ja oft mit einer Kombination Bremse/Freilauf umgesetzt (Höhenverstellung mit dem Handhebel zum „hochpumpen“) oder auch Taumelantriebe mit großer Selbsthemmung müssen mit Keilfederbremse gegen dieses Ablaufen über Lebensdauer gesichert werden.
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In der Entwicklung werden natürlich auf FE-Analysen zu den Schwingungseigenschaften gemacht. Da gibt es durchaus lustige animierte Bilder mit schönen Bewegungsüberhöhungen. Der Frequenzbereich zwischen 17 und 25 Hz ist da sehr unbeliebt. Insbesondere seitliche Anregungen in diesem Frequenzbereich müssen oft mit zusätzlichen Verstärkungsmaßnahmen „beantwortet“ werden. Da geht es auch darum, die Personen im realen Fahrbetreib gegen unvorteilhafte Bewegungsantworten des Sitzes zu schützen. Im Zusammenspiel mit Augen, Gleichgewichtsorgane, Blick in den Rückspiegel etc. kann da
in Summe eine Gesamtsituation entstehen, die die Funktion der Innenraumausstattung gewährleistet aber zu starkem Unwohlsein/Übelkeit der Insassen führt.
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Durch die radikalen Leichtbauanforderungen im Fahrzeugsystembau, die vor ca. 10 Jahren immer stärker in den Anforderungsvordergrund gerückt sind, kommt es neuerdings dazu, dass die Systeme kaum noch eine Robustheit für Grenzlagen bei Vibrationen haben. Zugfestigkeiten steigen bis zum hochfesten Bereich – ABER E-Modul sinkt ja zum Teil durch Legierungselemente signifikant ab. Dann noch die ganzen Materialmixe, die das System insgesamt sehr inhomogen mit teilweise starken Sprüngen machen. Organoblech etc. sind ja da beliebte Schlagworte…
D.h. erst wird radikal abgespeckt –und dann teilweise überkompensiert, wo ein klassischer funktioneller Leichtbau auch sehr wettbewerbsfähige Ergebnisse bringen würde – aber da fehlen halt die „richtigen“ Stichworte bei der Vermarktung.
Hoffe nicht zu sehr OT – ist aus meiner Sicht mal eine interessante Vergleichsreferenz.
dksk