Hallo,
na dann...
Mein persönlicher Favorit befindet sich jedenfalls irgendwo an einem noch nicht näher bestimmten Ort im Bereich des Hesperia Planum...
Laut dem
ESA-Call zur Ladeplatz-Auswahl ist eines der Kriterien für den zukünftigen Landeplatz von ExoMars, dass das dort zu untersuchende Gelände über ein Alter von mindestens 3,6 Milliarden Jahren verfügt und sich somit noch während des
ältesten geologisch Zeitalters auf dem Mars, dem Noachium, gebildet haben muss.
Solche "alten" Formationen sind auf dem Mars ausschließlich auf dem auf der südlichen Hemisphäre gelegenen Hochland zu finden. Eine entsprechende Region wäre z.B. das Noachis Terra, welche sich unmittelbar westlich des Hellas-Impaktbeckens befindet. Allerdings befindet sich dieses Gebiet zwischen 30 und 60 Grad südlicher Breite und ist entsprechend ungeeignet für einen mit Solarstrom betriebenen Rover. Zudem ist die dortige Region mit vielen Impaktkratern durchzogen, entsprechend uneben und stellt somit auch aus der Sicht des eigentlichen Landevorgangs kein günstiges Landegebiet dar.
Eventuell, so der ESA-Call, würde jedoch auch eine Region in Frage kommen, welche aus der Zeit des ( sehr ) späten Hesperiums datiert. In dieser Periode spielten sich auf dem Mars verschiedene Prozesse ab, welche den gesamten Planeten nachhaltig veränderten. So ergossen sich zum Beispiel aus ausgedehnten Spalten in der Marskruste gewaltige Lavamassen über die Planetenoberfläche und bildeten im Rahmen dieser Vorgänge weite, ausgedehnte Ebenen. In diesem Zeitraum entstanden auch die ältesten, in der Tharsis- und in der Elysium-Region gelegenen Marsvulkane sowie das Grabensystem der Valles Marineris. Durch die vulkanischen Aktivitäten wurden zudem große Mengen an Wasser freigesetzt, welche sich anschließend über die Marsoberfläche ergossen und dabei gewaltige Ausflusstäler erzeugten.
Der Vorteil bei einer Entscheidung, bei der eine "hesperianische Region" ausgewählt wird : Wasser, so die ESA, sollte in der angepeilten Region ebenfalls über möglichst längerer Zeiträume über die Oberfläche geflossen sein und die Zusammensetzung der Oberflächengesteine dabei nachhaltig verändert haben.
Aus dieser Zeitepoche scheint mir in erster Linie das Hesperia Planum in Frage zu kommen, welches sich nordöstlich des Hellas-Beckens bei 10 bis 30 Grad südlicher Breite und somit relativ optimal für einen mit Sonnenenergie betriebenen Rover befindet. Weitere Informationen zu dem Hesperia Planum, welches z.B. im Januar 2013 mit der HRSC-Kamera von Mars Express abgebildet wurde, findet Ihr auf unserer Portalseite :
http://www.raumfahrer.net/news/astronomie/01082013213735.shtml Im Zentrum des Hesperia Planum befindet sich übrigens der Vulkan Tyrrhena Patera.
Jetzt müssen wir optimalerweise auf den Bildern des Marsorbiters MRO, welcher Detailaufnahmen von der Marsoberfläche in einer Auflösung von bis zu 30 Zentimetern pro Pixel liefert, "nur" noch einen mehr oder weniger großen und noch relativ "frischen" Impaktkrater finden, der in dieser Region entstanden ist. Durch einen solchen Impakt wäre nämlich erst vor relativ kurzer Zeit Material an die Marsoberfläche gelangt, welches seitdem entsprechend wenig durch Umwelteinflüsse, speziell durch die kosmische Strahlung, verändert wurde. Bei der Untersuchung eines solchen relativ gering erodierten Oberflächenbereiches würden sich die Chancen erhöhen, organische Verbindungen oder sogar noch vorhandene Überreste von - eventuell !!! - einstmals vorhandenen Mikroorganismen zu finden.
Mehr über die Bedeutung der kosmischen Strahlung bei der Suche nach organischen Verbindungen auf dem Mars ebenfalls auf unserer Portalseite :
http://www.raumfahrer.net/news/astronomie/11122013191417.shtml ( im unteren Bereich des Artikels )
Im Bereich dieses noch von uns auszusuchenden Kraters müssen allerdings gewisse Bedingungen herrschen. So sollte das auszuwählende Gelände auf einer Fläche, welche die Abmessungen der Landeellipse ( wie groß ist diese diesmal eigentlich ? ) überschreitet, relativ eben ausfallen und keine größeren Krater oder relevante Berghänge mit großen Neigungswinkeln aufweisen. Zudem darf in dem auszuwählenden Bereich pro Quadratkilometer nur eine begrenzte Anzahl von größeren Felsbrocken abgelagert sein. Das Vorhandensein solcher Formationen würde ein zu großes Risiko während der Landung darstellen.
Im Vorfeld der in den letzten Jahren erfolgten Marslandungen war die "Gesteinsdichte" immer ein mit ausschlaggebender Faktor für die Auswahl der Landezone ( z.B. der Phoenix-Lander mit Landung im Mai 2008 :
http://www.nasa.gov/mission_pages/phoenix/multimedia/6412-20080513.html ). Zudem müssen die bisher durchgeführten spektroskopische Untersuchungen der verschiedenen Marsorbiter eine interessante Chemie der dortigen Oberfläche gezeigt haben. U.a. der positive Nachweis von Tonmineralen wäre hierbei hilfreich...
Vielleicht finden wir ja anhand dieser Kriterien in den kommenden sechs Wochen wirklich noch einen geeigneten Landeplatz-Kandidaten, den wir dann der ESA vorschlagen können. Wenn ja, dann dürfte das Problem eher darin bestehen, die Notwendigkeit für die Auswahl ausgerechnet dieses Platzes in einer Dokumentation zu beschreiben, welche auf lediglich sechs Seiten limitiert ist...
Okay, der vorletzte Satz war jetzt nicht ernst gemeint. Die Kriterien für die Auswahl des zukünftigen Landeplatzes von ExoMars sind sowohl aus der Sicht der Wissenschaftler als auch der Sicht der beteiligten Ingenieure extrem komplex. Ohne detailliertes Hintergrundwissen können wir hier zwar viel spekulieren, aber die endgültige Auswahl sollten dann wohl doch besser die wirklichen Experten tätigen...
Aber trotzdem macht das Spekulieren Spaß!!!
Schöne Grüße aus Hamburg - Mirko