Nukleartechnik für die Raumfahrt

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Offline Dominic

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #725 am: 18. März 2020, 11:34:34 »
Meine Idee wäre hier ein System das ein (unbemanntes) Raumschiff mit betankt 2000t in den Orbit bringt, dann mit einem riesigen ultraleichten Solarsyststem über den Umweg über das innere Sonnensystem, wenns geht noch innerhalb der Venusbahn an der Sonne vorbei bringt um dann vielleicht zusätzlich etwas Schwung von der Venus mitnimmt dann z.B. zum Uranus, Neptun oder Saturn fliegt, dort Atmosphärenunterstützt abbremst um dann z.B. auf dem Titan mehrere Rover mit nuklearer Energieversorgung absetzt, vielleicht sogar mit Proben zurück fliegt.

2000t ist schon sehr groß. In ein Raumschiff dieser Gewichtsklasse könnte man ein Reaktorsystem mit mehreren hundert Megawatt elektrischer Leistung integrieren, eventuell mehr als ein Gigawatt.

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Offline Klakow

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #726 am: 26. Juli 2020, 17:06:07 »
https://time.com/5871667/nuclear-power-plant-moon/
Hier ist eine Info über eine neue Initiative zur Entwicklung eines Spaltreaktors der mindestens 10 Jahre bei mindesten 10kW bei maximal 3500kg Masse haben soll, das ganze bis 2026, zur Nutzung in einem Krater am Südpol des Mondes oder auf dem Mars.

Offline Dominic

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #727 am: 04. August 2020, 18:34:19 »
https://time.com/5871667/nuclear-power-plant-moon/
Hier ist eine Info über eine neue Initiative zur Entwicklung eines Spaltreaktors der mindestens 10 Jahre bei mindesten 10kW bei maximal 3500kg Masse haben soll, das ganze bis 2026, zur Nutzung in einem Krater am Südpol des Mondes oder auf dem Mars.

Anscheinend versucht man einen kommerziellen Hersteller für die Kilopower/FSP Reaktoren
 zu finden.
War eigentlich abzusehen, auch die Radionuklidbatterien wurden zunächst von der NASA und AEC entwickelt, später aber von der Privatwirtschaft, konkret General Electric Space Division sowie später Aerojet Rocketdyne und Teledyne Energy Systems, hergestellt.

Es bleibt abzuwarten wer sich diesmal als Auftragnehmer findet.

Bekannt ist ja das Westinghouse und das Startup HolosGen sich mit der Technologie beschäftigen, beide haben aber nur wenig Erfahrung mit Raumfahrttechnik und zielen auf Ableger für einen terrestrischen Einsatz ab. Irgendwer wird sich schon finden... wichtig ist auch das sich eine passende Mission findet...

Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #728 am: 22. Oktober 2020, 17:56:41 »
NASA Antwort auf TEM/Nuklon


Abb.1 NASA Konzept eines NEP( Nuclear Electric Propulsion) Mars Raumschiffes - Credits: NASA


Wenig Überraschend machte die NASA ihre Pläne bzw. Bemühungen bzgl. eines Nuklear getriebenen Exploration Komplexes öffentlicher bzw. rückt diese in den öffentlichen "Fokus". Ähnlich wie in Russland werden Nuklear Elektrische, sowie Nuklear Thermale Lösungen untersucht. In einem NASA Artikel wird von einem Energiebedarf von 400kW - 2MW gesprochen. Ich empfehle dem interessierten Leser/Beobachter diesen Link(Promising Nuclear Electric Propulsion Concepts for Human Mars Missions), der auf mehren Details einer möglichen NASA NEP Lösung eingeht.

PS: Ich wünschte alle würden so ausführliche Präsentationen öffentlich zugängliche machen wie die NASA. Einfach Vorbildlich!
"Humanity should become a space faring civilization. If that is not the point of human space flight, what the hell are we doing?" Astrophysicist Christopher Chyba

Offline FlyRider

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #729 am: 22. Oktober 2020, 18:52:03 »
PS: Ich wünschte alle würden so ausführliche Präsentationen öffentlich zugängliche machen wie die NASA. Einfach Vorbildlich!

Ich liebe diese Nasa PDFs auch!

Immer wenn ich sowas in die Finger bekomme, werd ich ganz unruhig und hoffe, dass das Alles schnellstmöglich umgesetzt wird .... was dann meist nicht passiert  :(

Ich vermisse z.b. eine NEP Roadmap mit Jahreszahlen, es gibt auf Seite 23 einen "EP Development Plan", der sich aber nur auf die Thruster bezieht. Die Aussage "Our ability to deliver this system by the mid 2030s depends on several key factors" (Seite 24) zeigt aber ganz klar, dass wir uns nicht zu früh freuen sollen ...

Was mich auch wundert ist der Fokus auf den Mars. Für den Mars brauch ich kein NEP, das geht mit SEP auch noch ganz gut. Zumal der Mars ja praktisch ums Eck ist. Für mich wäre NEP der ideale Antrieb für wirklich große interplanetare Sonden: Ein Uranus / Neptun Orbiter, ein Sonde für Jupiter oder Saturn mit einem oder mehreren Landern, ein gewaltiger Lander für Europa mit Eis- Penetrator und Uboot, ein .... ach ich träume schon wieder  8)

P.S.: Der Nasa NEP X-Wing Fighter ist ja wohl der Hammer!
P.S.S: Der Quecksilber Ion Thruster mit 7000 s ISP (!!) ist auch der Hammer - und das 1967!

Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #730 am: 22. Oktober 2020, 19:44:13 »
PS: Ich wünschte alle würden so ausführliche Präsentationen öffentlich zugängliche machen wie die NASA. Einfach Vorbildlich!

Ich liebe diese Nasa PDFs auch!

Immer wenn ich sowas in die Finger bekomme, werd ich ganz unruhig und hoffe, dass das Alles schnellstmöglich umgesetzt wird .... was dann meist nicht passiert  :(


Ohja..du sprichst mir von der Seele. ;D

Ja was den Zeitplan( Mitte 2030er)angeht, kann man deutlich den Vorsprung (ca.10 Jahre) Russlands auf dem Gebiet erkennen und dass obwohl bei NASA das weniger ambitionierte 1200k Spektrum(Reaktor Arbeits-Temperatur) bevorzugt wird. NEP bietet neben den Nutzlast Vorteile gegenüber SEP, auch das Potential die Technologie für weiter entfernte Ziele als den MARS zu verwenden. Was die Hall Triebwerke angeht, so sind diese nicht das letzte Worte. Gerade für die größeren bemannten Raumschiffe wird mehr Schub benötigt. Wahrscheinlich wird es am Ende eher magnetoplasmadynamische Antriebe wie VASIMIR (Abgasgeschwindigkeit 50km/s bzw. Isp 5000s) oder bei den Russen die quasistationären Hochstrom-Plasmatriebwerke (Abgasgeschwindigkeit bis zu 1500km/s bzw. Isp bis zu 150000 s )vom Keldysh Institut werden. Die quasistationären Hochstrom-Plasmatriebwerke vom Keldysh werden Momentan durch die RNF(Russische Wissenschaftsfonds) Stiftung finanziert. Eine Technologie Demo-Flug soll schon 2024 stattfinden.
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Offline Dominic

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #731 am: 23. Oktober 2020, 00:38:49 »
Interessant.

Festhalten muss man auch dass das NASA Design eine erheblich höhere Masse pro Leistung aufweist als das russische TEM (Faktor 2-3!) laut den mir bekannten Angaben.  Dafür scheint das NASA Design mehr Wert auf Zuverlässigkeit zu legen (redundante Turbinen und Turbinenkreisläufe usw. Man will wohl auch auf möglichst etablierte Technik setzen um Entwicklungsrisiken zu minimieren.

Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #732 am: 23. Oktober 2020, 19:31:39 »
..Dafür scheint das NASA Design mehr Wert auf Zuverlässigkeit zu legen (redundante Turbinen und Turbinenkreisläufe usw. Man will wohl auch auf möglichst etablierte Technik setzen um Entwicklungsrisiken zu minimieren.

Warum je nach Leistung wollen beide nur eine oder z.B. vier Turbinen und mehrere Kühlkreisläufe nutzen. Beim zweiten Satz stimme ich zu. Wobei die Russen deutlich aktiver sind was Nuklear Technologie angeht, gerade auch kleinere und schnelle Reaktoren.
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Offline Klakow

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #733 am: 23. Oktober 2020, 20:26:12 »
Die 1200km/s sind eigentlich vollständig belanglos solange man keine Energiequelle hat die viele Gigawatt mit sehr kleinem und leichtem Reaktor liefern kann, den der Energiebedarf steigt mit V^2.
Was man anstreben muss ist ein zur Energieversorgung passes ISP und da macht derzeit nicht mal 100km/s Sinn.
Derzeit haben wir das Problem das der ISP so schlecht ist, das man nur einen sehr kleinen Anteil der Startmasse auch nur als Nutzlast ins LEO bringen.
Neben dem Unsinn die Raketen auch noch jedes mal wegzuwerfen, und dem  missen Nutzlastverhältniss, macht für mich Kernenergie das nicht wirklich besser.

Offline Dominic

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #734 am: 24. Oktober 2020, 00:43:29 »
Die 1200km/s sind eigentlich vollständig belanglos solange man keine Energiequelle hat die viele Gigawatt mit sehr kleinem und leichtem Reaktor liefern kann, den der Energiebedarf steigt mit V^2.
Was man anstreben muss ist ein zur Energieversorgung passes ISP und da macht derzeit nicht mal 100km/s Sinn.
Derzeit haben wir das Problem das der ISP so schlecht ist, das man nur einen sehr kleinen Anteil der Startmasse auch nur als Nutzlast ins LEO bringen.
Neben dem Unsinn die Raketen auch noch jedes mal wegzuwerfen, und dem  missen Nutzlastverhältniss, macht für mich Kernenergie das nicht wirklich besser.

Ja, ein hoher ISP ist nicht alles- vor allem wenn man nicht sehr weit fliegt. Daher sind nuklearthermische Triebwerke mit nicht ganz so hohem ISP aber sehr hoher Leistungsdichte oft die bessere Wahl im Vergleich zu NEP.

Und man darf auch nicht vergessen: Bei etlichen Missionsprofilen, vor allem wenn man nicht weiter als bis zu Mars will können SEP Systeme fallweise eine höhere Leistung pro Masse liefern und fallweise billiger sein.

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Offline Klakow

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #735 am: 24. Oktober 2020, 07:47:05 »
Dem ist so wie du sagst, nuklearthermische Triebwerke mit einem ISP bis 10km/s wären sehr viel besser den man könnte mit diesen einstufig ins LEO kommen, aber in der Blogosphäre ist das kaum zu verantworten. Im freien All natürlich schön nur kommt da der zweite Nachteil in die Quere,  das dieser Antriebstype seinen ISP nur richtig gut mit Wasserstoff hat, nur der braucht riesige Tanks.
Ich bin darüber nicht glücklich, aber Spaltreaktors halte ich nur als Wärmequelle mit Stromgewinnung auf Planeten bis Asteroiden für sinnvoll, also da wo keine oder zu wenig Sonne hinkommt.. ihre miese spezifische Leistung ist als Antrieb da natürlich auch ein Problem.

Offline FlyRider

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #736 am: 24. Oktober 2020, 08:53:58 »
Es kommt ja wohl sehr darauf an, wo man hin will. Der Mars ist ja eh leicht erreichbar. Geht ja sogar chemisch ganz gut.

Aber dass jede bisschen schwerere Sonde zum Jupiter oder Saturn mind. 7 Jahre unterwegs ist - das find ich störend. Und da macht NEP absolut Sinn - und jedes Plus an ISP wirkt sich letztlich positiv aus. Wenn ich mehrere Jahre unterwegs bin, kann ich auch mal mehrere Monate  beschleunigen. Jedes bisschen plus an ISP erlaubt mir, mit dem verfügbaren Treibstoff auch am Ziel noch operieren zu können.

Für schnelle Erde - Mars Flüge mit viel Nutzlast machen thermische Triebwerke sicher mehr Sinn, weil ich ja nicht lange unterwegs bin und viel Schub brauche. Für Missionen weiter weg ist NEP mit dem viel höheren ISP aber sicher im Vorteil.

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Offline Klakow

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #737 am: 24. Oktober 2020, 12:11:48 »
Das Problem ist leider nicht ohne konkrete Berechnungen darstellbar, aber es ist hilfreich die Parameter mal aufzuzählen:
1) Leermasse Missionnsträger, das wäre z.b. eine Ariane 5 Oberstufe
2) Nutzlast
3) Maximal elektrische Dauerleistung
4) verwendeter ISP
5) Wirkungsgrad beim genutzten ISP und Treibstoff (Stptzmasse)
6) daraus erzielbarer Impuls
7) daraus benötigtem Treibstoff je Sekunde
8) daraus erzielbaren dV
9) Benötigter Beschleunigungszeit.

Zwar steigt die Nutzlast mit dem ISP logarithmisch an, aber die Beschleunigungszeit steigt quadratisch an.
Weiterhin kann man selbst aus der Kernspaltung nicht beliebig lange Energie gewinnen, all dies setzt dem möglich nutzbaren ISP enge Grenzen.
Die eigendliche Frage die man beantworten muss, ist die erzielbare Leistung je kg, selbst mit 1kW je kg macht ein ISP von 100km/s keinen Sinn weil man selbst bei sehr keineräm Treibstoffanteil viele Jahre braucht um den aufzubrauchen.

Offline Matjes

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #738 am: 24. Oktober 2020, 12:27:45 »
Hallo

Ein wenig Salz muss sein. Wenn nukleare Reaktoren zur Erzeugung von elektrischer Energie genutzt werden
müssen sie gekühlt werden. Man muss die Wärme wieder los werden. Das ist das große Problem. Kleine Wärmemengen
aus nuklearen Zerfällen zu gewinnen ist gut erprobt und wird bei vielen Sonden im Thermalhaushalt eingesetzt.
Im niedrigen Wattbereich kann auch elektrische Energie zum Betrieb von Sonden gewonnen werden. Aber einen
nuklearen Antrieb - am Besten mit richtig Bums - für ein elektrisches Raumschiff zu bauen ist ein anderes Problem.
PDF Dokumente sind nett und von mir aus auch bunt. Aber mehr auch nicht.

Matjes
« Letzte Änderung: 24. Oktober 2020, 14:57:42 von Matjes »

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Offline Klakow

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #739 am: 24. Oktober 2020, 12:51:01 »
Ich hatte mich vor längerer Zeit mit dem Problem mal befast, eine brauchbare Lösung ist es mit hohen Temperaturen am besten mit Gasturbinen zu arbeiten wenn möglich direkt Helium als Medium zu verwenden. Da man die Wärme nur über Abstahlung los wird und die mit der vierten Potenz der absoluten Temperatur steigt funktioniert die Abstrahlung um so besser je höher die Temperatur ist, wie gesagt dP~T^4. Leider reduziert das auch den Wirkungsgrad der Turbine, man muss die also einen guten Kompromiss zwischen Turbineneffizenz und Masse der Kühlradiatoren finden, ich denke man braucht temperaturen oberhalb 400K nach der Kühlung.

Offline Makemake

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #740 am: 24. Oktober 2020, 20:07:47 »
Das Fazit in der NasaPräsentation:
Zitat
Our ability to deliver this system by the mid 2030s depends on several key factors:
- Quickly establish a baseline approach and commence the technology maturation with industry
- Allow the more-mature, surface nuclear power system to lead the NEP development, exercise the new launch approval process, and demonstrate a space reactor in a real mission
- Avoid the temptation to push the technology beyond the minimum mission need; many previous space reactors have failed due to exaggerated claims and unreasonable expectations

Zitat
Unsere Fähigkeit, dieses System bis Mitte der 2030er Jahre bereitzustellen, hängt von mehreren Schlüsselfaktoren ab:
- Schnellstmöglicher Aufbau eines Basisansatzes und Beginn der technologischen Reifung mit der Industrie
- Ermöglichung des ausgereifteren Oberflächen-Kernkraftwerksystems, das die Entwicklung des NEP anführt, das neue Startgenehmigungsverfahren durchführt und einen Weltraumreaktor in einer echten Mission vorführt
- Der Versuchung widerstehen, die Technologie über die Mindestanforderungen der Mission hinaus zu entwickeln; viele frühere Weltraumreaktoren sind aufgrund übertriebener Behauptungen und unvernünftiger Erwartungen gescheitert.

Der letzte Satz ist bestechend. Auch wenn das hier bisher wohl auch nur auf Papier existiert. Meiner meinung nach ist das Problem des nuklearen Reaktors oder auch eines entsprechenden elektrischen Triebwerkes wie VASIMR immer ein Henne-Ei Problem. Ohne das eine braucht man das andere nicht.
Eigentlich noch komplizierter: Für eine Mission eines nuklearen Space-Tugs werden so viele sehr teure Einzelkomponenten benötigt, dass man sich nicht mit kleinen Demonstratormissionen heranwagen kann. Es braucht im Gegenteil eine Apollo-ähnliche Missionsgröße, die alles auf einmal voranschiebt. Das ist im Grunde nur eine Marsmission. Aber solche Budgets sind nicht in Sicht.
Auch wenn Russland tatächlich technologisch weiter sein sollte, in welcher Flagship Mission soll der Reaktor eingesetzt werden? Da ist doch wohl leider kein Geld für da.

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Online jdark

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #741 am: 24. Oktober 2020, 22:01:24 »
Schön, dass du das ansprichst. Es braucht eine großdimmensionierte Mission für den Einsatz der Nukleartechnik. Dahinter muss (wird) auch der Umweltaspekt berücksichtigt und abgewogen werden. Für einen Demonstrator wird es schwierig die Risiken zu akzeptieren. Voll aufs Ganze oder nichts. Leider.
Und so bleiben diese Ideen weiterhin die bekannten, berüchtigten PP-Tiger.
Und wer ist schuld?....

Offline Dominic

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #742 am: 25. Oktober 2020, 00:14:25 »
Dem ist so wie du sagst, nuklearthermische Triebwerke mit einem ISP bis 10km/s wären sehr viel besser den man könnte mit diesen einstufig ins LEO kommen, aber in der Blogosphäre ist das kaum zu verantworten. Im freien All natürlich schön nur kommt da der zweite Nachteil in die Quere,  das dieser Antriebstype seinen ISP nur richtig gut mit Wasserstoff hat, nur der braucht riesige Tanks.
Ich bin darüber nicht glücklich, aber Spaltreaktors halte ich nur als Wärmequelle mit Stromgewinnung auf Planeten bis Asteroiden für sinnvoll, also da wo keine oder zu wenig Sonne hinkommt.. ihre miese spezifische Leistung ist als Antrieb da natürlich auch ein Problem.

Der Nachteil der geringen Dichte von Wasserstoff ist nicht so groß wenn man erstmal im Weltraum ist. Wobei es hier auch den Nachteil gibt das er nur sehr bedingt lagerfähig ist.

Man muss aber auch festhalten das sich nuklearthermische Triebwerke durchaus nicht nur mit Wasserstoff betreiben lassen. Vorgeschlagen wurde etwa auch Kohlendioxid. Damit erreicht man zwar keinen so hohen Isp aber immerhin einen der mit guten chemischen Triebwerken mithalten kann. Und CO2 ist etwa auf dem Mars im Überfluss verfügbar. Der Isp wäre auch gut genug für SSTO auf dem Mars- fallweise auch in widerverwendbarer Form.

Für das einstufige Starten in den LEO haben die meisten nuklearthermischen Triebwerke übrigens doch wieder eine zu geringe Leistungsdichte, nur wenige erreichen eine Schubkraft die deutlich größer als ihr Eigengewicht ist (das liegt unter anderem an der nötigen integrierten Abschirmung). Damit eignen sie sich allenfalls als Oberstufen. Wobei das eine interessante Option sein könnte: Eine widerverwendbare Unterstufe alla SpaceX in Kombination mit einer nuklearthermischen Oberstufe...? Die Nutzlast zu weit entfernten Zielen und hohen Orbits sollte man so deutlich steigern können.

Alternativ kann man auch ein Shuttle nutzen das im LEO aufgetankt werden kann. Hier sind aber wieder NEP oder SEP Systeme meist interessanter.

Die Umweltauswirkungen des Absturzes einer Rakete mit nuklearthermischem Triebwerk nach dessen Zündung  wären übrigens etwa vergleichbar mit einem kleineren atmosphärischen Kernwaffentest. Also zumindest nach den Maßstäben der 1960er durchaus zu verantworten wenn das über einem entlegenen Meeresgebiet passiert. Die radioaktiven Emissionen bei einem ordnungsgemäßen Start wären sehr gering. Auch ein Absturz bzw. eine Explosion der Rakete vor dem Zünden der nuklearen Stufe (kritischwerden des Reaktors) wäre bei geeigneter Konstruktion nicht problematischer als die Explosion einer normalen Rakete. Hochradioaktiv und entsprechend gefährlich sind ja nur die Spaltprodukte, nicht der Kernbrennstoff.

Allenfalls ein widerverwendbares Shuttle mit nuklearthermischem Triebwerk, welches nach einem Einsatz samt Reaktor wieder auf der Erde landen und ohne Tausch des Kernbrennstoffs erneut starten soll wäre hier sehr problematisch. Auch ein Einsatz von Plutonium als Kernbrennstoff wäre relativ problematisch. Auf dem Mond oder Mars wäre aber auch das vertretbar.

Was man auch noch sagen muss: Es gibt heute internationale Abkommen (vor allem die United Nations treaties and principles on outer space) welche den Einsatz von Reaktoren in einer Umlaufbahn mit einem Perigäum von weniger als etwa 800km nur in Ausnahmefällen erlauben, es müsste unter anderem sichergestellt sein das der Reaktor auch bei einer Fehlfunktion in eine höhere Umlaufbahn zur "Endlagerung" geschossen werden kann. Vermutlich wird man daher in der Praxis in absehbarer Zukunft auf nuklearthermische Raketenoberstufen verzichten.

Zitat
Aber dass jede bisschen schwerere Sonde zum Jupiter oder Saturn mind. 7 Jahre unterwegs ist - das find ich störend. Und da macht NEP absolut Sinn - und jedes Plus an ISP wirkt sich letztlich positiv aus. Wenn ich mehrere Jahre unterwegs bin, kann ich auch mal mehrere Monate  beschleunigen. Jedes bisschen plus an ISP erlaubt mir, mit dem verfügbaren Treibstoff auch am Ziel noch operieren zu können.

Das stimmt- es stellt sich aber die Frage ob der Erforschung des äußeren Sonnensystems in den nächsten Jahren so viel Beachtung geschenkt wird das man bereit ist teure Sonden mit NEP für Flüge dort hin zu finanzieren...

Wobei man auch dazu sagen muss: NEP hätte nicht nur den Vorteil das man weiter entfernte Ziele schneller erreichen kann. Auch wenn man am Ziel angekommen ist könnte man dort besser manövrieren, etwa im Jupiter oder Saturnsystem alle Monde aus ihrem jeweiligen LEO unter die Lupe nehmen. Sogar eine Sample-Return Mission wäre möglich. Und speziell beim Missionen zu sehr weit entfernten Zielen (Uranus, Neptun, Kuipergürtel) fällt es so wesentlich leichter überhaupt in einen Orbit einzuschwenken (und nicht nur einmalig vorbei zu fliegen).

Viel elektrische Energie zur Verfügung zu haben hat auch weitere Vorteile. Man könnte etwa mit höherer Sendeleistung eine höhere Datenrate bei der Übertragung zur Erde erreichen. Man könnte auch leistungsstarke Radarsysteme nutzen um etwa die unter Wolken oder Eis verborgene Oberfläche diverser Himmelskörper besser zu untersuchen.

Zitat
Für schnelle Erde - Mars Flüge mit viel Nutzlast machen thermische Triebwerke sicher mehr Sinn, weil ich ja nicht lange unterwegs bin und viel Schub brauche. Für Missionen weiter weg ist NEP mit dem viel höheren ISP aber sicher im Vorteil.

Ein Argument für NEP (oder SEP) bei Erde-Mars Flügen ist das man hier ein Shuttle einsetzen kann welches mehrfach zwischen LEO und Marsorbit hin- und her fliegen kann. Auf lange Sicht spart man so im Vergleich zu Einwegraumschiffen Geld wenn man über Jahre hinweg große Nutlasten zum Mars transportieren will. Ähnliches gilt auch für Mondflüge. Das setzt aber voraus das man wirklich über etliche Jahre hinweg eine Mond/Mars Basis aufbauen und betreiben und nicht nur ein Mal hinfliegen und eine Flagge in den Boden rammen will.

Zitat
Ein wenig Salz muss sein. Wenn nukleare Reaktoren zur Erzeugung von elektrischer Energie genutzt werden
müssen sie gekühlt werden. Man muss die Wärme wieder los werden. Das ist das große Problem. Kleine Wärmemengen
aus nuklearen Zerfällen zu gewinnen ist gut erprobt und wird bei vielen Sonden im Thermalhaushalt eingesetzt.
Im niedrigen Wattbereich kann auch elektrische Energie zum Betrieb von Sonden gewonnen werden. Aber einen
nuklearen Antrieb - am Besten mit richtig Bums - für ein elektrisches Raumschiff zu bauen ist ein anderes Problem.
PDF Dokumente sind nett und von mir aus auch bunt. Aber mehr auch nicht.

Die Wärmeabfuhr ist bei Reaktorsystemen natürlich ein großes Problem. Bei Solaren Systemen hat man den Vorteil das die Solarpaneele ihre eigene Wärmesenke sind, die Verlustwärme strahlen sie über ihre große Oberfläche gleich wieder ab, eine aufwendigere Kühlung braucht man allenfalls nur bei Konzentrator-Solarsystemen welche sich wohl auch aus diesem Grund bisher nicht durchsetzen konnten.

Gegenwärtig übliche Radiatoren für die Kühlung von Raumfahrzeugen haben zum Teil eine Masse pro Fläche welche ähnlich groß ist wie die von gängigen Solarpaneelen. Vor allem bei sehr leistungsstarken Reaktorsystemen kann der Radiator die Leistung pro Masse begrenzen- bei kleineren Reaktoren alla Kilopower ist eher die Abschirmung die schwerste Komponente.

Um bei gegebener Radiatorfläche mehr Energie abführen zu können kann man eine hohe Temperatur nutzen, wie schon angesprochen ist die Wärmeabstrahlung pro Fläche ja proportional zur vierten Potenz der absoluten Temperatur.

Die meisten Reaktorsysteme (und übrigens auch Radionuklidbatterien) arbeiten daher mit hohen Temperaturen, üblich sind etwa 350-450K für den Radiator. Um sinnvoll Energie gewinnen zu können muss der Reaktor selbst freilich mit einer noch weit höheren Temperatur arbeiten.  Man muss hier auch immer einen Kompromiss zwischen niedrigerer Radiatortemperatur und höherem Wirkungsgrad (=kleinerer thermischer Reaktorleistung bei gegebenem elektrischen Leistungsbedarf aber höhere Radiatormasse) und höherer Radiatortemperatur und (=größere thermischer Reaktorleistung bei gegebenem elektrischen Leistungsbedarf aber kleinere Radiatormasse) eingehen. Ein Extrembeispiel sind hier die sowjetischen thermoionischen Reaktoren, die teilweise mit einer Radiatortemperatur von über 750K gearbeitet haben.

Allerdings gibt es fortschrittliche Radiatorkonzepte welche es in Zukunft erlauben könnten deutlich leichtere Radiatoren zu bauen. Beispiele sind etwa Tröpfchenradiatoren, bei welchen ein Kühlmittel mit niedrigem Dampfdruck (z.B. Flüssigmetall) einfach in den Weltraum gesprüht und an anderer Stelle wieder aufgefangen wird.

Mit Gas oder einem Aerosol als Kühlmittel arbeitende Radiatoren könnten sich auch als sehr leichte Folienstruktur realisieren lassen.

Zitat
Dahinter muss (wird) auch der Umweltaspekt berücksichtigt und abgewogen werden. Für einen Demonstrator wird es schwierig die Risiken zu akzeptieren.

Wenn man einen Reaktor hat der

a) erst in einer stabilen, ausreichend hohen Umlaufbahn kritisch wird
b) So konstruiert ist das er bei einem Absturz (vor allem auch ins Meer) nicht unkontrolliert kritisch wird

Dann gibt es kaum Sicherheits- bzw. Umweltrisiken. Das gilt im Wesentlichen unabhängig von der Reaktorleistung und auch für nuklearthermische Triebwerke. Beides lässt sich relativ einfach sicherstellen und ist für viele Anwendungen keine problematische Einschränkung.

Zitat
Der letzte Satz ist bestechend. Auch wenn das hier bisher wohl auch nur auf Papier existiert. Meiner meinung nach ist das Problem des nuklearen Reaktors oder auch eines entsprechenden elektrischen Triebwerkes wie VASIMR immer ein Henne-Ei Problem. Ohne das eine braucht man das andere nicht.

Na ja leistungsstarke elektrische Triebwerke werden auch ohne verfügbare Reaktoren zunehmend weiterentwickelt, das liegt vor allem auch daran das SEP für kommerzielle geostationäre Satelliten immer interessanter wird. Elektrische Triebwerke von wenigen Kilowatt auf einige zehn oder hundert Kilowatt hoch zu skalieren ist nicht sooo schwierig. Es gibt zahlreiche Labormodelle von elektrischen Triebwerken mit über 100kW.

Zitat
Schön, dass du das ansprichst. Es braucht eine großdimmensionierte Mission für den Einsatz der Nukleartechnik.

Kommt darauf an. Ein kleiner einfacher Reaktor wie Kilopower kann fallweise sogar eine kostengünstigere Alternative zu Radionuklidbatterien sein. Da braucht man nicht unbedingt eine sehr große Demomission.

Bei den größeren Reaktoren und vor allem leistungsstarken NEP Systemen stimmt es aber im Wesentlichen schon.

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Offline Klakow

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #743 am: 25. Oktober 2020, 09:43:13 »
Die Idee CO2 direkt als Treibstoff zu nutzen wäre beim Mars durchaus sinnvoll.
NEP für das äußere Sonnensystem ist sicher auch sinnvoll.
Allerdings halte ich es langfristig für Missionen bis 3AE sinnvoller SEP mit großen Solarzellenträgern zu verwenden. Klar es gibt bei 3AE nur noch etwa 150W/pm, aber wer sagt den das man hier keine riesigen Spiegel aus dünner Folie nutzen kann um je Kilogramm mehr Energie aufzusammeln?
Hier ist man eben nicht auf einen ISP von 10km/s beschränkt, was für FrachtMissionen zum Mars und für den Asteroidenabbau sogar ein muss ist.
An Spaltreaktoren geht nach meiner Meinung nach auf dem Mars erstmal kein weg daran vorbei wenn man vermeiden will das einem per Staubsturm die Energie abgedreht wird, ich hoffe aber das sich bald kleinere Fusionsreaktoren an denen das MIT arbeitet bald realisieren lässt.
Man wird sehen wie hoch man die Leistungsdichte damit treiben kann.

Offline FlyRider

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #744 am: 25. Oktober 2020, 10:25:38 »
An Spaltreaktoren geht nach meiner Meinung nach auf dem Mars erstmal kein weg daran vorbei wenn man vermeiden will das einem per Staubsturm die Energie abgedreht wird, ich hoffe aber das sich bald kleinere Fusionsreaktoren an denen das MIT arbeitet bald realisieren lässt.
Man wird sehen wie hoch man die Leistungsdichte damit treiben kann.

Meine Einschätzung dazu wäre eher die, dass die Kernfusion für einen Betrieb in der Raumfahrt noch sehr, sehr weit ist. ITER ist eine Anlage, die mit ihren Subsystemen mehrere Hektar belegt (klar, das sind Montagehallen usw. dabei, die man bei einer Betriebsanlage in der Form nicht hätte), von der Größenordnung kompakter Spaltreaktoren ist man da Dimensionen entfernt. Sparc (der MIT Reaktor) wird viel kleiner, aber irgendwas zwischen Tennisplatz und Fußballfeld wird der auch noch belegen. Man darf ja nicht nur den Tokamak selbst rechnen. Allein die Anlagen zur Aufheizung sind riesig.

Ein Problem bei SPARC ist auch, dass die extremen Magnetfelder (9.2 T!!!) so große Kräfte erzeugen, dass man mechanisch an die Grenzen kommt. Und das auf der Erde, wo man ja so viel Stahl in Stützstrukturen verschweißen kann, wie man will. Selbst bei ITER ist die Mechanik schon ein Problem und SPARC ist ja gerade deshalb so viel effizienter, weil die Magnetfelder dank der modernen Supraleiter (REBCO) viel stärker sein können als bei ITER.

Man darf sich auch nicht von den vielen "kleinen" Tokamaks und Stellaratoren täuschen lassen, die man so in Instituten sieht. Keine dieser Anlagen hat die Dimension, um Energie erzeugen zu können. Dazu braucht es eine Kombination aus Plasmavolumen, Dichte, Temperatur und Dauer, die man erst ab einer gewissen Größe realisieren kann. Das sind Experimentalanlagen, die der Forschung dienen aber niemals Energie erzeugen könnten.

Ob und wie man so ein System auf eine weltraumtagliche Dimension und ein passendes Gewicht bringen kann, ist mMn momentan noch unklar und wird noch sehr viel Entwicklungsarbeit kosten - zumal ja Sparc noch gar nicht existiert.

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Offline Klakow

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #745 am: 25. Oktober 2020, 12:37:04 »
Das die Reduktion der Baugröße auf höherer Magnetfeldstärke beruht ist mir klar, nur sollte man eines nicht vergessen, dass Iter schon deswegen überholt ist weil da das erzeugen der schwächeren Megnetfelder, aufgrund alter Supraleitertechnik gigantisch aufwendiger ist.
Schaut man sich an wie groß der ARC Fusionsring werden soll, so müsste man das Ding, zumindest ohne Anbauten, in einem Stück mit einem Starship transportieren können.
Iter halte ich heute schon für eine Fehlentscheidung, der Reaktor in Greifswald aber nicht den der ist ja in Betrieb und die Erkenntnisse die man aus den Versuchen mit ihm gewinnt, sollten sicher hilfreich sein. Eventuell gibts da ja mal ein Nachfolger von dem Type aber dann mit hochtemperatur Supraleitern.
Was die dazu nötige Kältetechnik betrifft trifft es sich vielleicht ganz gut das man die gleiche Kältetechnik eh braucht für die Treibstoffherstellung.
Das wäre dann eh günstig so einen Reaktor zusammen mit der Treibstoffherstellung dicht beieinander aufzubauen.
Hier wird interessant sein ob man die Reaktoren im Untergrund betreibt?

Offline Dominic

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #746 am: 27. Oktober 2020, 00:44:38 »
Die mögliche Rolle der Kernfusion in der Raumfahrt ist natürlich schon ein interessantes Thema. Bis auf weiteres werden Kernfusionsreaktoren aber meiner Ansicht nach aber keine praktikablen Alternativen zu Spaltungsreaktoren sein.

Bis zu einer Leistung von mehreren Gigawatt und einer umzusetzenden Energiemenge von einigen Gigawattjahren spielt die theoretisch höhere Energiedichte von Fusionsbrennstoffen im Vergleich zu Spaltbrennstoffen jedenfalls kaum eine Rolle.

Und bis auf weiteres kann man mit Kernspaltungsreaktoren eine höhere Energiedichte bei gleichzitig simplerer und kompakterer Bauweise erzielen.

Dennoch gibt es mögliche sinnvolle Anwendungen für die Fusion.

Insbesondere nukleare Pulsantriebe (alla Projekt Orion, Projekt Daedalus,...) lassen sich mit Fusionssprengkörpern effektiv(er) umsetzen. Und das Teilweise mit weitgehend etablierter Technik.

Es gibt auch interessante wenn auch etwas hypothetische Konzepte für Fusionstriebwerke mit magnetischem Plasmaeinschluss (etwa "Direct Fusion Drive"). Solche Antriebe könnten theoretisch Abtriebsleistungen im Gigawattbereich mit spezifischen Impulsen kombinieren die man sonst nur von elektrischen Triebwerken kennt.

Allerdings muss man auch sagen das es auch Konzepte für fortschrittliche nuklearthermische Triebwerke auf Kernspaltungsbasis gibt, die ähnliches versprechen aber vielleicht einfacher zu realisieren sind (etwa Gaskernreaktorrakete, Nukleare Salzwasserrakete,...)

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Offline Klakow

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #747 am: 27. Oktober 2020, 20:53:26 »
Erstmal stimmt das und ich wäre sehr dafür einen Spaltreaktor zu nutzen bei einer ersten Marsbasis oder auch auf dem Mond oder bei den Asteroiden, aber wenn irgend möglich als Flüssigsalzreaktor.
Langfristig natürlich Fusion, schon deswegen weil es hier zu keinem GAU kommen kann.

Offline Dominic

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #748 am: 28. Oktober 2020, 01:06:27 »
Bei kleinen Reaktoren bis einige MW sind Flüssigsalzreaktoren in den meisten Fällen unnötig kompliziert ohne wirkliche Vorteile bieten zu können. Der Brennstoff hält bei solchen Reaktoren eh quasi ewig (Jahrzehnte) sodass der Vorteil des einfacheren Brennstoffwechsels bzw. der Brennstoffaufbereitung und Produktion bei Flüssigsalzreaktoren nicht so sehr ins Gewicht fällt. Reaktoren mit festem Brennstoff sind zudem meist einfacher konstruiert.

Ab ungefähr 100MW werden Flüssigsalzreaktoren langsam interessant. Aber so viel muss eine solche Basis mal verbrauchen, da reden wir dann schon von mindestens einigen hundert Einwohnern...

Das Fusionsreaktoren Sicherheitsvorteile haben ist nicht unbedingt so. Die komplexere Technik macht sie eher fehleranfälliger als viele Spaltungsreaktorsysteme. Beim Betrieb eines einfachen Spaltungsreaktors wie etwa eines Kilopower-Derivats kann ja auch nicht allzu viel schief gehen. Selbst wenn der Reaktor etwa von eine Meteoriten getroffen und so zerstört wird verteilen sich vielleicht ein paar radioaktive Brennstofftrümmer in der Gegend bzw. im Raum aber da ist ja nichts an dem sie durch ihre Radioaktivität wirklich Schaden anrichten könnten. Problematisch wäre hier nur der Verlust der Energieversorgung. Bei Fusionsreaktoren gibt es im Prinzip das selbe Risiko.

Auch größere, leistungsstärkere Reaktoren kann man sehr sicher bauen. Und selbst wenn man einen Reaktor hat bei dem es etwa zu einer Kernschmelze kommen kann wenn bestimmte Kühlsysteme ausfallen wäre auch das keine Tragödie. Die bei einer Kernschmelze entweichenden flüchtigen Spaltprodukte (vor allem Edelgase) würde sich schnell im Weltraum bzw. auf dem Mars in der dünnen Atmosphäre so stark verteilen und verdünnen das sie ungefährlich werden, die weniger flüchtigen Spaltprodukte würden im Reaktor oder der unmittelbaren Nähe verbleiben. Mangels Atmosphäre, Wetter und Grundwasser gibt es keinen Mechanismus der sie über größere Entfernungen transportiere kann ohne sie allzu sehr zu verdünnen. Und eine Gefahr radiotoxische Spaltprodukte aus der Umwelt aufzunehmen besteht auch kaum. Schlimmstenfalls wird ein Umkreis von vielleicht einigen zehn Metern um den Reaktor für ein paar Jahrzehnte zur Sperrzone. Als Sicherheitsmaßnahme gegen die Auswirkungen von Reaktorunfällen sollte man fallweise einen gewissen Abstand zwischen dem Reaktor und anderen Gebäuden einer Basis oder anderen Modulen einer Raumstation bzw. eines Raumschiffs vorsehen. Das kann auch aus Gründen der Minimierung der Strahlenbelastung im Normalbetrieb sinnvoll sein. Auf der Oberfläche eines Himmelskörpers kann es auch sinnvoll sein den Reaktor zu vergraben, das schützt in vor (Mikro-)Meteoriten und verhindert fallweise die Freisetzung weniger flüchtiger Spaltprodukte, außerdem hat man so gleich eine gute Abschirmung die man nicht erst zum Einsatzort fliegen muss.

Offline Dominic

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Re: Nukleartechnik für die Raumfahrt
« Antwort #749 am: 28. November 2020, 15:36:25 »
Morgen am Abend mache ich zusammen mit Noah vom Verein Nuklearia und Moritz vom Youtube-Kanal »Senkrechtstarter« einen Livestream über Kernenergie in der Raumfahrt:

&feature=youtu.be