Weltraummüll

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Offline Schillrich

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Re: Weltraummüll
« Antwort #625 am: 06. Mai 2021, 16:08:00 »
Erhöhte Trümmerdichte in dieser Orbitebene macht es aber auch für folgende Missionen schwieriger, ggf. irgendwann gefährlicher. Der Trunk ist relativ groß und hat eine erhöhte wahrscheinlichkeit getroffen zu werden. Wenn das passiert, wird es mehrere nicht-detektierbare Objekte geben, die trotzdem eine ganze Zeit lang in dieser Ebene unterwegs sind ... und wenn dann zeitnah eine oder mehrere ISS-Missionen da durch müssen, erhöht sich das Risiko explizit für sie.
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Offline Hugo

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Re: Weltraummüll
« Antwort #626 am: 06. Mai 2021, 17:42:28 »
Was ist denn diese kleine Spitze bei ~100000 km?
Die Grafik geht nicht so weit. Die Linie endet bei ca. 45.000 km. Aber die Spitzen entstehen durch bevorzugte Orbits. Es gibt Orbits, welche besondere Eigenschaften haben, welche sie besonders machen. Zum Beispiel der Geostationäre Orbit, hier Umkreist ein Satellit die Erde genau 23 Stunden, 57 Minuten und 4 Sekunden. Somit Stationiert man hier Satelliten für die TV-Übertragung, da die Erde so lange braucht für eine Umdrehung müssen wir unsere TV-Satellitenantennen nie neu ausrichten.


sondern an den Rechenaufwand, wenn man ein "Loch" für den Durchgang sucht.
Ich glaube es ist "etwas" zu überdramatisiert, zu sagen, man muss ein Loch suchen. Das Sprichwort "Die Nadel im Heuhaufen Suchen" könnte man nehmen, aber dann müsste der Heuhaufen sehr, sehr groß sein.

Rechenbeispiel:
  • Bei 400 km Höhe gibt es gemäß Grafik von Sensei 1E-6 Trümmerteile pro km³.
  • Eine Falcon 9 hat 3,6 Meter Durchmesser, sie fliegt in dieser Höhe 90 Minuten lang mit einer Geschwindigkeit von 27.000 km/h. Sie durchquert also einen Raum von 4,122E-1 km³
  • Wenn ich somit 1E-6 Teile pro km³ habe und meine Rakete beim Start 4,122E-1 km³ Raum durchfliegt, dann ist die Einschlagsgefahr 4,122E-7.
  • Oder umgerechnet: Wenn SpaceX alle 14 Tage startet, hat man eine Kollision alle 93.000 Jahre.

Re: Weltraummüll
« Antwort #627 am: 06. Mai 2021, 19:20:29 »
Wenn SpaceX alle 14 Tage startet, hat man eine Kollision alle 93.000 Jahre
Wow, danke, das ist mal eine gute Veranschaulichung dank vernünftiger Rechnung! (im Gegensatz zum plumpen Bauchgefühl)
« Letzte Änderung: 06. Mai 2021, 22:57:25 von Prodatron »

Offline Hugo

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Re: Weltraummüll
« Antwort #628 am: 06. Mai 2021, 22:23:05 »
Ich habe die Anzahl der Datenpunkte für die Grafik reduziert. Damit kann man die Symbole wieder erkennen.

Dazu ist seit heute der erste Datensatz der Crew-1 dabei (unter dem Namen der Dragon, noch kaum zu erkennen). Der Trunk ist rund 20 km höher als der Trunk von Demo-1


honk

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Re: Weltraummüll
« Antwort #629 am: 15. August 2021, 14:05:56 »
Laut Analyse von Jonathan McDowell hat ein Bruchstück der Zenit-2, die im September 1996 den SIGINT-Satelliten Tselina-2 in die Umlaufbahn brachte, am 18. März 2021 den chinesischen Satelliten Yunhai-1-02 getroffen und beschädigt (37 Bruchstücke wurden bisher identifiziert).
Das ist die erste bestätigte Kollision im Orbit der letzten 10 Jahre :

https://twitter.com/planet4589/status/1426771798276943872

Offline Hugo

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Re: Weltraummüll
« Antwort #630 am: 15. August 2021, 14:52:36 »
Das mit Yunhai etwas nicht stimmt, steht außer Frage.

Folgend die Bahndaten von Yunhai, den vielen neuen Trümmerstücken und auch von Bruchstück 48078, welches verantwortlich sein soll.


Von Bruchstück 48078 gibt nur einen einzigen Datensatz, dieser ist von Mitte April. Danach und davor gab es keine.

Folgende Grafik zeigt 48078 (Blau markiert) und dazu andere Bruchstück vom gleichen Raketenstart:

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Offline alepu

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Re: Weltraummüll
« Antwort #631 am: 17. August 2021, 15:41:30 »
Laut Analyse von Jonathan McDowell hat ein Bruchstück der Zenit-2, die im September 1996 den SIGINT-Satelliten Tselina-2 in die Umlaufbahn brachte, am 18. März 2021 den chinesischen Satelliten Yunhai-1-02 getroffen und beschädigt (37 Bruchstücke wurden bisher identifiziert).
Das ist die erste bestätigte Kollision im Orbit der letzten 10 Jahre :
https://twitter.com/planet4589/status/1426771798276943872

Ein etwas ausführlicher Artikel zu diesem Crash und der ganzen Problematik.

https://space.com/space-junk-collision-chinese-satellite-yunhai-1-02

Danach kreisen um die Erde z.Zt. etwa
900.000 Objekte in der größe von 1 - 10 cm
128.000.000 von 1mm - 1cm
und dies jeweils mit einer Geschwindigkeit von 27.600 km/h
(all diese sind noch relativ klein und schwer zu verfolgen)
(Zahlen der ESA)

Alleine beim ersten grösseren Crash vor ca 10 Jahren entstanden ça 1.800 verfolgbare Trümmerstücke!

Eine verzehnfachung der Trümmer bedeutet eine vehundertfachung der Kollosionsgefahr.

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Offline Schillrich

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Re: Weltraummüll
« Antwort #632 am: 23. August 2021, 09:50:13 »
In den ISO-Standards verändern sich die Anforderungen zur Müllvermeidung im LEO. Die 25-Jahre-Regel wird detailliert:

Die Standzeit für Satellit oder Stufe im LEO soll kleiner als 25 Jahre sein, beginnend ab:
  • Orbitinjektion, falls das Objekt keine Manövrierfähigkeit hat und ständig oder zeitweise im LEO arbeitet,
  • Missionsende, falls das Objekt eine Manövrierfähigkeit hat und ständig oder zeitweise im LEO arbeitet,
  • Zeitpunkt des ersten "Durchflugs" durch den LEO innerhalb von 100 Jahren nach Missionsende, falls das Objekt vorher ständig außerhalb des LEOs war.
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Offline Nitro

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Re: Weltraummüll
« Antwort #633 am: 23. August 2021, 09:54:44 »
In den ISO-Standards verändern sich die Anforderungen zur Müllvermeidung im LEO. Die 25-Jahre-Regel wird detailliert:

Die Standzeit für Satellit oder Stufe im LEO soll kleiner als 25 Jahre sein, beginnend ab:
  • Orbitinjektion, falls das Objekt keine Manövrierfähigkeit hat und ständig oder zeitweise im LEO arbeitet,
  • Missionsende, falls das Objekt eine Manövrierfähigkeit hat und ständig oder zeitweise im LEO arbeitet,
  • Zeitpunkt des ersten "Durchflugs" durch den LEO innerhalb von 100 Jahren nach Missionsende, falls das Objekt vorher ständig außerhalb des LEOs war.

Gelten die neuen Regeln dann auch schon für Satelliten welche bereits im Orbit sind? Asking for a friend.  ;)
Bevor man einen Beitrag letztendlich abschickt sollte man ihn sich noch ein letztes Mal durchlesen und sich dabei überlegen ob man ihn genau in diesem Wortlaut auch Abends seinem Partner und/oder Kindern ohne Bedenken vorlesen würde.

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Offline Schillrich

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Re: Weltraummüll
« Antwort #634 am: 23. August 2021, 10:18:28 »
Nein. Das sind ja keine "Gesetze", sondern nur technische Standards. In einem Projekt gelten die Anforderungen, die man (sich) am Beginn gesetzt hat. ... Der ISO-Standard selbst ist ja auch nicht irgendwie "von sich aus" verpflichtend. Aber der Inhalt spiegelt den aktuellen, internationalen Sachstand zum Thema wider. Ob das real in Projekten ankommt, ist eine andere Frage/Ebene ...
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Offline Sensei

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Re: Weltraummüll
« Antwort #635 am: 23. August 2021, 11:02:10 »
Wie war die alte Formulierung? Täuscht es, oder war diese sogar etwas strikter und wird durch die neue Formulierung eher aufgeweicht.
Wo endet eigentlich der LEO nach oben hin? Wäre wichtig, um die 100 Jahre eingrenzen zu können.

Außerdem sehe ich keine Möglichkeit, dass ein passiver Deorbit von oben in den LEO hinein diese 100-Jahres Grenze einhält. Da muss eine Stufe/ein Satellit schon sehr steil in den LEO stürzen, dass man da unter 100 Jahren bleibt.

PS:
Aktuelle, eigene Angaben zu den Standzeiten von Starlink-Satelliten der ersten Generation (falls ein aktiver Deorbit nicht möglich ist). Die nächste Generation soll noch tiefere Orbits und damit kürzere Standzeiten haben.
Quelle: https://twitter.com/planet4589/status/1429533923109969928


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Offline Schillrich

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Re: Weltraummüll
« Antwort #636 am: 23. August 2021, 11:25:18 »
Ich glaube du missverstehst das an einer Stelle noch etwas. Aber eins nach dem anderen:
  • "LEO-protected region" geht bis 2000km Höhe.
  • früher galten 25 Jahre nach Missionsende. Jetzt gelten 25 Jahre nach Orbiteinschuss, wenn ich nicht manövrieren kann. Ansonsten 25 jahre nach Missionende. Also wurde die Regel hier schärfer.
  • "von oben" kommend gelten auch die 25 Jahre als De-Orbit-Zeit, wenn man innerhalb von 100 Jahren nach Missionende den LEO "kratzt".
Und die Regeln gehen nicht pauschal von einem passiven De-Orbit aus, sondern sind Entscheidungspunkte für das Missionsdesign. Der Enscheidunsbaum geht anders herum:
  • Analysiere die Orbitevolution deiner Mission
  • Wenn du die Limits nicht einhältst, redesigne dein Space-System oder die Mission an sich, also füge ggf. aktive Fähigkeiten hinzu, um die Limits einhalten.
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Offline Sensei

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Re: Weltraummüll
« Antwort #637 am: 23. August 2021, 11:50:10 »
Das bisherige "nach Missionsende" hat mir noch gefehlt - ergibt ja auch Sinn erst nach Missionsende die 25 Jahre beginnen zu lassen.

Also ja: eine Verschärfung für Satelliten ohne eigene Manövrierbarkeit.

Hoffen wir also auf eine möglichst häufige Anwendung dieses technischen Standards (möglichst auch für MEO Missionen).
Zusatzregeln für große Konstellationen würde ich aber zusätzlich noch begrüßen. Hier wären z.B. kürzere Standzeiten und Redundanzen für die aktive Entsorgung denkbar.

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Offline Schillrich

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Re: Weltraummüll
« Antwort #638 am: 07. Oktober 2021, 20:26:31 »
Ich bin heute in einem Workshop über eine "interessante" Idee gestolpert, wie sich der Tummelplatz Orbit "selbst regulieren" kann/soll: Emissionsrechte und Zertifikatshandel rund um die Erlaubnis Müll freisetzen zu dürfen.

Ich bin bisher einfach von einer Null-Emissionsstrategie ausgegangen. Das wird aber wahrscheinlich auf Dauer nicht der regulative Weg sein, um eine intensive Nutzung des Orbits zu ermöglichen. Stattdessen könnte so ein Handelsplatz die Selbsregulation ermöglichen.
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Offline rok

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Re: Weltraummüll
« Antwort #639 am: 07. Oktober 2021, 21:52:25 »
Allerdings unterscheidet sich der "Emissionshandel" für Weltraumschrott deutlich von ähnlichen Handeln von Verschmutzungsrechten wie bspw. dem Recht auf Abgabe von CO2 in die Atmosphäre. Denn das kann man jederzeit messen, um dann einen Preis für die jeweiligen Emissionen festzulegen.

Bei der "Freisetzung" von Weltraumschrott bietet sich eher eine Art Versicherung an, die allerdings frei* von staatlicher oder privatwirtschaftlicher Einflussnahme die Prämien für jeden einzelnen Satelliten festlegen würde und woraus auch evtl. Schäden reguliert werden könnten.


* Und daran wird es auch weiterhin scheitern, weil es sich bei der kommerziellen Raumfahrt natürlich nicht um einen "freien Markt" handelt.

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Offline Schillrich

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Re: Weltraummüll
« Antwort #640 am: 08. Oktober 2021, 06:38:10 »
Guter Punkt. Ich kann zwar meinen nominalen Missionsverlauf planen und anzeigen: Ich werde x Objekte "debris" aussetzen ... aber wie läuft die tatsächliche Mission? Was passiert nach Missionsende? ... Wer "zahlt" dann?

Am Ende doch die Idee eines "pauschalen Sicherheitsabschlags": Ich erwerbe 100 Zertifikate ... Wahrscheinlich brauche ich aber nur 20? ... Nur, mit pauschalen Beträgen lässt sich nicht effektiv/tatsächlich steuern/motivieren. V.a. kann ich die übrigen Zertifikate dann ja nicht weiterverkaufen, sondern muss auf ihnen sitzen bleiben.
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Offline Hugo

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Re: Weltraummüll
« Antwort #641 am: 08. Oktober 2021, 07:54:13 »
Man könnte es als "Umweltpfand-System" machen. Für jeden gestarteten Satelliten muss der Hersteller ein Pfand hinterlegen. Das Pfand bekommt er beim Deorbit wieder zurück. Wenn jemand drittes mit einem "Müllabfuhrsatelliten" die Zeit beschleunigt, wird das Geld Anteilig aufgeteilt.

Beispiel: 1 Satellit bei 600 km ist kaputt. Er würde jetzt 500 Jahre brauchen für den Deorbit. Ein Müllabfuhrsatellit fliegt hin, setzt sich vor den defekten Satelliten, zündet zwei gegenüberliegende Antriebe und senkt das Perigäum so, dass der Deorbit noch 5 Jahre braucht. Jetzt wird das Pfand in den Teilen 5/500 und  495/500 aufgeteilt. Die Aufteilung ist wichtig, falls jemand z.B. einen Satelliten, der 10 Jahre braucht auf 8 Jahre verkürzt. Dann darf der nicht das ganze Geld bekommen, sondern bekommt dann nur 2/10 und der Originalbetreiber 8/10. Natürlich erst nach dem Verglühen.

Große Firmen mit mehreren Satelliten könnte man entlasten, indem sie das Pfand nur für den prozentualen Anteil der Satelliten bezahlen muss, welche vermutlich kaputt gehen werden, plus Reserve. Kleine Firmen könnte man entlasten, indem sie eine Versicherung abschließen und jetzt können sie das Pfand jährlich in Raten zahlen.

Dann hätte man den LEO abgeschlossen. Im GEO könnte man den Friedhofsorbit als "Ziel" aber genau so betrachten.

In der Anfangszeit zahlt jeder Anbieter 5% "Extra". Dieses Geld wird dann für alte Satelliten, welche noch ohne Pfand gestartet wurden, verwendet.

Re: Weltraummüll
« Antwort #642 am: 08. Oktober 2021, 10:25:29 »
Man könnte es als "Umweltpfand-System" machen. Für jeden gestarteten Satelliten muss der Hersteller ein Pfand hinterlegen. Das Pfand bekommt er beim Deorbit wieder zurück. Wenn jemand drittes mit einem "Müllabfuhrsatelliten" die Zeit beschleunigt, wird das Geld Anteilig aufgeteilt.
...

Wie soll das "Pfandsystem" bei Trümmerteile funktionieren?
Bei Trümmerteile funktioniert nicht immer die Zuordnung, also man kennt nicht den Hersteller.
Als Beispiel für die jüngste Vergangenheit:
Das Norad-Objekt 49271 wurde zunächst auch als 2021-089C geführt, jetzt ist es 2011-037PF.

Offline rok

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Re: Weltraummüll
« Antwort #643 am: 08. Oktober 2021, 15:16:32 »
Das Verfahren wäre eigentlich kein Problem, man installiert eine "Orbitkontrollbehörde", die für jeden Satellitenstart eine Prämie festlegt, ganz ähnlich wie die PKW-Haftpflichtversicherung. In die Berechnung der Prämie geht die Orbithöhe, die Inklination, die Betriebsdauer, frühere Schäden, die vorhandenen Sicherheitseinrichtungen, Redundanzen usw. ein.

Daraus wird eine Tarifliste erstellt, aus der der Betreiber erkennen kann, wie sich die Prämie ändert, wenn er die geplante Betriebszeit nicht bis zur maximalen Auslegungsdauer ausdehnt oder bestimmte kritische Komponenten doppelt einbaut oder bei früheren Einsätzen eine unterdurchschnittliche Unfallhäufigkeit nachweisen kann.

Das Problem dabei ist, dass alle staatlichen oder privaten Satelliten-Betreiber sich dieser Regelung vertraglich unterwerfen müssten.

Und das wird selbstverständlich nicht funktionieren, Beispiel ist der Internationale Gerichtshof. Dort haben zwar von 4/1946 bis 4/2019 mittlerweile 73 Staaten eine entsprechende "Unterwerfungserklärung" abgegeben, aber die "Big Player" sind natürlich nicht dabei, also die USA, Russland, China, Frankreich, Brasilien, Saudi Arabien usw. Und auch Deutschland hat erklärt, dass es keine Verurteilung in Zusammenhang mit militärischen Einsätzen akzeptieren wird. (Quelle: Wiki/IGH)


Eine solche Behörde wäre also ein zahnloser Tiger, der höchstens Vorschläge machen könnte, aber keine Möglichkeit hätte, um diese Regelungen international durchzusetzen.

Offline Hugo

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Re: Weltraummüll
« Antwort #644 am: 08. Oktober 2021, 19:59:56 »
Wie soll das "Pfandsystem" bei Trümmerteile funktionieren?
Bei Trümmerteile funktioniert nicht immer die Zuordnung, also man kennt nicht den Hersteller.
Vermutlich gar nicht.

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Offline Schillrich

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Re: Weltraummüll
« Antwort #645 am: 08. Oktober 2021, 20:54:27 »
Nur so am Rande: Die Ideengeber denken hier weniger an Starts einzelner Satelliten, sondern an "on orbit servicing & manufacturing". Es geht also um "Fabriksysteme" im Orbit, die sich verändern, neu konfigurieren, neue Teile erzeugen, wachsen, schrumpfen ... mit Wareneingang, Warenausgang und Schrott/Abfall. Bei solchen Prozessen passiert perspektivisch mehr und qualitativ ganz anderes als bei einem simplen Start, wo ein paar Teile im Orbit verbleiben. Man kann hier schon die Analogie zu Fabriken und deren Abfallproduktion ziehen ...
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Re: Weltraummüll
« Antwort #646 am: 15. November 2021, 19:26:52 »
Hallo,

am Wochenende hat es den russischen Satelliten Kosmos-1408 wohl im Orbit zerlegt. Die Twitterwelt vermutet schwer, dass Russland einen Antisatelliten-Test von Plesetsk aus durchgeführt hat.

Quelle z. B. hier:
https://twitter.com/planet4589/status/1460305735317868545

 Die Trümmer könnten sogar für die Evakuierung der ISS heute früh verantwortlich gewesen sein (vgl.hier).

Gruß

Mario
Wenn Du heute morgen schon sechs unmögliche Dinge getan hast, warum dann nicht als siebentes zum Frühstück ins Milliways, das Restaurant am Ende des Universums?

tonthomas

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Re: Weltraummüll
« Antwort #647 am: 16. November 2021, 04:02:58 »
ASAT gegen Kosmos 1408 - Folgen für ISS und die LEO-Raumfahrt

diskutieren wir nun dort:

https://forum.raumfahrer.net/index.php?topic=19159.0

Gruß   Pirx

Re: Weltraummüll
« Antwort #648 am: 14. Dezember 2021, 16:13:44 »
Im ASAT Thread wurde darüber diskutiert, wie vermehrter Weltraummüll in Zukunft die Lebensdauer von Sats beeinflussen würde, da bei häufigeren Ausweichmanövern der Treibstoff schneller verbraucht ist.


Ich hatte es aber z.B. bei der ISS so verstanden, daß die Ausweichmanöver immer dazu benutzt werden, um die Bahnhöhe anzuheben. Das ist wegen der bremsenden Restatmosphäre aber sowieso regelmässig nötig, weshalb solche Ausweichmanöver gar keinen Extra-Treibstoff erfordern.

Das Resultat wäre, daß ein Anheben der Bahnhöhe halt nicht einfach in regelmässigen Abständen erfolgt, sondern immer dann, wenn mal wieder ein Ausweichmanöver nötig ist. Der Spritverbrauch ist aber unter'm Strich der selbe, egal ob viel Schrott rumfliegt oder nicht.

Demzufolge würde vermehrtes Ausweichen nicht die Lebensdauer verringern.

Offline Hugo

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Re: Weltraummüll
« Antwort #649 am: 14. Dezember 2021, 17:01:40 »
Die ISS hat in den letzten 12 Monaten 11 Bahnmanöver gemacht. Davon waren 9 Stück Anhebungen und 2 Stück Senkungen.

Diese Bahnsenkungen sind neu. Sie sind notwendig geworden, seit dem Russland das neue Anflugmanöver so weit optimiert hat, dass sie mit immer kürzeren Flugzeiten zur ISS fliegen. Das ist deutlich angenehmer für die Astronauten, erfordert aber eine Bahnkorrektur der ISS pro Flug. ggf. sogar zwei. Eine Bahnsenkung ist automatisch ein Treibstoffverlust.

Bevor es die verkürzten Flüge gab, war es eindeutig. Ein Ausweichmanöver der ISS wäre immer eine Bahnanhebung gewesen. Eine Bahnanhebung kostete somit keinen Extra-Treibstoff. Jetzt mit den verkürzten Flügen sieht es etwas komplizierter aus. Zum einen kann Russland sehr gut ausrechnen, wann eine Anhebung und wann eine Senkung notwendig ist. Dann kostet ein Ausweichmanöver keinen extra Treibstoff. Wenn aber gerade gar kein Flug von Astronauten geplant ist, würde man Treibstoff für das Ausweichen benötigen, aber könnte noch nicht vorausberechnen, wie lange man die Triebwerke laufen lassen muss, für den nächsten Astronautenflug. Dann könnte ein Ausweichen auch extra Treibstoff kosten.

Das Ausweichmanöver vor 2 Wochen war eine Bahnsenkung. Russland hat danach erklärt, dass dieses Manöver keine Auswirkungen auf den nächsten Astronautenflug haben wird. Wie man gesehen hat, kam mittlerweile Pritschal an der ISS an, ohne weiteres Flugmanöver. Ich würde somit vermuten, Russland hat das Ausweichmanöver so berechnet, dass es gleichzeitig perfekt für Pritschal ist.

Schätzung: 2-4 Ausweichmanöver pro Jahr sind problemlos drin, das bekommt Russland für ihre Flüge perfekt verrechnet. Da drüber hinaus werden irgendwann mal zu wenig Raumschiffe fliegen. Aber das ist natürlich nur eine Schätzung.