Weltraummüll

  • 712 Antworten
  • 228291 Aufrufe
*

Offline Schillrich

  • Raumcon Berater
  • *****
  • 19601
Re: Weltraummüll
« Antwort #150 am: 14. Februar 2014, 11:52:05 »
Hallo McFire

Es ist bei Weltraummüll schlicht und einfach der Kampf von Gier nach dem schnellen Geld gegen Gemeinschaftliches Handeln. Da können wir hier lange herumreden......

Sorry, aber das ist doch Quatsch. Es ist hier immer mal schnell was geschrieben und geurteilt ... verteufelt. Nur, wie realistisch sind deine Worte?

Es geht darum Raumfahrt zu ermöglichen, heute und in Zukunft. Wenn du mal in einem Projekt siehst, welchen Aufwand die Vermeidungsmaßnahmen nach sich ziehen, dann siehst du auch, dass "rabiate" Forderungen Raumfahrt mal schlicht unmöglich machen würden. Wir verbieten ja auch nicht von jetzt auf morgen alle Dieselfahrzeuge ... obwohl auch die uns allen schaden ... aber sie haben eben auch ihren Nutzen.

Es ist ein Übergang, in dem man es schaffen muss, auch aktuelles Handeln zu ermöglichen. Dieses Abwägen aus Aufwand, Nutzen, Risiko einfach mit "Gier nach dem schnellen Geld" abzutun, ist kein sinnvoller Lösungsbeitrag. Du kannst den Leuten nicht einfach  Raffgier und Verantwortungslosigkeit unterstellen. Kennst du sie? Die Raumfahrer der Welt sind nicht dumm.
\\   //    Grüße
 \\ ///    Daniel

"We are following you ... but not on twitter." (Futurama)

McFire

  • Gast
Re: Weltraummüll
« Antwort #151 am: 14. Februar 2014, 15:03:34 »
Naja hast schon recht , ist ein bissel übertrieben. Mach ich gerne mal  ;D

Aber ok - "hier unten" gibt es erkennbare Bestrebungen plus Fortschritte, um z.B. Motoren umweltfreundlicher zu machen. Zum Teil aus humanitären Zielen, aber zum Teil auch nur, weil man erkannt hat, daß man das kaufende Volk schädigt. Und das braucht man halt noch ein bissel. (Aufschrei im Hintergrund : Neeein, alles pure Humanität!)

Bei der Raumfahrt sehe ich außer Konferenzen noch nichts. Und da oft genug, daß mal wieder dies und das abgeschmettert wurde. Zum Teil aus Gründen, wo wir eh nicht durchblicken, zum Teil weil der Wille und die Vernunft zwar da ist, aber kein Geld. Ein bissel Hoffnung habe ich, weil hin und wieder dochmal der "Spacetruck" ins Gespräch kommt. Also vlt auch ein Raumschiff, was nichts transportieren muß in dem Sinne, sondern wo alles auf mehr oder weniger "freies Navigieren" ausgelegt ist. Aber da müßte eventuell auch eine länderübergreifende Finanzierung sowie wissenschaftlicher und personeller Boden-Support organisiert werden. Sonst nützt das Ding nix.
Worauf mein Ärger basiert ist, daß es ja schon erste Vorkommnisse gegeben hat, wo die zunehmende Verknüpfung von Spacetechnologie/anwendung und dem Leben auf der Erde zu Problemen geführt hat, wenn sie gestört wurde. Und wer glaubt denn, daß das weniger wird?

*

Offline Volker

  • *****
  • 1060
    • Webseite
Re: Weltraummüll
« Antwort #152 am: 19. Februar 2014, 12:19:36 »
Hallo,

Bei der Raumfahrt sehe ich außer Konferenzen noch nichts.

Fuer unsere ESA Missionen muessen wir bei jedem Satelliten ein Konzept vorlegen, wie der am Ende seines Lebens "entsorgt" werden kann, damit nichts im Low Earth Orbit verbleibt. Die NASA macht das aehnlich. Haeufig werden noch funktionierende Satelliten gezielt zum Absturz gebracht, um Weltraummuell zu vermeiden. Das passiert schon seit einiger Zeit, z.B. BeppoSAX (2002) oder auch im Fall des Compton Gamma Ray Observatory der NASA (1999).

Es gibt zur Zeit kein bezahlbares Konzept, alten Schrott im groesseren Ausmass aus dem Orbit zu holen. Daher verlegt man sich vor allem darauf, bestehenden Müll genau zu katalogisieren.

Gruss,
Volker
Forschung aktuell: Das Neueste aus Wissenschaft und Forschung

*

Offline -eumel-

  • Raumcon Moderator
  • *****
  • 15219
Re: Weltraummüll
« Antwort #153 am: 23. März 2014, 04:22:49 »
Der sowjetische Militärsatellit „Kosmos 1242“ wird vorassichtlich am 28. April 2014 auf die Erde stürzen.
Der Satellit wurde vor 33 Jahren, am 21. Januar 1981 in Plessezk mit einer Wostok-2М Rakete gestartet.
Zur Zeit soll sich der Satellit auf einer Bahn zwischen 320 bis 331 km Höhe befinden.

Quelle

*

Offline Terminus

  • *****
  • 5093
Re: Weltraummüll
« Antwort #154 am: 23. März 2014, 08:56:53 »
Das heißt also, sie stürzen ihn absichtlich ab? Rein von der Höhe her könnte es ja noch jahrelang reichen, oder?

Terminus

*

Offline Schillrich

  • Raumcon Berater
  • *****
  • 19601
Re: Weltraummüll
« Antwort #155 am: 23. März 2014, 09:03:38 »
Hallo Terminus,

bei 320km ist die Lebensdauer sehr überschaubar. Da geht es jeden Tag deutlich bergab ... Oberhalb von 400km wird's "jahrelang".
\\   //    Grüße
 \\ ///    Daniel

"We are following you ... but not on twitter." (Futurama)

*

Offline -eumel-

  • Raumcon Moderator
  • *****
  • 15219
Re: Weltraummüll
« Antwort #156 am: 23. März 2014, 18:44:52 »
Das heißt also, sie stürzen ihn absichtlich ab?

Nein, sie haben keine Kontrolle mehr.

Offline TWiX

  • *****
  • 2175
Re: Weltraummüll
« Antwort #157 am: 07. April 2014, 10:36:29 »
Am Donnerstag musste die ISS wieder Weltraumschrott ausweichen.
Dazu startete der Progress-Frachter, der hinten am Swesda-Modul angedockt ist, die Triebwerke für 3 Minuten und 40 Sekunden.
Dadurch wurde die Bahn um 900 Meter angehoben.

Diesmal war es die Sylda Doppelstartvorrichtung einer Ariane 5 Rakete, die sich bis auf 320 Meter der Station genähert hätte.

Quelle
Mal nur so aus Neugierde, was wäre denn, wenn die ISS nicht rechtzeitig hätte ausweichen können und die Doppelstartvorrichtung der Ariane hätte die ISS getroffen und hätte das äußere Sonnensegel abgerissen oder so, wäre dann Arianespace für den entstandenen (finanziellen) Schaden verantwortlich?
Aktuelle Meldungen aus Raumfahrt und Astronomie: www.raumfahrer.net

*

Offline Schillrich

  • Raumcon Berater
  • *****
  • 19601
Re: Weltraummüll
« Antwort #158 am: 07. April 2014, 11:28:18 »
Schwierig ... es gibt ja keine etablierten Verkehrsregeln im Orbit: Wer muss ausweichen?

Gut, ausweichen konnte hier nur einer ... aber da sind dann andere Fragen:
Welche Partei hat welche Informationen? Welche Partei gibt welche Informationen weiter? Wie müssen die Parteien reagieren? Was ist die richtige und rechtzeitige Reaktion? Wie müssen sie sich abstimmen?

Das kann man so und so drehen, Jeder könnte hier die Schuld bekommen: falsch reagiert, zu spät reagiert, unterlassen, ...
\\   //    Grüße
 \\ ///    Daniel

"We are following you ... but not on twitter." (Futurama)

GG

  • Gast
Re: Weltraummüll
« Antwort #159 am: 07. April 2014, 16:52:23 »
Meines Wissens gibt es (lt. Weltraumvertrag) einen Staat, der für die gestarteten Nutz- und Altlasten verantwortlich zeichnet und letztlich haftbar ist, zumindest für Schäden, die auf der Erde entstehen.

*

Offline -eumel-

  • Raumcon Moderator
  • *****
  • 15219
Re: Weltraummüll
« Antwort #160 am: 07. April 2014, 17:04:58 »
Na gut, diesmal hat die ISS richtig und schnell genug reagiert, um Schaden abzuwenden.
Das haben sie ja schon geübt, schließlich müssen sie andauernd ausweichen.

Aber so gänzlich ohne Schaden geht es ja doch nicht.
Es ist schon ein ganz schöner Akt, ständig mit einem 400 Tonnen Brocken auszuweichen.
Eine neue Bahn zu berechnen, die die nächsten Versorgungsflüge beeinflusst und vielleicht nach einigen Tagen schon wieder wegen Weltraumschrott geändert werden muss.
Die Bedingungen für Experimente, die unter Schwerelosigkeit durchgeführt werden sollen, werden gestört.
Und nicht zuletzt wird ständig Treibstoff verbraucht.
Ich habe gerade keine genaue Zahl, was es derzeit kostet, 1 kg Material - also auch Treibstoff - in den Orbit zu bringen.
Der Kilopreis sollte aber so etwa bei 10000 Dollar liegen - also nicht unerheblich.
Wer bezahlt das und wieso?

Offline wolfes

  • **
  • 60
Re: Weltraummüll
« Antwort #161 am: 07. April 2014, 17:40:12 »
Hmmm,
da war hier im Morpheus-Threat doch die Rede von 500?kg
Metangas, welche die ISS immer mal wieder entsorgen muss.
Sicher gibt es einen Grund warum das nicht als Treibstoff
verwendet wird. Die NASA-Leute kennen sich da bestimmt besser aus als ich. Darum bitte ich darum, kann das jemand
erklären. Wär doch eine Super Möglichkeit das zu recyceln.
Und wo kommt dieses Abfallmethan her? Ausatemluft und Puupse? wär ja der Bolzen, Puupse als Treibstoff ;D

Nachdenkliche Grüße von Wolfes

Re: Weltraummüll
« Antwort #162 am: 07. April 2014, 17:56:02 »
Aber so gänzlich ohne Schaden geht es ja doch nicht.
Hat mich doch gleich mal wieder an den Cupola-Vorfall im Jahr 2012 oder so erinnert und bei der Suche danach im Netz habe ich einen netten Link mit einer schönen Präsentation gefunden, die sicherlich auch viele anderen interessieren könnte. Alles sehr schön dargestellt. Der Vorfall aus 2012 wird natürlich auch erwähnt.

http://www.mofa.go.jp/mofaj/gaiko/space/pdfs/kankyou_gaiyou_201212_04.pdf

Edit: Stimmt das auf der fünften Folie, das wir heutzutage weniger Starts haben als in den 70ern und sogar 80ern? Das hat mich nun doch etwas überrascht.
Douglas Adams: "In an infinite universe, the one thing sentient life cannot afford to have is a sense of proportion."

Re: Weltraummüll
« Antwort #163 am: 07. April 2014, 18:32:00 »
Und wo kommt dieses Abfallmethan her? Ausatemluft und Puupse? wär ja der Bolzen, Puupse als Treibstoff ;D

Ist doch nicht neu, Biogas.  ;D
„Die Erde ist die Wiege der Menschheit, aber der Mensch kann nicht ewig in der Wiege bleiben. Das Sonnensystem wird unser Kindergarten.“ K. E. Ziolkowski

-

Stolzer Träger einer Raumconverwarnung wegen Schreibens unbequemer Wahrheiten.

Führerschein

  • Gast
Re: Weltraummüll
« Antwort #164 am: 07. April 2014, 19:33:20 »
Hmmm,
da war hier im Morpheus-Threat doch die Rede von 500?kg
Metangas, welche die ISS immer mal wieder entsorgen muss.
Sicher gibt es einen Grund warum das nicht als Treibstoff
verwendet wird. Die NASA-Leute kennen sich da bestimmt besser aus als ich. Darum bitte ich darum, kann das jemand
erklären. Wär doch eine Super Möglichkeit das zu recyceln.
Und wo kommt dieses Abfallmethan her? Ausatemluft und Puupse? wär ja der Bolzen, Puupse als Treibstoff ;D

Nachdenkliche Grüße von Wolfes

Das Methan fällt bei der Sauerstoff-Versorgung an. Ein Teil des benötigten Sauerstoffs wird durch Elektrolyse aus Wasser erzeugt. Dabei fällt Wasserstoff als Abfallprodukt an. Den Wasserstoff läßt man mit ausgefilterten CO2 aus der Atemluft reagieren. Dabei gewinnt man nochmal Sauerstoff und Methan. Um das Methan aber als Treibstoff verwenden zu können, müßte man ja Sauerstoff haben. Den veratmen aber die Astronauten.

Das ist die Sabatier-Reaktion, mit der man auf dem Mars Methan als Treibstoff gewinnen will. Auch dabei wird Wasser zu Wasserstoff und Sauerstoff gespalten, dann aus Wasserstoff und CO2 Methan erzeugt. Dort würde aber der Sauerstoff aus H2O und CO2 auch als Brennstoff verwendet.

Jura

  • Gast
Re: Weltraummüll
« Antwort #165 am: 19. April 2014, 08:46:36 »
Raumflugkörper und Müll

Nach neusten NASA Orbital Debris Program Office Angaben, befanden sich am 9 April insgesamt 16 683 Objekte im Weltraum, darunter für :

Russland und GUS Länder : 1437 (-2) Raumflugkörper, 4733 (-4) Reste von Trägerraketen/sonstiges

USA : 1275 (+101) Raumflugkörper, 3767 (-20) Reste von Trägerraketen/sonstiges
China : 158 (+3) Raumflugkörper, 3588 (-21) Reste von Trägerrakete/sonstiges

In Klammer Angaben zur letzten Zählung. Bei Raumflugkörper beziehen sich die Angaben auf aktive und nichtaktive.

http://www.space.com.ua/gateway/news.nsf/hronolR/865F27A965D19A88C2257CBC00262AC8!open

adamski

  • Gast
Re: Weltraummüll
« Antwort #166 am: 19. April 2014, 09:51:33 »

*

Offline Schillrich

  • Raumcon Berater
  • *****
  • 19601
Re: Weltraummüll
« Antwort #167 am: 06. Oktober 2014, 08:26:33 »
Guten Morgen,

bei IAC in Toronto wurde auch Weltraummülle thematisiert:
http://spacenews.com/article/civil-space/42076cubesat-revolution-spotty-compliance-with-debris-rules-fuel-dangerous

Die seit 12 Jahren geltenden Anforderungen zur Vermeidung/Reduktion im LEO werden zu wenig beachtet. CNES' Analyse der Jahre 2000-2012 sagt, dass 40 Prozent der Satelliten und Oberstufen auf LEOs landen, in denen die 25-Jahres-Regel für ein "passives Verlassen des LEO nach Missionsende" nicht möglich ist. Man sähe keine deutliche Verbesserung, keinen positiven Trend. Aktive Manöver, um das 25-Jahresfenster zu erreichen, würden durch Startanbieter und Satellitenbetreiber nicht angewandt.

CubeSats, deren Anbieter und Betreiber, sieht man kritisch. Die meisten Müllvermeidungs-Richtlinien hatten diese Satellitenklasse "nicht auf dem Schirm". Werden diese über 500km ausgesetzt, werden sie zum langfristigen Problem. Retrospektiv habe es seit 2005 350000 "Annäherungen" auf unter 5km zwischen einem CubeSat und anderen Objekt im Orbit gegeben.
\\   //    Grüße
 \\ ///    Daniel

"We are following you ... but not on twitter." (Futurama)

Rawi59

  • Gast
Re: Weltraummüll
« Antwort #168 am: 11. Oktober 2014, 15:26:47 »
... Retrospektiv habe es seit 2005 350000 "Annäherungen" auf unter 5km zwischen einem CubeSat und anderen Objekt im Orbit gegeben.

Bei einer angenommenen Fläche eines CubeSat von 0.3x0.3m² bedeutet das eine Trefferwahrscheinlichkeit von 5e-5/a. Es ist also statistisch etwa alle 20000 Jahre mit einer Kollision zu rechnen.

*

Offline Schillrich

  • Raumcon Berater
  • *****
  • 19601
Re: Weltraummüll
« Antwort #169 am: 11. Oktober 2014, 16:51:33 »
Hallo astroman,

wie hast du das überschlagen?
\\   //    Grüße
 \\ ///    Daniel

"We are following you ... but not on twitter." (Futurama)

Re: Weltraummüll
« Antwort #170 am: 11. Oktober 2014, 17:16:48 »
Interessant ist die Aussage zum geplanten Space Fence (ab ca. 2018), also dem Nachfolgesystem des aus Budgetgründen eingestellten AFSSS (Air Force Space Surveillance System).

Schillrich hatte zum Space Fence ja bereits schon einmal gepostet:
https://forum.raumfahrer.net/index.php?topic=9754.msg291796#msg291796

Wer Videos zum Thema sehen möchte:
ws
ws

Bisserl hochtrabender Satz am Ende des letzteren Videos:
"[Space Fence]...will forever change the way we see the universe"... ;)..vielleicht wäre 'orbit' passender gewesen, naja.

Jedenfalls ein sehr interessantes Projekt, auch wenn es letztlich (wie auf der IAC angeprangert) auch ratsam ist, besser die Ursachen (keine Richtlinien für Cubesats auf problematischen Orbits) eines Problems zu bekämpfen, als nur die Symptome (schwieriges Tracking aller Objekte).
Das geplante Regelhandbuch für neue Cubesat-Betreiber wird da bestimmt hoffentlich helfen.
Douglas Adams: "In an infinite universe, the one thing sentient life cannot afford to have is a sense of proportion."

Rawi59

  • Gast
Re: Weltraummüll
« Antwort #171 am: 12. Oktober 2014, 07:23:31 »
wie hast du das überschlagen?

Für einen CubeSat hatte ich einen Kollisionsquerschnitt von 0,1 m² angesetzt und diese Fläche in Relation zu der als Annäherungkriterium angegebenen Scheibe mit ihren 5 Kilometern Radius gesetzt. Ein Satellit, der innerhalb dieser 5 km passiert, kollidiert bei dieser einfachen Annahme also mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,1 / 5000*5000*pi oder 1:800 Mio. Aus den 350000 Annäherungen seit 2005 folgt eine Annäherungsrate von knapp 40000 pro Jahr. Zusammen mit der Kollisionswahrscheinlichkeit ergibt das also 5*10-5 Kollisionen pro Jahr oder einen Treffer in 20000 Jahren.
In Wirklichkeit ist mit einer etwas höheren Trefferrate als bei diesem einfachen Modell zu rechnen, weil die Kollisions-"Partner" auf Grund ihrer Abmessungen eine größere Zielscheibe bilden und dann nicht die Größe der CubeSats den Trefferquerschnitt bestimmt.

*

Offline Schillrich

  • Raumcon Berater
  • *****
  • 19601
Re: Weltraummüll
« Antwort #172 am: 12. Oktober 2014, 10:11:00 »
Guten Morgen astroman,

so hatte ich deine Rechnung auch nachvollzogen. Aber so kann man die Kollisionswahrscheinlichkeit nicht abschätzen.
Zitat
Ein Satellit, der innerhalb dieser 5 km passiert, kollidiert bei dieser einfachen Annahme also mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,1 / 5000*5000*pi od
Du setzt die konkrete Querschnittsfläche eines CubeSats ins Verhältnis mit dem Querschnitt eines leeren 5km-Raums um ein (beliebig) kleines Objekt. Das ist aber nicht der Querschnitt des zweiten Objekts selbst. Kollision würde hier ja bedeuten, dass die beiden Querschnittsflächen der Objekte sich überlagern. Du bräuchtest schon die Querschnittsfläche des zweiten Objekts selbst für diese Abschätzung. In dem 5km-Raum ist das zweite Objekt  auch nicht gleichwahrscheinlich an allen Punkten des 5km-Radius. Da liegt irgendeine Glockenkurve drüber.
Die gegebenen Zahlen sagen erstmal nur, dass in 9 Jahren 350000mal der Abstand unter 5km gesunken ist. Daraus kannst du nur abschätzen (samt Zeitreihentrend), wie häufig solche Begegnungen passieren werden. Das sind aber noch keine Daten für Kollisionen.

Zitat
aus den 350000 Annäherungen seit 2005 folgt eine Annäherungsrate von knapp 40000 pro Jahr.
Das sind einmal nur die erfassten Annäherungen (es gibt wahrscheinlich mehr), und die sind nicht gleichgeblieben über die Jahre. Der Artikel spricht von einem deutlichen Trend nach oben. Von dem 350000 ist die Mehrzahl in den letzen Jahren passiert, schon allein deswegen, weil es in diesen Jahren immer mehr CubeSats gab.


Grundlegend:
Um konkrete Annäherungs-/Kollisionswahrscheinlichkeiten zu berechnen, schaut man v.a. auf die Kinetik der Begegnung, die Orts- und Bewegungsvektoren und die konkrete Relativbewegung zueinander. Kenntnis über Orte und jede Bewegungen beider Objekte sind mit Unsicherheiten behaftet. Normalerweise gibt für jedes Objekt ein längliches Ellipsoids (länger in Bewegungsrichtung) zu jedem Zeitpunkt den Raum an, in dem sich das Objekt mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit aufhält. Sobald sich beide Ellipsoide überschneiden, also mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit beide Objekte zur selben Zeit den selben Raum einnehmen, kann man eine Kollision erwarten.
\\   //    Grüße
 \\ ///    Daniel

"We are following you ... but not on twitter." (Futurama)

Rawi59

  • Gast
Re: Weltraummüll
« Antwort #173 am: 12. Oktober 2014, 12:34:38 »
Hallo Daniel,

...
Du bräuchtest schon die Querschnittsfläche des zweiten Objekts selbst für diese Abschätzung. ... Da liegt irgendeine Glockenkurve drüber.
Deswegen schrieb ich ja, dass diese einfache Rechnung ohne Berücksichtigung der Größe des Kollisionspartners die Wahrscheinlichkeit unterschätzt.

Was meinst du mit Glockenkurve?
Entweder treffen die sich - und wenn nur eine Antenne abgeschossen wird - oder nicht. Zumindest wird in der Mehrzahl der Fälle ein Überschneidung zwischen den Satelliten zu einem faktischen Totalausfall führen.

Zitat
Daraus kannst du nur abschätzen (samt Zeitreihentrend), wie häufig solche Begegnungen passieren werden. Das sind aber noch keine Daten für Kollisionen.
Da die Unsicherheit bei der Satellitenposition im Vergleich zu den 5km ähnlich ist, habe ich im ganzen Annäherungsraum eine etwa gleiche Satellitendichte  angenommen, was dann zusammen mit den Satellitenquerschnitten direkt die Kollisionswahrscheinlichkeit ergibt. Wie der Zeitreihentrend über die Jahre aussieht, wäre mal eine interessante Zusatzinfo.

Zitat
Das sind einmal nur die erfassten Annäherungen (es gibt wahrscheinlich mehr)
Was heißt "erfasste Annäherungen"?
Da die keiner beobachtet, vermute ich jetzt mal, dass den Daten die Annäherungsvorhersagen von Socrates oder ähnlichen Tools zu Grunde liegt. Die 5 Kilometer entspringen vermutlich der Fehlerabschätzung der Rechnung. Mit der Form des Kollisionsraumes hast du natürlich recht, da schon kleine Zeitfehler in Hauptbewegungsrichtung zu großen räumlichen Abständen führen. Da läßt sich die Abschätzung sicher noch beliebig verfeinern.

Gruß AstroMan

*

Offline Schillrich

  • Raumcon Berater
  • *****
  • 19601
Re: Weltraummüll
« Antwort #174 am: 13. Oktober 2014, 07:05:38 »
Hallo Astroman,

...
Was meinst du mit Glockenkurve?
...
Mit Glockenkurve meine ich, dass das Ellipsoid (oder hier die 5km-Kugel) nicht "gleichmäßig vom verschmierten Satelliten" ausgefüllt ist. Am wahrscheinlichsten ist er im Zentrum, an den Rändern deutlich niedriger (seltener). Das Ellipsoid ist dann der Raum, in dem der Satellit insgesamt (in Summe) mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit ist.


Du ersetzt die Aufenthaltswahrscheinlichkeit durch eine konstante Satellitendichte (in Fläche oder Raum). Diese "Satellitendichte" direkt mit "Aufenthaltswahrscheinlichkeit" gleichzusetzen, halte ich für bedenklich. Da folge ich dir erstmal nicht ... ;) Vor allem kann man sich das ohne echte Aufenthaltswahrscheinlichkeit dann schönrechnen (in beide Richtungen), indem man einfach am Radius dreht, der sogar quadratisch in die Querschnittsfläche eingeht ... und wenn ich jetzt dreidimensional rechne, bekomme ich gleich ganz andere Wahrscheinlichkeiten:

...
Ein Satellit, der innerhalb dieser 5 km passiert, kollidiert bei dieser einfachen Annahme also mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,1 / 5000*5000*pi oder 1:800 Mio.
...
Mit den 0,3m Kantenlänge und 5km Radius führ diese Abschätzung dreidimensional zu 1:19 000 000 Mio.

Diese Überschläge liefern keine konsistenten Ergebnisse. Die gegebenen Daten sagen nur empirisch die Häufigkeit, mit der Annäherungen unter 5km passiert sind. Was in den 5km passiert/nicht passiert, ist eine andere Sache.
« Letzte Änderung: 13. Oktober 2014, 15:00:48 von Schillrich »
\\   //    Grüße
 \\ ///    Daniel

"We are following you ... but not on twitter." (Futurama)