"Wirtschaftlich sinnvoll"? Motivationen

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kmb

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"Wirtschaftlich sinnvoll"? Motivationen
« am: 28. Februar 2005, 18:35:48 »
Zitat
Ich glaube, wenn es technisch machbar und wirtschaftlich sinnvoll ist, wird es zur "Eroberung" des Sonnensystems kommen.

"Technisch machbar" ist vieles. "Wirtschaftlich sinnvoll" ist eine ganz andere Frage. Warum sollte man aus wirtschaftlichen Gründen in den Weltraum?

Mir persönlich fehlt auch die Fantasie, was man eigentlich so im Weltraum produzieren oder fördern könnte, was hier unten benötigt würde. Okay, da oben gibt es reichlich Kohlenwasserstoffe, wie man jetzt gesehen hat, aber Erd-, bzw. Titangas oder Öl als Energieträger? Nicht wirklich. Vor allem etwas weit weg (Asteroiden, Jupiter, Saturn, ...) und schwierig nach hier unten zu bringen ("Es landet der Tanker Exxon Astro mit achdulieberhimmel vielen Tonnen gemischter Kohlenwasserstoffe von Titan").

Edelmetalle oder andere Rohstoffe? Wie selten und gleichzeitig begehrt müssten die sein, um hier kostentragend verkauft zu werden?
Energie? In welcher Form denn, die billiger zu haben wäre als Sonne, Atom, etc.? (Nicht dass ich Atomstrom besonders toll fände (auf der Erde), aber bevor man irgendwelchen Weltraumzirkus veranstaltet, werden vermutlich eher AKWs gebaut - da weiss man was man hat)

Kann man da oben irgendwas einzigartiges produzieren, was hier unten bezahlt würde, mit einem Kilopreis über 20 oder 30 kEYPO?
Das klassische Kolonialmodell der Ausbeutung wertvoller Rohstoffe funktioniert meines Erachtens nicht. Es scheitert nämlich an den Transport- und den Personalkosten. Auch wenn ich mit Herrn >>Stinnesbeck insoweit konform gehe, dass die Kosten für Materialtransport drastisch gesenkt werden könnten; das Problem des Personentransports bleibt. In einer historischen Analogie betrachtet befinden wir uns noch im 14. Jahrhundert. Wir haben eine vage Idee, dass es da draussen was geben könnte, aber jede "vernünftige" Rechnung ergibt keinen Profit für das Wagnis.

Nach meinem Dafürhalten funktioniert eine Weltraumökonomie nur, wenn ihre Produzenten und Konsumenten nicht auf der Erde sitzen, also historisch die zweite Kolonialisierungswelle mit Auswanderern bzw. Siedlern. Das zieht aber wiederum die Frage nach sich, was die da oben machen, warum sie dort hin wollten und wer ihre Auswanderung bezahlt. Die Folgerung gemäss obiger Erkenntnis: Die Motivation, dort draussen zu leben muss durch etwas anderes zustande kommen, als durch Profit auf der Erde. Es braucht Menschen, die Haus und Hof verscherbeln und sich auf eine lebensgefährliche Reise in völlig unbekannte Umgebungen einlassen, ohne Aussicht auf Rückkehr. Siehe Mayflower 1620. Die obere Preisschwelle wird durch die materiellen Mittel der potentillen Auswanderer beschränkt, relativ junge, fähige Menschen.

Eine andere Motivation sehe ich noch, aber die finde ich nicht sehr ansprechend. Meiner Vermutung nach wird es in den nächsten 40 Jahren zu einem neuen Wettrennen kommen, wenn irgendeine Organisation, staatlich oder privat, Siedlungs- und Explorationsansprüche an einem Himmelskörper anmeldet. Ich tippe mal auf die Chinesen als Inialzünder, sofern ihnen nicht vorher das Staatsgefüge zusammenbricht. Man stelle sich vor, die Chinesen bauen eine - vielleicht vergleichsweise primitive - Station auf dem Mond und in einer Bar in Washington reden zwei Weltraumenthusiasten in Hörweite geeigneter Politiker über die Wirkungen von vom Mond herunter geworfenen Felsbrocken - ausserhalb der Reichweite jeder Interkontinental- oder orbitfähigen Rakete, oder genetischen Forschungen ausserhalb jeglicher Spionagereichweite...

Kai

Ullerich

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Re: "Wirtschaftlich sinnvoll"? Motivatio
« Antwort #1 am: 28. Februar 2005, 19:22:18 »
Hi Kai,

Zitat
Vor allem etwas weit weg (Asteroiden, Jupiter, Saturn, ...) und schwierig nach hier unten zu bringen

Sehr schwierig sogar. Denn die kinetische Energie will irgendwie umgewandelt werden. Und Ausbeutung von Rohstoffen meint ja nicht mal eben den 100 Gramm Goldbarren "mitbringen". ;-)

Zitat
Edelmetalle oder andere Rohstoffe? Wie selten und gleichzeitig begehrt müssten die sein, um hier kostentragend verkauft zu werden?

Es verbleibt die Frage, ob diese dann hinterher noch als selten bezeichnet werden dürfen. Wie würde sich der Preis gestalten, vorausgesetzt, die Transportkosten würden wirklich drastisch sinken?

Zitat
Nach meinem Dafürhalten funktioniert eine Weltraumökonomie nur, wenn ihre Produzenten und Konsumenten nicht auf der Erde sitzen, also historisch die zweite Kolonialisierungswelle mit Auswanderern bzw. Siedlern.

Also völlige Autarkie. Nur auf welchem Planeten? Mars? Ohne nennenswert für uns nutzbare Atmosphäre, ohne schützendes Magnetfeld?
Jetzt werden einige wieder "terraforming" rufen, aber als näheren Zukunftsgedanken halte ich das für unmöglich.
Wo wollen wir also hin, wenn wir eine extraterrestrische Station errichten wollen, die ein einigermaßen frei begehbares Umfeld bietet?


Zitat
Es braucht Menschen, die Haus und Hof verscherbeln und sich auf eine lebensgefährliche Reise in völlig unbekannte Umgebungen einlassen, ohne Aussicht auf Rückkehr. Siehe Mayflower 1620.

Die aber konnten sich wenigstens noch große Hoffnungen machen, am Ziel auch autark leben zu könnnen.


Zitat
Meiner Vermutung nach wird es in den nächsten 40 Jahren zu einem neuen Wettrennen kommen, wenn irgendeine Organisation, staatlich oder privat, Siedlungs- und Explorationsansprüche an einem Himmelskörper anmeldet.

Das Rennen wird IMHO sofort aufhören, sobald die nächste große Supermacht eine Konkurrenzbasis errichtet haben wird. Wie beim Apollo-Programm. Der Sieg über die UDSSR war erreicht. Ende und Aus der großen Raumfahrt, wobei der Vietnamkrieg auch eine Rolle spielte.

mfg Ulich


kmb

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Re: "Wirtschaftlich sinnvoll"? Motivatio
« Antwort #2 am: 28. Februar 2005, 19:42:03 »
Zitat
Also völlige Autarkie. Nur auf welchem Planeten? Mars? Ohne nennenswert für uns nutzbare Atmosphäre, ohne schützendes Magnetfeld?

Ich bin gar nicht sicher, dass es ein Planet sein muss. Einziger Vorteil aber gleichzeitg auch Nachteil wäre Schwerkraft, die vieles leichter macht (2€ in die Kalauerkasse).

Wenn man Rohstoffe ausbeuten und Dinge daraus bauen will, wären Monde vielleicht einfacher, angefangen mit dem irdischen und danach vielleicht die Marsmonde. Der Weg zu anderen Resourcen wäre nicht so weit, der zurück zur Erde auch nicht. Den Strahlungsschutz könnte man auch durch Behausungen unter der Oberfläche erreichen.

Zitat
Die aber konnten sich wenigstens noch große Hoffnungen machen, am Ziel auch autark leben zu könnnen.

Hoffnungen ja, aber IIRC waren sie schon im ersten Winter auf die Hilfe der dortigen Stammbevölkerung angewiesen. Das heutige Thanksgiving geht >>angeblich zum Teil darauf zurück. Bei einer ausserirdischen Kolonie würde ich darauf allerdings nicht bauen...

Kai

Ullerich

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Re: "Wirtschaftlich sinnvoll"? Motivatio
« Antwort #3 am: 28. Februar 2005, 20:05:26 »
Hi Kai,

jep, das waren gut investierte 2€. :-)

Zitat
Wenn man Rohstoffe ausbeuten und Dinge daraus bauen will, wären Monde vielleicht einfacher, angefangen mit dem irdischen und danach vielleicht die Marsmonde.  

Unter der Voraussetzung, daß dort abbauwürdige Bodenschätze lagern, null Problemo.
Da hätten wir auch noch das Thema, daß wir vorher erstmal ausgiebige und zielgerichtete Exploration betreiben müssen, bevor wir Löcher graben wollen.


Zitat
Den Strahlungsschutz könnte man auch durch Behausungen unter der Oberfläche erreichen.

Nun ja, ich war mal Bergbaubeflissener. Maschinchen, die sich in die Erde oder durch Gestein buddeln, gehören nicht zu denen, denen ich light-weight attestieren würde, selbst wenn der Fortschritt auch vor denen nicht halt gemacht hat.


Zitat
Hoffnungen ja, aber IIRC waren sie schon im ersten Winter auf die Hilfe der dortigen Stammbevölkerung angewiesen.

Ok, aber sie wurden am Ziel ernährt.

Zitat
Bei einer ausserirdischen Kolonie würde ich darauf allerdings nicht bauen...

Wie jetzt? Ich dachte, Burgerking wäre überall. ;-)

mfg Ulrich

Gero_Schmidt

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Re: "Wirtschaftlich sinnvoll"? Motivatio
« Antwort #4 am: 28. Februar 2005, 21:58:16 »
Es ist sicher richtig, dass der Aufbruch ins All nicht allein aus wirtschaftlichen Gründen erfolgen wird, Wirtschaftlichkeit ist aber eine entscheidende Voraussetzung. Anders ausgedrückt: Die Wirtschaftlichkeit von Unternehmungen im Weltraum ist eine notwendige aber keine hinreichende Bedingung für eine kontinuierliche Weiterentwicklung der Raumfahrt und die Besiedlung unseres Sonnensystems.

Durch rein profitorientierte Unternehmungen wie Weltraumtourismus und Satellitentranporte werden die Startkosten so weit gesenkt werden, dass es tatsächlich Sinn macht, über Energieerzeugung im Weltraum, oder Ausbeutung von Rohstoffen auf dem Mond etc. nachzudenken. Das alles ist keinesfalls so aussichtslos (weil unwirtschaftlich) wie es scheint.

Schon Gerard K. O'Neill ("The High Frontier") hat in den 70ern vorgerechnet, wie es möglich wäre, gigantische Kolonien für Millionen Menschen im Weltraum zu errichten, mit Rohmaterialien zuerst vom Mond und später von den Asteroiden. Der Trick ist, die Rohstoffe nicht von der Erde heranzuschaffen, sondern eben die im All vohandenen Ressourcen zu nutzen. Mit Massebeschleunigern auf dem Mond hätte man einen extrem kostengünstigen Weg, große Mengen Rohmaterial von dort zu den Librationspunkten zu tranportieren. Im Grunde würde man nur die Stromkosten für diese Beschleuniger zahlen.Solche Kolonien wären auch sehr gut gegen Strahlung geschützt, dank eines Schutzschilds aus Regolith (Mondgestein), mehrere Meter d*ck (d*ck wir hier zensiert :o).
Allerdings würden diese Kolonien natürlich keine direkten Vorteile für die Menschen, die weiterhin auf der Erde leben (und das wird natürlich die überwältigende Mehrheit sein) bringen. Indirekte Vorteile gäbe es allerdings schon: durch neue technische Entwicklungen aus den Kolonien oder auch durch das Ausprobieren neuer Gesellschaftsformen und Regierungssysteme dort. Ähnliche verhielte es sich mit Kolonien auf dem Mond, den Asteroiden oder Mars.

Auch die Besiedlung Nordamerikas hat auf direktem Weg nur wenig zur Lösung der Probleme in Europa und anderswo beigetragen (vor allem nachdem sich die Kolonien dort für unabhängig erklärten), und doch hat es die Welt (positiv) verändert. In Amerika wurde die freieste Gesellschaft der damaligen Zeit geschaffen, was viele Leute in Europa inspirirtet und ermutigt hat und es gab all denen, die auf dem alten Kontinent keine Zukunft für sich sahen die Hoffnung auf einen Neuanfang dort.
« Letzte Änderung: 28. Februar 2005, 22:01:48 von Gero_Schmidt »

kmb

  • Gast
Re: "Wirtschaftlich sinnvoll"? Motivatio
« Antwort #5 am: 01. März 2005, 01:17:10 »
Zitat
Die Wirtschaftlichkeit von Unternehmungen im Weltraum ist eine notwendige aber keine hinreichende Bedingung für eine kontinuierliche Weiterentwicklung der Raumfahrt und die Besiedlung unseres Sonnensystems.

Ja, so sehe ich das auch. Die grosse Frage ist, wo die Nachfrage ist (=Kapital) und wie sie sich quantitativ darstellt.

Zitat
Der Trick ist, die Rohstoffe nicht von der Erde heranzuschaffen, sondern eben die im All vohandenen Ressourcen zu nutzen.

Also auch eine Wirtschaft, die grösstenteils abgekoppelt von der Erde funktioniert, wobei es immer noch Handel geben wird, weil etliche Dinge noch nicht so schnell da oben hergestellt werden können, allen voran Mikroelektronik.

Kai

Ullerich

  • Gast
Re: "Wirtschaftlich sinnvoll"? Motivatio
« Antwort #6 am: 01. März 2005, 10:01:26 »
Hi,

Bis auf zwei Aussagen kann ich den anderen, die ihr gemacht habt, gut zustimmen.

Nur hier:
Zitat
Also auch eine Wirtschaft, die grösstenteils abgekoppelt von der Erde funktioniert, wobei es immer noch Handel geben wird, weil etliche Dinge noch nicht so schnell da oben hergestellt werden können, allen voran Mikroelektronik.

habe ich erstaunlicherweise weniger Bedenken. Aus meinem Gedächtnis habe ich eine alte/neue Mehtode gekramt, die mal kurz im Rampenlicht stand, dann aber wieder verschwand: "ICs aus dem Drucker":

http://idw-online.de/pages/de/news96360
http://www.zeit.de/archiv/2002/45/200245_personal_fabrica.xml

Es geht darum, ein IC mit einer Art Drucker herzustellen. Elektronische Schaltungen müssen ja nicht so komplex sein, wie wir sie jetzt hier benutzen. Eine simplere, dafür aber extrem einfach herzustellende Schaltung tuts auch. Leider ist heute in Vergessenheit geraten, daß auch mit äußerst "primitiver" Elektronik eine Menge erreicht werden kann.


Das hier:
Zitat
Der Trick ist, die Rohstoffe nicht von der Erde heranzuschaffen, sondern eben die im All vohandenen Ressourcen zu nutzen.

klingt gut. Dennoch habe ich mit diesem Punkt Probleme. Ich stelle mir immer die heute vorhandene Schürf- und Verhüttungstechnik vor. Auch wenn Regolith in Mengen vorhanden ist und man an dieses Material gut herankommt, bleiben immer noch Metalle wie Kupfer, Aluminium, Eisen etc. die für viele wichtige Komponenten benötigt werden.
Sämtliche Weiterverarbeitungs- und Endbearbeitungmethoden müssen entsprechend mondbasistauglich konzipiert werden.

Das Schlüsselproblem wird IMHO die Energieversorgung sein.

mfg Ulrich


kmb

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Re: "Wirtschaftlich sinnvoll"? Motivatio
« Antwort #7 am: 01. März 2005, 16:32:33 »
Zitat
Ich stelle mir immer die heute vorhandene Schürf- und Verhüttungstechnik vor. [...] Sämtliche Weiterverarbeitungs- und Endbearbeitungmethoden müssen entsprechend mondbasistauglich konzipiert werden.

Ich bin mir nicht sicher, ob man das so übertragen kann und sollte. Es ist ja nicht nur so, dass vieles, was hier unten einfach ist, oben schwierig und kompliziert ist, sondern auch umgekehrt vieles dort oben auf eine andere Weise einfacher wäre.

Zitat
Das Schlüsselproblem wird IMHO die Energieversorgung sein.

Siehe [1] und [2] - für Strom. Darin[3] wird auch erwähnt, dass Al, Fe und Mg ebenfalls im "typischen Mondstaub" vorkommen.

Wärme dürfte angesichts sehr gut berechenbarer Sonnenenergie auch kein Problem sein. Spiegelfelder können davon fast beliebig viel einsammeln und auf einen Punkt bringen. Keine Atmosphäre, keine Oxidation. Vielleicht ergeben sich schon dadurch neue Technologien. Statt (noch nicht machbaren) Hochleistungslasern "einfach" konzentrierte Sonnenstrahlung nutzen.

Gibt es zu diesen Themen schon F&E?

Kai

[1] >>Wie der Strom auf den Mond kommt
[2] >> Mondstaub kann Solarzellen tragen
[3] >>JSC-1: A NEW LUNAR SOIL SIMULANT

Gaia

  • Gast
Re: "Wirtschaftlich sinnvoll"? Motivationen
« Antwort #8 am: 22. März 2008, 21:37:41 »
Wie schätzt ihr diese Idee ein? --> Ein automatisch arbeitendes Modul wird in den Weltraum geschickt. Die Aufgabe ist, Rohstoffe von Asteroiden und anderen Himmelskörpern aufzunehmen und an Bord zu verarbeiten. Ein System aus Robotern verarbeitet die Rohstofe zu Komponenten, die das Ursprungsmodul gewinnbringend erweitern. Energie wird aus Sonne und chemischen Reaktionen gewonnen. Die Programme für die Roboter werden von der Erde aus übermittelt. Der Aufwand das Modul zu starten würde vergleichsweise gering sein. und das Ergebnis würde prinzipiell nicht von Rohstoffen sondern nur von dem Know How abhängen.

...vielleicht finde ich nochmal ein Thread mit technischen Ideen oder sowas...

Re: "Wirtschaftlich sinnvoll"? Motivationen
« Antwort #9 am: 23. März 2008, 19:32:04 »
Über die Frage, ob Helium 3 am Mond abgebaut und zur Erde geschickt werden kann, wurde in diesem Thread schon diskutiert: https://forum.raumfahrer.net/index.php?topic=3258.0

Siehe dazu auch wikipedia ('Ähnliches gilt auch für Mondgestein, welches von der Oberfläche des Mondes stammt. Da dieses oft sehr lange dem Sonnenwind bzw. der Kosmischen Strahlung ausgesetzt war ist solches Mondgestein besonders reich an Helium, insbesondere dem Isotop 3He. Sollte es gelingen Kernfusionsreaktoren für die Deuterium-Tritium-Fusion zu entwickeln, könnte die Gewinnung von Helium-3 vom Mond wirtschaftlich interessant werden.' http://de.wikipedia.org/wiki/Helium#_note-1) und ein Artikel, auf den dort verwiesen wird (http://www.heise.de/tr/Energie-vom-Mond--/artikel/95209/0/0).

Dies wäre ein denkbares Szenario: Helium 3 wird am Mond abgebaut und zur Erde geschickt. Dann wäre die Weltraumfahrt erstmals 'wirtschaftlich sinnvoll'!

Grüsse

Wilhelm
"We choose to go to the moon in the decade and do the other things: not because they are easy, but because they are hard."

Re: "Wirtschaftlich sinnvoll"? Motivationen
« Antwort #10 am: 23. März 2008, 19:45:03 »
Zitat
... Dann wäre die Weltraumfahrt erstmals "wirtschaftlich sinnvoll"! ...
Wirtschaftlich sinnvoll ist doch die Raumfahrt schon seit vielen Jahren: Satelliten-Navigation, Material- und Medizinforschung und natürlich das TV-Zeug. Um nur einige zu nennen. Da wird richtig Geld verdient.

Gruß
Peter

tobi453

  • Gast
Re: "Wirtschaftlich sinnvoll"? Motivationen
« Antwort #11 am: 23. März 2008, 19:51:37 »
Hallo Peter,

bei GPS und TV stimme ich dir zu. Aber bei Material und Medizinforschung bin ich skeptisch, ob man damit wirtschaftlich gesehen die 100 Milliarden $ für die ISS rechtfertigen kann.

Tobi

Lorion

  • Gast
Re: "Wirtschaftlich sinnvoll"? Motivationen
« Antwort #12 am: 24. März 2008, 15:05:42 »
http://idw-online.de/pages/de/news2376

In der Schwerelosigkeit lassen sich leistungsfähigere Legierungen herstellen. Sobald der Transport günstig genug wäre könnte man also darüber nachdenken entsprechende Fabriken hochzuschießen.
Grundsätzlich ist doch vor allem der Transport nach oben besonders teuer. Wenn man also eine relativ autonome Fabrik hochschießen würde die dann auf dem Mond aus vorkommenden Metallen die entsprechenden Legierungen schmielzt und dann zusätzlich noch die Rücktransportgefährte... (vielleicht antriebslos, abgeschossen vom Mond, quasi riesen Container die fast nur Hitzeschild sind...)

Naja, das dauert...

ILBUS

  • Gast
Re: "Wirtschaftlich sinnvoll"? Motivationen
« Antwort #13 am: 24. März 2008, 17:37:13 »
...Der Vergelich ist vielleicht etwas zu weit hergehollt, nichtdestotrotz: Formel1 und Automobilindustrie ist eine sehr anschaulicher Beispiel für Synnergieeffekte, die man bei blossen Formel1 zuschauen gar nicht warnehemen würde.

Insofern...würde ich da die ISS nicht gleich ohne weiteres schlechtreden. Ist es sowieso das Gegenteil der Fall, das auf Taten erstes richtiges Prüfen der Internationalen Zusammenarbeit; allein die Hitzeschildproblematik des Shutles liefert viel Know How; Europa wurde motiviert das ATV zu bauen, nach Hermess aus wäre schon die Zweckmessigkeit der Ariane 5 stark hinterfragt...

Ein guter Vergleich, was Kosten und internationaler Umfang betrifft, wenn nicht noch grösser, ist CERN bei Genf...da gibt es eine Menge verzögerungen, obwohl alles am Boden ist, und somit weniger Hindernisse im Bezug zum Hochfahren zu erwarten währen.

Re: "Wirtschaftlich sinnvoll"? Motivationen
« Antwort #14 am: 24. März 2008, 18:14:45 »
Zitat
Insofern...würde ich da die ISS nicht gleich ohne weiteres schlechtreden. Ist es sowieso das Gegenteil der Fall, das auf Taten erstes richtiges Prüfen der Internationalen Zusammenarbeit; allein die Hitzeschildproblematik des Shutles liefert viel Know How; Europa wurde motiviert das ATV zu bauen, nach Hermess aus wäre schon die Zweckmessigkeit der Ariane 5 stark hinterfragt...

Zu den Synergieeffekten:

natürlich wird durch Raumfahrttechnik Spitzentechnik in der Anwendung entwickelt (Space Shuttle, ATV, etc. ...). Aber diese Argumentation geht viel zu sehr in Richtung: "Technik zum Selbstzweck entwickeln", also anschaulich (und polemisch ;)): "Wir bauen die ISS, damit wir einen Grund haben das ATV zu entwickeln."
So darf Raumfahrt (oder hier speziell die ISS) nicht begründet werden. Es muss direkt aus der ISS ein Mehrwert für die Gesellschaft und das Leben entstehen und nicht erst über Umwege. Sonst könnte man auch gleich sagen: "Wir machen teure Raumfahrt, um teure hochqualifizierte Arbeitsplätze zu schaffen.".
Für die Raumfahrt sollte es also einen anderen Bedarf als Begründung geben.
\\   //    Grüße
 \\ ///    Daniel

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ILBUS

  • Gast
Re: "Wirtschaftlich sinnvoll"? Motivationen
« Antwort #15 am: 24. März 2008, 19:54:46 »
Die Forschung auf der MIR war doch anschaulich genung oder? Lag es nicht in den Ursprüngen als Motivation bei der Plannung der ISS? Es scheint mir nicht, dass ISS zu Selbstzweck schon in den Plannungen ausgelegt wurde.

Und wie gesagt, all die Probleme die ISS hat, gibt es auch in anderen Internationallen Projekten, sei es z.B. Hilfsorganisationen. Ich wage es sogar zu behaupten, dass bei allen Raumfahrtangelegenheiten ist es sogar viel Transparenter, was wohin geht...vielleicht ist es der Grund warum man hier lauter sich beschwert, als bei anderen Projekten, wenn etwas Überkosten entstehen.

Denkt jemand wirklich das Raumfahrt heute zum selbstzweck betrieben wird? (Apolo ist schon lange her)
« Letzte Änderung: 24. März 2008, 19:57:02 von ILBUS »

Re: "Wirtschaftlich sinnvoll"? Motivationen
« Antwort #16 am: 24. März 2008, 20:06:06 »
Hallo Yegenij,

ich habe nicht gesagt, dass ich glaube die Raumfahrt wäre Selbstzweck. Aus deinen Argumenten konnte man aber genau diesen Fall ableiten. Ich wollte also darauf hinweisen, dass man die Argumentation zum Sinn der Raumfahrt (und der ISS speziell) nicht mit der tollen Technik des Shuttles oder ATV begründen kann. Das wäre dann Selbstzweck ...
\\   //    Grüße
 \\ ///    Daniel

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ILBUS

  • Gast
Re: "Wirtschaftlich sinnvoll"? Motivationen
« Antwort #17 am: 24. März 2008, 20:16:45 »
hallo Daniel,

... ich dachte ich habe anhand der Formel1 Beispiels es gut verdeutlichen können, dass ich die Synnergieeffekte meine. Muss wohl doch noch an meiner Ausdrucksweise auf Deutsch arbeiten.

Die Beispiele... wollte ich als Denkanstösse dahinstellen: Hitzeschild beim Schutle - ich wette es gibt genung Anwendungen nicht in der Raumfahrt, bei dennen es richtig "heis" wird, und man vielleich ähnlichess Know How verwenden kann.

Re: "Wirtschaftlich sinnvoll"? Motivationen
« Antwort #18 am: 24. März 2008, 20:24:46 »
Wenn es für etwas eine Verwendung gibt, macht es Sinn etwas zu entwickeln. Aber dann könnte man es auch direkt entwickeln, ohne den Umweg Raumfahrt.
Oder um es drastischer zu machen: Beispiel Krieg. Im 2. Weltkrieg ging es in der Luftfahrttechnik gewaltig voran. Aber dadurch wird Krieg ja nicht sinnvoll.
Leider funktioniert der technische Fortschritt nicht so "ideal", meistens kommen die Fortschritte über unnötige oder unschöne Umwege ...
« Letzte Änderung: 24. März 2008, 20:25:48 von Schillrich »
\\   //    Grüße
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Offline Chewie

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Re: "Wirtschaftlich sinnvoll"? Motivationen
« Antwort #19 am: 24. März 2008, 21:51:27 »
Man braucht halt jemand der die Entwicklung treibt. Einmal ist es die Raumfahrt, was woll besser ist als wenn sie durch Krieg getrieben wird.
"Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen." Niels Bohr

Re: "Wirtschaftlich sinnvoll"? Motivationen
« Antwort #20 am: 24. März 2008, 22:56:18 »
Mahlzeit!

Nachdem ich hier eine Weile mitgelesen habe und auch schon fast einen weiteren Beitrag schreiben wollte hat "Chewie" den wohl besten und meiner Meinung nach nicht mehr zu toppenden Beitrag geschrieben:
Zitat
Man braucht halt jemand der die Entwicklung treibt. Einmal ist es die Raumfahrt, was woll besser ist als wenn sie durch Krieg getrieben wird.
Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.

Gruß
Peter

Speedator

  • Gast
Re: "Wirtschaftlich sinnvoll"? Motivationen
« Antwort #21 am: 25. März 2008, 00:02:41 »
Das ist aber doch ein wenig unpassend von der Argumenation, wenn man sagt es gäbe schlimmere Wege sein Geld zu verpulvern und so Technologie zu entwickeln. Vielmehr sollte man zeigen, dass es vom Aufwand her der nahezu beste Weg ist.

Re: "Wirtschaftlich sinnvoll"? Motivationen
« Antwort #22 am: 27. März 2008, 18:07:04 »
@alswieich (Peter)

Ich hatte mich wohl zu verkürzt ausgedrückt. Da dieser Thread ja unter "Bemannte Raumfahrt" läuft, bezog sich meine Aussage auf die "bemannte" Weltraumfahrt. Unter der Voraussetzung, dass es am Mond tatsächlich etwas Wertvolles zu holen gibt (Stichwort Helium 3) und dass man Menschen dazu benötigt, um diesen Stoff zur Erde zu bringen, wäre dies das erste Mal, dass die bemannte Raumfahrt wirtschaftlich sinnvoll wäre. Dies könnte dann dazu führen, dass mehrere Staaten oder Private in einen wirtschaftlichen Wettbewerb eintreten, um den kostbaren Stoff vom Mond zu holen.

Grüsse

Wilhelm
« Letzte Änderung: 27. März 2008, 18:07:25 von wilhelm »
"We choose to go to the moon in the decade and do the other things: not because they are easy, but because they are hard."

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Offline spacer

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Re: "Wirtschaftlich sinnvoll"? Motivationen
« Antwort #23 am: 28. März 2008, 13:17:43 »
Hallo,
Im Shuttle (Spacehab) wurden doch auch schon kommerzielle Experimente durchgeführt; und auch staatlich finanzierte Experimente können einen Nuten für die Volkswirtschaft haben! Es gab und gibt also durchaus schon wirtschaftlich sinnvolle Unternehmungen in der bemannten Raumfahrt.
Ansosten kann ich mich Chewie nur anschließen: Ohne die Raumfahrt wäre man nie nicht auf die Idee gekommen, viele Produkte zu entwickeln, die heute kommerziell genutzt werden.

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Offline tul

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Re: "Wirtschaftlich sinnvoll"? Motivationen
« Antwort #24 am: 28. März 2008, 15:44:13 »
Interessant wäre es, wenn man in LEO extrem hitzebeständige Legierungen herstellen könnte, die man auch nur sehr dünn auftragen braucht. Oder mit den dortigen Forschungsergebnissen, diese auf der Erde herstellen kann. Dies könnte einem u.a. helfen die Temperatur in einer Gasturbine weiter in die Höhe zu schrauben um den Stromoutput zu erhöhen. (konstruierter Fall) Es müssen also Güter geschaffen werden, die die Produktion anderer Güter auf der Erde wesentlich vereinfachen.

Ein Problem der bemannten Raumfahrt an sich ist aber, dass die Innovationszyklen u.a. aus Sicherheitsgründen extrem langsam sind. Deswegen taugt die bemannte Raumfahrt für sich alleine genommen nicht als Innovationstreiber. (Columbus beispielsweise ist bereits veraltet).

Andererseits ist die bemannte Raumfahrt für manche Aufgaben die wirtschaftlichste Lösung. Das Beispiel hierfür sind die Apollo Missionen. Hier wurden mit einer Mission 100 Kg Gesteinsproben von mehreren Stellen durch Grabungen zurück gebracht. Hätte man dies automatisiert d.h. unbemannt durchgeführt, wäre dies wohl erheblich teurer geworden. (Davon abgesehen kann ein Geologe auch nicht ersetzt werden.)