War natürlich klar, das ein Herr TITOW keine Kritik an der Regierung Putin zulassen kann. Aber egal, Politik ist hier auch nicht das Thema (obwohl bei bemannter Raumfahrt ausschließlich Politik im Spiel ist).
Was mich aber schockert ist, das er trotz seiner Worte nicht mal wusste, wie der Schub bei einem Feststofftriebwerk geregelt wird. Wenn man etwas mit so harschen Worten kritisiert, sollte man wenigstens wissen, wie es funktioniert!
Kommen wir erst mal zum Thema Feststoffrakete: Feststoffraketen sind aus der westlichen Raumfahrt nicht mehr wegzudenken. Praktisch jede westliche Trägerrakete verwendet in irgendeiner Weise Feststoffantriebe. Bei der Titan (ab Version 3 C) wurden große Feststoffbooster als Startstufe (0. Stufe) eingesetzt. Die erste Stufe zündete erst 10 sec vor dem Brennschluss der Booster. Das Abheben und die erste Flugphase der Titan werden ausschließlich durch die Feststoffbooster angetrieben. Bei der Ariane 5, der H2 und dem Shuttle liefern die Feststoffbooster immerhin 90 % des Startschubes. Lediglich bei Delta, Atlas und Ariane 4 wurden Feststoffbooster nur zur Unterstützung beim Start verwendet. Daneben gibt es kleinere Träger, die ausschließlich aus Feststoffstufen bestehen (diverse Höhenforschungsraketen, Scout, Pegasus, Vega). Keiner von diesen Trägern ist bisher in irgendeiner Weise Amok gelaufen. Ehe man hier derartig unqualifizierte Kommentare zu Feststoffraketen abgiebt, sollte man sich erst mal über die Technik informieren.
Das man beim amerikanischen EELV Programm von großen Feststoffsystemen wegkommt, liegt vor allem an den Kosten (3 gleiche Module wie bei den Heavy Versionen der Atlas bzw Delta sind billiger als 1 Modul und 2 große Feststoffbooster), weniger an der Eignung von Feststoffraketen.
Die russische Raumfahrt hat einige wichtige Entwicklungen komplett verschlafen. Das war zum einen die Entwicklung von Feststoffraketen, zum anderen die von LH2/LO2 in der Oberstufe. So sind noch heute die russischen Träger bei gleicher Startmasse weniger Leistungsfähig als westliche, die LH2/LO2 nutzen (die N1 schaffte bei gleicher Startmasse nur knapp 2/3 der Saturn 5). Ich habe eher den Verdacht, das die Russen nur neidisch staunen werden, wenn das CEV mit seinem Träger abhebt, und wehleidig daran denken werden, das ihr Konkurenzsystem Kliper nie vom Reißbrett weg gekommen ist.
Ich muss grundsätzlich zugeben, das ich nicht viel von der russischen Raumfahrt halte. Vieles waren lediglich propagandistische Erstleistungen ohne jeden wissenschaftlichen Wert. Das Mondprogramm war durchwachsen, das Marsprogramm eine Katastrope. Weiter als zum Mars sind die Russen nie gekommen, von Raumsonden wie Pioneer und Voyager (die 30 Jahre und länger arbeiten konnten) träumen die Russen heute noch. Das einzige, wo die Russen wirklich etwas gelleistet haben, war die Venus (dieses Programm wurde allerdings auch im Gegensatz zu allen anderen kronologisch betrieben und nicht beim erreichen einer Erstleistung beendet).
Was das Thema Raumstationen betrifft, auch diesem stehe ich sehr skeptisch gegenüber. Mochte eine Station in der Größe der Mir noch Sinn machen, so ist die ISS viel zu groß und praktisch völlig überflüssig. Die Hoffnung, das die Industrie im großen Umfang auf der ISS forscht, hat sich nicht erfüllt, im Gegenteil. Kaum eine Firma hat Interesse daran, auf der ISS zu forschen. Für eine voll ausgestattete ISS mit voller Besatzung gäbe es gar nicht genügend Experimente. Die wenigen, die durchgeführt werden, hätte man in kleineren, billigeren Stationen oder auch in unbemannten Rückkehrkapseln machen können. ISS ist in meinen Augen daher nur bemannte Raumfahrt zum Selbstzweck, die unbemannten Missionen das Geld weg nimmt.
Wo findet denn heute öffentlichkeitswirksame Forschung statt? Auf der ISS schon lange nicht mehr. Öffentliche Aufmerksamkeit erregen heute nur unbemannte Programme wie Cassini, Huygens, Deep Impact, Mars Express, Beagle 2 usw).
Auch wenn ich gewiss kein Fan von Bush oder dessen Mond- und Mars Programm bin, aber es verschafft der bemannten Raumfahrt (die seid Apollo nur noch in der Erdumlaufbahn rumgedümpelt ist) wieder eine längerfristige Perspektive. Sympatisch ist mir dabei an Bush, das er keine Scheu hat, heilige Kühe wie Space Shuttle und ISS zu schlachten (leider nicht mit der notwenigen Konsequenz). Unsympatisch an diesem Programm dagegen ist, das es wieder mal auf dem Rücken der unbemannten Raumfahrt ausgetragen wird und wissenschaftlichen Missionen das Geld entzieht.