Mir geht es darum, dass Tiefraummissionen _sehr_ teuer sind. Cassini hat insgesamt 3,5 Milliarden Dollar gekostet. Wenn Russland Tiefraummissionen durchführen möchte, kommen noch weitere Kosten dazu, die nicht direkt zur Sonde gehören. Es gibt noch kein Weltumspannendes Antennennetz in der Art des DSN. Eventuell muss die Produktion von Plutonium 238 verstärkt oder gar wiederaufgenommen werden. Missionen zu den Jupitermonden oder weiter ins Sonnensystem hinaus sind auf RTGs zur Energieversorgung angewiesen (Juno ist ein Sonderfall). Während die Amerikaner hier aktuell Entwicklungen laufen haben, die bei gleicher Leistung mit weniger des sündteuren Pu 238 auskommen sollen, müsste Russland entweder ältere RTGs mit mehr Pu verwenden oder eine ähnliche Neuentwicklung beginnen. Die Kosten für die RTGs dürfen nicht unterschätzt werden. In den USA kostet ein RTG mittlerweile ca 100 Millionen Dollar. Selbst in Russland sollten die RTGs nicht unter 25 Millionen Dollar zu bekommen sein. Eine Mission wie Cassini braucht 3 Stück davon. Die wissenschaftlichen Teams müssen über sehr lange Zeit zusammengehalten und finanziert werden (viele Tiefraummissionen gehen über 10 Jahre und länger). Hinzu kommen mögliche Steigerungen der Entwicklungskosten, da zumindest die ersten 2 Sonden eine Art Prototypencharakter haben. Geht man weiter hinaus zu Uranus und Neptun, so kommt hinzu, dass die nötige Technologie für Orbiter um diese Planeten aktuell weltweit noch nicht existiert (Aerocapture in der Atmosphäre eines Gasriesen). Hier ist Pionierarbeit nötig und vermutlich sogar weitere Vorbeiflugmissionen, um überhaupt genug Daten über die Atmosphären der Planeten zu sammeln. Die einzigen Daten stammen noch von Voyager 2, sind 20 Jahre alt und wurden mit 35 Jahre alten Instrumenten erstellt.
Mein Pessimismus liegt zum Teil auch in Erfahrungen mit westlichen Sonden begründet. Gerade Tiefraummissionen bzw. Planetensonden grundsätzlich werden immer als erstes gestrichen, wenn mal irgendwo im Raumfahrtbudget eine Lücke ist. Zudem hat man in den letzten Jahren immer wieder von tollen Projekten aus Russland gehört (Baikal z.B.), die auf Grund von Geldmangel leider nie oder zumindest bisher nicht umgesetzt werden konnten.
Was das russische Raumfahrtbudget betrifft, da können wir nur spekulieren, das ist richtig. Ich vermute aber einmal, dass (abgesehen von den Auswirkungen der Wirtschaftskriese, die jetzt noch nicht einzuschätzen ist), das Budget maximal 10 % zusätzlich zum Inflationsausgleich steigen wird. Wenn du jetzt Gegenrechnest, was für eine erste Tiefraummission an zusätzlichen (einmaligen) Ausgaben nötig ist, so dürftest du erkennen, das es gewiss nicht einfach wird, das neben den aktuell laufenden Projekten im Budget unterzubringen. Ganz zu schweigen davon, das einige der Ausgaben (Plutoniumbeschaffung, grundlegender Entwurf, festlegen der wissenschaftlichen Ziele) mit großem Vorlauf getätigt werden müssen und damit noch in das gegenwärtige Budget hineinfallen dürften. 8 - 10 Jahre Vorlauf für eine große Tiefraummission sind keine Seltenheit.
Was Fobus-Grunt betrifft. Es handelt sich hier um eine Mission mit Pioniercharakter. Immerhin geht es um die erstmalige Rückführung von Bodenproben eines Marsmondes. Wenn ich dann einen Start mit einer Sojus auch für Russland mit 20 Millionen Dollar ansetze, bleiben gerade mal 40 - 50 Millionen Dollar für die Sonde und die Missionsdurchführung. Das ist auch für russische Verhältnisse zumindest in meinen Augen sehr wenig, zumal hier auch technisches Neuland betreten wird. Was ein zu niedriges Budget gerade bei planetaren Missionen anrichten kann, sieht man exemplarisch bei den gescheiterten Missionen Mars Polar Lander, Mars Climate Orbiter, Countur und Beagle 2. Bei Mars Polar Lander war es ein Sensorfehler, der wegen zu geringem Budget für Tests nicht erkannt wurde, der zum Verlust führte. Bei Mars Climate Orbiter wurde ein falscher Kurs (verursacht durch die Umrechnung von imperialen in metrische Einheiten) von einem zu kleinen und zu unerfahrenem Team nicht erkannt. Bei Countur konnte die Sonde den Belastungen eines in die Sonde eingebauten Feststofftriebwerks nicht standhalten und brach auseinander. Auch hier Sparsamkeit am falschen Platz, hätte man keine Light Version der Trägerrakete verwendet, sondern eine normale Delta 2, so wäre der zusätzliche Antrieb gar nicht nötig gewesen. Beagle 2 dagegen war durch und durch ein Provisorium, es gab weder eine komplette Dokumentation der Elektrik noch Tests des riskanten Landesystems. Das Ergebnis kennen wir alle. Ich bin daher überhaupt kein Fan von Billigsonden. Bei Raumsonden geht es um Zuverlässigkeit und Beständigkeit, nicht um neue um kreative Ideen. Jedes ungeprüfte Bauteil, jeder weggelassene Test erhöht das Risiko, das die Sonde verloren geht. Und es ist leider nicht möglich, dach dem Start noch etwas zu ändern. Da kann eine fehlerhafte Schraube schon über Gewinn oder Verlust der Mission entscheiden. Natürlich sind die Kosten speziell für die Trägerraketen in den USA drastisch höher, aber das liegt eher an der verfehlten Politik und weniger an den Firmen (keine Konkurrenz z.B. mit Ariane, 3 Trägerfamilien, obwohl eine genügen würde, fast jeder Träger wird einzeln bestellt usw). Zudem sind natürlich auch die Lohnkosten in den USA drastisch höher.