Das ist die Kernfrage. Ich glaube MR, daß die Umwandlung eines Kerosintriebwerkes in ein Methantriebwerk schwieriger wäre als die Umwandlung eines Wasserstofftriebwerkes. Aber wer will - außer vielleicht für Testzwecke - schon ein Triebwerk umwandeln? Man entwickelt ein neues, wenn man eines braucht. Das ist für Methan mit Sicherheit wesentlich einfacher als für Wasserstoff. In der Entwicklung, vor allem aber im Betrieb.
Ja, die Entwicklung eines Methan-Triebwerks ist etwas einfacher als die Entwicklung eines Wasserstofftriebwerks, aber immer noch deutlich komplizierter und damit teurer als ein Kerosin-Triebwerk. Das Problem ist, das der Brennstoff bei Flüssigkeitstriebwerken sehr viele Aufgaben hat. Er soll nicht einfach nur verbrennen, nein, er wird auch noch für die Kühlung der Vorbrenner bzw. Gasgenerator, Brennkammer und der Ausströmdüse verwendet und ist zudem für die Schmierung aller Lager zuständig. Mit Kerosin ist das alles ganz einfach. Es unterscheidet sich nur gering von normalem Schmieröl, so dass die Schmierung kein Problem darstellt. Zudem kann er sehr viel Wärme aufnehmen, ohne zu verdampfen. Damit stellt auch die Kühlung kein großes Problem dar, da das Kühlmittel immer flüssig bleibt. Methan ist hier wesentlich aufwendiger. Es muss bedacht werden, das die Schmierung der Lager mit einem Schmierstoff erfolgt, der ca. -180 °C kalt ist, ohne dass dabei die Lager einfrieren. Auch bei allen Ventilen muss sichergestellt sein, dass sie nicht einfrieren. Bei der Kühlung z.B. der Brennkammer muss beachtet werden, dass das Kühlmittel recht schnell verdampft und der Dampf wesentlich weniger Wärme abführen kann. Das macht die Kühlung wesentlich komplexer als mit Kerosin. Die Stelle, wo das Methan verdampft, wird sehr effektiv gekühlt, da der Phasenübergang zusätzliche Wärme benötigt, danach ist es aber kritisch, weil der Dampf nur noch sehr wenig Wärme aufnehmen kann. Sicher, flüssiger Wasserstoff ist noch deutlich kälter und kann zudem auch noch leicht durch Metalle diffundieren, ansonsten aber ist der Aufwand bei flüssigem Methan nicht viel geringer als bei flüssigem Wasserstoff und deutlich aufwendiger als bei Kerosin. Deswegen hat man bei den Tests in den 60ern auch modifizierte Flüssigwasserstoff-Triebwerke wie das RL-10 und keine Kerosin-Triebwerke verwendet. Gemessen am Aufwand lohnt sich Methan nicht, deswegen hat man es bis heute nie produktiv eingesetzt. Ein Methan-Triebwerk ist aufwendiger als ein Kerosin-Triebwerk, der Leistungszuwachs ist allerdings recht gering, bei gleicher Technologie der Triebwerke ca. 300 m/s. Flüssigwasserstoff ist zwar etwas schwerer zu beherrschen als flüssiges Methan (und damit auch etwas teurer), bietet aber einen um ca. 900 m/s höheren spezifischen Impuls. Gerade in der Oberstufe, wo es um jedes kg und jeden m/s geht, ist das ein eindeutiges Votum für LH2.
Aus meiner Sicht lohnt sich Methan daher nicht. Für die Startstufe genügt auch Kerosin, in der Oberstufe fährt man mit Wasserstoff besser. Die Delta 4 hat zwischenzeitlich sogar gezeigt, dass man auch einen Träger mit einer reinen Wasserstoff-Grundstufe zu vertretbaren Kosten entwickeln und betreiben kann. Die Entwicklung der Delta 4 hat lediglich 1,5 Milliarden Dollar gekostet, für das Geld können die Europäer aktuell nicht mal eine neue Oberstufe für die Ariane 5 entwickeln. Das neu entwickelte RS-68 sollte anfänglich nicht mehr als 15 Mio Dollar kosten. Sicher, die Kosten sind in der Zwischenzeit massiv gestiegen, das liegt aber nicht am Wasserstoff. Zum einen leisten sich die USA zwei Trägerlinien für den gleichen Nutzlastbereich, zum anderen sind auch die kommerziellen Starts eingebrochen. Durch das Ende der Delta 2 und des Space Shuttles haben sich auch die Triebwerke massiv verteuert, da jetzt die Fixkosten des Herstellers auf weniger Triebwerke verteilt werden müssen.
Grundsätzlich sehe ich kein Problem darin, ein Methan-Triebwerk zu bauen und zu betreiben, dazu sollte jede Nation in der Lage sein, die auch die aufwendigere Wasserstoff-Technologie beherrscht. Ich sehe aber keinen Nutzen darin. Die geringe Leistungssteigerung im Vergleich zu Kerosin lohnt die höheren Kosten der Methan-Technologie einfach nicht. Da kann man lieber noch etwas Geld drauf legen und gleich Wasserstoff verwenden, das zwar nochmal teurer ist als Methan, aber auch leistungstechnisch in einer anderen Liga spielt.