Im russischen Forum Novosti Kosmonavtik wird on einem offenen Brief von Mitarbeitern des Lavotschkin -Instituts berichtet und auch der Link dazu geliefert. Das glaube ich mit meinen geringen Russischkenntnissen noch herausgelesen zu haben. Zu weiter reicht es leider nicht. Gibt es unter Euch Russischexperten,die den Inhalt des Briefes vielleicht im groben übersetzen können ?
Danke-Siran
Hier meine Übersetzung, des Briefes, der übrigens von EINEM Mitarbeiter stammt, der auch nicht mehr
bei Lawotschkin arbeitet. Ich glaube, er ist symptomatisch für die Gesamtsituation in der russischen Raumfahrtindustrie.
Offener Brief eines führenden Spezialisten der Wissenschaftlichen Produktionsvereinigung
Lawotschkin (ein halbes Jahr vor dem Start von Fobos-Grunt)
An den Vizepremier Sergej Borisowitsch Iwanow
Sehr geehrter Sergej Borisowtisch,
Vor kurzem wurde in den Medien ihr Auftritt vor Roskosmos-Kollegium gezeigt, in dem sie sich sehr kritisch zu dem gegenwärtigen Zustand des Industriezweiges äußern, der unter ihrer Aufsicht steht. Natürlich kann ich meinen Kenntnisstand nicht mit dem ihrigen vergleichen, aber ich war bis vor kurzem einer der führenden Spezialisten im Versuchskonstruktionsbüro des Staatsbetriebes Lawotschkin. Nach meiner Einschätzung ist die tatsächliche Lage beim Bau von Raumfahrttechnik noch schlechter noch schlechter als es scheinen mag. Da ich mit der Entwicklung von Baugruppen, die auf Raumfahrzeugen installiert werden, unmittelbar beschäftigt habe, kann gewagt werden, diese pessimistische Einschätzung beizubehalten. Hier einige Beispiele, wie die Entwicklung neuer Technik in der Firma Lawotschkin gehandhabt wird.
Vor kurzem, im Januar 2011 wurde nach vielen Verzögerungen der Satellit
„Elektro-L“ gestartet. Den Antennenantrieb der schwenkbaren Antennen auf diesem Satelliten habe ich projektiert. Dieselben Baugruppen werden (mit einigen Änderungen) auch auf dem Satelliten „Spektr“ und einem Satelliten für spezielle Aufgaben (Anmerkung Übersetzer: vermutlich Militärsatellit) verwendet. Und so war es : die Projektierung dieser wichtigen Baugruppe wurde ohne technische Projektierung , auf der Grundlage von mündlichen Anweisungen, die sich oft noch widersprachen, durchgeführt.
Erst, als die Baugruppen bereits hergestellt waren, folgte die technische Projektierung zu ihrer Herstellung. Im Falle der Antennen erfolgte sie noch später.
In diesem Beispiel geht es noch um relativ einfache Baugruppen – tatsächlich ist dieses Vorgehen allgemein gängige Praxis inder Firma Lawotschkin. Eine solche Arbeitsweise dürfte uns auch in Zukunft weitere Schwierigkeiten bereiten.
Ein weiteres Beispiel. Es fehlen völlig theoretische Untersuchungen zu den gewählten technischen Lösungen, die eigentlich erforderlich sind, bevor die Arbeitsdokumentationen erstellt werden. Die gewählten Kriterien beruhen nicht auf wissenschaftlichen Argumenten, sondern darauf, was dem Chef der Konstruktionsabteilung gefällt oder nicht.
Es wird einfach nach ästhetischen Gesichtspunkten entschieden. Eine technische Debatte auf der Basis rationaler ingenieurtechnischer Lösungen findet nicht statt. Der Chef ordnet an: ich bin der Chef – du ein „Würstchen“ (Anmerkung d.Ü.: im Original Narr, aber ich glaube diese Übertragung trifft es im Deutschen besser). Apelle an die Notwendigkeit klarer Anweisungen gehen ins Leere – das ist ein leeres Blatt Papier, in meinem Fall (als
leitender Spezialist) noch nicht einmal das.
Besonders unehrlich ist die Firmenleitung bei ihren Angaben zur Zuverlässigkeit ( die Zuverlässigkeit unter realen Bedingungen, nicht die unter formalen, als theoretischen).
Auf meinen Hinweis, dss die Zuverlässigkeit das entscheidende Kriterium in der Raumfahrttechnik ist, antwortete ein nicht unbedeutender Manager scherzhaft:
„ Zuverlässigkeit – das ist eine Hure des Imperialismus. ICH muss vom Direktor eine Zahl eine Zahl nennen, und er schreibt die Höhe der Zuverlässigkeit auf, die gebraucht wird.“
So läuft es im Grunde genommen ab, auch mit den Berichten an das ZNIIMasch, formal werden also alle Bedingungen korrekt erfüllt und erst der Einsatz zeigt, was funktioniert und was nicht.