Bei jedem Hochhausbau werden schon bei der Planung Tote mit eingerechnet.
Nein, natürlich nicht, wie kommst Du denn darauf?
Wie "rechnet" man so etwas ein, was kostet denn "ein Toter" im Hochhausbau? 1000 Euro oder vielleicht 10 Millionen Euro?
Warum sollte man so etwas "einrechnen?
Allein im Straßenverkehr gibt es jede Woche mehr Tote als im Weltraumprogramm.
Schlechter Vergleich.
Zunächst einmal ist die Anzahl der Teilnehmer hier viel höher. Ausserdem passieren wohl die meisten tödlichen Verkehrunfälle zumindest in Europa im privaten Bereich. Der private Bereich lässt sich immer schwerer reglementieren, kontrollieren, beaufsichtigen als der gewerbliche Bereich.
Im "gewerblichen Bereich" gibt es in Bezug auf die Teilnehmerzahl eine sehr geringe Unfallquote im Strassenverkehr.
Daher sehe ich LOCs von 1:1000 eh als unsinnig. Raumfahrt muss bezahlbar bleiben, es gilt, den besten Kompromiss zwischen Sicherheit und Kosten zu finden. Das bedeutet aber im Gegenzug nicht, das man einem unsicheren Träger Menschen anvertrauen muss. Und ein Träger, der in der Anfangszeit drei schwerwiegende Probleme und später zwei Totalverluste hatte, ist in meinen Augen eindeutig noch nicht sicher genug für den bemannten Einsatz. Egal was die Verluste im Detail wirklich verursacht hat.
Am teuersten sind immer Unfälle (vor allem mit Personenschäden), deswegen kann es zur Sicherheit auch nie einen Kompromiss geben.
Wenn ich weiss, dass eine bestimmte Massnahme, einen systembedingten Unfall vermeiden kann, dann wird die ergriffen, auch wenn sie zunächst teuer ist. Die Frage aber ist natürlich, welche Massnahmen erhöhen überhaupt die Sicherheit und welche bringen überhaupt nichts?
Das macht die Raumfahrt so teuer, bei einem Masenprodukt kann man sich auch mal Dinge leisten die eigentlich nichts bringen, die Massnahme wird ja später millionenfach umgelegt.
Also wenn VW einen neuen Golf entwickelt können die vorher mit Prototypen 5 Millionen Testkilometer fahren oder 20 Millionen.
5 Millionen würden vielleicht reichen und danach findet man nichts mehr was die Sicherheit grundlegend erhöht, aber man fährt trotzdem 20 Millionen weil "man kann ja nie wissen..." Unbezahlbar wird der Golf deswegen ja später nicht.
Bei einer Rakete für den Crewtransport könnte ich ja auch vorher 1000 unbemannte erfolgreiche Missionen fordern.
Wäre eine Möglichkeit diese Rakete sehr zuverlässig und sicher zu machen für die Crew. Aber das kann niemand bezahlen.
Wenn man aber nun die Anforderungen niedriger ansetzt heisst es noch lange nicht, dass man "Opfer in Kauf nimmt".
Man glaubt eben (oder hofft), dass man durch andere (billigere) Massnahmen, die Anzahl der "Testkilometer" (analog zum VW ) kompensieren kann.
Übrigens deine Formulierung im Hochhausbau und im Straßenverkehr ist in der Luftfahrt vielleicht sogar noch heftiger. Erst wenn ein systematischer Mangel zu viele Opfer bei einer gegebenen Passagiermenge fordert, gibt es die Vorgabe sie zu ändern. Kosten vor Sicherheit.
Auch sind viele Änderungen und Entwicklungen in der Luftfahrt erst nach Abstürzen gemacht worden.
Nein, das ist natürlich nicht so.
Weder in der Luftfahrt noch im Hochhausbau. Tote werden behördlicherseits nicht akzeptiert. Niemals.
Nicht Kosten vor Sicherheit, sondern Unfälle sind Kosten! (das oft versucht wird das zu umgehen ist eine andere Frage!)
Beides sind Branchen, die extrem reglementiert sind und selbst geringe Verstösse führen zu weitreichenden Konsequenzen.
Jeder klienste "Vorfall" ist in der gewerblichen Luftfahrt meldepflichtig.
Wo Menschen arbeiten wird natürlich geschlampt und Leute versuchen Vorschriften zu umgehen oder vermeintlich "günstig" für sich auszulegen.
Kommt das raus oder endet es gar mit einem Unfall kann das für den Verantwortlichen schnell Knast bedeuten oder den Verlust seiner Firma und Existenz.
Dass man in Luftfahrt erst reagiert wenn es ausreichend Tote gibt ist ja sehr falsch. Im Hochbau genauso.
Als Student jobbte ich beim Dachdecker, war sehr gut bezahlt. Wir arbeiteten an einem hohen und steilen Kirchturm.
Einmal kam die Sicherheitsingenieurin an und entdeckte an einer winzgen Stelle des Gerüstes eine fehlende Abdeckung, ein kleines spitzes Teil lukte hervor. Bei über 100 Meter umlaufenden Gerüst hätte man also, wenn man vom Kirchdurmdach einen Abgang machte (was in zwei Jahren Baustelle nie jemand machte) genau diese eine Stelle ungünstig treffen müssen.
Was war die Konsequenz: Alle herunter vom Dach, Abdeckung besorgen, dann kann es weitergehen.
Der Vorarbeiter hat übrigens nicht gemurrt, sondern es einfach gemacht und gesagt: Die Frau hat Recht!