Ich habe auch meine Bedenken, ob sich SpaceX mit dem neuen Upgrade einen Gefallen getan hat. Die Technik mit den unterkühlten Treibstoffen ist ja nicht neu, sondern wurde schon mehrfach erwogen, sie kam aber wegen der offensichtlichen Nachteile nie zum Einsatz. Ein Raketenstart ist auch heute noch vielfach ein Lottospiel. Es gibt halt viele Dinge, die Einfluss darauf haben, allein schon das Wetter und Verletzungen der Range haben schon viele Starts verzögert. Bei unterkühlten Treibstoffen hat man aber nur ein begrenztes Zeitfenster, vollkommen unabhängig davon, wie lang das Startfenster ist. Gerade angesichts des vollen Backlogs, das eigentlich keine Verzögerungen gestattet, macht diese Technik den Start unnötig komplex und anfällig selbst für kleine Verzögerungen.
Vielleicht wäre SpaceX doch besser gefahren, anstatt einer weiteren Verlängerung der Stufen lieber eine neue, hochenergetisch Oberstufe einzuführen. Ähnlich wie bei Titan 4 und Atlas V 5xx hätte diese Oberstufe stärker in die Breite gehen und von der Nutzlastverkleidung mit eingeschlossen werden können. Mit einer hochenergetisch Oberstufe (LOX/LH2) hätte man die Nutzlast deutlich steigern können und wie auch Blue Origin gezeigt hat, ist die Entwicklung eines LOX/LH2-Triebwerks auch für private Raumfahrt-Firmen durchaus machbar. Mit so einem Träger hätte man fast alle Nutzlastbereiche abdecken können, die Falcon Heavy wäre so nur noch für sehr wenige Nutzlasten nötig gewesen. Vor allem hätte man auf eine überlange Rakete (70m Hoch, 3,7 m Breit) mit unterkühlen Treibstoffen verzichten können. Wasserstoff ist zwar in der Handhabung nicht unkritisch, aber mittlerweile durchaus beherrschbar und nicht wesentlich komplexer als unterkühlte Treibstoffe.
Das die Falcon 9 bereits im nächsten Jahr bemannt fliegt, sehe ich noch nicht. Dazu ist aus meiner Sicht der Sprung zur Atlas 5 einfach noch viel zu groß. Die Atlas fliegt seit 13 Jahren, und das praktisch fehlerfrei (einmal ein kleines Problem mit der Centauer) und immer der gleiche Core. Man brauchte keine 3 Versionen, um die Nutzlast so zu steigern, das der Träger im Markt bestehen kann. Bei der Falcon 9 fliegt mittlerweile die 3. Version, die aber gerade mal einen Flug absolviert hat. Ob diese Version im kommenden Jahr schon soweit ist, das man ihr Menschen anvertrauen kann? Klar, SpaceX-Astronauten könnten durchaus fliegen, aber ob die NASA das Risiko eingeht?
Auch die Falcon Heavy sehe ich dieses Jahr noch nicht fliegen. Man muss erst den neuen Core gut genug kennenlernen. Schon die Delta 4 hat gezeigt, das es alles andere als einfach ist, 3 Cores zu kombinieren. Hier wird man es lieber langsam angehen lassen. Einen Fehlstart der Falcon Heavy würde SpaceX weit zurückwerfen.