Boeing hat mehrmals deutlich gemacht, dass man für CST-100 außerhalb des ISS-Dienstes keine Verwendung sieht (und auch keine große Anstrengungen diesbezüglich unternimmt). Den "Old Space"-Firmen fehlt schlicht der Elan und der Glaube, dass außerhalb der NASA ein Markt für bemannten Raumflug existieren könnte.
Dabei hätten sowohl Lockheed wie Boeing die finanzielle "Firepower" und das Know-How um da ordentlich mitzumischen... wenn der halt der Wille dazu da wäre.
Fragen wir mal so: Was für Möglichkeiten bzw. was für einen Markt gibt es denn deiner Meinung nach außerhalb der ISS?
Ich ergänze mal die schon genannten Einsatzgebiete (Bigelow-Stationen)
Die Unternehmen haben da selbst schon einiges in den Raum geworfen:
SpaceX bzw. Musk hat durchaus Satelliten Servicing in der Umlaufbahn angedacht. Der Trunk von Dragon würde dann Ersatzteile und Treibstofftanks (zum Auftanken von Satelliten) aufnehmen. Wie genau im Detail Docking etc. funktioneiren würde ist (noch) nicht klar. In dem Zusammenhang ließ man aber verlautbaren, dass man auch Plane selbst Satelliten herzustellen (wären dann wohl optimiert auf solche Service-Potentiale).
Konkrete Studien (hier eine auf 2010 datierte Paräsentation) weitgehend in Bezug auf Hubble:
http://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=spacex%20dragon%20satellite%20servicing&source=web&cd=2&cad=rja&ved=0CDoQFjAB&url=http%3A%2F%2Fforum.nasaspaceflight.com%2Findex.php%3Faction%3Ddlattach%3Btopic%3D28805.0%3Battach%3D395606&ei=QcUfUqm2D5SWhQeX5YGQCQ&usg=AFQjCNFhaqTSyGD6FgSQNZ0Qlt9EzjUOvg&sig2=fdmINKnN-BK2tIaG2fwqDA&bvm=bv.51495398,d.bGEBevor du sagst "Aber eine solche Mission kommt teurer als neue Satelliten zu starten!" - Wenn zumindest die Erststufe der F9 wiederverwendbar sein wird, dann (spätestens) nicht. Eine - unter guten Kostenverhältnissen - wiederverwendbare F9-Erststufe wäre ein gewaltiger Game-Changer. Dann sind schlagartig neue Missionsprofile rentabel.
Service Missionen zu Hubble wie auch "Touri-Flüge" hat auch SNC im Sinn, als mögliche Einsatzgebiete für Dream Chaser. Ebenso auch Service-Missionen zu "normalen" Satelliten. Eine Version von DC mit kleiner Ladebucht (samt Manipulator) taucht in Dokumenten und Präsentationen von SNC auf. Wohlgemerkt sei hier erwähnt, dass SNC eigentlich eine "Old Space"-Firma war, die seit den 80ern existiert. Mit der Übernahme von SpaceDev und dem dabei mit-übernommenen DC-Programm hat man sich aber stark umorientiert. SNC ist übrigens (beispielsweise) bereits erfolgreicher Satellitenbauer und auch Unterauftragnehmer / Lieferant bei den Mars-Rovern.
Falls die F9R aber mittelfristig funktionieren sollte (samt Kostensenkungen), dann wäre SNC mit dem DreamChaser auf der Atlas kostenseitig extrem im Nachteil... ob man den Träger dann wechselt / wechseln kann?
Unabhängig von den beiden Unternehmen: Es ist bisher auch nicht ausgeschlossen worden, dann andere Raumfahrtagenturen bei SpaceX, SNC oder Boeing Tickets für eigene Missionen kaufen. Ob diese zu ISS, zu einer Bigelow-Station oder sonst wohin führen, sei nun dahingestellt. Falls die ESA mal 3 Astronauten oder mehr gleichzeitig oben auf der ISS haben will, wäre dies eine gute Verlegenheitslösung.
Anyway, noch ein Wort zu unternehmerischen Denken bzw. Unternehmensführung. Da ich einen wirtschaftswissenschaftlichen Hintergrund habe, möchte ich auch dazu ein paar Worte verlieren.
Boeing ist ein typischer Großkonzern. Projekte müssen sich in einem akzeptablen Zeitrahmen rentieren und ein kalkulierbares Risiko sein, selbst wenn die Mittel im Vergleich zur Unternehmensgröße Peanuts sind. Das ist an sich nichts verkehrtes, da es per Defintion dem Unternehmensziel (kurzfristig: Unternehmenserhalt, langfristig: Unternehmenswert erhöhen) dient. So denkt aber nicht nur Boeing, sondern auch Autokonzerne und andere. Dazu kommt bei Boeing - im Raumfahrtbereich extrem - noch stockkonservatives unternehmerisches Denken und da kann sich schwer rächen. Wer Entwicklungen verpennt und am Horizont aufkommende potentielle "Gamer Changer" nicht ernst nimmt, der kann schnell vom Big Player hin zur Fußnote werden. Paradebeispiel ist Nokia, die heute im Handy-Markt fast völlig untergegangen sind. Natürlich ist die Raumfahrt eine völlig andere Branche mit wesentlich langsameren Produktzyklen als der Handy-Markt, aber diese Situationen sind in allen Branchen in ihrem Grundkonzept die gleichen. Wer Trends und Entwicklungen verpennt, der muss - zumindest in dem entsprechenden Geschäftszweig - um das "Überleben" fürchten.
SpaceX hat im Vergleich zu anderen Unternehmen geradezu biblische Zeitspannen in ihrer Vision. In der Wirtschaft sind Unternehmensvisionen die Zeitspannen um die 10 Jahre in die Zukunft reichen schon sehr lange und eigentlich meist ziemlich vage. Bei SpaceX reicht die Zeitspanne aber noch viel weiter... Ich finde das gut. Wie in vielen anderen Ansätzen der Unternehmensführung (vor allem der Silicon Valley Charakter) läuft auf diese Weise vieles anders bei SpaceX, als bei Boeing und Co. Das rasende Entwicklungstempo mit beeindruckenden Erfolgen zeigen, dass sie da etwas richtig(er) machen.