Oft werden gerade im Zusammenhang mit SpaceX Zweifel geäußert, dass "billige" Herstellung automatisch zu unzuverlässigen Baugruppen führt. Dafür möchte ich ein konkretes Gegenbeispiel liefern.
Im Jahr 2003 wurde ein deutsches Robotikexperiment zur Erprobung der Zuverlässigkeit eines Systems, das im Wesentlichen aus Standardkomponenten, die man im normalen Elektronikfachhandel kaufen kann, besteht, zur ISS transportiert und an der Außenhaut des Moduls Swesda installiert. Für 1 Jahr sollte getestet werden, wie gut sich dieses System dabei schlägt. Nach 5,5 Jahren hat man den Versuch bei noch immer voller Funktionsfähigkeit abgebrochen, da man bis dahin praktisch keine signifikanten Mängel festgestellt hatte. Das System ROKVISS konnte automatische Bewegungen und auch Bewegungen, die über Telepräsenz gesteuert wurden, mit großer Exaktkeit ausführen.
Es handelt sich dabei um ein zweiarmiges Versuchssystem mit einer Drehachse und einem Vor-Zurück-System sowie einem Tastsensor und einer Stereokamera (für den Telepräsenzmodus). Damit wurden beispielsweise verschiedene Strecken submillimetergenau abgetastet und eine Rückinformation über Gegendruck geliefert. Die Steuerung des Systems geschah auf verschiedene Weise, so mit Drehmoment oder mit programmgesteuerter Feder.
Verwendet wurden Grundkomponenten eines für den Betrieb auf der Erde entwickelten Roboter-Baukastensystems. Nach Strahlungstests hat man z.B. Elektrolytkondensatoren gegen Tantalkondensatoren ausgetauscht, die wesentlichen Grundkomponenten waren jedoch handelsüblich also nicht strahlengehärtet. Zur Abführung von Wärme wurden elektronische und mechanische Komponenten wäremeleitend mit der Außenhaut verbunden und diese mit Thermalfarbe gestrichen. Außerdem wurde ein spezielles Fett verwendet, dass Schmierung im luftleeren Raum ermöglicht.
Anschließend wurde das System normal zertifiziert (Vakuum-Thermaltests, Elektromagnetische Verträglichkeit, Rüttel- und Vibrationstests, Strahlungstests). Es arbeitet im Temperaturbereich von -20 bis +60°C, muss also nach längerer Untätigkeit kurz aufgeheizt werden.
Insgesamt hat das System alle Aufgaben erfüllt und dies über erheblich längere Zeit als zunächst geplant. Mittlerweile sind verschiedene Komponenten auf die Erde zurück gebracht worden, um hier näher untersucht zu werden. Ansonsten hätte das System sicherlich auch noch wesentlich länger funktioniert.
Ein solches System wäre vor 20 Jahren noch nicht möglich gewesen. Klaus Landzettel hat seit den 1980er Jahren Erfahrungen mit Robotersystemen für den Weltraum und hat bereits an ROTEX mitgearbeitet. Teilweise verwendete man noch analoge Technik und Steuerberechnungen wurden am Boden durchgeführt (6 Sekunden Signalweg der Steuersignale zum Fangen eines Balles mit einem Greifarm!). Damals waren alles teure Spezialentwicklungen.
Das Beispiel ROKVISS aber BEWEIST, dass es mit heute normalen Technologien auch VIEL preiswerter geht. Deshalb bin ich der Meinung, dass dies auch auf anderen Gebieten möglich ist. Die Konstruktion einer Raumkapsel gehört für mich dazu. Auch wenn SpaceX dies noch nicht komplett unter Beweis gestellt hat und auch wenn Fehlschläge möglich sind, wird sich das Prinzip früher oder später durchsetzen und die Raumfahrt preiswerter machen. Das war beim Flugzeug so, das war in eklatanter Weise beim Computer so und dies wird auch in der Raumfahrt Einzug halten.
Nachhören kann man das von mir Formulierte beim Raumzeit-Podcast 14 vom 6. Mai 2011 ab 103:18 min:
http://www.raumzeit-podcast.de/2011/05/06/rz014-robotik-in-der-raumfahrt/.
Ich bleibe Optimist.