2 Milliarden für einen Großträger ist in meinen Augen unmöglich. Mittlerweile kalkuliert ja sogar SpaceX mit über 1 Milliarde allein für die Entwicklung des Merlin 2 (wobei ich da eher über eine Wiederaufnahme der Produktion des F1A nachdenken würde). Da muss man für die weitere Entwicklung mindestens noch einmal 5 - 6 Milliarden einplanen. Auch wenn SpaceX günstiger entwickeln kann als die NASA oder die großen Raumfahrtfirmen unter staatlicher Aufsicht, ein Großträger ist nie billig. Dazu kommen die Fixkosten, um die Startanlagen und die Produktion aufrecht zu erhalten. Beim Shuttle waren allein das Jahr für Jahr über 3 Milliarden. Vor allem muss ein solcher Träger regelmäßig fliegen, damit sich die Fixkosten auf so viele Flüge wie möglich verteilen und die Startkosten nicht ins unendliche ansteigen.
Allerdings müssen auch die Nutzlasten da sein, und da sehe ich das große Problem. 4 MCT Flüge pro Jahr könnten vermutlich sämtliche auf dem freien Markt ausgeschriebenen Nutzlasten befördern. Aber sind die Kunden bereit, zu warten bis man genügend Nutzlasten für den Flug zusammen hat? Was ist mit unterschiedlichen Bahnen der Nutzlasten? Beim Space Shuttle hat man am Anfang ähnlich kalkuliert, doch am Ende musste der Shuttle viel zu oft mit zu wenigen Nutzlasten starten, damit die Kunden nicht monatelang warten mussten. Zudem darf man nicht davon ausgehen, das SpaceX alle Nutzlasten bekommt. Arianespace ist immer noch sehr gut im Geschäft und auch die Russen bekommen (trotz diverser Fehlstarts) immer noch Nutzlasten. Das ist schwer zu kalkulieren.
Auch die Wiederverwertung sehe ich sehr kritisch. Beim Shuttle hat es zwar funktioniert, aber es wurde viel teurer als geplant. Dabei halte ich eine Wiederverwendung der ersten Stufe durchaus noch für möglich. Eine Bergung der Oberstufe dagegen halte ich für finanziell unmöglich. Die braucht einen Hitzeschild, Treibstoff zum Abbremsen, Wiedereintrittskontrollsystem, Landesystem usw. Das schlägt alles 1:1 auf die Nutzlast durch. Dazu kommen die Belastungen des Widereintritts. Eine Oberstufe ist aus verständlichen Gründen so leicht wie möglich gebaut, vielfach sind sogar die Tanks nur unter Druck stabil. Das verträgt sich nicht gut mit den thermischen und strukturellen Belastungen des Wiedereintritts. Selbst wenn man die Stufe weitgehend intakt landen kann, dürften die Kosten der Wiederverwendung am Ende teurer sein als eine neue Stufe. Bei der ersten Stufe ist eine Wiederverwendung wesentlich leichter, aber auch dort kann es schnell sein, das die Kosten der Wiederverwendung höher liegen als eine neue Stufe. Technische Probleme sehe ich bei der ersten Stufe allerdings weniger.
Ich sehe daher am Ende keine große Chance für MCT. Auch SpaceX muss sich physikalischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten beugen. MCT ist für SpaceX nicht zu finanzieren. Mit dem Transport von Nutzlasten verdient man einfach nicht genug, um hier ein paar Milliarden investieren zu können. Zumal man dann in direkter Konkurrenz mit einem NASA - Projekt ist, auf finanzielle Unterstützung von Seiten der NASA (ohne die schon die Falcon 9 - Entwicklung nicht möglich gewesen wäre) braucht man also nicht zu rechnen.
SpaceX hat eine Chance, sich auf dem Markt zu etablieren, wenn sie ihre Starts termingerecht und günstig durchführen. Man wird zwar weder ULA noch Ariane ausstechen können, aber zumindest könnte man sich mittelfristig als günstige Alternative zu den alteingesessenen Anbietern etablieren und den Russen und Chinesen verschiedene Nutzlasten streitig machen. Irgendwelche nicht finanzierbaren Träume helfen dabei aber nicht weiter. Die Satelliten-Betreiber lassen sich nur mit günstigen, termingerechten und erfolgreichen Starts überzeugen, die wollen immerhin mit den Nutzlasten Geld verdienen.