Sonnensegel

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Re: Sonnensegel
« Antwort #50 am: 08. Oktober 2011, 16:13:36 »
Nur zwei Anmerkungen:
Elektrische Leistung auch noch aus dem Sonnenwind zu schöpfen, wäre quasi nicht möglich und kontraproduktiv. Energie/Impuls ist nur einmal vorhanden und soll schon direkt für die Fortbewegung genutzt werden.
Naja, ich hatte gehofft, dass man die Elektronen des Sonnenwinds einfach irgendwie durch die Apparatur leiten könnte. Diese tragen fast nichts zur antreibenden Kraft bei. Aber man braucht gerade Energie (electron gun) um diese einfallenden Elektronen wieder loszuwerden um das positive Potential aufrechtzuerhalten. ;)

Zitat
Wenn ich mich an die alte Diskussion richtig erinnere, dann war die Impulsdichte (Impuls/Quadratmeter) des Sonnenwinds um eine Größenordnung oder mehr kleiner als die der Lichtphotonen.
Der Unterschiede in Bezug auf die Kraft/Fläche liegt bei einem Faktor von 4500! Strahlungsdruck der Sonne bei 1AU: 9µPa, Sonnenwind nur 2nPa. Das wird aber mehr als ausgeglichen durch das viel niedrigere Gewicht des E-sails. Dies führt dazu, dass man mit der gegenwärtigen Technik/Materialien kein solar-sail bauen kann welches eine so hohe Beschleunigung erreichen kann wie ein E-sail. Ein weiterer großer Vorteil ist, dass die auf das Segel ausgeübte Kraft in Abhängigkeit vom Sonnenabstand r beim normalen Sonnensegel mit 1/r2 abnimmt, während beim E-sail diese Kraft nur mit (näherungsweise) 1/r abnimmt.
Hier nachzulesen: http://www.electric-sailing.com/paper2.pdf

Bezüglich dem „gegen den Wind segeln“ habe ich leider auch noch keine näheren Erläuterungen gefunden.

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Offline Schillrich

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Re: Sonnensegel
« Antwort #51 am: 08. Oktober 2011, 16:37:58 »
"Gegen den Wind" segeln sollte man nicht zu wörtlich verstehen. Da zieht die irdische "Segelanalogie" nicht mehr. Man nutzt den Impuls des Sonnenwind oder -lichts einfach, um zu bremsen oder zu beschleunigen. Beim Bremsen werden die Photonen/Protonen gegen die eigene Umlaufrichtung (nach vorne) reflektiert, beim Beschleunigen nach hinten. Durch die damit erzwungene Impulsänderung des Lichts/der Protonen verändert man seinen eigenen Impuls.
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Re: Sonnensegel
« Antwort #52 am: 08. Oktober 2011, 18:57:03 »
Man nutzt den Impuls des Sonnenwind oder -lichts einfach, um zu bremsen oder zu beschleunigen. Beim Bremsen werden die Photonen/Protonen gegen die eigene Umlaufrichtung (nach vorne) reflektiert, beim Beschleunigen nach hinten.
Ja, das hat Kryo auch schön erläutert.
Der maximal einstellbare Winkel zw. Segel und auftreffenden Protonen liegt zw. 30-35° beim E-sail.
Dadurch bekommen wir in der Tat eine Kraft.- bzw. Impulskomponente die senkrecht auf den einfallenden Protonen liegt und damit (wenn das Segel auf die richtie Seite gekippt ist) eine Impulskomponente die entgegengesetzt zum Impuls der Sonde auf der Kreisbahn steht. Aber man hat ja immer noch eine (größere) Komponente die weiterhin radial nach außen gerichtete ist?! Was hat das für Auswirkungen auf die Flugbahn?

Offline Kryo

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Re: Sonnensegel
« Antwort #53 am: 08. Oktober 2011, 19:09:19 »
dafür am besten Orbiter 2010 mal spielen :D

Radiale Schubkomponenten erhöhen hauptsächlich die Exzentrizität der Bahn, aber kaum die große Halbachse.

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Re: Sonnensegel
« Antwort #54 am: 08. Oktober 2011, 19:30:14 »
Radiale Schubkomponenten erhöhen hauptsächlich die Exzentrizität der Bahn, aber kaum die große Halbachse.
Ah ja, interessant. Danke.

websquid

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Re: Sonnensegel
« Antwort #55 am: 08. Oktober 2011, 19:43:21 »
Radiale Schubkomponenten erhöhen hauptsächlich die Exzentrizität der Bahn, aber kaum die große Halbachse.
Ah ja, interessant. Danke.
Nicht unbedingt. Wenn über einen gesamten Umlauf um die Sonne diese Schubkomponente wirkt, dann wird die ganze Bahn angehoben, ohne große Änderung der Exzentrizität. Das wäre nur der Fall, wenn die Schubkraft nur kurzzeitig wirkt, also z.B. bei chemischen Antrieben

Offline Kryo

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Re: Sonnensegel
« Antwort #56 am: 08. Oktober 2011, 20:03:20 »
hast recht ^^

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Offline Schillrich

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Re: Sonnensegel
« Antwort #57 am: 10. Oktober 2011, 08:39:47 »
Die Threads "Sonnensegel" und "E-Sail" wurden zusammengeführt.
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Offline Matjes

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Re: Sonnensegel
« Antwort #58 am: 10. Oktober 2011, 20:49:24 »
An Besucher und Kryo

Habe ich das jetzt richtig verstanden?

Der größte Impulsübertrag findet statt, wenn die Protonen bzw. Photonen direkt zurück reflektiert werden. Die Kraft wirkt dann radial von der Sonne weg. Eine von dieser radialen Richtung abweichende Kraftrichtung kann erreicht werden, wenn die Protonen bzw. Photonen seitlich abgelenkt werden. Diese Richtungsumlenkung führt zu einer nicht radialen Kraftrichtung. Aber leider wird der Kraftvektor vermindert, da nur noch die Projektion des Reflektors zur Verfügung steht. Stichwort: cos des Winkels.

Im absoluten Grenzfall wirkt die Kraft nicht mehr radial zur Sonne sondern tangential. Die Photonen bzw. Protonen werden nur sehr geringfügig abgelenkt. Leider ist diese Kraft sehr, sehr klein, da der cos von 90° Null beträgt. Es lassen sich Kräfte erzielen, die in verschiedenen Winkel von der Sonne wegzeigen. Aber nur mit Winkeln von +90° bis -90°. Kräfte, um gegen den Wind "anzukreuzen" sind nicht möglich.

Gruß Matjes

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Offline Schillrich

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Re: Sonnensegel
« Antwort #59 am: 10. Oktober 2011, 20:57:32 »
Na doch. Ein Raumschiff befindet sich in einem Orbit um die Sonne. Wenn man die Teilchen/Photonen gegen die eigene Orbitumlaufrichtung lenkt, bremst man ab. Dadurch spiralt man nach innen, quasi "gegen den Wind".
Es geht hier nur um Impulsgewinn und -verlust durch Wechselwirkung mit dem "Wind".
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Offline Matjes

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Re: Sonnensegel
« Antwort #60 am: 10. Oktober 2011, 21:59:40 »
Hallo Schillrich

Also doch. Es geht. Ich seh es ein.

Aber nur, weil da noch das Schwerkraftzentrum Sonne ist. Die hatte ich vergessen. Danke

Gruß Matjes

GG

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Re: Sonnensegel
« Antwort #61 am: 11. Oktober 2011, 07:35:54 »
In der späteren Praxis will man wohl erst einmal bremsen, um näher an die Sonne heranzukommen, um dann das Segel voll in den "Wind" zu drehen und zu beschleunigen. Sicher muss man da anders vorgehen als beim Bremsen.

Würde man da zuerst bremsen mit 45°-Segelstellung, so dass die Photonen entgegen der Flugrichtung reflektiert werden und dann zum Beschleunigen das Segel genau senkrecht zur Sonnenstrahlung ausrichten?

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Offline Gertrud

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Re: Sonnensegel
« Antwort #62 am: 09. Mai 2013, 22:14:57 »
Hallo Zusammen,
der ESTCube-1 segelt jetzt auch in der Erdnähe erfolgreich.
https://forum.raumfahrer.net/index.php?topic=11500.msg255852;boardseen#new

Vielleicht erhält das Projekt Electric Solar Wind Segel ( E-Segel)  von Pekka Janhunen dadurch neuen Auftrieb.

http://www.electric-sailing.fi/papers/ASTRONUM2011.pdf

http://www.electric-sailing.fi/paper2.pdf

http://en.wikipedia.org/wiki/Electric_sail

Mit den besten Grüßen
Gertrud
die Erklärung zu meinem Avatar:
http://de.wikipedia.org/wiki/NGC_2442
http://antwrp.gsfc.nasa.gov/apod/ap070315.html
***
Die Gabe des Staunens lässt uns die Welt aufgeschlossener sehen und ihre Wunder würdigen. (Richard Henry Lee)

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Offline Schillrich

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Re: Sonnensegel
« Antwort #63 am: 02. August 2013, 15:07:43 »
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Re: Sonnensegel
« Antwort #64 am: 26. August 2013, 20:30:43 »
Sie haben das Geld zusammen.

Ein wirklich faszinierendes Projekt. Das wäre glaube ich die erste private Raumsonde, und damit der erste private Cubsat der den Erdorbit verlässt. Ich denke die Missionsziele zu erreichen wird nicht einfach, da kann vieles schiefgehen. Aber wenns klappt würden sie wohl in die Geschichtsbücher eingehen.

Die Missionsseite:
http://www.lunarsail.com/

Offline BadCop

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Re: Sonnensegel
« Antwort #65 am: 04. Januar 2014, 23:32:40 »
Hallo,

wenn ich den Artikel zu den De-Orbit-Sonnensegel durchlese frage ich mich, ob das nicht auch ein kommerzielles Modell sein könnte:

Statt den teuren Treibstoff für einen De-Orbit-Burn aufzusparen und damit auch ggf. die Betriebszeit zu verkürzen könnten die Sat-Betreiber doch auch eine Firma mit dem "Einfangen" des Satelliten durch einen Sonnensegel-Satelliten und dem anschliessenden De-Orbit in einer definierten Zeit beauftragen. Da müsste man mal mit dem spitzen Bleistift rechnen, ob sich solch ein Geschäftsmodell rentieren würde.

GG

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Re: Sonnensegel
« Antwort #66 am: 05. Januar 2014, 09:55:50 »
Man könnte auch gleich ein entsprechendes Bremssegel nebst Auswurfvorrichtung mit nehmen.

Offline BadCop

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Re: Sonnensegel
« Antwort #67 am: 05. Januar 2014, 12:29:17 »
Man könnte auch gleich ein entsprechendes Bremssegel nebst Auswurfvorrichtung mit nehmen.

Das ist für mich ja die Fragestellung:

Ist es für die Satellitenbetreiber günstiger

a) Treibstoff für den De-Orbit-Burn aufzusparen?
b) diese Einrichtung mitzunehmen und dann am Ende auszulösen?
c) den De-Orbit als Auftrag an Auftragnehmer zu vergeben?

Offline Rori

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Re: Sonnensegel
« Antwort #68 am: 05. Januar 2014, 19:21:24 »
Hallo,

vorab, "Konzepte gegen Weltraumschrott" werden unter https://forum.raumfahrer.net/index.php?topic=3107.420 diskutiert. Da gibt es manchmal auch Gedankengänge zu Geschäftsmodellen.

Insgesamt bin ich aus der Space Debris Konferenz der ESA im Frühjahr 2013 ziemlich desillusioniert bezüglich kommerzieller Geschäftsmodelle herausgegangen. Der Leidensdruck scheint noch nicht groß genug zu sein, dass da, von Ausnahmen abgesehen, irgendeiner was bezahlen würde, um Altlasten zu beseitigen oder wenigsten den exponentiellen Anstieg des Weltraumschrotts bremsen wollte.

Neustarts und 25-Jahresregel: meines Wissens eine Soll-Bestimmung und kein Muss. Erst wenn es eine hart sanktionierte Muss-Bestimmung wäre (Neustart nur, wenn De-Orbit innerhalb von max. 25 Jahren garantiert), dürfte das Anschrauben von dafür zertifizierten De-Orbit-Modulen an Satelliten, Oberstufen, Adapter etc. zumindest für die Hersteller dieser Module zum Geschäft werden. Bei Nanosatelliten tut es auch ein langer Draht, um den Absturz zu beschleunigen. Preislich ist das klar im Vorteil. Aber - von nachgewiesen funktionsfähigen Segeln und Drähten sind wir ja noch ein Stück entfernt.
 
Grüße

Roland

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Offline Schillrich

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Re: Sonnensegel
« Antwort #69 am: 06. Juni 2014, 07:47:05 »
LightSail verzögert sich.

http://www.planetary.org/blogs/jason-davis/2014/lightsail-update-flight.html

Bei Tests des Flugmodells hat es Probleme mit den entfaltbaren Booms gegeben. Der letzte Test des Systems ist ein paar Jahre her. Jetzt, nach mehreren "eingelagerten Jahren", wollte man das System wieder testen. In diesen Jahren hat man andere Komponenten des Cube-Sats umgerüstet.
Bei diesem Vortest sollten nur die Booms entrollt werden, ohne Segelmaterial zwischen ihnen. Während des Entfaltens sendet LightSail in Sekundenabständen Telemetrie. Immer wenn ein Datenpaket auf Reise ging, hat der Entfaltungsvorgang gestoppt. Ggf. ist der Prozessor an Bord ausgelastet. Beim Einrollen der Booms gab es dann Leistungsspitzen in der Bordelektrik.

Wahrscheinlich resultieren die Probleme aus der neuer Software oder den neuen Komponenten.
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tobi

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Re: Sonnensegel
« Antwort #70 am: 10. Juli 2014, 18:05:27 »

McFire

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Re: Sonnensegel
« Antwort #71 am: 10. Juli 2014, 20:48:54 »
Das wär schad, wenn das wieder ad acta gelegt würde. Ist doch eine interessante Sache für Missionen ohne Zeitdruck...

Jens

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Re: Sonnensegel
« Antwort #72 am: 11. Juli 2014, 11:39:15 »
Wie groß wäre die Staukraft an Photonen und Protonen auf ein km2 Segelfläche?

Gruß,
Jens

Re: Sonnensegel
« Antwort #73 am: 11. Juli 2014, 12:30:26 »
Hallo Jens,
schau mal bitte in die folgende Arbeit rein.

http://opus4.kobv.de/opus4-tuberlin/frontdoor/index/index/docId/410

Darin findest du die Strahlungsdrücke in verschiedenen Sonnenabständen (auch in Erdnähe) in einer hübschen Tabelle zusammengefasst (Seite 17). Das auf die Fläche umzurechnen, dürfte dann nicht mehr sehr schwer sein.
Douglas Adams: "In an infinite universe, the one thing sentient life cannot afford to have is a sense of proportion."

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Offline Nitro

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Re: Sonnensegel
« Antwort #74 am: 11. Juli 2014, 12:41:02 »
In Erdnaehe waeren das dann 9,12 Newton. Also sallop gesagt etwas weniger als ein Kilo Schub.
Bevor man einen Beitrag letztendlich abschickt sollte man ihn sich noch ein letztes Mal durchlesen und sich dabei überlegen ob man ihn genau in diesem Wortlaut auch Abends seinem Partner und/oder Kindern ohne Bedenken vorlesen würde.