Der
Portalartikel über ein Atomkraftwerk auf dem Mond bedarf einer Klarstellung.
Richtig ist, dass Juri Borissow über ein Atomkraftwerk auf dem Mond gesprochen hat. Nicht eine Radionuklidbatterie, sondern ein echter Atomreaktor, der nicht über langsamen Kernzerfall, sondern mit einer Kettenreaktion Energie erzeugt. Das hat auch im chinesischen Internet eine Fülle von Artikeln mehr oder weniger bekannter Blogger hervorgebracht.
Was Borissow laut der chinesischen Übersetzung der Reuters-Meldung, die wohl auf einer Tass-Meldung beruht, am 5. März tatsächlich gesagt hat, ist, dass Russland
darüber nachdenkt mit China im Zeitraum zwischen 2033 und 2035 damit
zu beginnen ein Kernkraftwerk auf dem Mond zu bauen (俄罗斯正考虑与中国合作,于2033年至2035年期间开始在月球上建造一座核电站):
https://weibo.com/5027345285/O3J1sdsqDReuters hat dann am 6. März in der Pressekonferenz des chinesischen Außenministeriums nachgefragt, wo man von nichts wusste:
http://de.china-embassy.gov.cn/det/fyrth/202403/t20240306_11254625.htmEs handelt sich hier
nicht um einen gemeinsamen Plan von China und Russland. Es gibt keine russisch-chinesischen Diskussionen, und an irgendetwas arbeiten tut man schon gar nicht. Das Projekt eines russisch-chinesischen Atomkraftwerks auf dem Mond existiert nur im Inneren des Kopfes von Juri Borissow.
Richtig ist, dass die CMSA seit 2017 für die bemannte Mondbasis, seit 2023 als
Bemannte Lunare Experimentierstation bekannt, ein Kernkraftwerk plant:
https://www.cmse.gov.cn/dmt/cbw/zrht/2017n/2017ndeq/201706/t20170626_40626.htmlZur Frage der Umwandlung der dort durch Kernspaltung erzeugten Wärme in elektrischen Strom gab es über die Jahre unterschiedliche Ansätze. Nach den erfolgreichen Testläufen des Stirling-Generators auf der Chinesischen Raumstation ist das nun der Favorit:
https://www.yhxb.org.cn/thesisDetails#10.3873/j.issn.1000-1328.2024.01.013&lang=zhEin Stirling-Generator hat bewegliche Teile, kommt also nur für Anwendungen in der bemannten Raumfahrt in Frage, wo Leute in der Nähe sind, die ihn notfalls reparieren oder, falls er durch Phasenverschiebung der Kolben stehenbleibt, wieder anschubsen können. Die Standortwahl für die bemannte Mondstation, wo das Kernkraftwerk gebaut wird, findet 2060 durch die
Führungsebene des bemannten Raumfahrtprogramms statt, nachdem die 30 bislang in Erwägung gezogenen Standorte eingehend auf ihre Eignung untersucht wurden. Was Juri Borissow auf dem Jugendfestival von sich gegeben hat, war nichts weiter als heiße Luft.
Das ist übrigens einer der Gründe, warum Roskosmos nicht mehr auf der
Planungsebene an der unbemannten Internationalen Mondforschungsstation beteiligt ist. Die Leute meinen, auf Absprachen mit den chinesischen Partnern verzichten zu können und klopfen einfach nur hohle Sprüche, die mit der objektiven Realität nichts zu tun haben. Großsprecherei kommt in China gar nicht gut an.