Chang’e 6 (Mondlander und Probenrückführung) auf CZ-5

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Re: Chang’e 6 (Mondlander und Probenrückführung) auf CZ-5
« Antwort #75 am: 06. Juni 2024, 17:55:08 »
Die Signale von Orbiter und Aufstiegsstufe sind immer noch in orbitaler Phase. Sie sind entweder noch gekoppelt oder in nur geringer Distanz. Beide Signale sind kohärent mit einer Bodenstation.

Zuvor in den chinesischen Nachrichten wurde von der Abkoppelung auch im Futur gesprochen. Dafür besteht an sich auch keine Eile - der Orbiter wird erst um den 20. Juni den Mondorbit verlassen und zur Erde aufbrechen. Vielleicht wollen sie mit der Versenkung der Aufstiegsstufe auch nur auf einen günstigen Zeitpunkt warten, wo sie keine Stelle bombadieren, die später vielleicht noch wichtig werden könnte.

Hier ist ein recht gutes Video von dem Klauen-Greif-Koppelmanöver und dem Herüberholen des Probenbehälters:


Offline Regnart

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Re: Chang’e 6 (Mondlander und Probenrückführung) auf CZ-5
« Antwort #76 am: 06. Juni 2024, 18:36:57 »
Hier ist ein altes Video von Chang’e 5, wo das Koppelmanöver in vollem Sonnenlicht stattgefunden hat:



Am Anfang kann man gut die störenden Reflexionen auf der Goldfolie der Aufstiegsstufe erkennen. Heute Morgen hat man das auf der erdzugewandten, momentan im Schatten liegenden Seite des Mondes absolviert. Die Infrarotkamera des Orbiters (红外摄像) hat die Aufstiegsstufe klar gesehen und sich ansonsten an deren Frontscheinwerfer orientiert. Der Orbiter hat die aktive Annäherung durchgeführt; aus Größen- und Positionsveränderung der Aufstiegsstufe hat er die relative Geschwindigkeit, Abstand und Fluglage berechnet und sich bis auf 44 cm angeschlichen, wo dann die Klauen zugepackt haben.

Ab einem Abstand von 50 km lief alles vollständig autonom. Das war erst das zweite mal nach Chang’e 5, dass man ein derartiges Manöver im Tiefraum durchgeführt hat. 佩服, wie der Kampfkünstler sagt - meine Bewunderung!

Offline DF2MZ

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Re: Chang’e 6 (Mondlander und Probenrückführung) auf CZ-5
« Antwort #77 am: 06. Juni 2024, 18:49:26 »
Ja, diese sehr komplexen Manöver sind wirklich beeindruckend. Ich bin mir nicht sicher ob vergleichbar komplexe Missionen überhaupt schon einmal unbemannt gemacht wurden. Apollo war natürlich noch schwieriger, aber bemannt.

Offline trallala

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Re: Chang’e 6 (Mondlander und Probenrückführung) auf CZ-5
« Antwort #78 am: 06. Juni 2024, 20:27:27 »
Meinen Glückwunsch auch an die Chinesen für diese bisher so erfolgreiche Mission! Ich freue mich auf weiteren Fortschritt.

Offline Regnart

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Re: Chang’e 6 (Mondlander und Probenrückführung) auf CZ-5
« Antwort #79 am: 07. Juni 2024, 08:33:50 »
Was noch problematisch werden könnte, ist der zweistufige Abstieg mit Atmosphärenbremsung am 25. Juni. Wenn sich die Atmosphäre durch Sonnenaktivität erwärmt und ausdehnt (wie Anfang Mai geschehen), kann es passieren, dass die diesbezüglichen Berechnungen nicht mehr stimmen. Es wäre tragisch, wenn die Bodenproben den ganzen Weg zurückgekommen wären, um dann irgendwo im Ozean zu versinken.

Hier ist eine gute Zusammenfassung des bisherigen Missionsablaufs:



0:26 Haupttriebwerk zündet in einer Höhe von 15 km mit der vollen Schubkraft von 7,5 kN, Beginn des horizontalen Landeanflugs

0: 41 Lander schwenkt in einer Höhe von 12 km in einen fast senkrechten Winkel von 81°, fliegt aber weiterhin voran

0:52 Schwebephase in 100 m Höhe

0:59 Hindernisvermeidung

1:10 Wiederaufnahme des Abstiegs mit Geschwindigkeitsreduzierung auf 3 m/s

2:07 und 2:19 der Bagger setzt präzise Schaufel neben Schaufel (Regolith rieselt nicht nach!)

2:51 Automatische Verschließung und Versiegelung des Transportbehälters

3:32 der Minirover erfüllt seinen Auftrag, den Lander zu fotografieren, vollständig autonom. Er sucht sich einen geeigneten Fotopunkt, rangiert so lange, bis er ihn ansteuern kann, fährt dort hin, dreht sich um, fotografiert, dreht sich wieder um und fährt in Richtung Nordosten (im Bild rechts oben) davon

3:51 der Orbiter wirft den Stützkonus ab, auf dem der Lander während Start und Anflug geruht hat

4:09 die Aufstiegsstufe wird mit Federkraft hochgeschleudert, das 3-kN-Triebwerk zündet

4:58 Aufstiegsstufe und Orbiter sind bereit für Rendezvous und Koppelung

5:34 Transfer des Probenbehälters beginnt

5:47 Probentransfer beendet

5:53 Vorbereitung zum Heimflug

Die Aufstiegsstufe mit dem daran hängenden Koppelmechanismus wurde noch am späten Abend des 6, Juni Peking-Zeit abgeworfen, kurz nachdem ich #75 geschrieben hatte:
https://weibo.com/6142289604/OcAPxdtiM

Diese Angabe stammt von einem - meist sehr gut informierten - Raumfahrtpublizisten. Falls DF2MZ etwas anderes beobachtet hat, bitte melden, damit das korrigiert werden kann!

Hier noch einige in den Videos aus dem Raumfahrtkontrollzentrum Peking häufig auftretende Redewendungen:
"Ge hao zhuyi!" - "Alle Mann Achtung!"
"Wo shi Beijing" - "Ich bin [das Raumfahrtkontrollzentrum] Peking"
"Zhengchang" - "normal"/"gut"/"im grünen Bereich"

Offline DF2MZ

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Re: Chang’e 6 (Mondlander und Probenrückführung) auf CZ-5
« Antwort #80 am: 07. Juni 2024, 08:48:25 »
Ich habe Orbiter und Aufstiegsstufe bis 18:28 UTC empfangen können. Da sind sie hinter den Mond gegangen und waren in Phase, d.h. entweder gekoppelt oder weniger als 30 s im Orbit getrennt. Bevor sie wieder auftauchten ist hier der Mond untergegangen.
Heute morgen sehe ich nur noch das Signal des Orbiters, habe aber noch keinen kompletten Umlauf auf dem Schirm.

Offline Regnart

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Re: Chang’e 6 (Mondlander und Probenrückführung) auf CZ-5
« Antwort #81 am: 07. Juni 2024, 09:15:15 »
Im chinesischen Text steht nur 分离, also "abgetrennt und entfernt". Das sagt nichts darüber aus, wie weit entfernt die Aufstiegsstufe dann war. Es ist also durchaus möglich, dass sie zunächst noch relativ nah am Orbiter um den Mond gekreist ist. Die CNSA hat bis jetzt noch keine offizielle Mitteilung herausgegeben:
https://www.cnsa.gov.cn/n6758823/n6758838/index.html

Offline Regnart

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Re: Chang’e 6 (Mondlander und Probenrückführung) auf CZ-5
« Antwort #82 am: 07. Juni 2024, 10:22:06 »
Ja, diese sehr komplexen Manöver sind wirklich beeindruckend. Ich bin mir nicht sicher ob vergleichbar komplexe Missionen überhaupt schon einmal unbemannt gemacht wurden. Apollo war natürlich noch schwieriger, aber bemannt.

In diesem Artikel des Pekinger Instituts für Steuerungstechnik gehen die CAST-Ingenieure am Anfang auf die berühmten Vorfahren ein, auf deren Arbeiten sie aufgebaut haben (die Website ist sicher):
https://www.sciengine.com/SST/doi/10.1360/092014-51;JSESSIONID=b2d06ecc-5dc2-4858-99c7-caf5fc3b1ffc

Bei der japanischen Asteroidensonde Hayabusa (2005) hat man erstmals in der Geschichte der Raumfahrt ein autonomes Hindernisvermeidungssystem eingesetzt, das aber wegen der mangelnden Präzision bei der Lageregelung den Hindernissen nicht ausweichen konnte. Apollo wird in dem Artikel lobend erwähnt, es wird aber darauf hingewiesen, dass dort alles manuell (also riskanter) ablief. Damals hing alles davon ab, dass die ehemaligen Luftwaffenpiloten ihre Flugkörper präzise steuern konnten.

Chandrayaan-3 besaß ein ähnliches Hindernisvermeidungssystem wie die Chang’e-Sonden, dort wurde aber nur eine Landung und kein anschließendes Rendezvous- und Koppelmanöver durchgeführt. Stand jetzt ist die China Aerospace Science and Technology Corporation die einzige Firma, die das hinbekommt.

Aber denen ist das auch zu nervenaufreibend. Deswegen sollen im Rahmen der Elsternbrücke-Konstellation Ende der 2020er Jahre neben den Relais- auch Navigationssatelliten im Mondorbit stationiert werden, um die Koppelmanöver und Landungen bei den zunächst unbemannten, ab 2030 bemannten Mengzhou/Lanyue-Missionen zu unterstützen.

Offline DF2MZ

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Re: Chang’e 6 (Mondlander und Probenrückführung) auf CZ-5
« Antwort #83 am: 07. Juni 2024, 10:34:37 »
Inzwischen habe ich einen kompletten Umlauf des Orbiters gesehen. Kein Signal mehr auf den Frequenzen des Aufstiegsmoduls. Das haben sie wohl in der Nacht gecrasht. Immer ist irgendwas dazwischen wenn etwas interessantes passiert.

Offline Regnart

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Re: Chang’e 6 (Mondlander und Probenrückführung) auf CZ-5
« Antwort #84 am: 09. Juni 2024, 08:49:15 »
CCTV 13 hat gestern berichtet, dass bei Chang’e 6 eine verbesserte Version des dreidimensional abbildenden Laserscanners zum Einsatz kam. Das Ding hat aus der Schwebehöhe von 100 m innerhalb von 2,5 Sekunden (die Zahl in dem Forumsbeitrag ist ein Kommafehler) in einem Winkel von 30° x 30° eine Fläche von 58 x 58 m mit einer Auflösung von 5 cm gescannt:
https://m.weibo.cn/detail/5043132735684793

Die sehr rasche Scanzeit erklärt auch, warum man es sich leisten hätte können, im Notfall auch ein zweites Quadrat abzuscannen, wie es bei 0:33 in diesem Video zu sehen ist:



Dadurch dass der Scanvorgang nicht mehr so lange dauert (bei den ersten Mondlandungen waren es 10 Sekunden), verbraucht das Haupttriebwerk des Landers nicht mehr so viel Treibstoff, um die Sonde während des ganzen Prozesses in der Schwebe zu halten.

Hier ein Überblick über die Methode:
https://www.sciengine.com/SST/doi/10.1360/092014-51;JSESSIONID=b2d06ecc-5dc2-4858-99c7-caf5fc3b1ffc

Das ist ein im Bordrechner des Landers eingespeichertes, aus den Daten des Orbiters Chang’e 2 erstelltes digitales Höhenmodell des Landegebiets, sozusagen die Wanderkarte, die Chang’e 6 von zu Hause mitgenommen hat:


Bild: Seger Yu, bearb. Regnart

Der von Wang Chi, dem Chefwissenschaftler des Mondprogramms, am Anfang des Videos mit seinen Kollegen festgelegte, vorläufige Landepunkt (预选着陆点) liegt bei 42,1° südlicher Breite und 154,4° westlicher Länge. Während sich die Sonde, sich an der Wanderkarte orientierend, im Sinkflug befindet, macht eine um 40° nach schräg vorne ausgerichtete optische Kamera an der Triebwerksflamme vorbei Aufnahmen von der vorgesehenen Landestelle und berechnet daraus verzerrungsfreie Orthofotos, eine alte Technik aus dem Ersten Weltkrieg, als man von Fesselballonen aus sicherer Entfernung feindliche Stellungen fotografierte:


Bild: Zhang Honghua

Diese Fotos inspiziert der Bordrechner dann Planquadrat für Planquadrat (hier jeweils 58 x 58 m) in einem spiralförmigen Ablauf von der vorgesehenen Landestelle nach außen. Dabei bewertet er die Quadrate nach Kriterien wie Geländeneigung, am Schattenwurf identifizierten Felsbrocken und Gruben sowie Entfernung bzw. Treibstoffverbrauch, um sie von der jeweils aktuellen Position aus zu erreichen. Die dunklen Quadrate sind die auf der Wanderkarte rot markierten Flächen, bei denen man schon weiß, dass die Geländeneigung zu groß ist. Bei diesen Quadraten hält sich der Bordrechner gar nicht lange mit einer näheren Untersuchung auf:


Bild: 张洪华

Wie rok in #54 schon erwähnt hat, berücksichtigt der Bordrechner - das läuft alles völlig autonom - bei der Auswahl des anzusteuernden Planquadrats wohl auch Wünsche der Wissenschaftler, die ihm vor dem Start mitgegeben wurden. Im Fernsehen berichten die Ingenieure aber immer nur ganz begeistert von der unter Sicherheitsaspekten perfekten Landestelle. Hier ein Blick direkt nach Norden (die kaum erkennbare Bergkette direkt voraus ist die äußere Wand des Chaffee-Kraters):


Bild: CNSA

Eine flache Ebene, soweit das Auge reicht (in diesem Fall etwa 5-6 km; der Mond ist kleiner und stärker gekrümmt als die Erde). Die Koordinaten sind mit 41,63839° südlicher Breite und 153,98545° westlicher Länge recht genau bekannt. Selbst wenn der italienische Laser-Retroreflektor beim Start der Aufstiegsstufe beschädigt worden sein sollte, könnte man dort nun in bekanntem Gelände ohne weitere Hindernisvermeidung problemlos landen, gegebenenfalls auch bemannt, falls sich in den Bodenproben nach näherer Analyse interessante Dinge finden, die weitere Nachforschungen lohnend erscheinen lassen.
« Letzte Änderung: 10. Juni 2024, 07:23:51 von Regnart »

Re: Chang’e 6 (Mondlander und Probenrückführung) auf CZ-5
« Antwort #85 am: 09. Juni 2024, 18:49:23 »
6 km !

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Bevor man einen Beitrag letztendlich abschickt sollte man ihn sich noch ein letztes Mal durchlesen und sich dabei überlegen ob man ihn genau in diesem Wortlaut auch Abends seinem Partner und/oder Kindern ohne Bedenken vorlesen würde.

Re: Chang’e 6 (Mondlander und Probenrückführung) auf CZ-5
« Antwort #87 am: 09. Juni 2024, 20:31:45 »
Bis zum Horizont.

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Re: Chang’e 6 (Mondlander und Probenrückführung) auf CZ-5
« Antwort #88 am: 09. Juni 2024, 21:07:29 »
Hallo zusammen,

aus den Angaben in Wikipedia (Mondradius, Höhe der Sonde 8 m, Formel zur Kimmtiefe) habe ich die Entfernung der Horizontlinie zu etwa 5,3 km errechnet. Für 60 km Kimmtiefe muss die Kamera schon gut 1 km über der Oberfläche schweben. Trifft beides natürlich nur auf einen völlig kugelförmigen Mond zu ...

Beste Grüße

Fionn

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Re: Chang’e 6 (Mondlander und Probenrückführung) auf CZ-5
« Antwort #89 am: 10. Juni 2024, 05:59:15 »
aus den Angaben in Wikipedia (Mondradius, Höhe der Sonde 8 m, Formel zur Kimmtiefe) habe ich die Entfernung der Horizontlinie zu etwa 5,3 km errechnet. Für 60 km Kimmtiefe muss die Kamera schon gut 1 km über der Oberfläche schweben. Trifft beides natürlich nur auf einen völlig kugelförmigen Mond zu ...

:) das erinnert mich an meine erste "Space Night", als die Apollo-11-Mondlandung komplett wiederholt wurde. Der Horizont war so niedrig, dass ich im ersten Moment dachte, die wären auf einem Hügel gelandet. ;D

Schon bewundernswert, wie die Chinesen das wohl ziemlich pannenfrei hinkriegen. Landen, buddeln, starten, zack zack, sieht alles so selbstverständlich aus, aber da steckt bestimmt viel Aufwand dahinter. Erst jetzt, wo so viele Mondmissionen scheitern, kann man das richtig würdigen.

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Re: Chang’e 6 (Mondlander und Probenrückführung) auf CZ-5
« Antwort #90 am: 10. Juni 2024, 07:25:44 »
6 km !

Da mockiere ich mich über den Kommafehler bei der Scangeschwindigkeit und vertue mich selbst mit den Dezimalstellen :D

Der Fehler ist korrigiert.

Offline Regnart

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Re: Chang’e 6 (Mondlander und Probenrückführung) auf CZ-5
« Antwort #91 am: 10. Juni 2024, 17:28:46 »
Schon bewundernswert, wie die Chinesen das wohl ziemlich pannenfrei hinkriegen. Landen, buddeln, starten, zack zack, sieht alles so selbstverständlich aus, aber da steckt bestimmt viel Aufwand dahinter. Erst jetzt, wo so viele Mondmissionen scheitern, kann man das richtig würdigen.

Da wurde ein enormer Aufwand betrieben, allerdings über 15 Jahre verteilt. Zuerst wurde für die 2013 gestartete Sonde Chang’e 3 der Lander-"Bus" mit dem regelbaren Vakuumtriebwerk und vor allem dem Hindernisvermeidungssystem entwickelt. Da hat man ziemlich viel investiert, dafür kam der Bus dann bei allen Mondlandungen, und 2026 dann noch einmal bei Chang’e 7, in weitgehend unveränderter Form zum Einsatz (bei Chang’e 8 kommt dann ein größeres Modell mit zwei Triebwerken). Die damalige Investition hat sich mittlerweile amortisiert. Du kannst die diesbezüglichen Entwicklungsarbeiten hier ab 29:02 sehen:



Bei der 2020 gestarteten Sonde Chang’e 5 hat man dann für den Standard-Lander noch Bohrer und Bagger entwickelt, dazu noch eine Aufstiegsstufe und den Orbiter. Das war wieder relativ aufwendig, wobei man allerdings dazusagen muss, dass der Orbiter in ähnlicher Form auch bei der Marsmission Tianwen-1 zum Einsatz kam. Das Radar für das Rendezvousmanöver nach erfolgter Probenentnahme und Rückstart wurde wiederum von der Akademie für Verteidigungstechnologie beigesteuert, die das üblicherweise dazu einsetzt, um Flugabwehrraketen auf sich bewegende Flugzeuge zu lenken. Das war zu dem Zeitpunkt eine ausgereifte Technologie. Hier kannst Du die Entwicklung von Chang’e 5 sehen:



Man hat für die Mission Chang’e 5 seinerzeit zwei identische Exemplare gebaut. Wenn beim ersten Versuch etwas schief gegangen wäre, hätte man - nach Fehleranalyse - das Doppelexemplar ins All geschickt. Eine Probenrückführmission war im Mondprogramm der Volksrepublik China zwingend vorgeschrieben, nicht so sehr wegen der Wissenschaft, sondern als Technologieerprobung für bemannte Landungen.

Bei Chang’e 5 ging alles glatt, also hat man das Doppelexemplar erst einmal in einer klimatisierten Halle in Tianjin eingelagert. Um das Ding ins Museum zu stellen, war es zu teuer - das war kein Prototyp, sondern ein vollwertiges Originalexemplar - also hat man es nach Erfüllung der Pflichtaufgabe für eine "Kür-Mission" herangezogen. Wie oben erwähnt, wurde ein verbesserter Laserscanner eingebaut, und auch das Missionsprofil wurde geändert: rückläufiger Orbit wie bei der bemannten Landung, Rendezvous auf der Nachtseite des Mondes, um störende Reflexionen zu vermeiden, von der Chinesischen Raumstation übernommene Software für den Baggerarm mit auf dem Bildschirm vorgezeichnetem Bewegungspfad. Und natürlich der Relaissatellit Elsternbrücke 2 :)

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Offline alepu

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Re: Chang’e 6 (Mondlander und Probenrückführung) auf CZ-5
« Antwort #92 am: 10. Juni 2024, 18:00:30 »
Es führt kein Weg dran vorbei und es besteht inzwischen sicher auch kein Zweifel mehr daran, daß China in Zukunft, neben den USA, die führende Raumfahrtnation sein wird.
Das ist Alles so wohl durchdacht und fundiert und wenn dann noch etwas Glück dazu kommt, so funktioniert es eben.
Sie haben sehr ambitionierte Pläne, aber setzen sich nicht unter Zeitdruck, sondern arbeiten ihre Vorhaben Punkt für Punkt präzise ab.
Die Regierung steht ununterbrochen voll dahinter und so ist auch die Finanzierung gesichert.
Andere Nationen sollten sich ein Beispiel dran nehmen und es sich als Vorbild dienen lassen.
Darüberhinaus wäre es natürlich am Besten, wenn alle Nationen friedlich zusammenarbeiten würden zum Vorteil aller Menschen.

Offline Regnart

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Re: Chang’e 6 (Mondlander und Probenrückführung) auf CZ-5
« Antwort #93 am: 10. Juni 2024, 19:18:54 »
An China liegt's nicht. Am 20. März 2024, noch am Tag des Starts von Elsternbrücke 2, hat die CNSA erneut erklärt, dass der Satellit (und die gesamte Elsternbrücke-Konstellation) selbstverständlich auch anderen Staaten zur Verfügung steht (in der Zeile über dem Vertikalvideo):
https://www.cnsa.gov.cn/n6758823/n6758838/c10488507/content.html

Am 6. Juni 2024, nach dem erfolgreichen Probentransfer in den Orbiter, hat die Sprecherin des chinesischen Außenministeriums erneut betont, dass  China immer offen für eine Raumfahrtkooperation mit den USA war und ist (die zweite Frage; die Global Times ist eine englischsprachige Parteizeitung):
http://munich.china-consulate.gov.cn/ger//fyrth/202406/t20240606_11405886.htm

Abgesehen davon machen die Chinesen aus der technischen Vorgehensweise auch kein Geheimnis. Es gibt Artikel in der Fachpresse, wo erklärt wird wie's geht (siehe die Illustrationen in #84), außerdem werden Bauanleitungen bei Youtube eingestellt (siehe die beiden Videos in #91). Für JPL-Ingenieure sollte es eigentlich kein Problem sein, die Sonden auf dieser Grundlage nachzubauen. Die Inder haben das ja auch getan, und so war es von chinesischer Seite auch gedacht. Die versuchen, möglichst viele Akteure auf den Mond zu bringen, um nicht nur aus ihren eigenen Fehlern, sondern auch aus den Fehlern anderer lernen zu können 8)

Das Problem in der freien Welt liegt tatsächlich in der mangelnden politischen Rückendeckung. Man sieht Tiefraumerkundung nicht als Wirtschaftsfaktor. Andererseits sind in China die Rahmenbedingungen natürlich anders. Dort sind Besserverdiener auch Bessersteuerzahler, und die Gehälter, die in den Staatskonzernen an die Facharbeiter und Ingenieure ausgezahlt werden, wandern zu einem nicht unerheblichen Teil in die Staatskasse zurück.

Abgesehen davon greift in der chinesischen Raumfahrt durch die langfristige Planung wirklich eines ins andere. Für Chang’e 5 brauchte man keinen neuen Lander zu entwickeln, Chang’e 6 war ein altes Doppelexemplar, das sowieso schon fertig in der Halle stand; man brauchte eigentlich nur noch die Trägerrakete. Ganz so einfach war es natürlich nicht, aber Chang’e 6 dürfte wohl nicht wesentlich mehr als 600 Millionen Yuan gekostet haben.

Bei der Tiefraumerkundung ist gute Planung die halbe Miete :D

Offline Regnart

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Re: Chang’e 6 (Mondlander und Probenrückführung) auf CZ-5
« Antwort #94 am: 15. Juni 2024, 07:25:12 »
Die Betreuer des Lunar Reconnaissance Orbiter an der Arizona State University haben die Koordinaten als  41,6385° südliche Breite und 153,9852° westliche Länge berechnet, mit einer horizontalen Genauigkeit von plus/minus 30 m. Die Elevation beträgt -5256 m. Man ist ja schließlich am Boden des Südpol-Aitken-Beckens gelandet:
https://www.lroc.asu.edu/images/1374

Hier ein Foto:


Bild: ASU

Zum Überblick hier noch einmal das digitale Höhenmodell (嫦娥六号实际落点 im Quadrant B5 bedeutet "tatsächliche Landestelle von Chang’e 6"):


Bild: Seger Yu, bearb. Regnart

Und hier eine farbverstärkte Aufnahme. Das Dunkle ist Basalt mit hohem Titan-Anteil:


Bild: ASU

Offline DF2MZ

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Re: Chang’e 6 (Mondlander und Probenrückführung) auf CZ-5
« Antwort #95 am: 19. Juni 2024, 21:50:07 »
Das Chang'e-6 Rückkehrfahrzeug hat seinen Orbit geändert. Vermutlich ist es jetzt in einem hochelliptischen Mondorbit. Ich empfange das X-Band Signal noch aus der Richtung des Monds. Die Umlaufdauer ist sehr viel länger als noch vor 2 Tagen.


Re: Chang’e 6 (Mondlander und Probenrückführung) auf CZ-5
« Antwort #96 am: 20. Juni 2024, 12:02:23 »
Das würde dann zum Zeitplan laut Antwort #75 mit Verlassen der Mondorbits heute passen.
Seit Apollo und Star Trek Classic Astronomie, Raumfahrt und SciFi-Fan.

TWR genügt als Anrede

Re: Chang’e 6 (Mondlander und Probenrückführung) auf CZ-5
« Antwort #97 am: 20. Juni 2024, 14:00:54 »
https://forum.nasaspaceflight.com/index.php?topic=43550.msg2602178#msg2602178

Die Landung in China soll am 25.06. morgens (UTC) erfolgen.
Hold on to your dreams !

Offline DF2MZ

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Re: Chang’e 6 (Mondlander und Probenrückführung) auf CZ-5
« Antwort #98 am: 20. Juni 2024, 22:29:33 »
Das Chang'e-6 Rückkehrfahrzeug hat erneut seine Bahn geändert. Es ist kein orbitales Dopplerprofil mehr erkennbar. Die Sonde ist auf dem Weg zur Erde. Das Manöver selbst konnte ich leider nicht beobachten, da der Mond noch nicht aufgegangen war. Die Position ist etwa 3° westlich und 1° nördlich vom Mond. In den nächsten Tagen wird es schwierig werden das Ding zu finden.


Re: Chang’e 6 (Mondlander und Probenrückführung) auf CZ-5
« Antwort #99 am: 24. Juni 2024, 08:31:40 »
Gibt es schon Signale in Erdnähe?
Seit Apollo und Star Trek Classic Astronomie, Raumfahrt und SciFi-Fan.

TWR genügt als Anrede