Zwei Dinge, die hier zu beachten sind:
1. Bei der obigen Grafik sprechen die Nationale Raumfahrtbehörde Chinas und die Chinesische Akademie für Weltraumtechnologie (die Herstellerfirma der Raumflugkörper, Stationskomponenten etc.) über einen Zeitraum von Jahrhunderten.
2. Man muss klar zwischen der unbemannten
Internationalen Mondforschungsstation der
CNSA und der
Bemannten Lunaren Experimentierstation der
CMSA unterscheiden.
Chang’e 6, die Sonde, die am Sonntag landen oder abstürzen wird, ist Teil der unbemannten Mondstation. Hierbei ist zu beachten, dass dieser Begriff im Chinesischen eine andere Bedeutung hat als im Deutschen.
Ein weißes Pferd ist kein Pferd und die Mondstation ist keine Station, sondern ein Projekt zur unbemannten Erkundung und Erschließung der gesamten Mondoberfläche. Das läuft im Prinzip wie bei dem Brettspiel Go. Momentan sind wir in der
Eröffnung. Es werden einzelne Steine gesetzt, an die später weitere Steine/Stationskomponenten angebaut werden, wobei im vorliegenden Fall der Laser-Retroreflektor auf dem Lander von Chang’e 6 als Navigationshilfe für die nachfolgenden Landungen dienen soll. Abhängig davon, was eine Analyse der hoffentlich zurückgebrachten Proben zeigen wird, sieht das Ganze dann in zehn oder zwanzig Jahren etwa so aus:
Bild:
SASTWie gesagt, es geht bei der Internationalen Mondforschungsstation um unbemannte Erkundung und Nutzung des Mondes. Daher spielt hier zum Beispiel Kohlenstoff keine Rolle. Man befasst sich nur mit Metallurgie und hat nicht vor, Polymere od. ähnl. herzustellen. Dieses begrenzte Arbeitsfeld wird dann aber intensiv beackert. Das sind keine leeren Konzepte; die CNSA und die
China Aerospace Science and Technology Corporation, die das Ganze
2018 angeschoben hat, meinen die obige Grafik sehr, sehr ernst. Man geht dort bei der Erschließung des inneren Sonnensystems von vier Phasen aus:
1. Nutzung lunarer Ressourcen auf der Mondoberfläche und in unbemannten Fabrikations-Begleitmodulen der (bemannten) Lunaren Orbitalstation
2. Lieferung von auf dem Mond oder im Mondorbit erzeugtem Material wie angereichertem Uran oder monokristallinem Silicium an die Erde oder den Erdorbit
3. Nutzung von Ressourcen im tieferen Raum, also erdnahe Asteroiden und Mars (Wasserstoffgewinnung aus dem dort leicht zugänglichen Eis)
4. Rücktransport von Tiefraumressourcen zum Mond(orbit) oder Erd(orbit) für dortige Weiterverarbeitung
Etwas völlig anderes ist die Bemannte Lunare Experimentierstation der CMSA. Dort sollen speziell Lebenserhaltungssysteme für die bemannte Tiefraumerkundung (Mars, Kallisto etc.) entwickelt werden. Hier geht man von drei Phasen aus:
1. Experimente mit Pflanzenzucht, nach Möglichkeit Nutzung von (entgiftetem) Regolith als Substrat
2. Wiederverwendung von Sauerstoff und Wasser zu 90 %, örtliche Erzeugung von 30 % der Lebensmittel
3. Wiederverwendung von Sauerstoff und Wasser zu 90 %, örtliche Erzeugung von 90 % der Lebensmittel
Da man bei den jeweiligen Stationen auf Mond, Mars etc. von einer Besatzungsgröße von
vier Personen ausgeht - Touristen müssten ihre eigene Verpflegung, Atemluft etc. mitbringen - wäre eine vollständige Autarkie mit örtlicher Erzeugung jedes einzelnen Gewürzes der chinesischen Küche sinnlos. Man beachte: auch Sauerstoff kann nicht vollständig wiederverwendet werden. Da mit den in der Raumfahrt sinnvollen Pumpen kein vollständiges Vakuum erzeugt werden kann, geht mit jedem Öffnen einer Schleuse ein Teil der Luft verloren. Auf der Chinesischen Raumstation sind das 26 % des Schleusenvolumens an Sauerstoff und Stickstoff, die ersetzt werden müssen:
http://shht.ijournal.cn/ch/reader/view_abstract.aspx?file_no=20230501