Als allererstes muss mal gesagt werden, dass hier tatsächlicher Journalismus stattfand, nicht nur die übliche Internet-Recherche. Davon würde man sich mehr wünschen. Bei den Pressekonferenzen der chinesischen Raumfahrtbehörden sind regelmäßig russische Journalisten dabei. Es gibt keine Ausländersperre, keinen Grund, warum Korrespondenten von ARD und ZDF dort nicht auch auftauchen sollten.
Was in dem Mittagsmagazin-Bericht absolut falsch ist, ist die immer wieder vorgebrachte Behauptung, dass die Chinesen ihre Raumstation gebaut haben, weil sie der amerikanische Kongress 2011 von der ISS ausgeschlossen hätte. Der Bau der Chinesischen Raumstation wurde am 21. September 1992 beschlossen, 19 Jahre vor der Verschlechterung der chinesisch-amerikanischen Beziehungen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Bemanntes_Raumfahrtprogramm_der_Volksrepublik_China#Vorgeschichte_und_PlanungZur Erinnerung:
Iridium Inc. hat bis 1999 seine Satelliten mit chinesischen Raketen gestartet:
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Langer-Marsch-2-Raketenstarts#1997Wovor dringend gewarnt werden muss, ist dieser, vor sachlichen Fehlern nur so strotzende Artikel der gleichen Journalistin:
https://www.zdf.de/nachrichten/politik/china-weltraum-station-all-flug-forschung-mond-100.html1. Es gibt kein Wettrennen im All. Die einzigen, die rennen, sind die Amerikaner. Die Chinesen ziehen nur einfach das durch, was vor Jahrzehnten beschlossen wurde. In China besteht ein explizites Verbot von Weltraumrennen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Raumfahrt_der_Volksrepublik_China#Verbot_von_Weltraumrennen2. Chinas Raumfahrer werden nicht auf dem Kosmodrom Jiuquan trainiert, sondern im
Chinesischen Raumfahrer-Ausbildungszentrum in Peking,
Stadtbezirk Haidian, Westliche
Yuanmingyuan-Str. 1. In diesem Rekrutierungsvideo kann man sehen, wie es dort innen aussieht (das "ACC" auf dem Treppenaufgang im Hintergrund steht für "Astronaut Center of China"):
3. Natürlich ist Tang Hongbo nicht der erste chinesische Raumfahrer, der zum zweiten Mal ins All fliegt. Der erste chinesische Raumfahrer, der zum zweiten Mal ins All flog, war
Jing Haipeng - nach Shenzhou 7 (2008) dann wieder bei Shenzhou 9 (2012).
4.
Tang Hongbo kennt die Armut aus persönlicher Erfahrung. Er musste bereits in der Grundschule in der elterlichen Landwirtschaft mithelfen. (Was ihm - wie vielen seiner Kollegen - eine kräftige Konstitution verliehen und zum Raumfahrer prädestiniert hat).
5. Der immer wieder vorgebrachte Gewichtsvergleich mit der ISS ist völlig abwegig. Eben weil die ISS an dem superschweren Querträger hängt und die Module nicht ausgewechselt werden können, ist sie, mit Verlaub, das dümmste Bauwerk seit der Großen Mauer.
6. Die Shenzhou-17-Mission ist nicht "zum Erfolg verpflichtet", sondern CMSA, ACC etc. stellen mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln nach bestem Wissen und Gewissen sicher, dass die Mission ein Erfolg wird und die Raumfahrer lebendig zurückkommen. So etwas wie Apollo 11, wo man im vollen Bewusstsein, dass die Erfolgsaussicht nur 50 % betrug, zum Mond flog, wäre in China völlig undenkbar.