Space Traffic Management & Coordination STM/STC

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Offline Schillrich

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Space Traffic Management & Coordination STM/STC
« am: 21. Oktober 2021, 07:52:55 »
Seit ein paar Jahren arbeitet/diskutiert man über Methoden, wie man den Verkehr im Orbit koordinieren und managen kann:
  • Prinzipien zu Transparenz und Information
  • Verfahren und Zuständigkeiten, um Begegnungen zu koordinieren
  • Infrastrukturen zur Überwachung und Koordination
Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass die Diskussion sehr schwierig ist. Es werden sehr unterschiedliche Ansätze, u.a. zwischen Europa und den USA, verfolgt. Die regulativen Grundlagen existieren weitgehend noch nicht. Gleichzeitig versucht man schon Grundästze, Verfahren und Technologien zu normieren ... was eher nicht erfolgreich ist.
Hier ist eine aktuelle Wasserstandsmeldung aus den USA: https://spacenews.com/senate-appropriators-frustrated-with-lack-of-progress-on-civil-space-traffic-management/

Der Kongress ist nicht zufrieden, was die NOAA im Auftrag des Handelsministeriums bisher geleistet hat und droht Gelder zum weiteren Aufbau von STM in den USA zurückzuhalten. Priorität hat hier der Aufbau einer zentralen Stelle und Informationssystem, um "Verkehr zu managen".
Ein paar Aussage zur Sachlage:"There’s a real lack of governmental leadership in this area."

"That’s partly because the area is so now and everybody’s still trying to get their arms around what that system would look like ... But I also think it’s partly just a lack of congressional guidance in general on what is our national policy on things like space traffic management and debris mitigation."

Die Experten sind beauftragt ein Pilotsystem aufzubauen, gleichzeitig fehlt es an politischer Führung und gesetzlichen Grundlagen.
« Letzte Änderung: 21. Oktober 2021, 13:36:20 von Schillrich »
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Offline Schillrich

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Re: Space Traffic Management & Coordination STM/STC
« Antwort #1 am: 11. November 2021, 19:23:40 »
STM und STC werden international "heiß" diskutiert. Aus meiner Sicht sagt jeder: ja wir brauchen "das"! ... aber es ist nicht tatsächlich klar, "was". V.a. fehlt häufig die regulatorische Grundlage.

Eine aktuelle Diskussion um "Verkehrsregeln" bedient sich mehrere Analogien aus der Schifffahrt und der Luftfahrt:
  • Schifffahrt hat den Grundsatz "give way"/"sich freihalten". Es gibt eine Hierarchie, wer wem ausweichen muss, basierend auf der Manövrierfähigkeit der Schiffstypen. Manöver müssen frühzeitig und klar durchgeführt werden. Schiffe zeigen sich z.T. auch gegenseitig ihre Absicht an.
    Im Orbit ist die Manövrierfähigkeit nicht so eindeutig im "Satellitentyp" gegeben. Am Ende hängt es davon ab, welche Manöverfähigkeit der Betreiber "offiziell angibt". Ggf. gibt er einfach keine oder eine "gefälschte" an, um nicht ausweichen zu müssen? Außerdem sind Manöver im Orbit ggf. nicht direkt/frühzeitig zu sehen und erscheinen nicht "klar".
  • Luftfahrt folgt eher dem "first come, first serve" bei der Luftraumkontrolle. Gefährliche Annäherungen im kontrollierten Luftraum werden an sich schon unterbunden. Sonderflüge bekommen ggf. ein Vorrecht eingeräumt.
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Online Hugo

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Re: Space Traffic Management & Coordination STM/STC
« Antwort #2 am: 12. November 2021, 03:15:55 »
Wir können hier im Forum ja mal Vorschläge sammeln.

1) Ein Satellit, welcher seinen Orbit wechselt, z.B. die Starlinks wenn sie ihre Position ändern, oder aber auch jeder anderer Satellit, welcher neu gestartet wurde, dürfte meiner Meinung nach immer der "Aktiver" Part sein. Somit sollte er auch ausweichen, wenn er aktiv dem anderen zu nahe kommt.

2) Wenn 1000 Satelliten auf 1000 runden Orbits mit 1 km Abstand um die Erde kreisen, dann kommen diese sich untereinander nicht in die Quere. Wenn 1 Satellit davon auf einer elliptischen Bahn ist, dann kommt dieser allen anderen 999 potentiell in die Quere. Man könnte somit vorschlagen, der Satellit, welcher die größere Exzentrizität hat, ist "Schuldig" und muss ausweichen.

3) Jetzt gibt es unerwarteten Begegnungen mehr. Das heißt, wenn zwei Satelliten auf kollidierenden Bahnen wären, dann würde man das Wochen oder gar Monate vorher ausrechnen können. Jetzt braucht man eine Regel, z.B. könnte der Satellit mit der höheren Inklination ausweichen müssen.

4) Ist ein Satellit ausweichunfähig (Defekt, kein Treibstoff) muss das vom Hersteller angegeben werden. Hier könnte es analog zum Norad eine Datenbank geben. Alte Raketen oder Weltraumschrott würden dort als "ausweichunfähig" klassifiziert.

5) Satelliten mit einem aktiven Ausweichsystem und einem treibstoffsparendendem Antriebssystem (z.B. Starlink) sind technisch in der Lage küstengünstiger auszuweichen. Hier könnten die Hersteller vorab eine Ausweichabsicht anmelden. Hersteller von Großkonstellationen könnten somit Signalisieren, dass sie keine "zusätzliche Gefahr für andere" erzeugen möchten mit ihrem System.


§1: Hat ein Satellit seine Höhe geändert, ist er ausweichpflichtig.
§2: Der Satellit mit der größeren Exzentrizität ist ausweichpflichtig.
§3: Der Satellit mit der höheren Inklination ist ausweichpflichtig.
§4: Ausweichunfähigkeit ist vorab anzumelden.
§5: Ausweichabsichten können vorab angemeldet werden und entbinden anderen Satelliten von der Ausweichpflicht.


Damit dürfte man bestimmt einen größeren Teil von Satellitenbegegnungen abgedeckt haben, vielleicht noch nicht alle. Jedoch glaube ich, dass das Militär hier gegen §2 sein würde, da Spionagesatelliten oft eine hohe Exzentrizität haben. Außer das Militär würde diese über §4 Ausweichunfähig melden (dürfen).


Wer schreibt weiter? Einfach die § Copy-Pasten und weiter schreiben oder natürlich umschreiben wenn Unsinn dabei ist. ;)

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Offline tomtom

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Re: Space Traffic Management & Coordination STM/STC
« Antwort #3 am: 15. Februar 2022, 23:30:21 »
China hat wegen der Starlink-Satelliten, die der China Space Station zu nahe kam und die ausweichen mußte, die US kontaktiert, aber keine Reaktion erhalten. Die USA wissen davon nichts und sind der Ansicht, dass es nicht zu einer Gefährung der Station gekommen sei.

China schlägt vor, dass in Zukunft eine formelle Kommunikationsverbindung zwischen beiden Ländern erfolgen sollte.

https://spacenews.com/china-proposes-formal-lines-of-communication-with-u-s-on-space-safety/
Im Zweifel hilft die Such-Funktion:
https://forum.raumfahrer.net/index.php?action=search

Re: Space Traffic Management & Coordination STM/STC
« Antwort #4 am: 16. Februar 2022, 00:37:24 »
Wenn China da jetzt mehr Druck macht, dann frag ich mich, was mit zukünftigen militärischen Sat-Test-Abschüssen passiert - der letzte von Russland.
Ich hoffe, daß China und der Rest der Welt da auch was vorschlagen werden und sowas nicht mehr vorkommt.

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Offline Schillrich

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Re: Space Traffic Management & Coordination STM/STC
« Antwort #5 am: 16. Februar 2022, 07:28:42 »
Gerade "Kommunikation" ist hier schwierig. Wer ist denn der Ansprechpartner (in jedem Land)? Daher ist auch nachvollziehbar, dass irgendwelche kontaktierten Stellen in den USA keine Antwort geben konnten. Es gibt ja keine vergleichbaren Strukturen wie für den Luftverkehr mit Flugsicherung & Co. In den USA bringen sich aber Firmen in Stellung, um so etwas aufzubauen und (für den Staat) zu betreiben. Nur wann, wie, wer ... alles noch unklar/unscharf.
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Offline tomtom

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Re: Space Traffic Management & Coordination STM/STC
« Antwort #6 am: 16. Februar 2022, 10:40:48 »
Hier das Konzeptpapier der EU zu STM/STC. Der Kern ist allerdings die Forderung nach bodengestützter Überwachung/Verfolgung von Satelliten und Weltraumschrott.

Die USA werden hier als führend angesehen. Inwieweit die EU mit EU SST eine vollständige Abdeckung erreichen will bzw. welches Ziel verfolgt wird, ist mir unklar.

https://ec.europa.eu/info/sites/default/files/join_2022_4_1_de_act_part1_v1.pdf
Im Zweifel hilft die Such-Funktion:
https://forum.raumfahrer.net/index.php?action=search

Stefan307

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Re: Space Traffic Management & Coordination STM/STC
« Antwort #7 am: 05. August 2022, 13:24:21 »
Das Grundproblem ist ja wenn man Satelliten einen gewissen Raum zugesteht dann kann man Orbits für andere Blockieren. Das müsste also von neutraler Stelle vergeben werden ich würde hier eher die Funkfrequenzvergabe als Vorbild sehen...
In der momentanen Weltpolitischen Lage ist auch kaum ein großer Wurf zu erwarten erst recht nicht wenn man noch andere Reizthemen wie ASATs da hinein bringt. Ein Minimalkonsens wäre Denkbar zentrale Datenbank bei der UN, mit Meldepflicht für alle Objekte. Wenn sich 2  nahe kommen werden die Betreiber kontaktiert. Für Großkonstellationen sehe ich eine Pflicht für die Betreiber ausreichend Personal als Ansprechpartner vorzuhalten. Es kann nicht sein das SX mehrere tausend Sats von wenigen dutzend Mitarbeitern "übereachen" lässt die dann O-Ton ESA "nicht mal zu erreichen sind"

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Offline Schillrich

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Re: Space Traffic Management & Coordination STM/STC
« Antwort #8 am: 12. August 2022, 08:24:57 »
Ein Aspekt der ansteigenden Sonnenaktivität:
https://spacenews.com/increased-solar-activity-creates-new-challenges-for-smallsats/

Durch die sich erwärmende Hochatmosphäre ändert sich die Abbremsung von Satelliten und Trümmern. Der Vorgang ist "dynamisch" und noch nicht "eingeschwungen", also die Parameter entwickeln sich noch. Das macht Orbitvorhersagen für Satelliten und Trümmer schwierig. Die aktuellen Modelle passen praktisch nicht, und damit auch möglich Annäherungswarnungen und Manöveranweisungen.
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Offline HausD

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Re: Space Traffic Management & Coordination STM/STC
« Antwort #9 am: 12. August 2022, 09:51:35 »
... Sats von wenigen dutzend Mitarbeitern "übereachen" lässt die dann O-Ton ESA "nicht mal zu erreichen sind"
übereachen? oder doch überwachen 

Made for each other, HouseD

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Offline tomtom

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Re: Space Traffic Management & Coordination STM/STC
« Antwort #10 am: 13. August 2022, 00:56:17 »
Trotz vieler Diskussionen sind die staatlichen und internationalen Entwicklungen für Regelungen wenn überhaupt sehr überschaubar. Einen anderen Ansatz schlägt die Ecole polytechnique fédérale de Lausanne (EPFL) vor, die über ein Kriteriensystem zu einer Bewertung von Missionen hinsichtlich deren Nachhaltigkeit kommen will, um damit Einfluss auf den Markt zu nehmen.

https://www.eenewseurope.com/en/rating-for-designing-sustainable-space-systems/

Nutri-Score für Raketen ;)
Im Zweifel hilft die Such-Funktion:
https://forum.raumfahrer.net/index.php?action=search

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Offline Schillrich

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Re: Space Traffic Management & Coordination STM/STC
« Antwort #11 am: 13. August 2022, 06:41:06 »
Weil echte Regulation im Thema  (offenbar) schwierig ist, soll man auf ein Feigenblatt ausweichen?   Sollten wir den Luftverkehr auch so „managen“?
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Offline tomtom

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Re: Space Traffic Management & Coordination STM/STC
« Antwort #12 am: 13. August 2022, 07:59:40 »
Der Vergleich mit der Fliegerei wird oft gebracht, ich weiß aber gar nicht, ob das zutrifft. Da wird der Flugverkehr eigentlich auch nur national von einem Luftraum zum nächsten überwacht. Das kann doch kein Vorbild für die Raumfahrt sein.

Mal allgemein gesagt, wenn der Staat an Regulation interessiert ist, geht es meist darum, sich durch eigene Standards Vorteile zu verschaffen (und damit Regulation durch andere abzuwehren.). Regulation ist immer eine Art von Bürokratie, die man eigentlich nicht möchte. Die Regeln der Fliegerei wie auch des Straßenverkehrs sind oft durch Unfälle und Katastrophen bedingt - auch das kein Vorbild für die Raumfahrt.
Im Zweifel hilft die Such-Funktion:
https://forum.raumfahrer.net/index.php?action=search

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Offline Schillrich

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Re: Space Traffic Management & Coordination STM/STC
« Antwort #13 am: 13. August 2022, 09:15:26 »
Die Analogien treffen beide nicht:

Luftfahrt wird zwar national kontrolliert, aber es gibt ein abgestimmtes, internationales Regelwerk, wie man ein Flugzeug zulassen muss und wie eine Airline arbeiten muss, um Zugang zu Luftraum und Flughäfen eines Landes zu bekommen.
"Aus Katastrophen lernen" überspitzt es unnötig. Man lernt auch "kleinen" Fehlern, wenn Dinge kaputt gehen und dann analysiert werden. Die Betreiber, weder in der Luft- noch in der Raumfahrt müssen auf den großen Knall warten, um zu lernen.
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Stefan307

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Re: Space Traffic Management & Coordination STM/STC
« Antwort #14 am: 13. August 2022, 17:37:25 »
@HausD natürlich über wachen.

Ich denke ja nach wie vor das die Analogie der Funkfrequenzen es noch am ehesten trifft. Es gibt keine "nationalen Orbits" es gibt einige Bereiche mit sehr begrenzten Platz (z.b. GSO) Schäden sind nicht auf einzelne Akteure begrenzt etc...
Politiker lernen eher nur aus Katastrophen!
Die Titanic's der Raumfahrt ist ja bereits im Bau und nein ich möchte nicht auf den Großen Knall warten, aber selbst hier im Forum stoße ich oft auf taube Ohren...