Wirklich super, dass auch der zweite Flug von Ingenuity geklappt hat!
Nochmal zum Thema Sauerstoffproduktion auf dem Mars: Ich habe mich mal durch ein Paper über das "Mars Oxygen In-Situ Resource Utilization Experiment" (MOXIE) gearbeitet, das 2015 zur "Lunar and Planetary Science Conference" ausgegeben wurde. Es ist öffentlich verfügbar unter
https://www.hou.usra.edu/meetings/lpsc2015/pdf/2774.pdf.
Achtung! Teilweise unterscheiden sich die Angaben zur Wikipedia! Es gibt noch ein anderes sehr umfangreiches Paper unter https://link.springer.com/article/10.1007/s11214-020-00782-8, das war mir aber ehrlich gesagt zu lang.Es wird angenommen, dass für den Rückflug einer bemannten Marsmission in Kombination mit einem Methantriebwerk eine Masse von 25 - 30 t Sauerstoff (O2) benötigt werden. Dies würde zu einer zusätzlichen Startmasse von der Erde von etwa 400 t führen (4 - 5 zusätzliche Schwerlastträger). Daher soll eine Produktionsanlage mit entsprechender Energieversorgung auf dem Mars errichtet werden, die in der Lage ist, das nötige O2 Kontingent zu produzieren, noch ehe die Astronaut*innen überhaupt aufbrechen -
macht Sinn! Sie wäre somit ein zentraler Teil der ISRU-Anlage (In-Situ Resouce Utilization) - also der "Ressourcenbeschaffung vor Ort". MOXIE soll das O2-Produktionsverfahren direkt auf dem Mars testen, um den Einfluss von Start, Landung, Staub, Wind, Strahlung, elektrostatischer Ladung und Entladung, thermischen Schwankungen, verminderter Gravitation und autonomen Betrieb zu evaluieren. MOXIE ist ein auf 1% skaliertes Modell der projektierten Anlage und in der Lage 22 g/h O2 mit über 99,6% Reinheit aus der Marsatmosphäre zu erzeugen, welche zu ca. 95.5% aus Kohlendioxid (CO2) besteht (der Rest sind größtenteils inerte Gase wie Stickstoff (N2) und Argon (Ar)). Technologische Untersuchungen betreffen insbesondere Regelparameter, Leistungsmargen, Zustandsdiagnose, Alterung, Redundanz und Modularität.
Das Verfahren besteht aus zwei Hauptschritten: 1) dem Ansaugen, Filtern und Komprimieren der Atmosphäre von 7 - 9 mbar auf ca. 1 bar und 2) der Umsetzung von CO2 zu Kohlenmonoxid (CO) und O2 nach der Reaktionsgleichung 2 CO2 -> 2 CO + O2 durch einen Festoxid-Elektrolyseur (Solid Oxide Electrolysis). Dieser Prozess findet bei einer Temperatur von 800 - 850 °C statt (
auf weitere Ausführungen zur Elektrochemie verzichte ich - das geht schief). Bei einer Produktion von 22 g/h O2 benötigt die eigentliche Reaktion eine elektrische Leistung von 108 W, dazu kommen noch ca. 40 W für Wärmeverluste und 20 W zum Vorwärmen der Marsatmosphäre - macht in Summe 168 W. -
das entspräche also ca. 7,6 kWh/kg O2Eine full-scale Produktionsanlage hätte nach der Ankunft auf dem Mars ein Zeitfenster von etwa 17 Monaten um genügend O2 zu erzeugen, bevor die Astronaut*innen das "Go!" bekommen. Man strebt deshalb an 2,2 kg/h O2 zu produzieren.
Das würde bedeuten, die Anlage läuft durchgehend - auch in der Nacht und im Staubsturm! Also sind doch dicke Akkus notwendig, aber die kann man dann ja später für den Stationsbetrieb nutzen. Eine solche Anlage hätte einen elektrischen Leistungsbedarf von 12 kW. -
das wären dann ca. 5,5 kWh/kg O2Zusammenfassend nerve ich euch nochmal mit meiner Überschlagsrechnung.
Nochmal die Randbedingungen zur solaren Stromerzeugung:
- 17 Monate Zeit, also ca. 510 Tage
- 8 h Sonnenschein pro Tag
- 586 W/m² Strahlungsleistung
- 30% Solarzellenwirkungsgrad
Best Case Szenario:
- 25 t O2 notwendig
- 5,5 kWh/Kg spezifischer Energiebedarf
daraus folgt:
- 137,5 MWh gesamter Energiebedarf
- 270 kWh Energiebedarf pro Tag
- 33,8 kW Solarzellenleistung
- 192 m² Solarzellenfläche
Worst Case Szenario:
- 30 t O2 notwendig
- 7,6 kWh/Kg spezifischer Energiebedarf
daraus folgt:
- 228 MWh gesamter Energiebedarf
- 447 kWh Energiebedarf pro Tag
- 55,9 kW Solarzellenleistung
- 318 m² Solarzellenfläche
Also lagen @trallala und ich vorher etwa um den Faktor 5 drüber - okay, bis Faktor 10 gehe ich mit, aber Faktor 100 oder 1000 eher nicht. Außerdem muss der O2 ja auch noch komprimiert, gelagert und verflüssigt werden, bevor er in der Aufstiegsstufe verwendet werden kann.