Zum Thema "Durch Starlink (und andere Konstellationen) wird die erdgebundene Astronomie beeinträchtigt":
Im Prinzip ist das ein Problem, welches es schon immer gab und welches jetzt langsam reif für eine Lösung wird. Es geraten störende Objekte in den Sichtbereich astronomischer Geräte und verdecken Beobachtungsobjekte. Bisher gibt es für dieses Problem alle möglichen isolierten Lösungen, die verschieden gut funktionieren und das immer schlechter, je mehr störende Objekte existieren. Bei den Konstellationen hat man aber den Vorteil, dass die Position, Ausrichtung und Geometrie jedes einzelnen Störobjektes sehr genau bekannt ist - im Moment aber nur dem Betreiber. Diese Informationen gehören in eine Echtzeit-Datenbank, die allen Interessierten offen stehen sollte. Mit diesen Daten könnte für jeden Standort auf der Erdoberfläche eine Maske bereitgestellt werden, die über das FoV des Instruments gelegt, die störenden Objekte ausblendet. Es müßten sich "nur" alle Interessierten finden und eine möglichst grundsätzliche Lösung entwickeln. (Ich weiß, das ist jetzt sehr vereinfacht...)
Bei vielen astronomischen Beobachtungen muß man Aufnahmen lange integrieren. Die Wahrscheinlichkeit, dass während der Aufnahme jetzt zusätzlich ein Objekt mit aufgenommen wird, nämlich eines der Starpink-Satelliten wird durch die pure riesige Zahl extrem erhöht. Eine Aufteilung in mehrere kurzbelichtete Aufnahmen ist nicht immer möglich und sinnvoll, weil dadurch das Ausleserauschen, welches bei jeder Aufnahme entsteht, relativ zum Signal des astronomischen Objektes erhöht wird. Große erdgebundene Teleskope wollen ja oft gerade sehr lichtschwache Objekte aufnehmen. Die Satelliten sind, selbst wenn man daran denkt, die Albedo zu minimieren, enorm hell. Es ist diese Überflutung mit Objekten, die sich störend auswirken wird.
Dabei sollte man wissen, dass z.B. eine Sekunde Beobachtung an den vier VTL-Teleskopen der ESO (jeweils 8m Durchmesser) ca. einen Euro kostet. Und das wird bei den neueren, noch größeren Teleskopen nicht billiger werden. Um lichtschwache Objekte wie ferne Galaxien oder Exoplaneten besser zu erforschen, braucht man viel Licht weniger Scheinwerfer dort oben.
Und noch einmal: Es wird noch sehr sehr sehr lange dauern, bis man Teleskope wie das im Bau befindliche 39-Meter-ELT-Teleskop der ESO in den Weltraum packen kann. Das Hubble-Teleskop hat gerade mal etwas mehr als zwei Meter Durchmesser, das James-Webb-Teleskop (6m und nur im Infrarot bis roten Spektralbereich empfindlich) leidet unter gigantischen Verzögerungen und extremen Kostenüberschreitungen. Große Weltraumteleskope sind sehr teuer. Vielleicht wird der Start mit Raketen von Space X für größere Teleskope mal billiger. Aber die Kosten eines Startes sind nur ein kleiner Prozentsatz, wenn es um so komplex Systeme geht.
Einige von Euch stellen es sich sehr einfach vor, wie man die Probleme umgehen kann. So einfach ist es nicht, wenn man sich die Details anguckt. Und die meisten hier würden es sicher begrüßen, wenn Astronomie erdgebunden und im Weltraum schöne und spannende Ergebnisse bringt.
Es nützt nichts, die Probleme klein zu reden.
Leider bin ich sehr pessimistisch, ob nicht das Geld, was mit solchen Systemen verdient werden kann, schnell zu Hunderttausenden kleinen Satelliten führen wird. Und natürlich nicht nur durch Space X, sondern auch von anderen. Solange es für den Weltraum nur unzureichende Regelungen gibt und es lukrativ ist, wird man auf uns Astronomen vermutlich wenig Rücksicht nehmen. Toll fände ich es, wenn Weltraumfans, wie es hier viele gibt, die Fortschritte in der Weltraumtechnik genauso unterstützen würden wie die wissenschaftliche Erforschung des Weltraum. Und da wäre es schön, wenn die Abwägung nicht immer nur in Richtung "was machbar ist" geht, sondern auch, ob die Auswirkungen eventuell zu große negative Folgen hat.
Ich und meine Kollegen profitieren enorm von der Weltraumfahrt. Und ich finde vieles, was Space X macht extrem spannend! Nur in einem Punkt eben auch schädlich.