Beeinträchtigung von astronomischen Teleskopen durch Megakonstellationen

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Offline Volker

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Re: Beeinträchtigung von astronomischen Teleskopen durch Megakonstellationen
« Antwort #350 am: 08. Dezember 2021, 17:23:24 »
Hallo,

wie ist das denn allgemein bei den Detektoren an Teleskopen mit Sättigung?

So etwas wie pile-up gibt es bei optischen CCDs auch. Im optischen werden allerdings nicht einzelne Photonen gezählt. Aber jedes CCD hat auch eine Sättigungsgrenze, wenn die Überschritten wird (also wenn überbelichtet wird), dann gibt es recht hässliche Artefakte. Siehe z.B. diese Erklärung von Hamamatsu: CCD Saturation and Blooming.
Das passiert z.B. wenn helle Objekte im Bild sind und hängt natürlich von der Belichtungszeit, der Empfindlichkeit des CCD, und der scheinbaren Helligkeit der Objekte im Beobachtungsfeld ab. Wenn also z.B. eine Satellitenspur hell ist im Vergleich zu den beobachteten Objekten, dann sind eben auch nicht nur die Pixel betroffen, auf die Punktquellen normalerweise abgebildet würden.

Gruss
Volker
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topos

  • Gast
SpaceX hat jetzt bestätigt, dass die aktuell gestarteten StarLink-Satelliten nicht mehr mit den Klapp-Sonnenblenden ausgerüstet sind. Statt dessen sollen sie mit verbesserten Oberflächenbeschichtungen versehen sein. Beobachter hatten eine um 0.5 mag erhöhte Helligkeit festgestellt:

https://twitter.com/planet4589/status/1528529219340447745

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Offline Gertrud

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Erhalt des dunklen und stillen Nachthimmels.
Zitat
Der Auftrag der ESO zum Schutz unseres dunklen und ruhigen Nachthimmels.
Im Jahr 2022 reichte die Arbeitsgruppe ein Papier bei COPUOS ein, das auf der 59. Sitzung des COPUOS-Unterausschusses für Wissenschaft und Technik diskutiert wurde. Dies war das erste Mal, dass der dunkle und stille Nachthimmel als offizieller Tagesordnungspunkt bei den Vereinten Nationen eingebracht wurde.

Es liegt (...) im Interesse der gesamten internationalen wissenschaftlichen Gemeinschaft, die weltweiten astronomischen Beobachtungsmöglichkeiten vor nachteiligen und erheblich störenden und schädlichen künstlichen Eingriffen zu schützen." UN COPUOS Papier über den Schutz des dunklen und ruhigen Nachthimmels, 2022

Eine zunehmende Anzahl von Satelliten wird über allen Observatorien zu erkennen sein. Dies wird sich bei Weitwinkelaufnahmen in der Dämmerung – zwischen Morgengrauen und Sonnenaufgang oder zwischen Sonnenuntergang und vollständiger Dunkelheit – deutlich bemerkbar machen.

Die Studie kam zu dem Ergebnis, dass Teleskope wie das Very Large Telescope (VLT) der ESO und das künftige Extremely Large Telescope (ELT), beide in der chilenischen Atacama-Wüste, durch diese Satelliten „mäßig beeinträchtigt“ werden. Eine neuere Studie, die auf der früheren Analyse aufbaut und 2022 veröffentlicht wurde, ergänzte diese Ergebnisse.

Die Auswirkungen sind bei langen Belichtungszeiten ausgeprägter und bis zu 3 % der Aufnahmen während der Dämmerung werden dadurch unbrauchbar gemacht. Die Studie ergab auch, dass sich die neuen Satellitenkonstellationen am stärksten auf Großfelddurchmusterungen durch Teleskope wie dem Vera C. Rubin Observatory der US National Science Foundation (keine ESO-Einrichtung) auswirken werden, wobei bis zu 30 – 50 % der in der Dämmerungszeit durchgeführten Aufnahmen „ernsthaft beeinträchtigt“ sein werden.

Satelliten in erdnahen Umlaufbahnen.

Im Kampf um den Schutz des Nachthimmels zeichnet sich eine neue Bedrohung ab: die große Zahl von Satelliten, die in erdnahe Umlaufbahnen gebracht werden. In den kommenden zehn Jahren könnten bis zu 100.000 Satelliten von Unternehmen wie SpaceX, Amazon und OneWeb in solche Umlaufbahnen platziert werden.

Weite Infos in deutsch könnt ihr zu dem Thema hier nachlesen:
Quellen:
https://www.eso.org/public/germany/about-eso/dark-skies-preservation/?lang
https://www.eso.org/public/germany/announcements/ann22001/

https://www.eso.org/~ohainaut/satellites/22_ConAn_Bassa_aa42101-21.pdf

Beste Grüße Gertrud
die Erklärung zu meinem Avatar:
http://de.wikipedia.org/wiki/NGC_2442
http://antwrp.gsfc.nasa.gov/apod/ap070315.html
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Die Gabe des Staunens lässt uns die Welt aufgeschlossener sehen und ihre Wunder würdigen. (Richard Henry Lee)

Offline R2-D2

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Die amerikanische "National Science Foundation" (NSF) hat mit SpaceX eine Vereinbarung getroffen, um die Beeinträchtigungen der Astronomie durch zukünftige Starlink-Satelliten 2.0 zu reduzieren.

https://spacenews.com/nsf-and-spacex-reach-agreement-to-reduce-starlink-effects-on-astronomy/

Konkret wurden folgende Punkte vereinbart:
- SpaceX arbeitet darauf hin, die scheinbaren Helligkeit auf Mag. 7 zu reduzieren
- Satelliten senden nicht in der Nähe von Radioobservatorien
- Starlink-Sats werden nicht in die "Laser Clearinghouse" Datenbank eingetragen, d.h. Laser am Boden für adaptive Optiken müssen nicht abgeschaltet werden, wenn die Sats darüber fliegen - die Starlink werden davon nicht beschädigt

Alle diese Vereinbarungen sind freiwillig und gehen über die gesetzlichen Anforderungen hinaus. Andere Organisationen klagen aber gerade gegen die Genehmigung der FCC für Starlink 2.0

Offline failsafe

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Vergleichsmessungen an Starlink Gen.2-mini-Satelliten haben ergeben, dass deren scheinbare Helligkeit trotz ihrer gewachsenen Grösse geringer ist als die der Gen.1-Satelliten. Für diesen Vergleich werden die Helligkeiten jeweils umgerechnet auf eine Bezugsflughöhe von 1000 km.
Die scheinbare Helligkeit für Gen.2-mini beträgt dann mag 7,87. Die ergriffenen Massnahmen zur Reflektionsminderung bringen demnach eine Reduzierung um den Faktor 12, verglichen mit "unbehandelten" Satelliten.

"Starlink Generation 2 Mini Satellites: Photometric Characterization"; https://arxiv.org/abs/2306.06657
https://twitter.com/JohnBarentine/status/1668653014041923584
« Letzte Änderung: 17. Juni 2023, 11:19:52 von failsafe »

Offline Hugo

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Zitat aus dem Original-Paper:

SatellitentypeMagArea m²
Starlink Gen 2 Mini 7,87116,0
Starlink Gen 1 VisorSat 7,0026,3
Starlink Gen 1 Post-VisorSat 6,3426,3
Starlink Gen 1 Original 6,0826,3

Das ganze grafisch mit einigen Planeten und einigen Sternen, z.B. die Sterne vom (Teil-)Sternbild "Großer Wagen":


Offline failsafe

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Astronomen sind besorgt über Messungen, die eine Beeinträchtigung von Radioastronomie-Beobachtungen durch parasitäre Radioemissionen der Megakonstellationen anzeigen.
Dabei handelt es sich um Messungen des LOFAR-Radioteleskops in den Niederlanden an Starlink-Satelliten. Die Störquellen sind nicht die eigentlichen Übertragungssignale bei 10,7 bzw 12.7 GHz, sondern parasitäre Abstrahlungen der Bordelektronik im Bereich von 110 bis 188 MHz, unter anderem auch im für Radioastronomiebeobachtungen reservierten Bereich von 150 bis 153 MHz.

https://spacenews.com/radio-noise-from-satellite-constellations-could-interfere-with-astronomers/

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Offline James

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siehe dazu auch die Meldung im Portal:

MPIfR: Elektromagnetische Leckstrahlung von Satelliten gefunden

Wissenschaftler beobachten mit dem LOFAR-Teleskop zum ersten Mal niederfrequente Radiowellen von Satelliten in großen Konstellationen. Eine Pressemeldung des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie, Bonn.


Nachweis von unbeabsichtigter elektromagnetischer Strahlung, die von einem Starlink-Satelliten ausgeht, mit dem LOFAR-Radioteleskop. Die gelb-grünen Kreise zeigen die Pixel der synthetischen Radiokamera, die ein sechseckiges Gitter am Himmel bilden. Der rote Pfeil zeigt die vorhergesagte Bewegung eines Starlink-Satelliten durch das Sichtfeld des Teleskops. Tatsächlich verursachte der Satellit ein Signal in den Pixeln entlang seiner Bewegungsspur. Der Hintergrund zeigt die Vorschau auf eine laufende Durchmusterung des Himmels, die derzeit mit dem LOFAR-Teleskop durchgeführt wird (“The LOFAR Two-metre Sky Survey”, Shimwell et al., in prep.). Die blauen Punkte und Strukturen sind Galaxien, die im Radiobereich des elektromagnetischen Spektrums zu sehen sind (Falschfarbendarstellung). (Bild: IAU / CPS)

Weiter in der Pressemeldung des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie  =>  Link zum Portalartikel

Viele Grüße, James

Offline failsafe

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Re: Beeinträchtigung von astronomischen Teleskopen durch Megakonstellationen
« Antwort #358 am: 02. Oktober 2023, 17:56:46 »
Astronomen sind zunehmend beunruhigt über den Effekt von großen Satelliten in niedriger Erdumlaufbahn auf ihre Beobachtungsmöglichkeiten, zB BlueWalker 3 mit 64 m² Sonnenzellenfläche. Die beobachtete Helligkeit (typ 0,4 mag) ist vergleichbar mit der der hellen Sterne Prokyon und Achernar :

https://www.theguardian.com/science/2023/oct/02/astronomers-light-pollution-tetris-block-satellite-bluewalker-3-stars-bright

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Offline James

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Re: Beeinträchtigung von astronomischen Teleskopen durch Megakonstellationen
« Antwort #359 am: 22. Dezember 2023, 11:40:36 »
Weltfunkkonferenz setzt Radioastronomie auf die Agenda

Neue Studien sollen verbesserten Schutz der radioastronomischen Messungen vor Satellitensystemen ermöglichen. Eine Pressemeldung des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie, Bonn.


Das Radioteleskop in Effelsberg gehört zu den wichtigsten astronomischen Observatorien weltweit. Die Einbettung in ein malerisches Eifeltal sorgte Jahrzehnte für einen guten Schutz vor anthropogenen Funkaussendungen. Die vermehrte Nutzung von Breitbandkommunikation mittels großer Satellitenkonstellationen bereitet den Astronomen aber mehr und mehr Kopfzerbrechen, denn die Satelliten stehen überall auf der Erde hoch am Himmel. (Bild: Norbert Tacken / MPIfR)

Weiter in der Pressemeldung des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie  =>  Link zum Portalartikel

Viele Grüße, James

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Offline James

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Re: Beeinträchtigung von astronomischen Teleskopen durch Megakonstellationen
« Antwort #360 am: 07. September 2024, 22:23:07 »
AstroGeo Podcast: Wie Satelliten die Ozonschicht gefährden

Zwei unscheinbare Satelliten läuteten 2018 eine neue Ära ein: Megakonstellationen aus tausenden Satelliten bieten Chancen, könnten aber die Ozonschicht gefährden. Karl erzählt von seiner Langzeitrecherche über die Risiken für unsere Atmosphäre.


Wenn Satelliten in die Atmosphäre eintreten, werden sie heiß und im Idealfall verglühen sie dabei. Aber es bleiben immer Rückstände in der Atmosphäre (Quelle: NASA/ESA/Bill Moede and Jesse Carpenter)

Weiter im Portalartikel von Karl Urban  =>  Link zum Portalartikel

Viele Grüße, die Redaktionsmitglieder

Offline failsafe

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Re: Beeinträchtigung von astronomischen Teleskopen durch Megakonstellationen
« Antwort #361 am: 13. September 2024, 17:56:38 »
Eine prämiierte Aufnahme von Matt Jackson, die das Problem illustriert:
1 Stunde im Zeitraffer (time lapse series) zeigt es das Ausmass der Tracks von Starlink et al.


  Bild: Matt Jackson

Quelle: https://www.theguardian.com/science/gallery/2024/sep/13/astronomy-photographer-of-the-year-2024-winners-finalists

Offline Tuner

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Re: Beeinträchtigung von astronomischen Teleskopen durch Megakonstellationen
« Antwort #362 am: 13. September 2024, 19:58:30 »
Hallo,
Ich habe mal zur Rekapitulation einen uralten Faden hervorgeholt:

https://forum.raumfahrer.net/index.php?topic=1188.msg513892#msg513892

Meiner Meinung nach, stimmt etwas an dem Bild nicht! Das Haus ist scharf abgebildet, die Kamera kann sich also nicht bewegt haben. Die Sterne sind rund (die Erde dreht sich, und die Sterne würden als Striche erscheinen). Die Kamera MUSS! sich also bewegt haben. In den Satellitenspuren sind regelmäßige Lücken. Da passt was nicht! Da wurden diverse Bilder miteinander verrechnet! In der Astrofotografie nennt mann das Stacking. Fazit: Das kann kein echtes Foto mit einer Belichtungszeit von einer Stunde sein, sondern ist meiner Meinung nach, nur ein "Kunstwerk" und hat leider mit der Realität nur wenig gemein.

Soll sich bitte jeder selber eine Meinung bilden, für mich ist das Bild Schund!

Lest mal den Faden oben, vielleicht holt jemand sein verstaubtes Teleskop vom Dachboden. Ich freue mich auf Eure Bilder.

LG Sven

Edit: Typo

Offline Hugo

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Re: Beeinträchtigung von astronomischen Teleskopen durch Megakonstellationen
« Antwort #363 am: 13. September 2024, 22:38:23 »
Das ist kein Foto, das ist ein Kunstwerk, ein richtig gutes sogar, wie ich finde. Natürlich zeigt es nicht die Realität, so hell sind Starlinks nicht.

Re: Beeinträchtigung von astronomischen Teleskopen durch Megakonstellationen
« Antwort #364 am: 14. September 2024, 06:19:33 »
Als Kunstwerk beeindruckend. Als Problemdarstellung würde mich mehr interessieren, wie 4MOST und VeraRubinOservatory damit klarkommen.
Neulich im Sternenpark mit Feldstecher war es satellitenmäßig nicht so schlimm. Aber wenn es bald viele Großkonstallationen gibt?

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Offline James

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Re: Beeinträchtigung von astronomischen Teleskopen durch Megakonstellationen
« Antwort #365 am: 14. September 2024, 16:45:23 »
Unterschiedliche Personen, unterschiedliche Ansichten.

Ich finde das Bild sehr gut!
Es ist dazu gemacht (oder dürfte dazugemacht sein) um zu verdeutlichen was sich eigentlich da oben so abspielt (natürlich muss dazu in die Technikkiste gegriffen werden).
Und das Bild erfüllt seinen Zweck (bei mir) auch ganz hervorragend. Das schaut ja fast schon beängstigend aus.
Nebenbei auch eine schöne Bildkomposition mit dem Vordergrundgebäude. Doch, der Mann kann was.

Re: Beeinträchtigung von astronomischen Teleskopen durch Megakonstellationen
« Antwort #366 am: 15. September 2024, 01:02:04 »
Kunstwerke sollten als solches gekennzeichnet werden und nicht dafür missbraucht werden um die Realität falsch darzustellen. In diesem Falle sehe ich da einen Missbrauch.

Offline ThW

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Re: Beeinträchtigung von astronomischen Teleskopen durch Megakonstellationen
« Antwort #367 am: 15. September 2024, 06:50:30 »
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Meiner Meinung nach, stimmt etwas an dem Bild nicht! Das Haus ist scharf abgebildet, die Kamera kann sich also nicht bewegt haben. Die Sterne sind rund (die Erde dreht sich, und die Sterne würden als Striche erscheinen). Die Kamera MUSS! sich also bewegt haben. In den Satellitenspuren sind regelmäßige Lücken. ...
Wieso muss sich die Kamera bewegt haben? Die Belichtungszeit vieler Einzelframes war ausreichend kurz, um die Strichspuren der Sats zu unterbrechen, und es kann da durchaus sein, dass ein paar Frames einfach  das Gebäude und den Sternenhimmel festhielten und dafür entsprechend konfiguriert waren. Stacking ist in der Astrofotografie ein völlig gängiges und inho legitimes Verfahren. Und das Bild eine gute Demonstration der sich am Nachthimmel kumulierenden Lichtverschmutzung und Störung astronomischer Tätigkeit durch ein imho unnötig ungehindertes Wachstum der Zahl von unbemenschten Raumfahrzeugen auf Erdorbits.

Beim Umstieg von Analog- auf Digitalfotografie habe ich mich mit der Frage beschäftigt, wie die Digitale den Blick des Fotografen verändert. Letztlich kam u.a. für mich die dann doch recht banale Erkenntnis heraus, dass jede technische Bildaufnahme ganz zwangsläufig eine Auswahl von und Interpretation der Wirklichkeit sein muß, so wie auch das, was unsere Augen und unser Gehirn machen, Ausschnitt von und Interpretation der Wirklichkeit bewirken. Da kommen wir nicht aus. Frage mal ´ne Fliege oder einen Wal, wie die Welt ausschaut ...

Gruß   Thomas