Light Sail 2 von der Planetary Society

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Re: Light Sail 2 von der Planetary Society
« Antwort #25 am: 31. Juli 2019, 10:59:40 »
Sieht so aus, dass die Sache mit dem Sonnensegeln funktioniert. Seit Entfaltung des Segels ist das Apogäum um mehrere 100 Meter angestiegen und gleichzeitig das Perigäum um mehrere 100 Meter abgesunken:
https://twitter.com/BeckePhysics/status/1156337700473114630
Zumindest qualitativ ist das wie erwartet (quantitativ kann ich nicht beurteilen). Eine Pressekonferenz ist angekündigt:
https://twitter.com/exploreplanets/status/1156290503043768320
Schön, dass man einen spürbaren Effekt erreicht. Von praktischem Nutzen wäre das aber in der jetzigen Form nicht unbedingt, v.a. das Absinken des Perigäums ist negativ für die Lebensdauer.
Warten wir mal die PK ab...

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Offline m.hecht

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Re: Light Sail 2 von der Planetary Society
« Antwort #26 am: 31. Juli 2019, 12:28:41 »
Schön, dass man einen spürbaren Effekt erreicht. Von praktischem Nutzen wäre das aber in der jetzigen Form nicht unbedingt, v.a. das Absinken des Perigäums ist negativ für die Lebensdauer.
Warten wir mal die PK ab...

Ich kenn das genaue Missionsziel nicht. Wenn das Ziel ist, die Funktionsweise zu demonstrieren, dann gelingt das gerade. Wenn das Missionsziel ist, das Apogäum zu heben und das Perigäum zumindest beizubehalten, dann stimmt was nicht. Im letzen Fall müsste das Segel ja ständig gedreht werden.

Genauer:
Wenn der anfängliche Orbit des Satelliten annähernd kreisrund war und das Segel einfach nur geöffnet wird ohne den Satelliten ständig zu drehen, dann wird genau das passieren, was passiert. Die Sonne wird den Satelliten in den Bereichen des Orbits anschieben, in denen er sich von der Sonne wegbewegt. Die Sonne wird ihn aber dort bremsen, wo sich der Satellit auf die Sonne zubewegt. Folge: Erhöhen des Apogäums und Absinken des Perigäums. Will man das Absinken verhindern, muss das Segel jedesmal aus der Sonne gedreht werden, wenn sich der Satellit auf sie zu bewegt und in die Sonne gedreht werden, wenn er sich von ihr weg bewegt.

Mane

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Offline Riker

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Re: Light Sail 2 von der Planetary Society
« Antwort #27 am: 31. Juli 2019, 12:43:25 »
...
Genauer:
Wenn der anfängliche Orbit des Satelliten annähernd kreisrund war und das Segel einfach nur geöffnet wird ohne den Satelliten ständig zu drehen, dann wird genau das passieren, was passiert. Die Sonne wird den Satelliten in den Bereichen des Orbits anschieben, in denen er sich von der Sonne wegbewegt. Die Sonne wird ihn aber dort bremsen, wo sich der Satellit auf die Sonne zubewegt. Folge: Erhöhen des Apogäums und Absinken des Perigäums. Will man das Absinken verhindern, muss das Segel jedesmal aus der Sonne gedreht werden, wenn sich der Satellit auf sie zu bewegt und in die Sonne gedreht werden, wenn er sich von ihr weg bewegt.

Mane

genau, wie es im von ragger65 schon erwähnt wurde:

Das Entscheidende wird jetzt sein, ob die automatische Ausrichtung zur Sonne klappt. LightSail 2 soll ja jeweils für einen halben Orbit senkrecht zur Einstrahlung ausgerichtet werden, um zu beschleunigen, und dann parallel gestellt werden, um nicht wieder abzubremsen. Das ist hier sehr schön dargestellt:
http://www.planetary.org/multimedia/space-images/spacecraft/lightsail-2-orbit-raising.html
[Durch die Reibung an der Restatmosphäre wird der erdnächste Punkt (Perigäum) der Bahn allerdings trotzdem absinken.]
"Machen Sie's so!"

Offline rok

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Re: Light Sail 2 von der Planetary Society
« Antwort #28 am: 31. Juli 2019, 16:01:10 »
Aber das ist doch genau das, was gemacht wird!  ::)
Die Sonde dreht sich bei jedem Umlauf zweimal um 90°. Wenn die Sonne "von hinten" scheint, wird das Segel quer zur Strahlung gestellt. Wenn sie sich auf der Umlaufbahn der Sonne nähert, wird es wieder parallel zur Strahlung gestellt.
Der Effekt ist, dass sich der ursprüngliche Orbit sowohl zur "Schattenseite" verlängert (also die Ellipse länger wird), andererseits die Umlaufbahn von der Sonne weg verschoben wird.
Der erste Effekt ist positiv, der zweite bedeutet, dass das Perigäum immer stärker zur Erde absinkt und daher die Bremswirkung der Atmospäre überhand nimmt. Daher wird die "positive Wirkung" vermutlich innerhalb der nächsten ca. 30 Tage durch die Reibung aufgehoben und die Sonde in etwa einem Jahr abstürzen wird.
Es handelt sich nur um ein Experiment um zu zeigen, dass eine Orbitanhebung ausschließlich durch Solarenergie möglich ist.

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Offline m.hecht

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Re: Light Sail 2 von der Planetary Society
« Antwort #29 am: 31. Juli 2019, 16:39:11 »
Den zweiten Effekt versteh ich nicht. Warum wird das Perigäum gesenkt, obwohl der Satellit gedreht wird?

Ich würde erwarten, dass der Orbit so aussieht, wenn die Drehung korrekt funktioniert:


Quelle:

Wenn die Drehung nicht funktioniert, würde ich erwarten, dass das Apogäum gehoben und das Perigäum gesenkt wird.

Mane

Offline rok

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Re: Light Sail 2 von der Planetary Society
« Antwort #30 am: 31. Juli 2019, 16:54:14 »
Das ist hier auch nicht korrekt dargestellt. Der Orbit wird durch den Strahlungsdruck nicht nur elliptischer, was ein gewünschter Effekt ist um das Apogäum anzuheben. Gleichzeitig wird die gesamte Umlaufbahn von der Sonne weg bewegt, wodurch sich das "Perigäum" relativ zur Erde verkleinert. Man rechnet damit, dass die Bremswirkung des Segels nach etwa einem Monat so stark sein wird, dass es den solaren Schub überwiegen wird.

......
Was in der Animation gezeigt wird ist der übertrieben dargestellte Effekt während eines Umlaufes.

McPhönix

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Re: Light Sail 2 von der Planetary Society
« Antwort #31 am: 31. Juli 2019, 21:00:10 »
Immerhin - es funktioniert und man hat Meßwerte, die Gold wert sind.

Offline rok

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Re: Light Sail 2 von der Planetary Society
« Antwort #32 am: 31. Juli 2019, 21:28:02 »
Wenn man es mit der heutigen modernen Segeltechnologie vergleicht, dann entspricht das, was die Planetary Society mit dem LightSail-2 vorführt, den ersten steinzeitlichen Versuchen, einen See in einem Einbaum zu überqueren, indem man ein Stück Tuch in die Höhe hält.  ;) Aber irgendjemand muss ja mal damit anfangen und probieren ob es überhaupt funktionieren kann.

Re: Light Sail 2 von der Planetary Society
« Antwort #33 am: 31. Juli 2019, 22:44:48 »
Ich erinnere da aber an die Tests der Japaner mit IKAROS auf dem Flug zwischen Erde und Venus, aktive zwischen 2010 und 2015. Sie hatten sogar eine sehr innovative Kontrolltechnik, indem sie die Reflexionseigenschaften einzelner Bereiche des Segels verändert haben, um so durch den Solardruck sogar die Lage im Raum zu kontrollieren, nicht nur den Orbit.

https://en.wikipedia.org/wiki/IKAROS

\\   //    Grüße
 \\ ///    Daniel

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Offline rok

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Re: Light Sail 2 von der Planetary Society
« Antwort #34 am: 01. August 2019, 08:06:18 »
Allerdings war die Aufgabe von Ikaros deutlich simpler, als die von LightSail-2. Ikaros musste sich mithilfe des Sonnensensors nur quer zur Sonne stellen.

LightSail-2 dagegen dreht sich zweimal pro Umlauf (also alle ca. 50 min.) um 90° und muss dann das dabei entstehende Taumeln wieder abbauen. Das Erkennen der Bewegung geschieht durch Magnetometer, bei einer minimalen Winkelgeschwindigkeit von ca. 0,4° pro sec., also etwa der vierfachen Bewegung eines Minutenzeigers. Diese Taumelbewegungen werden durch Magnetspulen abgebaut, was allerdings nur im Magnetfeld eines Planeten funktioniert. Ikaros musste also ein anderes Verfahren anwenden, indem es die Reflektivität der Beschichtung durch Anlegen einer Spannung änderte.

......

J. Davis von der Planetary Society hat gestern eine Zwischenbilanz der ersten Tage des Betriebs geschrieben, derzeit steigt das Apogäum um mehrere hundert m pro Tag, allerdings fällt das Perigäum bereits in einer Höhe von ca 705 km noch schneller, so dass das Anheben des Orbits wahrscheinlich schon in wenigen Wochen zuende sein wird:

http://www.planetary.org/blogs/jason-davis/lightsail-2-successful-flight-by-light.html

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Offline m.hecht

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Re: Light Sail 2 von der Planetary Society
« Antwort #35 am: 01. August 2019, 08:39:39 »
Das ist hier auch nicht korrekt dargestellt. Der Orbit wird durch den Strahlungsdruck nicht nur elliptischer, was ein gewünschter Effekt ist um das Apogäum anzuheben. Gleichzeitig wird die gesamte Umlaufbahn von der Sonne weg bewegt, wodurch sich das "Perigäum" relativ zur Erde verkleinert. Man rechnet damit, dass die Bremswirkung des Segels nach etwa einem Monat so stark sein wird, dass es den solaren Schub überwiegen wird.

Danke rok. Du hast nochmal beschrieben, WAS passiert aber nicht WARUM. Wenn sich der Satellit einmal pro Umlauf so dreht wie in der Animation dargestellt, versteh ich das Anheben des Apogäums. Aber WARUM wird die gesamte Umlaufbahn von der Sonne weg gedrückt? Das versteh ich nicht. Wenn der Satellit jedesmal aus der Sonne gedreht wird, wenn er sich auf sie zu bewegt und jedesmal in die Sonne gedreht wird, wenn er sich von ihr weg bewegt, dann wird der Satellit ja ständig beschleunigt. Ober besser gesagt: Ihm wird ständig Bahnenergie zugeführt aber an keiner Stelle weg genommen. Wie kann sich dann das Perigäum senken?

Mane

Offline rok

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Re: Light Sail 2 von der Planetary Society
« Antwort #36 am: 01. August 2019, 08:52:12 »
Durch die Luftreibung. Sorry Mane, ich hatte zwischenzeitlich eine Ergänzung eingefügt, in der das Problem nochmal erläutert wird.

......

Das Segel wird praktisch während des gesamten Umlaufs abgebremst, da die Bahn fast kreisförmig ist (derzeit ca. 705 x 725 km), der Bremseffekt im Perigäum ist also nur wenig stärker als im Durchschnitt der Bahn.

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Offline m.hecht

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Re: Light Sail 2 von der Planetary Society
« Antwort #37 am: 01. August 2019, 09:09:47 »
Durch die Luftreibung. Sorry Mane, ich hatte zwischenzeitlich eine Ergänzung eingefügt, in der das Problem nochmal erläutert wird.

Das Segel wird praktisch während des gesamten Umlaufs abgebremst, da die Bahn fast kreisförmig ist (derzeit ca. 705 x 725 km), der Bremseffekt im Perigäum ist also nur wenig stärker als im Durchschnitt der Bahn.

Verstehe. Die Luftreibung bremst kontinuierlich, aber nur jeweils einen halben Orbit lang wird beschleunigt. In der Beschleunigungsphase wird der gegenüberliegende Punkt des Orbits angehoben aber in der Bremsphase (oder besser in der Nicht-Beschleunigungsphase) wird der gegenüberliegende Punkt des Orbits abgesenkt.

Danke!

Mane

Offline rok

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Re: Light Sail 2 von der Planetary Society
« Antwort #38 am: 01. August 2019, 09:27:38 »
Ja, in dem o. a. Artikel ist auch ein Diagramm mit den Höhenangaben der letzten Tage enthalten.

......

Wenn man einen permanenten einseitigen Schub einsetzt, müsste sich dann die Ellipse nicht um die z-Achse (die Normale auf der Ellipsenfläche) drehen? Das würde bedeuten, dass das Perigäum irgendwann auf die sonnenabgewandte Seite wandert, wodurch man es erhöhen könnte?

« Letzte Änderung: 02. August 2019, 07:45:06 von rok »

Offline DF2MZ

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Re: Light Sail 2 von der Planetary Society
« Antwort #39 am: 07. August 2019, 16:43:45 »
Ich habe mal eine eigene Auswertung des Orbitverlaufs von Lightsail-2 gemacht, die auch die Umlaufdauer umfasst. Da sieht man besser als mit den Orbithöhen, dass das Ding trotz des Segels an orbitaler Energie verliert.
https://twitter.com/df2mz/status/1159106935934898176

Re: Light Sail 2 von der Planetary Society
« Antwort #40 am: 09. August 2019, 11:21:59 »
Ich habe mal eine eigene Auswertung des Orbitverlaufs von Lightsail-2 gemacht, die auch die Umlaufdauer umfasst. Da sieht man besser als mit den Orbithöhen, dass das Ding trotz des Segels an orbitaler Energie verliert.
https://twitter.com/df2mz/status/1159106935934898176

Der Orbit war halt auch ein Kompromiss. Auf die Schnelle kann ich keine Quelle mehr dafür finden, aber ich erinnere mich, dass die Planetary Society für LightSail 2 ursprünglich 800 km Höhe angepeilt hatte. Es fand sich jedoch keine passende Mitflug-Gelegenheit, deshalb hat man dann den Falcon-Heavy-Start in den 720-km-Orbit akzeptiert. Macht aber letztlich nichts, es ist ja nur eine Demonstrationsmission, und das deutliche Anheben des Apogäums wird als Erfolg gewertet.

Re: Light Sail 2 von der Planetary Society
« Antwort #41 am: 29. August 2019, 13:59:49 »
Die Apogäums- und Perigäumsdaten gibt es jetzt auch als grafische Darstellung direkt auf der Mission Control Site:
http://www.planetary.org/explore/projects/lightsail-solar-sailing/lightsail-mission-control.html
(runter scrollen zu "Advanced Data"). Man kann die Daten auch als Google Sheet herunterladen. Seit dem Entfalten des Sonnensegels am 23.7. ist das Apogäum um mehr als 7 km angestiegen.

Re: Light Sail 2 von der Planetary Society
« Antwort #42 am: 13. September 2019, 06:46:16 »
Die Apogäums- und Perigäumsdaten gibt es jetzt auch als grafische Darstellung direkt auf der Mission Control Site:
http://www.planetary.org/explore/projects/lightsail-solar-sailing/lightsail-mission-control.html

Es tut sich nicht mehr viel; seit Anfang des Monats sinkt das Apogäum langsam ab. Erstaunlicherweise hat sich auch die Absenkung des Perigäums verlangsamt. Das sieht fast aus wie vor der Entfaltung des Sonnensegels. Vielleicht funktioniert die Ausrichtung nicht mehr? Leider ist von der Planetary Society nichts dazu zu hören. Über deren Informationspolitik bin ich sowieso extrem enttäuscht. Diese Mission ist doch ein absolutes Highlight, da hätte ich viel mehr erwartet.

Offline rok

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Re: Light Sail 2 von der Planetary Society
« Antwort #43 am: 12. Oktober 2019, 19:17:20 »
Vom Light-Sail-2-Team gibt es immer noch keine aktuellen Kommentare, vielleicht sind sie auch etwas enttäuscht, dass sich auf ihren Aufruf zur Bearbeitung ihrer Kamerabilder anscheinend niemand gemeldet hat.  ;)

Wenn man sich die Orbitdaten anschaut, sieht es so aus, dass sie seit einigen Wochen die Exzentrizität verringern, also das Perigäum anheben und das Apogäum absenken, so dass sie in einigen Wochen eine echte Kreisbahn erzeugen könnten. Insgesamt ist die Sonde in den 2,5 Monaten seit der Entfaltung des Segels nur um etwa 1 km abgesunken.

http://www.planetary.org/explore/projects/lightsail-solar-sailing/lightsail-mission-control.html

Am Anfang der Mission gab es erhebliche Probleme mit der Steuerungssoftware die ja auf der Erde nicht getestet werden konnte, Beispiel vom 5. Tag nach der Entfaltung des Solarsegels:




Die Bewegung um die Hochachse, die zwischen 0° und 90° liegen sollte, schwankte in der Realität zwischen 10° und 140°. Man hat unter anderem mit einem Update reagiert, so dass die Änderung der Drehzahl des Reaktionsrades langsamer erfolgte, wodurch die Regelung mehr Zeit hatte, auf die Daten der Magnetsensoren "smoother" zu reagieren. (Die rote Kurve ist der Sollwert, die schwarze der reale Istwert)


Ein anderes Problem war, dass die Umdrehung des Reaktionsrades, an dem sich die Sonde bei den Manövern "abstützt", nach den Wechseln 0°-90°-0° eigentlich wieder bei 0 liegen sollte, allerdings hat das nicht richtig funktioniert, so dass das Rad immer noch rotierte. Dadurch war es erforderlich, dass das Rad mehrmals am Tag entsättigt, d. h. zum Stillstand gebracht werden musste, was wiederum die Lageregelung der Sonde störte. Durch ein Softwareupdate wird dieser Vorgang jetzt bei jedem Durchlauf durch den Erdschatten durchgeführt, wenn das Segel sowieso "antriebslos" ist und daher keine Bahnstörungen erfolgen.

......

Die Infos stammen aus der o.a. planetary.org-Quelle wenn man nach unten scrollt.

« Letzte Änderung: 12. Oktober 2019, 21:12:24 von rok »

McPhönix

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Re: Light Sail 2 von der Planetary Society
« Antwort #44 am: 12. Oktober 2019, 20:19:59 »
Inzwischen ist ein weiteres Software Update erfolgt, das den durch die Rotation der Galaxis entstandene Fehler in der Rotation des Reaktionsrades aufhebt. Allerdings wird dadurch eine periodische Korrektur nötig, weil man die Auswirkung des nicht zu vernachlässigenden Vollmond Lichtes auf das Seil unterschätzt hatte, insbesondere bei einer Jupiter-Saturn Konjunktion. Ab 25.10. übt jedoch die Venus eine gewisse Kompensation aus. 

Boooaaahh, verdammt heiße Kiste das Ding. Nicht so einfach zu verstehen das alles.
Nee garnich....
;)

Offline rok

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Re: Light Sail 2 von der Planetary Society
« Antwort #45 am: 12. Oktober 2019, 21:01:49 »
Ja, und das ist das verrückte daran, dass man diesen 1-Cube-Satelliten gestartet hat und erst während der Orbits die Software für die Lagekontrolle richtig entwickeln konnte. (Und die "externen Einflüsse" erst nach und nach integrieren konnte.)  ;)

Offline rok

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Re: Light Sail 2 von der Planetary Society
« Antwort #46 am: 13. Oktober 2019, 17:42:37 »
Das war alles ziemlich verkürzt dargestellt, hier die Langversion:

Wenn Lightsail-2 im Erdorbit auf die Sonne zu fliegt, wird es parallel zur Einstrahlungsrichtung gestellt. Beim Rückweg, wenn die Sonne von hinten scheint, wird es um 90° umgeklappt und steht dann quer zur solaren Strahlung, wodurch es in Flugrichtung beschleunigt wird.

Dieses Umklappen wird durch ein Reaktionsrad erzeugt, das beim Hochfahren einen entgegengesetzten Drehimpuls auf die Sonde bewirkt. Wenn die Sensoren melden, dass die Sonde optimal ausgerichtet ist, wird das Reaktionsrad in die entgegengesetzte Richtung beschleunugt und die Drehbewegung des Segels wird dadurch gestoppt. Im Idealfall wechselt das Segel also bei jedem Umlauf die Ausrichtung einmal von 0° zu 90° und zurück zu 0°.

Die Sensoren der Sonde bestehen aus 3 Magnetfeldsensoren (Magnetometern), die die Orientierung der Sonde im Erdmagnetfeld anzeigen und einem Sonnensensor, der die Richtung zur Sonne bestimmt.Die rote Linie in dem Diagramm zeigt den optimalen Verlauf, der durch das Reaktionsrad erzeugt werden sollte, also das Umklappen jeweils nach einem halben Orbit.

In der schwarzen Linie sieht man die echten Daten, die über mehrere Orbits ca. 5 Tage nach Beginn der Mission registriert wurden. Diese Daten wurden nachträglich aus den Magnetometern ausgelesen, und sie haben mit der optimalen Ausrichtung des Segels offensichtlich nicht viel zu tun. Man sieht, dass die Sonde ziemlich wild zwischen 10° und 140° pendelt.

Das Team hat also einige Updates an LS.-2 gesendet. Unter anderem wurden die Drehzahländerungen des Reaktionsrades verlangsamt, damit die Software für die Lageregelung mehr Zeit hat, um auf die Sensordaten zu reagieren und sich wieder korrekt auszurichten.

Da die Sonde keine Triebwerke besitzt, wird die Ausrichtung durch Magnetspulen erzeugt, die durch Wechselwirkung mit dem Erdmagnetfeld eine Lageänderung erzeugen:

https://de.wikipedia.org/wiki/Magnettorquer

Ein weiteres Problem entstand dadurch, dass das Reaktionsrad nach den Schwenks nicht wieder auf die Drehzahl "null" zurückkehrte, sondern weiterhin drehte, was vermutlich an der leichten Taumelbewegung der Sonde lag. Da das Rad aber bei jeder 90°-Drehung bis zur maximalen Drehzahl beschleunigt wird, musste es mehmals am Tag wieder entsättigt (gestoppt) werden, um das Drehmoment für den nächsten Schwenk erzeugen zu können.

Das Entsättigen benötigt aber eine Gegenkraft, die von den Magnettorquern erzeugt wird, wodurch es wiederum zum Taumeln der Sonde kam. Man hat jetzt diesen Vorgang in die Phase gelegt, in der die Sonde durch den Erdschatten fliegt. Das hat den Vorteil, dass das Segel dabei antriebslos fliegt, also keine negativen Auswirkungen durch ein falsch ausgerichtetes Segel entstehen. Andererseits muss die Energie für das Manöver dann ausschließlich aus den Akkus gesaugt werden.

Auf der Erde konnte man das Zusammenspiel der einzelnen Komponenten nicht testen. Dazu hätte man eine Vakuumkammer mit einer Abschirmung gegen das Erdmagnetfeld und der Erzeugung von einem internen gerichteten homogenen Magnetfeld benötigt, in der die Sonde reibungsfrei gelagert wäre. Und das war bei den 7 Mio $ Entwicklungskosten nicht drin.

......

Übrigens sollte die Primärmission nur einen Monat dauern und es wurde damit gerechnet, dass das Solarsegel durch die Luftreibung nach etwa einem Jahr so stark abgebremst wäre, dass es in die Atmosphäre eintaucht.

Offline DF2MZ

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    • DF2MZ
Re: Light Sail 2 von der Planetary Society
« Antwort #47 am: 13. Oktober 2019, 18:39:30 »
Mit Computersimulationen hätte man sich da aber sehr wohl besser vorbereiten können da alle einwirkenden Größen gut bekannt sind. Allerdings hätten Simulationen wohl sogar die ganze Mission überflüssig gemacht. Es gab ja ausser des schlechten experimentellen Designs keine Überraschungen.

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Online Terminus

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Re: Light Sail 2 von der Planetary Society
« Antwort #48 am: 13. Oktober 2019, 19:06:15 »
Das war alles ziemlich verkürzt dargestellt, hier die Langversion:

Danke für die ausführlichen Hintergrundinformationen, jetzt ist mir klarer, worum es geht und wo die Probleme liegen.

... Allerdings hätten Simulationen wohl sogar die ganze Mission überflüssig gemacht. Es gab ja ausser des schlechten experimentellen Designs keine Überraschungen.

:) aber das kann man ja nicht vorher wissen. Selbst wenn man es vorher noch so gut simuliert hätte, hätte man die Erkenntnisse noch empirisch bestätigen müssen, so oder so. Da finde ich die Methode, es umgekehrt zu machen, gar nicht so unclever, zumindest bei begrenzten finanziellen Ressourcen und keiner bestehenden Gefährdung von Menschenleben und Sachwerten.

Offline rok

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Re: Light Sail 2 von der Planetary Society
« Antwort #49 am: 13. Oktober 2019, 19:12:39 »
Hallo DF2MZ,

ich weiß nicht, ob die Planetary Society die Spendengelder nur für die Entwicklung eines Simulationsprogramms zusammenbekommen hätte. Und selbst wenn, muss irgendjemand dann auch noch diese Software testen. Mit der Aussage zum überaschend schlechten experimentellen Design sollte man bei einer NGO vorsichtig sein. Meine Meinung.