Politische Ausrichtung?

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Gero_Schmidt

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Politische Ausrichtung?
« am: 20. Februar 2005, 23:08:30 »
Mich würde mal interessieren, welche politschen Ansichten die Forumsteilnehmer vertreten. Haben wir hier ein buntes Gemisch von rechts-autoritär bis links-liberal oder gibt es eine (oder mehrere) dominante Richtung/en?

Ich mach mal den Anfang: Ich würde mich am ehesten als rechts-liberal bezeichnen. Das heißt ich befürworte einen wirtschaftsliberalen Kurs, möglichst wenig staatliche Einmischung, und eine "no appeasement"-Außenpolitik.

Hier in Deutschland wähle ich FDP, in den USA ginge meine Stimme an die Republikaner (ja, ich kann Bushs Politik viele positive Seiten abgewinnen, shocking!).

Auf den Raumfahrtbereich übertragen heißt das für mich, dass der Staat versuchen sollte, eine lebensfähige Raumfahrtindustrie aufzubauen und von dieser Dienste in Anspruch nehmen sollte (also zum Beispiel Frachtflüge zur ISS), statt alles in Eigenregie zu erledigen. Letzteres ist ineffizient, dauert länger und ist teurer.
« Letzte Änderung: 20. Februar 2005, 23:09:27 von Gero_Schmidt »

admin

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Re: Politische Ausrichtung?
« Antwort #1 am: 21. Februar 2005, 01:38:13 »
Ich sehe es mit der Raumfahrtindustrie ähnlich: Der Staat sollte nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten die Aufgaben vergeben.
Dennoch braucht es meiner Meinung nach Organisationen wie die ESA oder die NASA zur Koordinierung der Aktivitäten und vor allem zur durchführung der Forschung.  Während ich z.B den Auftrag zum Bau einer Trägerrakete an die Industrie vergeben würde (wie dies ja auch geschieht), sollte die Forschung weiter von einer Organisation durchgeführt werden. Da keine direkten Profite z.B mit der Erkundung des Universums (Hubble) verbunden sind, würde eine private Firma dies nicht erledigen.

hesaenger

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Re: Politische Ausrichtung?
« Antwort #2 am: 21. Februar 2005, 07:10:30 »
Hallo,

Nur Politik und Raumfahrt sind schwer zu vereinen da kaum ein Raumfahrtprojekt innerhalb von 4 Jahren abzuwickeln ist und selbst 8 Jahre, fakultativ, sind oft zu wenig. Die Erfahrung hat dazu bewiesen, dass weniger die Parteirichtung, als die individuelle Einstellung eines Präsidenten oder eines Forschungsministers oder eines Vorstandsvorsitzenden entscheidender ist. Raumfahrt als Aufgabe ist zwar prinzipiell anerkannt, die Umsetzung wird aber weiter eher dem Zufall überlassen sein und quasi in Schüben stattfinden. Wenn es also künftig nicht drängende Gründe wie Beispielsweise die Abwehr von bedrohlichen Meteoriten gäbe, wird es kaum besser werden :(
Wenn wir vor der eigenen Türe kehren, wenn wir die Raumfahrtagentur aus dem DLR ausgliedern, wenn bei der ESA nicht nur organisatorische Kosmetik betrieben wird sondern diese neu aufgestellt wird, könnte unsere Raumfahrt erfolgreicher werden. Welche Partei, welche Politiker würden sich entsprechend einsetzen?

Gero_Schmidt

  • Gast
Re: Politische Ausrichtung?
« Antwort #3 am: 21. Februar 2005, 21:19:09 »
Ich gebe dir Recht, dass nicht (nur) die politische Einstellung darüber entscheidet, ob beispielsweise ein US-Präsident die NASA unterstützt oder nicht: Kennedy und Bush Jr. oder auch Reagan haben einiges für die NASA getan, während Carter oder Nixon wohl keine großen Raumfahrt-Enthusiasten waren.

In Deutschland sehe ich dagegen deutliche Unterschiede zwischen den Parteien im Hinblick auf ihre Unterstützung für ein Raumfahrtprogramm. Von den Grünen ist hier (nach meiner Erfahrung) statt Unterstützung aktive Opposition zu erwarten, mit der Begründung, das Geld sollte man besser in den Bau von Windrädern investieren.
CDU/CSU: Nicht offen genug für neue Ideen; konservativ eben.
SPD: Wenn die Linke ihren Fortschrittsoptimismus wiederfinden könnte, statt ständig Weltuntergangsstimmung zu verbreiten, vielleicht.
FDP: Mein klarer Favorit (s. oben). Die FDP ist eigentlich die einzige Partei in Deutschland, die neue Technologien durchgehend positiv bewertet, statt nur auf die Risiken zu schauen und der ich auch zutraue, das wirtschaftliche Potential privater Raumfahrt zu erkennen.


"Raumfahrt als Aufgabe ist zwar prinzipiell anerkannt, die Umsetzung wird aber weiter eher dem Zufall überlassen sein und quasi in Schüben stattfinden."

Nur wenn sie weiter von staatlichen Geldern abhängig ist. Wenn es hingegen gelingt, einen privaten Raumfahrtsektor aufzubauen, der Raumfahrt betreibt, um Profit zu machen, wird die Entwicklung sehr viel kontinuierlicher, schneller und zielgerichteter verlaufen.
Ich denke hier vor allem an Firmen wie Virgin Galactic/Scaled Composites, Bigelow Aerospace oder SpaceX.

Wieso gibt es sowas nicht auch in Deutschland? Das wäre wirklich mal ein Thema für Schröders "Innovationsoffensive"...

Gero_Schmidt

  • Gast
Re: Politische Ausrichtung?
« Antwort #4 am: 21. Februar 2005, 21:23:53 »
David

Klar, ich bin nicht für die Abschaffung von NASA oder esa. Aber es können noch viel mehr Aufgaben von privaten Firmen übernommen werden, und es scheint ja auch, dass die NASA das langsam erkennt. Angeblich hat es bereits Gespräche zwischen SpaceX und NASA-Managern gegeben, über Frachtflüge zur ISS mit Falcon V und sogar bemannte Flüge wären (nach 2010, also nach Außerdienstsellung des Shuttles) nicht ausgeschlossen.

Gero_Schmidt

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Re: Politische Ausrichtung?
« Antwort #5 am: 23. Februar 2005, 19:27:37 »
Dazu noch eine Ergänzung: Habe gerade gelesen, dass die NASA derzeit plant, über die nächsten fünf Jahre verteilt 1,7 Milliarden Dollar für kommerzielle Flüge zur ISS auszugeben. Ist quasi eine Neuaflage des (kläglich gescheiterten) Alternate Access to Station-Programms. Vielleicht läuft es diesmal besser, jetzt wo die NASA mit einem solchen Programm nicht mehr ihre eigenen Interessen untergräbt, schließlich gibt es keine X-33 mehr und keine Space Launch Initiative.

hesaenger

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Re: Politische Ausrichtung?
« Antwort #6 am: 24. Februar 2005, 10:10:41 »
Zitat
Dazu noch eine Ergänzung: Habe gerade gelesen, dass die NASA derzeit plant, über die nächsten fünf Jahre verteilt 1,7 Milliarden Dollar für kommerzielle Flüge zur ISS auszugeben. Ist quasi eine Neuaflage des (kläglich gescheiterten) Alternate Access to Station-Programms. Vielleicht läuft es diesmal besser, jetzt wo die NASA mit einem solchen Programm nicht mehr ihre eigenen Interessen untergräbt, schließlich gibt es keine X-33 mehr und keine Space Launch Initiative.



Naja, das sind mal anderthalb Flüge in 5 Jahren. Ist das schon ein Programm?

Gero_Schmidt

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Re: Politische Ausrichtung?
« Antwort #7 am: 24. Februar 2005, 20:44:03 »
Zitat

Naja, das sind mal anderthalb Flüge in 5 Jahren. Ist das schon ein Programm?



Anderthalb Flüge? Wie kommst du denn darauf? Die Flüge werden natürlich nicht mit dem Shuttle durchgeführt werden, das ist doch gerade der Punkt.

Bei SpaceX beispielsweise bekäme man für das Geld ($1,7 Milliarden) über 100 Flüge mit Falcon V (Startkosten betragen knapp $16 Millionen). Die ISS-Nutzlastkapazität der Falcon V liegt bei fünfeinhalb Tonnen.

Natürlich werden nicht die gesamten 1,7 Milliarden tatsächlich für Frachtflüge ausgegeben werden aber das Potential sollte klar sein.

hesaenger

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Re: Politische Ausrichtung?
« Antwort #8 am: 24. Februar 2005, 21:14:47 »
Zitat


Bei SpaceX beispielsweise bekäme man für das Geld ($1,7 Milliarden) über 100 Flüge mit Falcon V (Startkosten betragen knapp $16 Millionen). Die ISS-Nutzlastkapazität der Falcon V liegt bei fünfeinhalb Tonnen.

Natürlich werden nicht die gesamten 1,7 Milliarden tatsächlich für Frachtflüge ausgegeben werden aber das Potential sollte klar sein.


Falcon V  wird noch viel Geld und Zeit brauchen bis es fliegt. Erst dann kann man bei einem kommerziellen Projekt etwas über die Startkosten sagen. Bisher ist es nur gute Werbung! Die derzeitigen EELVs sind über knapp 15 Mrd. in den roten Zahlen. Deshalb müssen sie über das bemannte NASA Programm saniert werden. Bleibt gerade mal SEALAUNCH übrig. Da scheinen mir 1,7 Mrd. doch nicht so überzeugend. ;)

Gero_Schmidt

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Re: Politische Ausrichtung?
« Antwort #9 am: 24. Februar 2005, 23:51:04 »
Noch mal die Frage: Wie bist du auf anderthalb Starts gekommen?


Zitat

Falcon V  wird noch viel Geld und Zeit brauchen bis es fliegt. Erst dann kann man bei einem kommerziellen Projekt etwas über die Startkosten sagen. Bisher ist es nur gute Werbung! Die derzeitigen EELVs sind über knapp 15 Mrd. in den roten Zahlen. Deshalb müssen sie über das bemannte NASA Programm saniert werden. Bleibt gerade mal SEALAUNCH übrig. Da scheinen mir 1,7 Mrd. doch nicht so überzeugend. ;)


Falcon V wird voraussichtlich 2006 das erste Mal starten, Falcon I in wenigen Monaten. SpaceX hat bereits mehrere Aufträge erhalten und wird die Starts zu den angegebenen Preisen durchführen, nachträgliche Preiserhöhungen wird es definitiv nicht geben.

Ich sehe also nicht, warum Falcon V nicht für dieses Programm der NASA in Frage kommen sollte. Tatsächlich haben NASA-Manager wiederholt gesagt, dass sie sehr interessiert sind an SpaceX und anderen kommerziellen Firmen.

Ich kenne nicht die genauen Startkosten von Sealaunch, dieses Trägersystem ist aber in jedem Fall billiger als das Shuttle oder die EELVs.

Noch was zu den EELVs: Das Programm muss von niemandem saniert werden. Wenn Boeing und Lockheed Martin (wie's aussieht vor allem Boeing) deswegen in Schwierigkeiten geraten sind, ist das allein ihr Problem.

admin

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Re: Politische Ausrichtung?
« Antwort #10 am: 25. Februar 2005, 01:13:21 »
Ich denke ebenfalls, dass das Shuttle eine extrem überteuerter Träger ist. Dass es bei gleicher/besserer Qualität auch viel billiger geht zeigt die russische Raumfahrt.

Allerdings bin ich inzwischen beim übertriebenen Optimismus für neue Startkonzepte vorsichtig geworden. Wenn es nur darum geht "etwas irgendwie hochzuschießen" geht es natürlich auch viel billiger als bei den konventionellen Trägern.  Soll aber ein vertretbares Level an Sicherheit im kommerziellen Betrieb erreicht werden, kommen noch unheimlich viele Kosten hinzu. Ein verlässlicher Betrieb erfordert ein hohes Niveau an Redundanz, peinlichst genaue Kontrolle und einen erheblichen Verwaltungsaufwand. Zusammen mit den Versicherungsprämien und den anderen "Kleinigkeiten" im richtigen Betrieb summiert sich das auf...

Damit will ich nicht sagen, dass man nicht wesentlich billiger als derzeitige Systeme werden kann - aber ein wahres Wunder soll man sich eher nicht erhoffen. Drastische Durchbrüche bei den Startkosten wird es wohl erst dann geben, wenn es auch technologisch einen Schritt vorwärts geht und Innovationen wie Air-Breathing-Systems/Ramjets etc. ausgereifter sind.
« Letzte Änderung: 25. Februar 2005, 01:14:46 von admin »

Gero_Schmidt

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Re: Politische Ausrichtung?
« Antwort #11 am: 25. Februar 2005, 02:15:02 »
Bei mir ist es in gewisser Weise umgekehrt: Ich bin vorsichtig geworden, was die Behauptung angeht, für einen wirklich kostengünstigen/sicheren Zugang zum Weltraum bedürfe es technologischer Durchbrüche. Ich glaube vielmehr, dass wir die benötigte Technologie im Prinzip schon seit Jahrzehnten haben und bisher einfach noch niemand den Versuch gemacht hat, sie konsequent mit Blick auf möglichst niedrige Betriebskosten zu optimieren. Eben das geschieht nun aber bei Firmen wie SpaceX.

Auch was die Sicherheit angeht, können die start-ups durchaus mithalten: Laut einer Futron-Studie werden Falcon I/V die sichersten US-Trägersysteme sein, sicherer als das Shuttle, (minimal) sicherer als die EELVs und wohl auch sicherer als Ariane.
Falcon V wir der einzige Träger (neben dem Shuttle) sein, der eine Mission selbst dann zu Ende führen kann, wenn ein Triebwerk ausfällt. Die letzte Rakete, die diese Fähigkeit hatte, war die Saturn V.

hesaenger

  • Gast
Re: Politische Ausrichtung?
« Antwort #12 am: 25. Februar 2005, 06:47:22 »
Hallo,

erst einmal zu den vorhandenen EELVs. Präsident Busch hat beide als strategisch notwendig erklärt. Also werden sie erhalten werden und dies wird weder Boeing noch Lockheed bezahlen!

Zu SEALAUNCH. Die Startkosten sind irgendwo zwischen 80 und 100 Mio. Dies ist eine fertige russische Entwicklung. Damit wird in den USA wenig Interese bestehen diese innerhalb zusätzlicher Programme zu fördern.

Zu Falcon V. Es gibt nicht mehr viele Entwicklungsmannschaften die gerade mal einen Träger fertigentwickeln können. Ein funktionierender Träger kommt nicht mal nur vom Reisbrett, dazu gehört eine Menge Know How. Wenn man sich den für Falcon V notwendigen Entwicklungsumfang (kg zu realisierender Konstruktion) ansieht, gibt es einige Zweifel ob der entstehenden Kosten und der dafür notwendigen Zeit.

Künftige Technologien. Was innerhalb der nächsten 25 Jahre fliegt muss im Prinzip jetzt schon bekannt sein. Dabei ist die bemannte Raumfahrt wesentlich konventioneller als manche strategisch interessanten Entwicklungen. Was ist den beispielsweise noch in der Pipeline. Man könnte bei Orbitertriebwerken den Isp noch steigern. Es gibt im Bereich der Elektrodynamik Entwicklungen um die Effizienz luftatmender Triebwerke zu steigern oder einfach als Schutzschild für das Reentry. Besonders bei den elektrischen Triebwerken für den interplanetaren Flug ist viel Arbeit seit den 60ern übrig geblieben. Starke gebündelte Ionentriebwerke sind überfällig.

Was beispielsweise Sinn machen würde, wäre ein schwerer modularer Träger mit nicht zu aufwendigen Kohlenwasserstofftriebwerken. Dazu ein Konzept wie MAKS. Dazu ein kleiner Reaktor für ein starkes Ionentriebwerk und natürlich auch dieses selbst. Das sind beherrschbare Dinge die nach heutigem Stand die Anforderungen für Sicherheit und Kosteneffizienz erfüllen können.

Aber noch eine Frage: Welches Triebwerk einer Saturn V hätte komplett ausfallen dürfen, damit diese trotzdem Erfolgreich gewesen wäre? Soweit ich mich an von Brauns Ausführungen erinnere fällt mir keines der Haupttriebwerke ein  ???

Gero_Schmidt

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Re: Politische Ausrichtung?
« Antwort #13 am: 25. Februar 2005, 08:51:26 »
Zitat

Aber noch eine Frage: Welches Triebwerk einer Saturn V hätte komplett ausfallen dürfen, damit diese trotzdem Erfolgreich gewesen wäre? Soweit ich mich an von Brauns Ausführungen erinnere fällt mir keines der Haupttriebwerke ein  ???


Was heißt hier "hätte"? ;) Bei der Apollo 13 Mission ist eines der fünf  J2-Triebwerke in der zweiten Stufe tatsächlich ausgefallen.


Zu den EELVs: Mag sein, dass sie für das CEV zum Einsatz kommen, aber sie sind wohl kein Kandidat für das neu aufgelegte AAS-Programm. Die NASA will mit diesem Programm speziell kleine, innovative Firmen wie SpaceX ansprechen.

Zu Sealaunch: Ist Boeing nicht stark an diesem Unternehmen beteiligt?

Zu Falcon V: Elon Musk hat, wenn man diversen Berichten zu dem Thema Glauben schenken darf, die besten der besten der US-Raumfahrtindustrie zusammengekauft. Know-how sollte also kein Problem sein; es ist definitiv kein Team von Anfängern. Außerdem werden die Leute, die dort arbeiten, nicht in Bürokratie erstickt wie bei den großen Firmen.
Da Falcon V im Grunde nur eine vergrößerte Version von Falcon I ist (in beiden Raketen kommen zum Beispiel die gleichen Triebwerke zum Einsatz) und letztere derezeit auf der Startrampe steht, kann ich deine Skepsis bezüglich der Entwicklung von Falcon V nicht nachvollziehen.

Übrigens: Falcon I/V werden zu 80% wiederverwendbar sein.

hesaenger

  • Gast
Re: Politische Ausrichtung?s
« Antwort #14 am: 25. Februar 2005, 12:14:41 »
Hallo,

nun, eine Abschaltung eines Triebwerks ist etwas anderes. Das bedeutet, dass die restlichen Motoren entsprechend länger laufen müssen und dass es etwas zusätzlichen Treibstoff im Sumpf braucht. Das beherrschen aber auch etliche russischen Blöcke!

Gero_Schmidt

  • Gast
Re: Politische Ausrichtung?s
« Antwort #15 am: 25. Februar 2005, 19:04:03 »
Zitat
Hallo,

nun, eine Abschaltung eines Triebwerks ist etwas anderes. Das bedeutet, dass die restlichen Motoren entsprechend länger laufen müssen und dass es etwas zusätzlichen Treibstoff im Sumpf braucht. Das beherrschen aber auch etliche russischen Blöcke!


Inwiefern unterscheiden sich die Auswirkungen eines Triebwerksausfalls und einer Triebwerksabschaltung?? Ist mir nicht ganz klar. Und das J-2 Triebwerk ist definitiv ausgefallen.

Mit einem hast du allerdings recht: Die Saturn V war die letzte *amerikanische* Trägerrakete, die eine engine-out capability hatte.

hesaenger

  • Gast
Re: Politische Ausrichtung?s
« Antwort #16 am: 25. Februar 2005, 21:11:58 »
Zitat


Inwiefern unterscheiden sich die Auswirkungen eines Triebwerksausfalls und einer Triebwerksabschaltung?? Ist mir nicht ganz klar. Und das J-2 Triebwerk ist definitiv ausgefallen.


Hallo,

Abschalten heißt, das auf Grund nicht normaler Messdaten die Ventile vor den Turbopumpen geschlossen werden. Im Anschluss gehen meist die Turbopumpen fest und mit etwas Glück gibt es keine Beschädigungen an den Bauteilen der weiteren Triebwerke. Da die restlichen Triebwerke dann nicht nur länger brennen sondern auch korrigieren müssen, sind aber zusätzliche Treibstoffvorräte Vorraussetzung.
Wenn ein Triebwerk aber regelrecht ausfällt, bedeutet dies einen Schaden der in Sekundenbruchteilen Folgeschäden auslöst, welche dann nicht mehr korrigierbar sind!

kmb

  • Gast
Re: Politische Ausrichtung?
« Antwort #17 am: 01. März 2005, 03:18:07 »
Zitat
Haben wir hier ein buntes Gemisch von rechts-autoritär bis links-liberal

*hüstel* Wenn rechts/links (nach beliebiger Definition) und autoritär/liberal die Koordinaten sind, haben wir schon eine Fläche. Ich vermute, für eine aussagekräftige Verortung in der politischen Ausrichtung werden noch ein paar mehr Koordinaten benötigt.

Zitat
Auf den Raumfahrtbereich übertragen heißt das für mich, dass der Staat versuchen sollte, eine lebensfähige Raumfahrtindustrie aufzubauen und von dieser Dienste in Anspruch nehmen sollte

Das ist, soweit ich sehe, genau die Situation, die wir heute haben. Das Problem liegt in der engen Räuber-Beute-Beziehung zwischen staatlichen Stellen und Industrie. Die einen haben das Geld, das die anderen haben wollen und das bedingt, dass sie sich bestmöglichst auf ihre Beute einstellen. Die Motivation ist die Staatsknete, nicht Weltraumenthusiasmus. Andere relevante Geldgeber sind nicht in Sicht. Und so entwickeln die Räuber (Industrie) immer ausgeklügeltere Methoden, um möglichst viel Beute zu machen. Da wird Bürokratie erfunden, jede Menge Anforderungen aufgestellt und eine Menge Geld für Meetings und Papiere verbraten. Ich hab ähnliches in anderen staatlich finanzierten (Forschungs)Unternehmungen erlebt. Institute und größere Firmen haben eigene Abteilungen, die sich nur damit beschäftigen, den Verteilern in den Ministerien Projekte auf- und das Geld abzuschwatzen. In den Experten-Kommissionen für Rahmenprogramme und strategische Forschungsplanung sitzen Spitzenmanager der Nehmer-Unternehmen und beraten mit, wofür Staatsgelder ausgegeben werden sollen. Bock... Gärtner... wir kennen das Prinzip. Und das Fachwissen ist meist nicht dort, wo Beamtengehälter gezahlt werden.

Dieser Mechanismus ist meines Erachtens auch irgendwie gewollt. Man sponsort heimische "Spitzenforschung" und kann sich mit einer Art exotischer Wissenschaft brüsten. Staatliches Interesse ist nicht die Inbesitznahme ausserirdischer Ländereien, sondern Industrie im eigenen Land zu behalten, die wiederum über Spin-Offs und Off-Springs Arbeitsplätze schaffen (sollen).

Der Fehlschluss liegt meines Erachtens im Widerspruch zwischen "staatlich aufbauen" und "lebensfähige Industrie". Entweder eine Industrie ist (ohne Staat) lebensfähig oder der Staat hält die Industrie am Tropf. Solange der Staat ausreichend Kohle fliessen lässt, hat die Industrie keinen Grund, sich um eine effiziente Erreichung pragmatischer Ziele zu bemühen. Im Gegenteil. Je aufwändiger die Technologie, desto mehr Staatsknete, also mehr Gewinn für die Industrie.

In SpaceDaily gab es mal einen Artikel, der den Unterschied zwischen Apollo-Programm und heutiger Weltraumtechnik als die Frage Weg oder Ziel beschrieb. Apollo war eine zielorientiertes, zeitlich begrenztes Projekt: Bringt ein paar Leute auf den Mond und sicher wieder zurück und zwar innerhalb von 9einhalb Jahren. Heute hingegen ist die Weltraumtechnik wegorientiert. Statt eines konkreten Ziels spaziert man in der Forschungslandschaft herum und macht ein bisschen hier und ein bisschen dort - weil man eigentlich nicht weiss, was man eigentlich erreichen will. Die privatwirtschaftliche Nutzung ist eher minimal - ein paar Satelliten. Nichts, was man nicht schon 1970 konnte, nur kleiner und schneller.

Es fehlen also aus meiner Sicht zwei Dinge: Erstens eine Umsteuerung staatlicher Förderung von unverbindlicher Weg-Besichtigung auf pragmatische Ziel-Erreichung. Zweitens eine sinnvolle Zieldefinition, die private Interessen nach sich zieht, also Privatkapital mobilisiert.

Amüsante Lektüre zum Thema was Staaten können: >>How the West Wasn't Won

Kai

Gero_Schmidt

  • Gast
Re: Politische Ausrichtung?
« Antwort #18 am: 01. März 2005, 16:47:25 »
Zitat
Ich vermute, für eine aussagekräftige Verortung in der politischen Ausrichtung werden noch ein paar mehr Koordinaten benötigt.


Vorschläge?


Zitat
Der Fehlschluss liegt meines Erachtens im Widerspruch zwischen "staatlich aufbauen" und "lebensfähige Industrie". Entweder eine Industrie ist (ohne Staat) lebensfähig oder der Staat hält die Industrie am Tropf. Solange der Staat ausreichend Kohle fliessen lässt, hat die Industrie keinen Grund, sich um eine effiziente Erreichung pragmatischer Ziele zu bemühen.


Es muss nicht so laufen. Die Geschichte der Luftfahrtindustire zeigt das deutlich. Die US-Regierung hat die Firmen anfangs mit Regierungsaufträgen unterstützt, da es sonst kein profitables Geschäft gewesen wäre. Doch schließlich konnte die Industrie auf eigenen Beinen stehen und war nicht mehr vom Staat abhängig. Ich denke den gleichen Abnabelungsprozess sehen wir jetzt in der Raumfahrt, mit Firmen wie SpaceX oder Bigelow Aerospace.

Sinnvolle Förderung der Raumfahrtindustrie sollte in Zukunft vor allem in der Auslobung von Preisen bestehen ("Schicken Sie eine dreiköpfige Crew für einen zweiwöchigen Aufenthalt auf die Mondoberfläche und bringen Sie sie heil zurück und sie erhalten 10 Milliarden Dollar"). Der Staat riskiert nichts, da er nur im Erfolgsfall zahlen muss und der Wettbewerbsdruck wird erhöht.
Außerdem sollte die Praxis der so genannten cost plus-Verträge aufgegeben werden, bei der die beteiligten Firmen auf jeden Fall einen Gewinn machen, egal wie sehr sie das Budget überziehen oder den Zeitplan nicht einhalten.

kmb

  • Gast
Re: Politische Ausrichtung?
« Antwort #19 am: 01. März 2005, 19:34:04 »
Zitat
Vorschläge?

Nö, das würde unnötig ausufern und gehört ausserdem eher in die politischen Wissenschaften. Wir werden uns hier schon noch zu Details auseindersetzen, die mit einer pauschalen Schubladisierung nicht ausreichend beschrieben werden könnten.

Ich gehe da mal von mir aus. Meine politische Grundhaltung könnte ich schon angeben, aber in wichtigen Einzelfragen passt es bei den üblichen Parteien dann hier und da nicht. Zuviel Ideologie, zu wenig systemisches Denken, zuviel "aus dem Bauch heraus entschieden".

Zitat
Es muss nicht so laufen. Die Geschichte der Luftfahrtindustire zeigt das deutlich. Die US-Regierung hat die Firmen anfangs mit Regierungsaufträgen unterstützt, da es sonst kein profitables Geschäft gewesen wäre. Doch schließlich konnte die Industrie auf eigenen Beinen stehen und war nicht mehr vom Staat abhängig.

Luftfahrt war aber nur die Fortsetzung von See- und Landreisen mit anderen Mitteln. Die Ziele, Motive und zu erwartenden Ergebnisse waren die gleichen. Der Vorteil der zivilen Luftfahrt war Geschwindigkeit, keine neuen, unbekannten Regionen.

Und damit wären wir wieder bei der Frage, was private Firmen durch Raumfahrt gewinnen könnten, sprich wo ihre (privaten!) Kunden wären. Da wo sie Profite sehen, engagieren sie sich ja: Satellitengeschäft.

Zitat
Sinnvolle Förderung der Raumfahrtindustrie sollte in Zukunft vor allem in der Auslobung von Preisen bestehen. Der Staat riskiert nichts, da er nur im Erfolgsfall zahlen muss und der Wettbewerbsdruck wird erhöht.

*lach* Da frag doch mal bei den Kollegen Unternehmern in Deiner Lieblingspartei nach. Die Stichworte sind Risikofinanzierung, Vorfinanzierung, etc. Selbst wenn sich interessierte Unternehmer fänden, wer steckt denn nach dem grossen Knall der Dotcom-Blase noch Geld in ein alles oder nichts Unternehmen? Kleine Unternehmen haben das Geld nicht, und Banken und grosse Unternehmen haben soetwas wie Aufsichtsräte, die den Vorstand notfalls blitzschnell absetzen, bzw. Schnapsideen a'la entweder 10 Mia. Euro oder Pleite gar nicht erst billigen.

Die einzigen Geldquellen sind - aus Sicht von Controllern und Aufsichtsräten - spinnerte Milliadäre, die ihr eigenes Geld lieber in Raumfahrt stecken als Luxuskarossen zu sammeln.

Zitat
Außerdem sollte die Praxis der so genannten cost plus-Verträge aufgegeben werden, bei der die beteiligten Firmen auf jeden Fall einen Gewinn machen, egal wie sehr sie das Budget überziehen oder den Zeitplan nicht einhalten.

Hm, welche Mechanismen wirken denn da? Ein paar kenne ich ja, aber so ganz freiwillig geben ja auch Behörden kein Geld aus.

Kai

Gero_Schmidt

  • Gast
Re: Politische Ausrichtung?
« Antwort #20 am: 01. März 2005, 21:55:16 »
Zitat
Meine politische Grundhaltung könnte ich schon angeben

Ich höre. ??? Parteien sind mir in dem Zusammenhang ziemlich wurscht...


Zitat
Und damit wären wir wieder bei der Frage, was private Firmen durch Raumfahrt gewinnen könnten, sprich wo ihre (privaten!) Kunden wären. Da wo sie Profite sehen, engagieren sie sich ja: Satellitengeschäft.

Kurzfristig: Weltraumtourismus (Virgin Galactic, Rocketplane, Blue  Origin,...), Forschung in der Schwerelosigkeit (Bigelow Aerospace)

Langfristig: Ausbeutung von Rohstoffen, Energieerzeugung im All


Zitat
*lach* Da frag doch mal bei den Kollegen Unternehmern in Deiner Lieblingspartei nach. Die Stichworte sind Risikofinanzierung, Vorfinanzierung, etc. Selbst wenn sich interessierte Unternehmer fänden, wer steckt denn nach dem grossen Knall der Dotcom-Blase noch Geld in ein alles oder nichts Unternehmen? Kleine Unternehmen haben das Geld nicht, und Banken und grosse Unternehmen haben soetwas wie Aufsichtsräte, die den Vorstand notfalls blitzschnell absetzen, bzw. Schnapsideen a'la entweder 10 Mia. Euro oder Pleite gar nicht erst billigen.

Die neu entstehenden Raumfahrt-Unternehmen in den USA sind nicht so risikoscheu wie du vielleicht meinst (siehe X-Prize, America's Space Prize). Google mal Bigelow Aerospace, SpaceX etc.

Die NASA hat letztes Jahr ein Programm ins Leben gerufen (Centennial Challenges), das genau dieses Preis-Modell austesten soll. Bis jetzt kann die NASA ohne Billigung des US-Kongresses nur Preise in Höhe von 250.000 Dollar ausloben, was natürlich nur für kleine Entwicklungen ausreicht, aber mit etwas Glück wird diese Beschränkung noch aufgehoben. NASA-Manager haben jedenfalls deutlich gemacht, dass in Zukunft durchaus Preise von mehreren hundert Millionen Dollar denkbar wären.


Zitat
Hm, welche Mechanismen wirken denn da? Ein paar kenne ich ja, aber so ganz freiwillig geben ja auch Behörden kein Geld aus.

Dieses Vertragsmodell funktioniert meines Wissens so, dass die Firma, die den Auftrag erhält einen bestimmten Prozentsatz der Gesamtkosten als Gewinn einstreichen kann. Je teurer das Projekt wird, desto größer ist also der Gewinn für das beteiligte Unternehmen. Hier wird also geradezu ein Anreiz geschaffen das Budget zu überziehen.

kmb

  • Gast
Re: Politische Ausrichtung?
« Antwort #21 am: 02. März 2005, 01:18:32 »
Zitat
Kurzfristig: Weltraumtourismus (Virgin Galactic, Rocketplane, Blue  Origin,...), Forschung in der Schwerelosigkeit (Bigelow Aerospace)

Langfristig: Ausbeutung von Rohstoffen, Energieerzeugung im All

Tourismus ist als Massenmarkt eine low-price-Industrie. Selbst Luxuskreuzfahrten rangieren preislich im 1000€/Tag-Bereich. Unter welchen Bedingungen wäre Weltraumtoruismus denkbar, wenn ein 14-Tage-Trip nur 15-20 kEYPO kosten dürfte?

Forschung für was? Welche Forschungsgebiete benötigen die Bedingungen im Weltraum für Entwicklungen, die auf der Erde benötigt werden?

Rohstoffe für die Erde: Keine in Sicht, weil selbst bei einer Senkung der Transportkosten um 90% noch zu teuer. Massenrohstoffe im Millionen Tonnen Bereich auf der Erde zu landen wäre alleine schon kaum machbar. Welche Rohstoffe gibt es, die im Bereich weniger Tonnen pro Jahr so wertvoll sind, dass man sie aus dem Weltraum einführt? He3?

Energieerzeugung womit? Und wie kommt die Energie auf die Erde? Sag jetzt nicht Mikrowellen oder Solarspiegel, sonst kram ich die Untersuchungen über mikroklimatische Veränderungen durch Grosskrafrtwerke heraus :)

Zitat
Die neu entstehenden Raumfahrt-Unternehmen in den USA sind nicht so risikoscheu wie du vielleicht meinst (siehe X-Prize, America's Space Prize). Google mal Bigelow Aerospace, SpaceX etc.

Bigelow und SpaceX sind genau wie ich sagte Unternehmen mit dem Kapital von Einzelpersonen. Mr. Bigelow war sauer, dass die NASA seinen Entwurf nicht verwirklichen wollte und Musk (SpaceX) hat sein Geld durch PayPal gemacht. Hat Bigelow schon bezahlte Aufträge? SpaceX jedenfalls bekommt für die ersten Starts wieder Staatsknete, also prinzipiell nix neues.

Meine Aussage ist, dass eine "normale" Firma, in der die üblichen Wirtschaftlichkeits- und Machbarkeitsberechnungen ablaufen; in der Banken Projekte vor-, zwischen- und endfinanzieren müssen; in der Aufsichtsräte und Eigentümerversammlungen das Sagen haben, solche Unternehmungen nicht mal in Erwägung ziehen werden.

Die Situation nach Dotcom-Hype und Basel 2 ist, dass Geld nur noch für Null-Risiko-Geschäfte gegeben wird. Derzeit bekommst Du als Ingenieurgesellschaft für Automatisierung nicht mal mit einem unterschriebenen Auftrag eines erfolgreichen deutschstämmigen Automobilunternehmens ein Projekt vorfinanziert. Soweit die von mir erlebte Realität hier und heute.

Ich bestreite ja nicht, dass es ein paar reiche Einzelgänger und windige Kreditunternehmen auf dem grossen Erdball gibt. Aber im grossen und ganzen bestimmen im Wirkungsbereich der westlichen Regierungen (plus Russland) die Berechnungen von ROI und share holder value die Machbarkeiten privater Unternehmen.

Daraus folgt, dass die von Dir vorgeschlagenen alles oder nichts Preise von der "normalen" Wirtschaft nicht mitgemacht werden. Das heisst: Kein Kapital von Banken oder durch Aktiengesellschaften. Guck Dir die Teilnehmer des X-Prize an. Hobbyisen mit mehr oder weniger dickem, persönlichen Bankkonto, Herr Branson von Virgin einbezogen.

"Die Wirtschaft", also der Teil wo das notwendige Geld ist, wird erst dann in die Weltraumtechnik einsteigen, wenn der mögliche Profit für die phantasielosen Männchen mit dem spitzen Bleistift so offensichtlich sind, dass die Schecks schon ausgeschrieben sind.

Man kann das beklagen, aber ändern wird man es in einer freien Marktwirtschaft nicht können. Die ist nämlich profitorientiert und wo kein Profit sichtbar und berechenbar ist, da wird sich keine Wirtschaft engegieren; weder in der Raumfahrt, noch in der Mildtätigkeit gegenüber Hungernden.

Wenn hingegen die (repräsentierte) Mehrheit einer Bevölkerung der Meinung ist, dass Mildtätigkeit oder Raumfahrt gesellschaftlich sinnvoll sind, weil sie andere Ziele als monetären Profit höher bewerten, dann muss sie (=Regierung) sehr unwirtschaftlich (nämlich unprofitabel) eingreifen und quasi künstlichen Profit schaffen. Dadurch wird aber noch lange kein "echter" Profit geschaffen. Sprich: Selbst wenn irgendwann ein Haufen Firmen tolle Raumfahrttechnik bauen sollten, bleibt es letztlich staatlich gefüttert. Fällt der staatliche Geldsegen weg, gehen auch die Firmen hopps. Es bleibt nach wie vor die Frage, wo der Profit herkommen soll.

Zitat
Dieses Vertragsmodell funktioniert meines Wissens so, dass die Firma, die den Auftrag erhält einen bestimmten Prozentsatz der Gesamtkosten als Gewinn einstreichen kann. Je teurer das Projekt wird, desto größer ist also der Gewinn für das beteiligte Unternehmen. Hier wird also geradezu ein Anreiz geschaffen das Budget zu überziehen.

Uaah. Ja, das erklärt sich zwar prima mit dem was ich oben beschrieben habe (man muss derzeit die Weltraumindustrie künstlich am Leben halten), ist aber natürlich fürchterlich in seiner Wirkung auf Effizient und Preise.

Kai

Gero_Schmidt

  • Gast
Re: Politische Ausrichtung?
« Antwort #22 am: 03. März 2005, 23:20:14 »
Zitat
Tourismus ist als Massenmarkt eine low-price-Industrie. Selbst Luxuskreuzfahrten rangieren preislich im 1000€/Tag-Bereich. Unter welchen Bedingungen wäre Weltraumtoruismus denkbar, wenn ein 14-Tage-Trip nur 15-20 kEYPO kosten dürfte?


Wer sagt denn, dass es so billig sein muss? Anfangs werden solche Trips mehrere Millionen, später einiger hunderttausend und irgendwann einige zehntausend Dollar kosten. Und es gibt seriöse Marktforschungsstudien (etwa von Futron), die belegen, dass es auch zu diesen Preisen genug Kunden gäbe, um das Ganze profitabel zu machen.
Und ich kann mir durchaus vorstellen, dass 14-tätige Orbitalflüge für unter 20000 Dollar zu realisieren wären, wenn jährlich nicht ein Dutzend sondern Millionen Menschen ins All fliegen; die Masse macht's.


Zitat
Forschung für was? Welche Forschungsgebiete benötigen die Bedingungen im Weltraum für Entwicklungen, die auf der Erde benötigt werden?


Keine Ahnung, ich bin hier kein Experte. Aber wenn Leute wie Robert Bigelow meinen, es würde sich lohnen, vertaue ich ihm einfach mal. Bisher hat er auf jeden Fall ein gutes Gespür für funktionierende Geschäftsideen bewiesen. Genug Forschungsbedarf gibt es auf jeden Fall, sonst gäbe es auf der ISS schließlich nichts zu tun. Der Trick ist, Forschung (und schließlich auch Produktion) in der Schwerelosigkeit wirtschaftlich sinnvoll zu machen, was mit der ISS leider nicht der Fall ist.



Zitat
Rohstoffe für die Erde: Keine in Sicht, weil selbst bei einer Senkung der Transportkosten um 90% noch zu teuer. Massenrohstoffe im Millionen Tonnen Bereich auf der Erde zu landen wäre alleine schon kaum machbar. Welche Rohstoffe gibt es, die im Bereich weniger Tonnen pro Jahr so wertvoll sind, dass man sie aus dem Weltraum einführt? He3?


Eine 90%-ige Kostensenkung würde natürlich bei weitem nicht ausreichen. 99,9% schon eher und das könnte durchaus machbar sein. Es ist schwer abzuschätzen wie stark die Kosten für Transportflüge in den und im Weltraum sinken werden.

He3 brauchen wir erst mal nicht, so lange die Kernfusion noch nicht einsatzbereit ist, aber ich sagte ja auch "langfristig".


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Sag jetzt nicht Mikrowellen oder Solarspiegel, sonst kram ich die Untersuchungen über mikroklimatische Veränderungen durch Grosskrafrtwerke heraus


Kannst du diese Untersuchungen mal kurz zusammenfassen? Ich sehe nicht, warum "mikroklimatische Veränderungen" ein echtes Argument gegen billige, saubere Energie aus dem All sein sollten...


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Ich bestreite ja nicht, dass es ein paar reiche Einzelgänger und windige Kreditunternehmen auf dem grossen Erdball gibt.


Das ist auch völlig ausreichend. Da sie besser und billiger als die Großkonzerne arbeiten, werden sie letzteren früher oder später ernste Schwierigkeiten machen und sie zur Anpassung zwingen. SpaceX beipielsweise könnte mit Falcon V eine sehr ernstzunehmende Konkurrenz für Boeings Delta IV-Medium werden.


Zitat
Daraus folgt, dass die von Dir vorgeschlagenen alles oder nichts Preise von der "normalen" Wirtschaft nicht mitgemacht werden.


Die "normalen" Unternehmen werden mitmachen müssen, oder sie werden vom Markt gedrängt werden. Das ist ja das Wunderbare am Kapitalismus: ein geniales Entmachtungsinstrument, keiner kann sich auf seinen Lorbeeren ausruhen.
« Letzte Änderung: 03. März 2005, 23:20:35 von Gero_Schmidt »

Beverly

  • Gast
Re: Politische Ausrichtung?
« Antwort #23 am: 22. März 2005, 13:52:26 »
Zitat
Auf den Raumfahrtbereich übertragen heißt das für mich, dass der Staat versuchen sollte, eine lebensfähige Raumfahrtindustrie aufzubauen und von dieser Dienste in Anspruch nehmen sollte (also zum Beispiel Frachtflüge zur ISS), statt alles in Eigenregie zu erledigen. Letzteres ist ineffizient, dauert länger und ist teurer.



Daran ist richtig, dass Raumfahrt von möglichst vielen Akteuren betrieben werden sollte. Es wäre besser, wenn eine bunte Mischung aus staatlichen und privaten Akteuren in der Lage ist, Menschen und Material ins All zu befördern als wenn das nur 1 oder 2 Großmächte tun können.
Aber die Privatwirtschaft hat eine Einstellung entwickelt, sich überall die Rosinen rauszupicken - in der Raumfahrt das kommerzielle Satellitengeschäft - und wenig für die Grundlagenforschung zu tun.

Von daher ist es mir eigentlich egal, wer Raumfahrt macht und sie vorantreibt. Wenn das private Unternehmen sind - gut. Wenn das Staaten sind - auch gut.

Ullerich

  • Gast
Re: Politische Ausrichtung?
« Antwort #24 am: 27. März 2005, 16:31:13 »
Hi Beverly,

Zitat
Aber die Privatwirtschaft hat eine Einstellung entwickelt, sich überall die Rosinen rauszupicken - in der Raumfahrt das kommerzielle Satellitengeschäft - und wenig für die Grundlagenforschung zu tun.

Sorry, aber das ist die Aufgabe der Unternehmen. Sie müssen primär Geld verdienen, egal, wie du das beurteilst. Sie sollten durchaus nicht die Grundlagenforschung vergessen. Aber solange diese keine positiven betriebwirtschaftlichen Auswirkungen hat, wird sie gering geachtet.

Wie viel sie verdienen sollten, ist eine ganz andere Baustelle.

Für viel bedenklicher dagegen halte ich die Entwicklung: Gewinne privatisieren, Verluste verstaatlichen. Das führt dann auch dazu, daß der Staat immer weniger kostenintensive Grundlagenforschung betreiben kann.

mfg Ulrich