Mit einer dreiköpfigen Abordnung waren Raumfahrer Net, Raumcon-Forum und der Nürnberg-Regensburger-Raumcon-Stammtisch bei den 2. Munic Space Talks vertreten.
Für mich war es grundsätzlich ein neues Format, mit sehr kurzen, prägnanten Vorträgen und anschließenden hochinteressanten Gesprächen.
Nach München zu kommmen hat sich auf jeden Fall gelohnt.
Proton01, Pirx und ich waren schon sehr frühzeitig am Ort des Geschehens und hatten uns mit einem Besuch im
http://wirtshauskrone-muenchen.de/ (sehr empfehlenswert, bayerische und böhmische Küche) gestärkt und auf einen, vermeintlich, langen Abend eingestimmt.
Zunächst mussten wir allerdings im Foyer vor dem Hörsaal warten und konnten uns mit Flyern und Give-Aways eindecken.
Das gab auch Gelegenheit für diverse Gedanken über Sinn und Unsinn des Marketings von Raumfahrt-Firmen.
Da wir vorher reserviert hatten, wurden wir dann pünktlich um 18:20 Uhr eingelassen, die Gäste ohne Reservierung folgten dann kurz darauf.
Obwohl laut Veranstalter alle Plätze vorab reserviert waren und bestimmt 30 bis 40 Unentwegte ohne Reservierung angestanden waren, blieben von den nominell 287 Plätzen rund 40 bis 50 frei.
Sehr bedauerlich für die, die keine Reservierungen mehr bekommen haben und deshalb auf eine Anreise verzichtet haben.
Die Vorträge waren in Ausrichtung, Stil und Qualität äußerst unterschiedlich, aber alle durch extreme Kürze gekennzeichnet.
Überhaupt haben die Moderator*innen durchs Programm gepeitscht und je Vortrag meist überhaupt nur eine Frage zugelassen, so dass sich dann kaum einer getraut hat eine zu stellen.
Im Ergebnis wurden die ca. 7 Vorträge (teilweise noch auf mehrere Sprecher aufgeteilt) in exakt 2 Stunden durchgepowert.
Danach wurden wir aus dem Hörsaal (gefühlt ohne Lüftung und frei von Sauerstoff) wieder ins Foyer "ausgespuckt" und konnten versuchen eine Breze oder ein anderes Häppchen zu ergattern.
Die einzelnen Vorträge wiederzugeben ist kaum möglich, da meine Fähigkeiten zum maschinellen Lernen (und vor allem Speichern) begrenzt sind.
Die ganze Veranstaltung wurde in englischer Sprache geführt und sowohl die Vortragenden als auch das Publikum waren sehr international.
Die Moderator*innen wurden vom Haupt-Sponsor OHB Nextgen gestellt. Begrüßt wurden die Gäste von Prof. Claudio Zuccaro von der Hochschule München.
The Science of Exoplanets in 7 Minutes of Joy – Dr. Valentin IvanovEin kurzer geschichtlicher Abriss über die Geschichte der Suche nach (Exo-)Planeten.
Für viel Erheiterung sorgte das Diagramm mit der Anzahl der Planeten in unserem Sonnensystem von Copernicus bis heute.
Der größte "Peak" war im letzten (oder vorletzten?) Jahrhundert als zahlreiche Asteroiden entdeckt und zunächst als Planeten klassifiziert wurden.
Insoweit ist das "Downgrade" von Pluto gar nicht so ungewöhnlich...
-Space Activities at Hochschule München – Prof. Zuccaro (Hochschule München)Hier kamen noch zwei weitere Professoren zum Einsatz, deren Namen ich mir bedauerlicherweise nicht gemerkt habe.
Berichtet wurde über die noch relativ jungen Projekte an der Hochschule München, z.B. im Bereich Cube Sats aber auch bezüglich einer Höhenforschungsrakete mit Aerospike-Antrieb (da war in der präsentierten Folie ein Schreibfehler
)!
-How To Rule The Moon – Jean-Dominique Coste (Airbus Defence and Space)Anders als auch der Moderator bei der Vorstellung gedacht hatte, ging es nicht um Gesetzgebungsaspekte, sondern eher augenzwinkernd um die Frage "Wie erringe ich die Vorherrschaft über den Mond".
Dazu gibt es vier Wege: Geopolitisch (Nationen und deren Raumfahrtorganisationen), Business (Rohstoffgewinnung, Logistik), Wissenschaft und "Weil wir es können!".
-INNOspace Masters Ideas Competition – Stefanie Biermeier (Anwendungszentrum Oberpfaffenhofen)Hier ging es um einen vom DLR ausgelobten Wettbewerb, der vor allem für Firmen und Institutionen isteressant sein könnte. Bisher waren es überwiegend "Spin-in"-Teilnehmer, d.h. Firmen die ihre innovativen Produkte und Dienstleistungen für den Raumfahrtbereich angepasst haben.
Achtung: Die nächste Bewerbungsrunde beginnt am 28.10.2019, bei Interesse rechtzeitig im Internet recherchieren.
-A Shot in the Dark – Diogo da Cruz (Artist)Ein etwas anderes Highlight war dieser Beitrag. Der Künstler ist ander Akademie der bildenden Künste in München tätig und hat ein Video über einen Detektor für Spuren der Dunklen Materia 1.400 m im Fels eines Berges in Südtirol erstellt, vertont und live einen Voice-Over eingeprochen.
Auch wenn nicht alle davon angetan warne, für mich war es ein erholsamer Ruhepol in dem extrem eng und hektisch getakteten Abend.
Die Zeitlupe-Aufnahmen der Wissenschaftler, die an dem schönen (ja Technik kann schön sein!) Detektor arbeiten, hatten einen, beabsichtigt oder nicht, "Arbeit in der Schwerelosigkeit"-Effekt, der mich spontan an die Szenen aus 2001 von Stanley Kubrik im PanAm-Shuttle zur Raumstation erinnert haben. Obwohl dort der Effekt durch die bewusst langsamen Bewegungen der "Stewardessen" und ohne Zeitlupe erreicht wurde.
-PLATO: Revealing habitable world around solar-like stars – Maximilian Klebor (OHB System AG)Zu PLATO hatten wir ja auf dem letzten Raumcon-Treffen schon einiges gehört, (wieder?) neu war die Information, dass 2026 gestartet werden sollt.
-Insight Mission to Mars – Tom Spröwitz (DLR Institute for Space Systems)Das fachliche Highlight war der "Insighter"-Bericht von der Mission Insight, seinen Instrumenten und den Problemen die es zu lösen galt.
Als nach der Schilderung der ganzen Probleme mit dem "Mole" und allen vergeblichen Versuchen vorher, eine kurze Animation ablief, die endlich ein sich in den Marsboden bohrenden "Maulwurf" zeigten, gab es spontanen, frenetischen Applaus.
Trotz des extrem engen Taktes hatten die Veranstalter noch Zeit zwischen den Vorträgen über eine Mitmach-Website die Meinung des Publikums einzuholen.
Damit das ganze schneller ging, hat man die Fragen und möglichen Antworten schon etwas "optimiert".
Auf die sinngemäße Frage "Gefällt ihnen das Format der Munic Space Talks" gab es (nur) die Antwortmöglichkeit "Yes".
Nach den Vorträgen gab es im Foyer die Gelegenheit untereinander und insbesondere mit den Vortragenden, Sponsoren und Veranstaltern ins Gespräch zu kommen.
Dabei konnten wir mit Herrn Prof. Kniesner über die Möglichkeiten der Schubvektorsteuerung einer Rakete mit Aerospike-Düse diskutieren.
(Komplettes Triebwerk schwenken, nur den Dorn/Stachel des Aerospike schwenken oder den Ringspalt der Düse manipulieren):
https://www.me.hm.edu/professoren/kniesner/index.de.htmlMit Herrn Klebor (OHB System AG) haben wir die Probleme bei der Koordination einer Wissenschaftsmission diskutiert.
OHB hat von der ESA den Auftrag den Satellitenbus für PLATO zu bauen und die Intergration der wissenschaftlichen Instrumente (im Wesentlichen 26 weitgehend gleichartiger Teleskope) zu organisieren.
Da es mit den wissenschaftlichen Institutionen keine Verträge gibt, erfolgt deren Beteiligung auf der Basis von Good-Will-Aktivitäten.
Dabei Zeit- und Kostenbudgets einzuhalten ist eine Herausforderung.
Bedingt durch die Gewichtsbeschränkungen von zunächst Sojus und jetzt Ariane 62 wurde aus der ursprünglichen Idee bis zu 100 Teleskope zu bündeln über Zwischenschritten mit 36 oder 34 Teleskopen die jetztige "abgespeckte" Lösung gefunden.
Trotzdem erzeugen die Teleskope bei ihrer quasi-kontinuierlichen Beobachtung 400 Gbit Daten prol Tag (wenn ich mich richtig erinnere).
Über zweimal 3 Jahre sollen fast ununterbrochen 1.000.000 Lichtspektren von nahen (innerhalb 1000 Lichtjahre) Sternen aufgenommen werden.
20.000 besonders interesannte Sterne (VIPs) mit höherer Auflösung (?).
Das ganze ist aber kein bildgebendes Verfahren im klassischen Sinne, im Gegenteil man will sogar minmal unscharf abbilden, so dass jeder Stern mindestens ein Array von 2x2 Pixeln beleuchtet, da die 104 ca. 9x9 cm großen CCD immernoch schmale Ränder zwischen den Pixeln haben.
Durch die Unschärfe wird vermieden, dass die wenigen Photonen (vorwiegend im sichtbaren bis nahinfraroten Bereich von 500 bis 1000 nm) nicht nur auf die Zwischenräume der Sensoren treffen und verloren gehen.
Bezüglich Unschärfe, die Fokussierung der CCD erfolgt durch thermische Verformung, d.h. die CCD strahlen in den Weltraum ab und werden dadurch gekühlt.
Gleichzeitig gibt es elektrische Heizer, die für eine Aufwärmung sorgen.
Dadurch verformen sich die Sensoren minimal und auf diesem Weg kann, theoretisch, der Fokuspunkt verschoben werden.
Im Vorfeld gab es wohl schon lange Diskussionen mit und unter den Wissenschaftlern, ob das überhaupt funktionieren kann.
In Kürze kann das Prinzip am Engineering-Modell, das gerade gebaut wird und in wesentlichen Teilen bereits aus weltraumqualifizierten Teilen besteht, getestet werden.
Da der Abend trotz einer guten Stunde Gespräche kürzer als gedacht ausgefallen ist, haben wir den Abend im Wirtshaus Krone ausklingen lassen und die Eindrücke noch einmal durchdiskutiert.
Das Format ist auf jeden Fall zu empfehlen und wahrscheinlich werde ich nächstes Jahr wiederkommen.
Meine Empfehlung an die Veranstalter wäre allerdings die Vorträge auf drei Stunden zu verteilen, vielleicht mit einer halbstündigen Pause nach 1,5 Stunden, um den Gehirnen mehr Zeit zur Verarbeitung zu geben und vor allem mehr Zeit für Fragen und Diskussionen direkt im Anschluss an die einzelnen Präsentationen zu geben.
Viele Grüße
Rücksturz