Warum so eine Lange Brennzeit?

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Reinraum

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Warum so eine Lange Brennzeit?
« am: 17. Januar 2018, 15:12:23 »
Warum so eine Lange Brennzeit?

Warum haben Raketentriebwerke wie das Vulcain 2 eigentlich so eine lange Brennzeit? Ist es nicht besser eine Kurze Brennzeit und dafür Schneller zu Beschleunigen? Also statt, dass man eine Vulcain 2 Triebwerk hat, mit Zwei Stück bei halber Brenndauer. Dann hätte man den Doppel so viel Schub und Beschleunigung, benötigt habe nur hab soviel Treibstoff.

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Offline Nitro

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Re: Warum so eine Lange Brennzeit?
« Antwort #1 am: 17. Januar 2018, 16:03:19 »
Warum so eine Lange Brennzeit?

Warum haben Raketentriebwerke wie das Vulcain 2 eigentlich so eine lange Brennzeit? Ist es nicht besser eine Kurze Brennzeit und dafür Schneller zu Beschleunigen? Also statt, dass man eine Vulcain 2 Triebwerk hat, mit Zwei Stück bei halber Brenndauer. Dann hätte man den Doppel so viel Schub und Beschleunigung, benötigt habe nur hab soviel Treibstoff.

Der Treibstoffverbrauch waere doch genauso hoch. Zwei Triebwerke brauchen ja dann auch doppelt soviel Treibstoff wie eines. Dadurch gleicht sich dieser Punkt wieder aus.
Bevor man einen Beitrag letztendlich abschickt sollte man ihn sich noch ein letztes Mal durchlesen und sich dabei überlegen ob man ihn genau in diesem Wortlaut auch Abends seinem Partner und/oder Kindern ohne Bedenken vorlesen würde.

Reinraum

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Re: Warum so eine Lange Brennzeit?
« Antwort #2 am: 17. Januar 2018, 16:18:04 »
@Nitro aber doch nicht bei der Hälfte der Brennzeit?

Re: Warum so eine Lange Brennzeit?
« Antwort #3 am: 17. Januar 2018, 16:31:59 »
Der Vorteil einer kürzeren aber stärkeren Brennzeit wären weniger Gravitationsverluste.
Die Nachteile sind aber höhere G-Belastungen und ein früher einsetzender Max-Q, der dann heftiger ausfällt.

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Offline Nitro

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Re: Warum so eine Lange Brennzeit?
« Antwort #4 am: 17. Januar 2018, 16:45:56 »
@Nitro aber doch nicht bei der Hälfte der Brennzeit?

Nein, da wuerde sich der Verbrauch pro Triebwerk natuerlich halbieren. Da man aber mit zwei Triebwerken anstatt mit einem faehrt hat man zwei Mal den halben Verbrauch und das macht nach Adam Riese = 1. Also verbraucht man nicht halb so viel Treibstoff sondern genauso viel.
Bevor man einen Beitrag letztendlich abschickt sollte man ihn sich noch ein letztes Mal durchlesen und sich dabei überlegen ob man ihn genau in diesem Wortlaut auch Abends seinem Partner und/oder Kindern ohne Bedenken vorlesen würde.

Offline Dominic

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Re: Warum so eine Lange Brennzeit?
« Antwort #5 am: 17. Januar 2018, 16:51:25 »
Zitat
Der Vorteil einer kürzeren aber stärkeren Brennzeit wären weniger Gravitationsverluste.
Die Nachteile sind aber höhere G-Belastungen und ein früher einsetzender Max-Q, der dann heftiger ausfällt.

Weitere Nachteile sind das größere Gewicht und natürlich der höhere Preis von zwei Triebwerken oder einem entsprechend leistungsstärkeren Triebwerk.

Bei einem Erststufentriebwerk einer Rakete die mit Boostern startet ist es auch sinnvoll einen großen Teil der Brennzeit in eine Flugphase zu legen in der die Rakete die Atmosphäre bereits verlassen hat.

Reinraum

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Re: Warum so eine Lange Brennzeit?
« Antwort #6 am: 17. Januar 2018, 17:19:00 »
Ok.

Wenn ein Triebwerk 100 KN Schub hat, einmal mit  250 m/s und einmal 650 m/s Ausströmungsgeschwindigkeit, Die Masse der Nutzlast jeweils gleich ist.  Beschleunigt den das Triebwerk mit 650 m/s Ausströmungsgeschwindigkeit mehr bzw. schneller?

Offline Kryo

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Re: Warum so eine Lange Brennzeit?
« Antwort #7 am: 17. Januar 2018, 17:28:17 »
Ok.

Wenn ein Triebwerk 100 KN Schub hat, einmal mit  250 m/s und einmal 650 m/s Ausströmungsgeschwindigkeit, Die Masse der Nutzlast jeweils gleich ist.  Beschleunigt den das Triebwerk mit 650 m/s Ausströmungsgeschwindigkeit mehr bzw. schneller?

nein, es hat ja 100 kN Schub. Ich denke, bevor du hier wild Fragen um dich wirfst, schaust du dir erst mal die Grundlagen an und rechnest selbst ein paar Beispiele.

lngo

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Re: Warum so eine Lange Brennzeit?
« Antwort #8 am: 17. Januar 2018, 17:39:22 »
Das mit 250m/s beschleunigt ganz klar schneller - der Tank wird ja deutlich flotter geleert - erreicht aber eine geringere Endgeschwindigkeit als die 650m/s Version :)
250m/s? Was ist das, eine Wasserrakete? Typische ISP's liegen bei 2500m/s-4500 m/s

Reinraum

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Re: Warum so eine Lange Brennzeit?
« Antwort #9 am: 17. Januar 2018, 19:17:19 »
@lngo

wieso sind die tanks bei 250 m/s schneller leer? als bei 650m/s?

lngo

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Re: Warum so eine Lange Brennzeit?
« Antwort #10 am: 17. Januar 2018, 21:00:16 »
@lngo

wieso sind die tanks bei 250 m/s schneller leer? als bei 650m/s?

Vereinfacht gesagt:
je höher die Ausströmungsgeschwindigkeit und damit der ISP, desto mehr Schub pro Treibstoff. Im Kehrwert: je geringer der ISP, desto mehr Treibstoff pro Zeiteinheit wird fuer den gleichen Schub benoetigt. Sind im Vergleich die Tanks gleich gross, wird der Tank mit dem geringeren ISP schneller geleert.
Die Beschleunigung zu Beginn, wenn die Tanks voll und damit schwer sind, ist in beiden Faellen identisch und geringer als zum Schluss, wenn die Tanks fast leer sind.

Als Formel:
(aus de.WP)
kann umgestellt (mal m/tb, geteilt durch ISP) werden zu: F/ISP = m/tb
Das bedeutet, wenn man den ISP (sprich: die Ausströmungsgeschwindigkeit) durch den Schub teilt, bekommt man den Treibstoffverbrauch.

100 kN / (250 m/s) = 100000 kg*m/s^2 / (250 m/s) = 100000 kg / 250s = 400 kg/s
100 kN / (650 m/s) = 100000 kg*m/s^2 / (650 m/s) = 100000 kg / 650s = 154 kg/s

Umgekehrt proportional zum Verhaeltnis der ISP's ist der Treibstoffverbrauch um Faktor 2.6 geringer, womit die Rakete 2.6 mal so lange beschleunigen kann.

Offline Hugo

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Re: Warum so eine Lange Brennzeit?
« Antwort #11 am: 17. Januar 2018, 21:47:06 »
Wenn ein "Objekt" schon in einem Orbit ist, und von dort in einen höheren Orbit fliegen soll, dann fliegt niemals "nach oben", sondern es Beschleunigt. Das ist energietechnisch das beste. Und dabei ist es egal, wie lange es dauert. Somit ist die Größe des Triebwerkes zweitrangig. Wichtig ist einzig und alleine, wie viel Beschleunigung man aus wie viel Treibstoff bekommt. Da man die Masse vom Triebwerk mit beschleunigen muss, kostet das extra Treibstoff. Somit sind leichte Triebwerke im Vorteil.

Ausnahmen machen natürlich immer Verluste. Wenn man Verluste minimieren kann, dann kann man dieser Logik abweichen.
- Beschleunigt man im Perigäum, dann erhöht man das Apogäum.
- Beschleunigt man im Apogäum, dann erhöht man das Perigäum.
- Beschleunigt man da zwischen, hat man Verluste, es kostet extra Treibstoff.
- Somit sollte man so dicht am Apogäum wie möglich beschleunigen.
- Ist das Triebwerk dann aber zu klein, erhöht es das Perigäum nur sehr wenig.
--> Somit dauert es viel zu lange bis man am Zielorbit ist. Somit sind zu kleine Triebwerke schlecht, wenn der Satellitenbetreiber es eilig hat.

Ist man noch in der Atmosphäre, dann bremst diese. Beim Start von der Erde oder vom Mars aus, ist es somit wichtig, erst mal schnell die Atmosphäre zu verlassen. Dafür sind natürlich größere Triebwerke besser, die mehr Power haben. Wenn die Verluste durch die Atmosphäre  größer ist als die durch die Triebwerksmasse, dann lohnt sich ein größeres Triebwerk.

Ist man noch in keinem Orbit, dann hat man Gravitationsverluste.  Die muss man möglichst schnell weg bekommen. Dafür braucht man ein großes Triebwerk.

Fazit: Startet man von der Erde, braucht man bis zum ersten Orbit möglichst viel Power und somit möglichst große Triebwerke. Für die nächste Stufe der Rakete wo man schon im Orbit ist, benötigt man möglichst leichte Triebwerke.

Ergebnis: Die Meisten Raketen haben in der 1. Stufe ein großes und in der 2. Stufe ein kleines Triebwerk. Oder statt einem großen viele kleine.