Zu SLS:
Man muss bedenken, das SLS auch deswegen so teuer ist, weil man die Techniker nicht einfach entlassen und dann wieder einstellen kann, wenn ein neuer Träger gebaut oder ein Start ansteht. Man musste einen Teil der bereits seit 10 Jahren stillgelegten Shuttle Infrastruktur wieder zum Laufen bringen, zum Beispiel die eingelagerten Produktionsanlagen für die SSME. Dazu gehören auch die Zulieferer, die früher für den Shuttle Ersatzteile und Verbrauchsmaterial zugeliefert haben. Nur weil man die Triebwerke bereits hat, bedeutet das nicht, das man sie 1 zu 1 an SLS anschrauben kann. Das größte Problem in meinen Augen ist die geringe Startrate.
Über die geringe Startrate müssen wir wohl nicht diskutieren, da stimmen dir wohl alle zu, dass dies ein riesen Problem und Kostenfaktor für SLS ist.
2 Milliarden für die 16 Shuttletriebwerke auszugeben, um die Infrastruktur wieder in Gang zu bekommen und die Techniker zu beschäftigen, finde ich aber erschreckend.
Erstmal sind das pro Triebwerk 125 Millionen, reichlich, dafür bekommt man meines Wissens auch andere Große oder mehrere kleine Triebwerke.
Die Techniker beschäftigen, klingt wichtig, aber das wären wenn wir pro Techniker 100 Tausend pro Jahr rechnen immer noch viele Techniker und um sie zu beschäftigen kann man sie doch an die Weiterentwicklung der Triebwerke, Optimierung der Triebwerke und Verbesserung der Fertigungsverfahren setzen, aber diese 2 Milliarden sind nur für die ersten 16 Triebwerke, nicht für die vereinfachte Triebwerksversion, die danach genutzt werden soll, warum sind die Techniker nicht damit beschäftigt worden, oder halt ein Teil davon. Mir fällt es generell schwer zu glauben dass da so viel Geld für "beschäftigen" fließt. Und nein ich ziehe nicht in Zweifel, das dies gemacht werden sollte, sondern nur wie.
Die Anpassung der Triebwerke für SLS umfasst übrigens "nur" die Aufhängung, die Treibstoffleitungen und die Steuerelektronik und etwas das Schallmanagement, aber das ist größtenteils Problematik des Boosters nicht der Triebwerke, also andere Kostenstelle wohl.
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Nun zu BFR:
Das BFR jemals fliegt, glaube ich erst, wenn ich es sehe. Aktuell ist BFR ein reiner Papier-Tiger (eigentlich eher ein Papier-Kätzchen). Ich halte es für unmöglich, ein System dieser Größe für unter 10 Mrd Dollar zu bauen. Da sind 20 - 30 Mrd deutlich realistischer! Kann SpaceX eine solche Entwicklung finanziell stemmen?
Wann man an BFR glaubt ist jedem überlasse und das sie es schaft zu fliegen glaubt wohl jeder erst 100 Prozentig, wenn man es sieht. Aber das sie es wirklich versuchen werden und sie starten werden daran, werden viele schon früher glauben, entweder wenn sie sie auf dem Pad sehen, in der Vorbereitungshalle oder wie jetzt, wenn schon Elemente für sie gefertigt werden.
Ich stimme dir also vollkommen zu, aber nur weil du das Wort "fliegt" verwendest.
BFR als Papiertiger/ Kätzchen zu bezeichnen ist etwas gewagt. Natürlich solange nur die Triebwerke existierten oder der 12m Testtank, der mittlerweile zu groß wäre, war dies noch halbwegs berechtigt, da dies nur Experimentalteile waren. Nun aber gibt es die Fertigungsmaschinen und sie bauen an der ersten Version.
Ob SpaceX das stemmen kann und wie teuer das ist, ist natürlich eine interessante Frage und eine sehr berechtigte.
Allerdings sind hier 3 Dinge zu bedenken:
- 2016 haben sie bekannt gegeben, das sie in den jeweils vorhergehenden Jahren ca.35 Mio Jährlich für BFR (damals noch ITS) ausgegeben haben und es zu einem Testtriebwerk und Testtank geschafft haben.
- Sie jetzt die Fertigungsanlagen für die Rumpfstruktur und Tanks haben und sie die Fertigungsanlagen von den Merlintriebwerken auch für ihre Raptortriebwerke verwenden können, also das Produktionseqipment ist schon wenigstens großteils vorhanden und sie produzieren sogar.
- Sie zielen im Moment nicht darauf eine Top-Version von BFR zu fertigen, sondern eine Funktionierende, mit der sie experimentieren können und schon etwas erreichen können, also das Fähigkeitsziel haben sie sich merklich entschärft, vor allem Technologisch.
Ich meine, dass auch mal 10 Milliarden in den Raum geworfen wurden, bis die ersten Menschen auf dem Mars landen. Dies kann man gerne anzweifeln und zu recht sogar, aber dies zeigt auch, das sie die Entwicklung als deutlich billiger als 10 Milliarden einschätzen und sie sind jetzt schon in der Produktion der ersten Version.
Bei einigen Personen hier im Forum habe ich meine Zweifel, ob sie abschätzen können, wie aufwendig ein solches Projekt ist. Allein für den Hitzeschild ist einiges an Grundlagenforschung nötig. Der Hitzeschild des Shuttle ist ein gutes Beispiel. Die Formgebung der Oberfläche war extrem kritisch. Die am stärksten belasteten Bereiche erhitzten sich auf 1650 °C. Die Plasmatemperaturen lagen aber bei über 3000 °C, sie entstand weniger durch die Luftreibung als vielmehr durch die Verdichtung der Luft bei hoher Überschallgeschwindigkeit. Durch die Formgebung der Oberfläche bildete sich aber eine nur zentimeterdicke Grenzschicht aus, die als natürlicher Isolator wirkte. Deswegen war jede Kachel an der Unterseite des Shuttle einzigartig, man konnte keine Standardkachel verwenden, weil diese der Oberflächenwölbung nicht genau genug folgen konnte. Dann wäre zu viel Hitze auf die Kacheln übertragen worden, so das sie versagt hätten. Aus dem gleichen Grund konnte schon ein einzelner hervorstehender Füllstreifen die Strömung so beeinflussen, das es zu lokalen Überhitzungen kam.
Wenn ich mich recht erinnere war es beim Shuttle nicht so extrem, dass jede Kachel anders war, als alle anderen, aber es stimmt schon, dass es so viele verschiedene Kacheln gab, dass es zu großen Problemen geführt hat, dies war auch eines der größten Probleme des Space Shuttles.
Meiner Meinung nach ein wunderbares Lehrstück für Techniker.
Es gibt aber ein Mittel gegen diese Kachelproblematik, nämlich den Hitzeschild als große Einheit zu fertigen, dies bringt zwar auch Probleme mit sich, wurde aber etwa bei Apollo gemacht oder aber bei den Dragonkapseln
Hier kommt auch der Punkt rein, bei dem ich dir widersprechen muss. Du behauptest, dass hier noch viel Grundlagenforschung für den Hitzeschild betrieben wird. Allerdings darf man nicht ignorieren, dass der Hitzeschild aus PicaX besteht. Die Grundtechnologie hat SpaceX vor Jahren eingekauft und mit ihren Dragonkapseln immer weiter verbessert.
Mit anderen Worten, hier ist schon viel Grundlagenforschung passiert, und man hat es schon oft mit den Dragonkapseln in etwas kleiner getestet.
Wo ich dir aber sehr zustimmen muss, ist das wir hier im Forum den Aufwand solch eines Projektes wirklich nicht abschätzen können. Ich würde sogar so weit gehen, es auf alle hier im Forum auszuweiten. Wir können nur hoffen es halbwegs einschätzen zu können, mehr nicht.
Grüße aus meinem Versteck