Die Frage ist woher 5 - 10 Milliarden Dollar (meine Schätzung) für Entwicklung, Test und Bau von BFR, BFS, zugehörigen Fabriken, Startanlagen und "Wiederaufbereitungsanlage" kommen sollen.
Solange nicht wenigstens ein Business-Case in Aussicht gestellt wird, sehe ich keinen "Weißen Ritter", sprich finanzstarken Investor am Horizont.
Natürlich kann man "nebenbei" weiterentwickeln, aber dann wird es sehr lange dauern.
Ich halte das für eine Sicht der Dinge, die einer typische Auftragsenwicklung enspricht, bei der es einen Auftraggeber und einen Auftragnehmer gibt. Und bei der sich beide entsprechend absichern müssen, weil sie auch ganz unterschiedliche Interessen haben. Ich versuche mal aufzuschlüsseln, wie es meiner Meinung nach bei deutlich niedrigeren Investitionen funktionieren kann. Und entschuldige mich schon jetzt, wenn ich vielleicht nicht immer die richtigen Begriffe verwende.
Das teuerste dürften die Personalkosten sein. Aber hier ist doch schon praktisch erwiesen, daß SpaceX seine Entwicklungingeniere und Testleute auch bezahlen konnte, als sie nur 10 Starts im Jahr schafften. Bei anfangs 0% Wiederverwendung und umfangreichen Testanstrengungen. Warum sollte das bei ca. 30 Starts und vielleicht 80% Wiederverwendung ein Problem sein? Die bisherige Größe des Teams wird meiner Meinung nach zumindest während der ersten Phase nicht entscheidend wachsen. Der Entwicklungsaufwand steigt ja nicht linear oder sogar überproportional an, wenn das Volumen oder die Größe der Teile steigt. Man wird natürlich dort, wo es geht, auf Bewährtes zurückgreifen. Und es werden in der Regel die gleichen Entwickler sein, die die Komponenten anpassen. Das beschleunigt die Sache sehr.
Ich gehe weiter davon aus, daß die bisherigen Produktions- und Testanlagen für Triebwerke und die ganze daran hängende Mechanik und Steuerung nach eher geringen Anpassungen weiter verwendet werden können. Raptor wurde, wenn ich mich nicht irre, gerade aus diesem Grund verkleinert. Durch die Wiederverwendung der F9 werden in der Fertigung Kapazitäten für solche Aufgaben frei. Auch kleine Hilfstriebwerke könnten mehr oder weniger "aus dem Regal" kommen.
Was bleibt, und was auch neu bezüglich der Herstellung und dem Platzbedarf ist, sind die großen "Kästen", die gebaut werden müssen. Sicher nicht einfach. Kritisch sind insbesondere die Entscheidungen, die am Anfang getroffen werden müssen. Hier kann es zu Fehleinschätzungen kommen, die das ganze Projekt gefährden könnten. Wenn die Struktur zu schwer oder nicht ausreichend stabil wird, wird es später schwierig. Wenn man aber angefangen hat, kann es relativ zügig gehen. Die Halle im Hafen, die hier schon irgendwo angesprochen wurde, die muß dafür wohl gebaut werden. Besonders viele neue Angestellte werden dafür aber nicht benötigt, vermutlich gibt es auch dafür genug Leute, die durch die Wiederverwendung an anderen Stellen eingespart werden können. Also Leute, deren Arbeit bisher auch schon von den laufenden Einnahmen bezahlt wurde.
Die Endmontage erfolgt meiner Meinung nach in Boca Chica, dort wird also auch
eine große (hohe) Endmontagehalle gebraucht. Dadurch bleibt der Korpus noch relativ leicht und transportabel. (Halle > Schiff und Schiff > Halle) Alle kleinere Teile können auf der Straße angeliefert werden. Die Beine vom Korpus bekommen unten "Fahrschuhe" oder ein komplettes (zusammenhängendes) Fahrgestell, damit die Stufe beliebig verschoben und an passender Stelle (zum Start) abgesenkt werden kann. Der Korpus bleibt dauerhaft in der senkrechten Lage und wird in der Halle komplettiert, Als Pad reicht im Prinzip der Betongraben und die Versorgungsanlagen, ein ETR wird nicht benötigt, der Turm kann später dazukommen. Mit dieser Grundausrüstung können bereits unbemannte Tests mit dem Booster oder dem Oberteil einzeln geflogen werden, danach auch in der kompletten Konfiguration.
Es wird also eine Halle für die Produktion im Hafen in LA benötigt, in der praktisch aber nur die "Grobarbeiten" ausgeführt werden müssen. Und eine Endmontagehalle am Pad, die auch zur Wiederaufbereitung geflogener Stufen dienen kann. Und der einfache und daher relativ zerstörungssichere Pad mit Landestelle selbst. Das ist meiner Meinung nach überschaubar - "zugehörige Fabriken, Startanlagen und "Wiederaufbereitungsanlage" ist etwas übertrieben.
Mit dieser Ausstattung und praktisch vorhandenem Personal kann das Konzept überprüft werden. Bei guten Ergebnissen sollten weitere Investitionen für den Innenausbau und verschiedene Sonderversionen gesichert sein.
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Ich wünsche allen Raumfahrern ein gutes neues Jahr mit viel Startschnäpsen und wenig RUDs - Kelvin