Technisch sehe ich SpaceX (was die Triebwerke betrifft) nicht in Führung. Mit dem BE-3 hat BO eindrucksvoll gezeigt, das sie sogar die schwierige Technologie von LH2 beherrschen. Selbst die Russen haben diese Technologie erst über 20 Jahre nach den USA praktisch eingesetzt. Das BO dieses Triebwerk noch nicht in einem operationalen Träger einsetzen, hat sicher Gründe. BO hätte es genau so machen können wie SpaceX, einfach 10 BE-3 in einer Rakete bündeln. Die Nutzlast wäre durchaus brauchbar gewesen. Aber BO hat andere Pläne, es geht ihnen nicht darum, kurzfristig SpaceX Konkurrenz zu machen.
Nur weil die Russen (für den Vergleich eigentlich noch Sovjets) es deutlich später als die Amerikaner gemacht haben, heißt nicht das Wasserstoff besonders kompliziert ist und die Russen es einfach nicht gepackt haben. Wenn man so Argumentiert ist es doch überraschend, das sie so gute Kerosintriebwerke bauen. Vom Spezifischen Impuls einfach top.
Abgesehen davon sind die von dir angegebenen 20 Jahre nur gültig, Wenn man großzügig vergleicht.
Die erste Orbitrakete der USA mit Wasserstoff flog 1963, während die Sovjetunion 1987 nachzog.
Allerdings Handelte es sich bei dem Von den USA gebauten RL-10 um ein Oberstufentriebwerk. Für Oberstufen wurde erst 2001 von Russland nachgezogen.
Bezüglich Unterstufen ist der Unterschied nur noch 4 Jahre. RS-52 (SSME) mit dem Space Shuttle 1983 zu RS-120 in einer Energija 1987. Beide mussten durch Booster mit anderem Treibstoff unterstützt werden.
Dies ist aber recht off-Topic, ich weiß.
Warum Blue Origin lieber erst mit dem BE-4 eine Orbitalrakete baut, als mit dem BE-3 hat verschiedene Gründe.
- Das BE-4 setzt etwa 5 mal mehr Schub frei.
- Wasserstoff hat eine deutlich geringere Dichte als Methan. Ca 70kg/m³ während Methan auf ca 420kg/m³ kommt. Man braucht also größere Tanks und auch muss das Triebwerk deutlich mehr Durchsatz haben und somit massiver und schwerer sein, wenn es den selben Schub erzeugen soll. Ergebnis ist deutlich mehr Lehrmasse.
- Aus dem oben erwähnten Grund sind Wasserstofftriebwerke eher Schubschwach und somit für Unterstufen ohne Booster eher unpraktisch
- Das BE-3 ist weniger gut, als du wohl glaubst.
Das BE-3 ist ein
"Combustion tap-off cycle". Ich weiß nicht, wie man dies übersetzt, zählt aber auch zu den Nebenstromtriebwerken.
Man zweigt etwas vom Verbrennungsergebnis aus der Brennkammer ab und durch eine Turbopumpe. Der Vorteil ist, dass man keine extra Brennkammer für die Turbopumpe braucht. Die Nachteile ist, dass es als Nebenstromtriebwerk den Abgasstrom unbrauchbar neben dem Triebwerk ablässt. Auch wird vom Brennkammerdruck nicht alles in Schub umgesetzt sondern geht anderweitig (zur Turbopumpe) verloren. Ein Nebenstromtriebwerk mit extra Brennkammer hätte in diesem Fall den gesamten Brennkammerdruck für den Antrieb zur Verfügung und somit mehr Schub.
Das BE-4 ist ein
Stage Combustion Triebwerk. Wieder weiß ich nicht den deutschen Namen dafür.
Es handelt sich zwar um ein Hauptstromtriebwerk, ist aber sehr ähnlich dem klassischen Nebenstromtriebwerk mit extra Brennkammer. Vorteile sind denke ich bekannt.
-->Das Merlin Triebwerk ist vom Triebwerkskonzept also näher am BE-4 als es das BE-3 ist. Dies zum technischen Vergleich der Triebwerke.
Ein anderer wichtiger Punkt ist, der Spezifische Impuls. Als Beispiel hat die Delta 4 mit dem RS-68 365s Isp am Boden und im Vakuum 410s (
Quelle)
Offizielle Werte sind für das BE-3 leider nicht vorhanden, ich fand allerdings eine Berechnung, die mit ein paar Annahmen auf 310s am Boden und 360s im Vakuum Kam. (
Quelle)
Dies ist im Vergleich zu meiner Referenz dem RS-68 deutlich weniger und zeigt mit den zuvor genannten Problemen einer reinen Wasserstoffrakete, warum eine solche Orbitalrakete keine so gute Idee gewesen wäre und warum man lieber mit Methan in der Erststufe starten will.
Grüße aus dem Schnee