Hallo zusammen,
es gibt mal wieder ein paar kleine Neuigkeiten von meiner Baustelle. Nachdem die Arbeiten an der obersten (Kran-)Etage nun vorerst abgeschlossen sind (fertig ist man ja eigentlich nie
), geht es jetzt weiter mit der untersten Etage, nämlich Level 75. Diese Ebene hat es wahrlich in sich und hält zudem noch einige Überraschungen und Herausforderungen bereit.
Wesentliche Strukturen sind hier zwei Gaswäscher, die "Scrubber Units". Das sind recht komplexe Apparaturen mit 4 bzw. 2 senkrechten Zylindern und jeder Menge Rohrleitungen.
Quelle: nasatech.net
Jetzt aber erst mal ein paar Bilder von meinem bescheidenen Versuch, das im Modellmaßstab darzustellen - zunächst einmal nur die Rahmen, in denen die Scrubber-Zylinder nebst Pumpen und sonstigem Equipment installiert sind:
Der Bodenrahmen entstand aus Evergreen I-Profil 1,2 x 1,5 mm, das innen auf 1,0 mm runtergeschliffen wurde. Dann munter den Rahmen des "Käfigs" aus 1,0 x 1,0 mm Rechteckprofil gezimmert (war das dünnste Quadratprofil, das ich auf Lager hatte - das nächst kleinere erhältliche Evergreen-Profil wäre dann 0,5 x 0,5 mm, also zu klein). Die Ernüchterung folgte schließlich, als ich die Diagonalstreben eingeklebt hatte.
Naa - des geht gar ned !!! So ein Mist aber auch !
Jetzt war guter Rat teuer. Und als ich etwas demotiviert in meiner Halbzeugesammlung rumstocherte, fiel mir eine Packung 0,75 x 0,4 mm Rechteckprofile in die Hände (die hatte ich mal für die Intertank-Stringer des ET gebraucht). Also einfach mal zwei zusammengeklebt und die 0,8 x 0,75 auf 0,7 x 0,7 mm auf ner Nagelfeile runter geschliffen. Ging erstaunlich gut!
Und so sieht das Ergebnis aus (hier im direkten Vergleich zu den 1 x 1 mm Pendants). Ich denke, das passt so ...
Nach dem Zusammenbau sehen die beiden "Käfige" bzw. Rahmen so aus (muss natürlich noch etwas geschliffen werden):
Nochmal kurz zur Erinnerung: die Steuereung des Space Shuttle in der Schwerelosigkeit erfolgt über das OMS und RCS mittels der hypergolen Treibstoffe MMH (Monomethylhydrazin) und N
2O
4 (Distickstofftetroxid) als Oxidator. Diese Stoffe haben den Vorteil der drucklosen Lagerfähigkeit (ermöglichen also sehr leichte Tanks) und der einfachen Triebwerksteuerung über Magnetventile, da die hypergolen Komponenten bei Kontakt sofort zünden, es also keiner aufwändigen Zünd- und Cutoff-Systeme bedarf.
Dem Vorteil der einfachen Lagerfähigkeit im Orbit steht allerdings ein beträchtliches Gefahrenpotential auf der Erde entgegen. Beide Stoffe sind extrem giftig, stark ätzend und im Falle von MMH bereits im Mikrogramm-Bereich nachgewiesen krebserregend.
Stickstofftetroxid ist zudem bei Raumtemperatur gasförmig (Siedepunkt 21,1°C) und explosiv, was die Sache nicht gerade erleichtert. Diese Stoffe werden (bzw. sollen) durch die Scrubber (Gaswäscher) herausgefiltert, um dann als Sondermüll entsorgt zu werden.
Die Funktion dieser Gaswäscher ist im Prinzip ganz einfach: eine oder hier mehrere Zylindrische Säulen sind mit Füllkörpern (zunächst aus Keramik, später aufgrund von Zersetzungsproblemen Polypropylen) beschickt, um die innere Oberfläche zu vergrößern.
Das zu reinigende Gas durchströmt den Zylinder von unten nach oben, wogegen die Waschlösung wie in einer Dusche oben eingespritzt wird, durch die Füllkörper nach unten sickert, gesammelt und dann wieder nach oben gepumpt wird. Die folgende Grafiken verdeutlichen den inneren Aufbau einer Waschkolonne.
Quelle: Wikimedia
Quelle:Wikimedia
Für MMH wird 14%-ige Citronensäurelösung als Waschflüssigkeit verwendet, vor allem um die alkalische Reaktion des Hydrazins zu neutralisieren und damit die ätzende Wirkung zu entschärfen. Hochgiftig bleibt das Zeug trotzdem ...
Die kontaminierte Waschlösung muss natürlich regelmäßig abgepumpt und mit Tankwagen abtransportiert werden. Im Laufe der Jahrzehnte kamen dabei etliche Fuhren hochgiftigen Abfalls zustande, die u.A. durch manchen "Zwischenfall" bekannt wurden und damit die örtlichen Gesundheits- und Naturschutzorganisationen in höchste Besorgnis versetzt hatten.
Für das Distickstofftetroxid verwendete man als Waschlösung früher Natriumhydroxid-, später dann Kaliumhydroxidlösung (Kalilauge). Das hat den Vorteil, dass man das Abwasser mit H
2O
2 (Wasserstoffperoxid) zu Kaliumnitrat umsetzen kann, was sich letztlich als Dünger verwenden lässt und ungiftig ist. Aber auch hier kam es zu Störfällen ...
Quellen:
https://archive.org/stream/nasa_techdoc_19960011437/19960011437#page/n3/mode/2uphttp://llis.nasa.gov/lesson/3040http://llis.nasa.gov/lesson/3596https://www.researchgate.net/publication/24372997_A_new_method_for_measuring_hypergol_scrubber_emissionsSo, das wars schon wieder für den Augenblick. Im weitern Verlauf werde ich mich wohl eingehend mit Rohrleitungen aller Art beschäftigen ...
Bis bald und noch einen schönen Sonntag Abend!
Viele Grüße
Thomas