Marsmission, Studie - Boeing 2014

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Marsmission, Studie - Boeing 2014
« am: 03. März 2015, 22:44:59 »
Hier soll es speziell um die Missionstruktur der 2013er Studie von Boeing über eine Marsmission gehen.
Der Name der Studie war "Mission to Mars in Six (not so easy) Pieces"

[blöder Name. dazu findet man hier in der Suche natürlich nichts. wenn die schon behandelt wurde dann bitte ich drum den post zu löschen/kopieren]

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Materialien dazu sind eine ~60 Seitige Präsentation, ein einstündiger Audiovortrag zu der präsi und zwei kurze Papers dazu

Quelle: NSF
http://forum.nasaspaceflight.com/index.php?topic=35115.0
http://spirit.as.utexas.edu/~fiso/telecon/Raftery_5-14-14/
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Einige Stichpunkte die mir so aufgefallen sind:

- es geht um eine einzelne Mission, 4 Mann.
- basiert nicht primär auf Orion
- 2 SLS (Jaja :/ ) Starts für die Cargo-Vorbereitungsmission, 3 SLS Stars für die Crew
- zusammenbau/Zwischenstation jeweils am Mond/Erd L2 (WARUM auch immer. Aussage: der Sicherheit zu liebe mit Zwischenstation. Ich kann das nicht wirklich nachvollziehen..)
- es wird je 1 SEP Tugs (je 1,5 MW solar; je ein zusätzlicher SLS Start) genutzt SOWOHL fürs aufspiralen zu L2 als auch für die Marsreise als auch für den Rückflug genutzt
- zusätzlich gibt es einen Chemischen 'Kicker' (wann der genau zur Anwendung kommt hatte ich nicht rausgelesen)

- Verwendung von aufblasbare Module (ZWEI [Grund: Redundanz] Wohnmodule für die Reise, eines als teil des Marshabitats)
- komplettes einschwenken in Marsorbit (logisch, wenn man SEP nutzt)
- Treibstoff für Mars-> LMO wird komplett mitgenommen. Keine ISRU. Begründung: Sie haben sich Gedanken drüber gemacht und für die erste Mission soll es noch keine Treibstoffproduktion auf dem Mars geben.


ps: Sorry, wenn ich mich laienhaft Ausdrücke. Bin noch neu dabei :/

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Re: Marsmission, Studie - Boeing 2014
« Antwort #1 am: 03. März 2015, 23:18:56 »
Das Boeing Konzept sieht vor, die Mars-Raumschiffe im L2 startbereit zu machen. Treibstoff dafür wird mit SEP dahin geschafft, so weit ist SEP geeignet.

Der eigentliche Mars-Flug erfolgt dann aber chemisch.  Das würde so aussehen. Das Raumschiff steuert den Mond an, wird am Mond Richtung Erde abgelenkt, kommt mit sehr hoher Geschwindigkeit sehr dicht an der Erde vorbei und feuert dann Richtung Mars. Das nutzt den Oberth-Effekt optimal und das Gesamtmanöver braucht deshalb nur noch ein minimales delta-v. Der größte Teil der Leistung wird durch SEP Richtung L2 erbracht. Nur die Crew fliegt chemisch da hin.

Das Konzept ist solide und weit weniger anspruchsvoll als das von SpaceX. Aber es ist machbar. Natürlich spielt Orion beim Mars-Flug keine Rolle. Orion ist dafür ungeeignet. Orion kann die Zubringer-Funktion Richtung L2 realisieren.

McFire

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Re: Marsmission, Studie - Boeing 2014
« Antwort #2 am: 03. März 2015, 23:24:47 »
Wenn ich das richtig verstehe, braucht man L2 (anstatt z.B. eine Orbitbahn) um später den Schwung an der Erde zu holen?

Führerschein

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Re: Marsmission, Studie - Boeing 2014
« Antwort #3 am: 03. März 2015, 23:36:13 »
Wenn ich das richtig verstehe, braucht man L2 (anstatt z.B. eine Orbitbahn) um später den Schwung an der Erde zu holen?

Ja. Das lohnt sich aber nur, wenn man den Treibstoff bzw. die Nutzlast per SEP da hochschafft. Wenn man alles rein chemisch machen würde, wäre der Start direkt ab LEO effizienter. Eine hohe Orbitalbahn geht im Prinzip auch. Man braucht aber die Hilfe des Mondes, um effizient wieder der Erde nahezukommen, wo man den Oberth-Effekt für die Beschleunigung ausnutzen kann. Ein hoch elliptischer Orbit, wie es die Inder mit ihrer Marssonde gemacht haben, geht im Prinzip auch, aber dann fliegt man immer wieder durch den Van Allen Gürtel, auch vor dem Abflug mit Crew, was man nicht will. Im L2 kann man alles ansammeln ohne diese Probleme und fliegt dann beim Abflug nur einmal sehr schnell durch den Van Allen Gürtel.

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Re: Marsmission, Studie - Boeing 2014
« Antwort #4 am: 03. März 2015, 23:43:36 »
Falsch und falsch  :P


Sowohl bei der Cargo als auch beim Personentransport macht das SEP den ganzen weg mit. L2 -> HMO in mit Cargo in 512 Tagen mit 4600s; Personen mit 300s in 256 Tagen.

Es wird mehrmals drauf hingewiesen dass sie den Earth flyby noch prüfen, dass er hier aber noch nicht dabei ist.

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Es lohnt sich auch so die Präsi mal anzuschauen. Viele schicke Renderbilder (Das SEP sieht schon überraschend große aus..) und informative Grafiken. So hätte ich auch bei der für den ISS Aufbau und Betrieb hochgeschossenen Masse (4500to) ordentlich daneben gelegen..


EDIT:

Weil es sich gut ergänzt hier noch die letzte PDF des NASA Mars DestinationOperationTeams von 2014:
 https://www.nasa.gov/sites/default/files/files/Mars-DOT-2013-Final-Report.pdf
138Seiten, Beschreibt die Überlegungen für den Ablauf einer wissenschaftlichen Marsmission (Rover, Bohrungen, Reichweite, Sterilisierung...) innerhalb der 2005er DesignReferenceMission 5 (DRM5)
http://www.nasa.gov/pdf/373667main_NASA-SP-2009-566-ADD.pdf
« Letzte Änderung: 04. März 2015, 02:39:59 von Sensei »

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Re: Marsmission, Studie - Boeing 2014
« Antwort #5 am: 04. März 2015, 11:10:47 »
Ich muß mir wohl die Boeing Studie nochmal ansehen. Was ich beschrieben habe, war jedenfalls in einer der NASA-Referenz-Missionen.

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Re: Marsmission, Studie - Boeing 2014
« Antwort #6 am: 04. März 2015, 13:35:52 »
Zumindest in keiner die mir bisher untergekommen wäre. Die letzten haben eher auf NuclearThermalEngines gesetzt.


Aber ich versuch selber mich gerade durch diese ganzen Daten zu wühlen. Ist schon etwas verwirrend.
Soweit ich es überblicke gibt es zum Mars:

- Die großen NASA Referenzmissionen. Die Letzte war die DRM5, welche wohl auch so schnell nicht abgelöst wird.
http://spacenews.com/nasa-not-ready-to-update-mars-mission-architecture/
- neuere Anmerkungen dazu, Z.b. vom Nasa Advisory Concil
http://www.nasa.gov/sites/default/files/files/20140728-Williams-NAC.pdf
(kurz, recht aktuell und fasst die letzten Entwicklungen gut zusammen!)
- Abwandlungen der Referenzmission oder eigene Entwürfe durch Privatpersonen oder NGOs (Aldrin cycler, Mars for less..)
-Entwürfe von interessierten Unternehmen (z.b. wie hier Boeing)

Re: Marsmission, Studie - Boeing 2014
« Antwort #7 am: 04. März 2015, 13:51:09 »
Ich denke hier passt das Video nochmal ganz gut rein. Ist von Boeing!


https://www.youtube.com/watch?v=vdqhGhfX62Y

Eventuell mal die Animationen interpretieren ?


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Re: Marsmission, Studie - Boeing 2014
« Antwort #8 am: 04. März 2015, 21:04:25 »
Danke. Visualisiert gut das, was alles auch schon im Vortrag vorkommt.
Da gibt es eigentlich nichts mehr zu interpretieren. Aber wenn du fragen hast,  immer raus damit.

Re: Marsmission, Studie - Boeing 2014
« Antwort #9 am: 05. März 2015, 12:04:38 »
Hm... interessant.

Der SEP Tug ist also ein Ionenantrieb mit Krypton als Treibstoff. Die Energiequelle ist komplett solar und die Panels so groß wie die der ISS.

@DRM5: Yep, und die ist schon 6 Jahre alt. Man müßte mal schauen welche technischen Neuerungen die Boeing Studie hinzugefügt hat.

Was mich interessieren würde:

Benutzt das SEP Hall Triebwerke?

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Re: Marsmission, Studie - Boeing 2014
« Antwort #10 am: 05. März 2015, 13:07:25 »
Um ne Größenordnung stärker: 120kw vs 1,5 MW. Leider steht da nichts zu der Masse der PV oder des tug.
Soll aber komplett mit einem Start hoch gehen.

EDIT: will ja nicht das ganze BegleitPDF zitieren,aber:

Zitat
thirty nested Hall thrusters, each rated at 50KW. The propellant is krypton and the tank capacity is 45 tons. Each end of the tug has an international standard docking interface. Like the TransHab, the tug is completely reusable for multiple Mars missions once refueled.

EDIT2:
SEP+Cargomodul haben 135t.
Auf dem Mars landen werden jeweils 40t

Zitat
This orbit [17k km überm Mars] was selected as the parking orbit for the SEP tugs because it is stationary relative to the landing site which will allow the SEP tugs to act as a communications relay and perhaps even a power source for the surface assets.

Zwar hier nur im Nebensatz erwähnt, aber die idee den SEP mit seinen ~700 kW (am mars) Solarsatelit zu verwenden ist gar nicht so blöd. Das müsste man tatsächlich noch mal durchrechnen...


Die Transferhabitate und die beiden SEPs sind wiederverwendbar. Ich frag mich immer noch ob es nicht möglich wäre die Rover auf dem Mars (laut einigen studien 2*pressured, 2* unpressured) nach missionsabschluss robottisch zum Landepunkt der Folgemission zu fahren und ebenfalls wiederzuverwenden.


Also bis auf die Verwendung von Orion+SLS klingt das alles IMO doch schon recht gut.  8)
« Letzte Änderung: 05. März 2015, 17:16:01 von Sensei »