Russlands Absage an den ISS Betrieb nach 2020

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Re: Russlands Absage an den ISS Betrieb nach 2020
« Antwort #50 am: 13. Mai 2014, 23:27:13 »
Auf die Idee, diese Raumstation zusammen mit den Russen aufzubauen, kam dann allerdings erst Clinton
Ok, dann habe ich dich da falsch verstanden, denn ich dachte du hättest dich auf die internationale Zusammenarbeit bezogen. Letztere wäre ja laut den Partnern bereits bei der Freedom gegeben gewesen.
Zitat
Nach dem sich anbahnenden Exportverbot für das RD-180 werden es sich andere westliche Firmen sehr genau überlegen, ob man wirklich das Risiko eingeht, sich so abhängig und politisch erpressbar von Russland zu machen oder ob man lieber ein paar Dollar mehr ausgibt und die Bauteile im eigenen Land fertigt.
Es ist meiner Meinung nach dennoch so, dass man auch in der Raumfahrt nicht immer auf sich abzeichnende Gefahren geachtet hat und zu oft schon andere Dinge im Vordergrund gestanden haben.

Ich fürchte nur leider wir sind hier nun in der Diskussion nicht mehr wirklich ISS-bezogen und somit wohl OT...:(
Douglas Adams: "In an infinite universe, the one thing sentient life cannot afford to have is a sense of proportion."

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Offline tomtom

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Re: Russlands Absage an den ISS Betrieb nach 2020
« Antwort #51 am: 13. Mai 2014, 23:34:31 »
Das lese ich zum ersten mal  :o .. hast du dazu eine Quelle tomtom?
Also Deutschland hat so einige Experimente auf der ISS gehabt und damit ein guten Return of Investment.

Schon klar, Japan/Kanada betrifft es genauso. Ich meinte damit, dass D in Europa in bezug auf die ISS-Zukunft (nicht bzgl. aktueller Nutzung).

Als reiner Nutzer hat man natürlich den derzeitigen RoI.
Als ISS-Partner, der 50% ESA-Kosten der ISS trägt, ist D evtl. nur Zuschauer bzgl. ISS-Zukunft.
Es gibt bestimmt noch weitere ISS-Konferenzen mit den Agenturen, wo wir diesen Aspekt verfolgen können.
Im Zweifel hilft die Such-Funktion:
https://forum.raumfahrer.net/index.php?action=search

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Offline Raffi

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Re: Russlands Absage an den ISS Betrieb nach 2020
« Antwort #52 am: 13. Mai 2014, 23:48:14 »
Traurig sowas zu hören :(. Das Megabauwerk mit seinen Solarpanelen könnte also nur noch paar Jahre über uns kreisen. Dabei kann man es fast als 8. Weltwunder ansehen oder als Symbol internationaler Zusammenarbeit. Die Beobachtung der hell beleuchteten ISS von der Erde aus wird mir auch fehlen.  :-\

Da hat man so viel Geld und vor allem so viel Arbeit reingesteckt, eine ganze Shuttlecrew hat dafür ihr Leben gelassen. Und in paar Jahren wird man sie ganz oder teilweise verglühen lassen, wo man sie noch für schöne weitere Jahre betreiben könnte. Und das wegen Meinungsverschiedenheiten der Partner. Eigentlich sollte die ISS als Zwischenstationen dienen, um leichter zum Mond und Mars zu gelangen. Einiges an know-how geht dann auch noch verloren.
Der Regensburg-Nürnberger Raumcon Stammtisch findet regelmäßig, mal in Regensburg, mal in Nürnberg statt.

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Offline ZeT

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Re: Russlands Absage an den ISS Betrieb nach 2020
« Antwort #53 am: 13. Mai 2014, 23:49:14 »
Es wird teilweise vorausgesetzt hier, dass der nicht russische Teil der ISS weiter betrieben werden soll, das sehe ich nicht für machbar an.
Dann gibt es die Idee eines ISS Nachfolgers (Bigelow?)

Die eigentliche Frage ist doch, braucht man überhaupt eine ständig bemannte Station im LEO, oder hemmt das nicht eher und bindet Mittel und Ressourcen, die man vielleicht besser für Flüge außerhalb des Erdorbits einsetzen könnte?
Das heißt nicht  unbedingt, dass ich dieser meine Meinung wäre, aber eine Überlegung ist es sicherlich wert.

Gruß,
KSC

Ich seh das so ähnlich.

Eine Raumstation ist doch eigentlich ein Prestigeprojekt. Sollte Russland seine Module eigenständig weiter betreiben, hätten sie mit China als einzige eine Station dort oben. Europa und die USA wären aussen vor.

Als selbsternannte technologische Führungsmacht kann ich mir nicht vorstellen das die USA darauf verzichten will. Die Frage die sich dann stellt is doch eher "will man die ISS weiter betreiben?" In Kombination mit Europa und Japan wäre es sicherlich möglich - würde aber einen imensen Kostenaufwand generieren. Neue "alte" Module bauen usw.

Wäre es da nicht eventuell sinnvoller, die gewonnenen Erkenntnisse durch die ISS in ein ganz neues Projekt einfliessen zu lassen? Man muss ja bedenken wie alt die ISS in der Zwischenzeit ist. Das hat mit "technologischer Spitze" nicht mehr viel zu tun.

Ein Gemeinschaftsprojekt von NASA, ESA und JAXA mit einer neuen Station "State of the art" würde auch den kooperativen Gedanken nicht zu Grabe tragen. In Verbindung mit der aktuellen Entwicklung bei den Trägern ergibt das eine interessante Option.

Dazu noch den DC als Zubringer für die Crew.. das hätte doch was. :)

Greetz

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Offline Klakow

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Re: Russlands Absage an den ISS Betrieb nach 2020
« Antwort #54 am: 14. Mai 2014, 00:00:48 »
Für mich stellt sich bei der ISS vor allem die Frage was für Module heute komplett überholt sind und welche nicht?
Ich denke die Solarmodule sind sicher überholt, ich denke mit neuen Modulen die eh schon z.B. für die neue Raumkapsel für zukünftige Missionen entwickelt wurden, kann man mit weniger Fläche auskommen, oder bei gleicher Fläche viel mehr an Energie bekommen. Diese zusammen mit ein Paar DS4G Triebwerken und einer kleinen Aufhängung an der richtigen Stelle der ISS und einen Xenontank für 2-3t Treibstoff und die ISS bleibt ohne die Russen und ohne ATV wo sie hin gehört. Das würde auch massiv Kosten einsparen.

Ob und was von den anderen Modulen benötigt wird, weiß ich derzeit aber nicht, aber ehrlich gesagt wollte ich nicht in einem Schlauchboot im All sitzen.
Alternativ könnte man den Rest der Station ja vorläufig in ein viel höheres Orbit schieben, z.B. in 600km Höhe, danach sollte die Bahnanhebung kaum noch ein Thema sein.

Ich kann mir z.B. nicht vorstellen das die ganze Infrastruktur da oben für die Katz sein soll.

Es gibt natürlich zumindest derzeit noch einen Mangel, soweit ich weiß sind die Rettungskapseln auch aus Russland.

Offline Ruhri

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Re: Russlands Absage an den ISS Betrieb nach 2020
« Antwort #55 am: 14. Mai 2014, 00:20:56 »
Sicher, die "Rettungskapseln" sind ja die Sojus-Schiffe. Aber da ist in den USA das eine oder andere in der Pipeline.

Macht es noch Sinn, eine ISS ohne Russland zu betreiben? Länger als 2028 wäre sie sowieso nicht betrieben worden, und diese Verlängerung wird dann jetzt ausfallen. Bis 2020 neue an die aktuellen Aufgaben angepasste ATVs zu konstruieren, erscheint ambitioniert, ebenso der Einsatz von DS4G- oder VASIMR-Triebwerken. Also wird nach 2020 die Versenkung erfolgen, wobei sich auch da die Frage stellt: Wie versenkt man eine ISS?

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Offline roger50

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Re: Russlands Absage an den ISS Betrieb nach 2020
« Antwort #56 am: 14. Mai 2014, 00:32:34 »
N'abend,

obwohl ich diese ganze Diskussion für sinnlos halte, da es sich IMHO lediglich um das schon erwähnte "Säbelrasseln" und das in der Politik übliche arbeiten mit Drohungen und Verunsicherung des jeweiligen Opponenten handelt, doch eine Randbemerkung:

was kann der US/EU/JPN-Teil der ISS nicht, das nur der russische Teil leisten kann? Es ist die komplette Lage- und Bahnregelung, sowie die regelmäßige Orbitanhebung. An nicht-russischen Modulen gibt es nicht ein einziges Triebwerk.

Käme es also tatsächlich zu einem Abkoppeln des Zarya-Moduls (und den daran hängenden anderen Elementen), so befände sich der Rest der ISS im freien Drift. Es bräuchte also vor allem schnellstmöglich ein Modul, welches die Lagerregelung/ Bahnanhebung der Rumpf-ISS übernehmen kann.

Wären die USA bis 2020 imstande, ein solches Modul zu bauen? Antwort: Ja, es würde notfalls wahrscheinlich weniger als 3 Jahre dauern, es fertigzustellen. Denn schon Ende der 90er Jahre, als sich der Start von Zwesda immer wieder verzögerte, planten die USA ein solches Modul zu Zarya/Unity zu schicken. Es war sogar schon im Bau, brauchte aber glücklicherweise dann doch nicht fertiggestellt zu werden. Es basierte auf einem Service-Modul der damaligen, sehr großen KH-Aufklärungssatelliten. Hatte einen Durchmesser von ca. 4 m und war ca. 3 m lang. Diese S/M, bzw. deren eher noch größere Nachfolger werden immer noch gebaut und geflogen.

Also bitte keine Panik, nur weil ein Herr Rogozin, der sauer ist, weil seine Auslandskonten blockiert sind und er in viele Länder momentan nicht einreisen darf, irgend etwas absondert. ;)

Gruß
roger50

LOXRP1

  • Gast
Re: Russlands Absage an den ISS Betrieb nach 2020
« Antwort #57 am: 14. Mai 2014, 00:37:58 »
Was die Delta 4 angeht, hatte ich gar nicht die Nutzlast im Sinn. So komme ich trotzdem deiner Bitte nach, wie wäre es z.B. mit Menschen oder Nutzlasten mit RTGs. Ich wollte eigentlich darauf hinaus, dass die Delta 4 in der jetzigen Konfiguration nicht die nötige Startraten erbringen kann um die Atlas 5 zu ersetzen. Wenn ich mich recht entsinne ist nicht die Produktion sondern die Integration und Testphase in der Launch Facility der beschränkende Faktor.

Ich sehe da gar nicht mal so große Probleme. Die Delta 4 hat weit mehr erfolgreiche Flüge mit weit weniger Problemen absolviert als die angeblich für den bemannten Einsatz entwickelte Falcon 9. Ein bemannter Einsatz der Delta 4 sollte da kein großes Problem darstellen. Man hatte sich damals für die Atlas 5 entschieden, weil dieser Träger billiger war, man ihn durch die recht hohe Startzahl besser kannte und das RD-180 von einem für den bemannten Einsatz entwickelten Triebwerk abstammt. Das schließt die Delta 4 aber nicht grundsätzlich aus. Genau das gleiche gilt für den Transport von RTG, wobei da in den kommenden Jahren eh keine neuen Missionen geplant sind.

Muss man die Delta 4 öfters fliegen lassen, dann könnte man alternativ auch einen weiteren Startkomplex aufbauen, der dann auch gleich die nötigen Systeme für den bemannten Einsatz beinhalten kann. Realistischer in meinen Augen ist aber die US-Fertigung des RD-180 und der weiterbetrieb der Atlas. Dort gibt es mit dem Pad keine Probleme, LC-41 wurde dafür entwickelt, bis zu 15 Flüge pro Jahr abzuwickeln.

MR ich habe explizit von der aktuellen Konfiguration der Delta 4 gesprochen. Natürlich könnten man die human raten und man könnte noch ein weitere Launch Facility bauen. Doch man hat die Atlas 5 nicht nur wegen den Kostenvorteil ausgewählt, sondern auch weil sie sicherer ist.

zu Atlas V:





Quelle: http://www.ulalaunch.com/uploads/docs/Published_Papers/Human_Rating/HumanRatingAtlasVandDeltaIV.pdf

zu Delta IV:

Quelle: http://www.nasa-usa.de/pdf/377875main_081109%20Human%20Rated%20Delta%20IV.pdf


Was die RTGs angeht so ist die Atlas V die aktuell einzige US Trägerrakete, welches für den Start zertifiziert wurde, wofür unter andrem nachgewiesen werden muss wie sich eine ungeplante rapide Zerlegung der Trägerrakete auf die Nutzlast auswirkt.
Wie man es dreht und wendet wird es teuer für die USA. Ich persönlich favorisiere die Fertigung des RD-180 in den USA.

Bezüglich der Falcon 9 willst du etwa SpaceX unterstellen, dass sie die ganze Zeit lügen und die Falcon 9 gar nicht für den bemannten Einsatz geeignet ist obwohl, diese dafür konstruiert wurde? Hast du dafür irgendwelche Beweise oder ist es nur deine persönliche Meinung?




Bis 2020 neue an die aktuellen Aufgaben angepasste ATVs zu konstruieren, erscheint ambitioniert, ebenso der Einsatz von DS4G- oder VASIMR-Triebwerken. Also wird nach 2020 die Versenkung erfolgen, wobei sich auch da die Frage stellt: Wie versenkt man eine ISS?

Woher nimmst du die Gewissheit, dass die ISS 2020 versenkt werden soll? Was genau ist an einem Modul auf ATV Basis so ambitioniert? Damit sei nicht gesagt, dass es trivial ist aber es ist auch keine Hexerei, bei der die Regel der Physik übergangen werden. Bezüglich ISS "Versenkung" siehe Mir "Versenkung". ;)


Edit:
Also bitte keine Panik, nur weil ein Herr Rogozin, der sauer ist, weil seine Auslandskonten blockiert sind und er in viele Länder momentan nicht einreisen darf, irgend etwas absondert. ;)

Gruß
roger50
Amen! Auch zum Rest deines Post, den ich nicht zitiert habe. :)

Re: Russlands Absage an den ISS Betrieb nach 2020
« Antwort #58 am: 14. Mai 2014, 01:03:06 »
Also bitte keine Panik, nur weil ein Herr Rogozin, der sauer ist, weil seine Auslandskonten blockiert sind und er in viele Länder momentan nicht einreisen darf, irgend etwas absondert. ;)

Hoffen wirs. Es wäre mehr als schade um die ISS, die an sich wohl als Weltwunder angesehen werden kann. Oder zumindest als Weltkulturerbe.
„Die Erde ist die Wiege der Menschheit, aber der Mensch kann nicht ewig in der Wiege bleiben. Das Sonnensystem wird unser Kindergarten.“ K. E. Ziolkowski

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Stolzer Träger einer Raumconverwarnung wegen Schreibens unbequemer Wahrheiten.

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Offline MR

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Re: Russlands Absage an den ISS Betrieb nach 2020
« Antwort #59 am: 14. Mai 2014, 01:16:40 »
Bezüglich der Falcon 9 willst du etwa SpaceX unterstellen, dass sie die ganze Zeit lügen und die Falcon 9 gar nicht für den bemannten Einsatz geeignet ist obwohl, diese dafür konstruiert wurde? Hast du dafür irgendwelche Beweise oder ist es nur deine persönliche Meinung?

Ich beziehe mich dabei auf die Meinung des Aerospace Safety Advisory Panel, das die Aussagen von SpaceX bezüglich einer Eignung der Falcon 9 für den bemannten Einsatz massiv in Zweifel zieht.

Sicher, darauf muss man nichts geben. Man kann grundsätzlich jede Rakete mit der nötigen Nutzlast bemannt einsetzen, wenn man Leute findet, die das Risiko eingehen. Wenn man aber die EELV-Träger mit der Begründung abweist, sie wären zu unsicher, dann sollte man das schon kritisch hinterfragen. Die EELVs sind bisher sehr zuverlässig, dennoch schätzte die NASA sie als nicht sicher genug ein und wollte lieber Ares entwickeln. Wie kann dann die extrem billig entwickelte Falcon 9 sicher genug sein? Die paar bisherigen Flüge der Falcon 9 hatten zudem mehr Probleme als alle EELV-Flüge. Und so einem Träger will die NASA wirklich Astronauten anvertrauen?

Du wirst mir daher sicher nachsehen, wenn ich den Aussagen von SpaceX nicht blind vertraue. SpaceX hat einfach schon zu viele übertrieben optimistische Ankündigungen gemacht. Ehe man die Falcon 9 als geeignet für den Personentransport nach NASA-Standard ansehen kann, muss sie noch einige erfolgreiche Flüge haben und vermutlich auch noch deutlich modifiziert werden. Wobei ich persönlich einem Träger mit 9 Triebwerken in der Startstufe grundsätzlich nie bemannt einsetzen würde.

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Offline Klakow

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Re: Russlands Absage an den ISS Betrieb nach 2020
« Antwort #60 am: 14. Mai 2014, 01:35:02 »
Ich halte nachdem ich mir in der letzten Woche die Doku zu DS4G angesehen habe, es für viel einfacher damit die Bahnabsenkung zu verhindern als mit allen anderen Lösungen.
Da hierzu wohl eh 2,5N Schub ausreichen, genügt da wohl in einziges Triebwerksmodul. Selbst die Steuerung kann nicht so komplex sein, da Veränderungen der Stationslage mit so einem Antrieb sehr langsam erfolgen.
Zur noch tuts vielleicht eine Kopie von einem Roboterarm, die 2,5N Schub kann der sicher locker ab.
Der einzige etwas komplexere Punkt ist der Tank und was da dran muss um das Triebwerk zu steuern. Aber egal, viel ist das auch nicht.
Vielleicht würden sogar Gasflaschen mit 100L (300kg) jedes Jahr ausreichen. Viel Treibstoff braucht so ein Triebwerk ja bei 190km/s Ausströmgeschwindigkeit nicht.
Das einzige wäre die Stromversorgung, 250kW ist für die ISS ganz schön viel. So klein wie das ist, kostet sowas sicher keine 100Millionen $ an Entwicklung, spart aber wohl jedes jahr weit über 1Milliare $.
VASIMR wäre da wohl sehr viel mehr Aufwand, das Ding baut erheblich größer ist ist sicher auch sehr viel Massereicher.

Re: Russlands Absage an den ISS Betrieb nach 2020
« Antwort #61 am: 14. Mai 2014, 02:15:07 »
@"Neue" internationale Raumstation:

Wird es denk ich mal nicht geben. Kooperationsgedanke schön und gut, aber die "internationale Karte" war laut nichts anders als ein Mittel um das Raumstationsprojekt druchzupushen. Und natürlich auch viele der Kosten auf die Partner zu schieben. (Was im Fall Russlands, wie wir aus der Baugeschichte der ISS wissen, leider schwer nach hinten losgegangen ist.)

Ob die ISS nun mit 2020 aufgegeben wird, hängt nun am Kongress. Und da bin ich sehr skeptisch. Schon in den 90ern hat das Raumstationsprojekt nur hauchdünn überlebt. Und beim letzten NASA Budget wurden Teile von ursprünglich für die ISS vorgesehenen Mittel ebenfalls in andere Bereiche verschoben.

Führerschein

  • Gast
Re: Russlands Absage an den ISS Betrieb nach 2020
« Antwort #62 am: 14. Mai 2014, 06:55:05 »

Käme es also tatsächlich zu einem Abkoppeln des Zarya-Moduls (und den daran hängenden anderen Elementen), so befände sich der Rest der ISS im freien Drift. Es bräuchte also vor allem schnellstmöglich ein Modul, welches die Lagerregelung/ Bahnanhebung der Rumpf-ISS übernehmen kann.

Zarya ist übrigens amerikanisch. Gebaut und gestartet von den Russen, aber die Amerikaner haben es bezahlt. Welche Funktionen es jetzt noch kann, nach so langer Zeit, weiß ich aber nicht. Jedenfalls können die Russen es bei einer Abkoppelung ihres Teils nicht mitnehmen.

Ich denke aber auch, eine neue Station mit Bigelow-Modulen ist sinnvoller. Die ISS war eine großartige Entwicklung. Sie ist aber nicht mehr Stand der Technik und extrem wartungsintensiv. Sie unter Denkmalschutz stellen und als Oldtimer weiter fliegen, wäre nichts als Nostalgie. Dafür ist im Weltraum kein Platz.

Führerschein

  • Gast
Re: Russlands Absage an den ISS Betrieb nach 2020
« Antwort #63 am: 14. Mai 2014, 08:32:36 »
Eine Frage.

Wäre es technisch möglich, ein BA-330 Modul vorübergehend an die ISS anzudocken, um bestehende Racks und Experimente zu überführen? Dann wieder abkoppeln und das BA-330 wird der Kern einer neuen Station.

Ich kann mir vorstellen, daß da die echten Werte der ISS stecken und es könnte so relativ einfach sein, die laufende Arbeit fortzuführen. Aber ich habe wirklich keine Ahnung, ob das realistisch ist.

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Offline MR

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Re: Russlands Absage an den ISS Betrieb nach 2020
« Antwort #64 am: 14. Mai 2014, 09:08:22 »
Ich würde für eine neue US-Station ein anderes Konzept vorschlagen. Zwei konventionelle Module, die einzeln per Delta 4 Heavy gestartet werden und im Orbit koppeln, ein Labor- und Wohnmodul. Versorgt wird die Station mit CCDev-Kapseln. Die Module sollten praktisch in Serie hergestellt werden und alle 3 Jahre starte eine neue Station. So können die Labormodule durchaus eine unterschiedliche wissenschaftliche Ausstattung haben, zb ein Labor für Humanmedizin, Werkstoffkunde, Astrophysik usw. Gestartet wird, was gerade benötigt wird. Durch die auf 3 Jahre begrenzte Lebensdauer der Module fallen umfangreiche Wartungsarbeiten von Anfang an weg, die Besatzung kann sich voll auf ihre wissenschaftlichen Aufgaben konzentrieren. Ist eine Station verschlissen, wird sie im Pazifik versenkt und die nächste Station übernimmt. Hält eine Station länger durch als 3 Jahre, kann sie durchaus auch länger genutzt werden.

Dieses Konzept ist preiswert, erspart teure Wartungsarbeiten im Orbit und ermöglicht durch die unterschiedlichen Labormodule flexible Forschungen.

Offline Ruhri

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Re: Russlands Absage an den ISS Betrieb nach 2020
« Antwort #65 am: 14. Mai 2014, 09:13:35 »
Woher nimmst du die Gewissheit, dass die ISS 2020 versenkt werden soll? Was genau ist an einem Modul auf ATV Basis so ambitioniert? Damit sei nicht gesagt, dass es trivial ist aber es ist auch keine Hexerei, bei der die Regel der Physik übergangen werden. Bezüglich ISS "Versenkung" siehe Mir "Versenkung". ;)

Die Laufzeit der ISS geht zurzeit bis 2020. Punkt! Verlängerungen bis 2024 oder 2028 sidn im Gespräch, aber die russische Seite scheint daran nicht mehr interessiert zu sein. Wenn der Rest des ISS-Konsortiums also weitermachen will, dann muss der US-Teil bis 2020 dazu befähigt werden, alleine weiter zu machen oder gezielt abzustürzen.

Das ist, wie man es dreht und wendet, nicht allzuviel Zeit, und abgesehen vom Servicemodul (für Orion-Testflüge) ist das ATV gerade tot. Da sind sechs Jahre plötzlich sehr kurz.

Zarya ist übrigens amerikanisch. Gebaut und gestartet von den Russen, aber die Amerikaner haben es bezahlt. Welche Funktionen es jetzt noch kann, nach so langer Zeit, weiß ich aber nicht. Jedenfalls können die Russen es bei einer Abkoppelung ihres Teils nicht mitnehmen.

[...]

Ich fürchte, sie könnten. Denn soweit ich das verstanden habe, gehört das Modul den Russen, auch wenn sie es mit US-Dollars gebaut und gestartet haben. Ob sie das alte Modul aber noch gebrauchen können, das ist eine andere Frage. In der derzeitigen Lage würden sie es aber eher nicht den Amerikanern überlassen.

Offline Ruhri

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Re: Russlands Absage an den ISS Betrieb nach 2020
« Antwort #66 am: 14. Mai 2014, 09:15:31 »
[...]

Dieses Konzept ist preiswert, erspart teure Wartungsarbeiten im Orbit und ermöglicht durch die unterschiedlichen Labormodule flexible Forschungen.

Das Konzept müsste aber der Öffentlichkeit gut erklärt werden (und es muss natürlich auch so funktionieren). Andernfalls höre ich schon das Geschrei ob der "Verschwendung".

Führerschein

  • Gast
Re: Russlands Absage an den ISS Betrieb nach 2020
« Antwort #67 am: 14. Mai 2014, 09:36:02 »
[...]

Dieses Konzept ist preiswert, erspart teure Wartungsarbeiten im Orbit und ermöglicht durch die unterschiedlichen Labormodule flexible Forschungen.

Das Konzept müsste aber der Öffentlichkeit gut erklärt werden (und es muss natürlich auch so funktionieren). Andernfalls höre ich schon das Geschrei ob der "Verschwendung".

Ich wüßte nicht, warum ein solches Konzept, das durchaus Sinn machen kann, nicht mit Bigelow-Modulen gemacht werden könnte. Die werden ohne große Entwicklungskosten verfügbar sein. Die Lebensdauer dürfte aber eher bei mindestens 10 Jahren liegen, als 3 bis 5.

Offline Ruhri

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Re: Russlands Absage an den ISS Betrieb nach 2020
« Antwort #68 am: 14. Mai 2014, 09:40:11 »
Das mag sein - meine Antwort bezog sich auf die Idee von MR mit Modulen, die nur drei Jahre lang genutzt werden würden. Das würden viele einfach nicht verstehen (wollen), dass man Module hochschießt und nach drei Jahren wieder versenkt. Wie oft ich alleine schon die Klage über die "Verschwendung" bei den ATVs gehört habe...  :-X

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Offline KSC

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Re: Russlands Absage an den ISS Betrieb nach 2020
« Antwort #69 am: 14. Mai 2014, 09:47:24 »
Ich bezweifle, dass es bei den nicht russischen ISS Partnern die Bereitschaft gibt, relativ schnell zusätzliche Finanzmittel bereit zu stellen, um die nicht russischen ISS Module in welcher Form auch immer über 2020 hinaus weiter zu betreiben.

Gruß,
KSC

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Offline MR

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Re: Russlands Absage an den ISS Betrieb nach 2020
« Antwort #70 am: 14. Mai 2014, 09:48:08 »
Das Konzept müsste aber der Öffentlichkeit gut erklärt werden (und es muss natürlich auch so funktionieren). Andernfalls höre ich schon das Geschrei ob der "Verschwendung".

Ich sehe das grundsätzlich so: Baut man einen Stationstyp praktisch wie am Fließband, fallen die Entwicklungskosten nur einmal an. Die Baukosten selbst sind gar nicht so hoch. Auf diese Weise spart man auch die teure Wartung der Station im Orbit. Natürlich liegt die Lebensdauer eines Moduls grundsätzlich deutlich über den 3 Jahren, aber wenn man alle 3 Jahre eine neue Station startet und das Konzept von Anfang an auf 15 - 20 Jahre auslegt, bleiben die Baulinien offen. Erst dadurch wird eine richtige und kostengünstige Serienfertigung möglich. Selbst wenn alle 3 Jahre eine neue Station gestartet wird, dürfte das Konzept unter dem Strich deutlich günstiger sein als die aktuelle ISS (Wenn du danach gehst, dann sind auch Wegwerfraketen Verschwendung. Wie wir heute aber wissen, sind sie dennoch günstiger als das wiederverwendbare Space Shuttle.). Aktuell würde ich noch für einen normalen Aufbau plädieren, mit den Bigelow-Stationen gibt es noch zu wenig Langzeiterfahrungen, dadurch dürften gerade am Anfang die Entwicklungskosten höher sein. Später könnte man aber durchaus auch Bigelow-Stationen verwenden, sollte sich das Konzept bewähren.

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Offline MR

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  • 2110
Re: Russlands Absage an den ISS Betrieb nach 2020
« Antwort #71 am: 14. Mai 2014, 09:50:16 »
Ich bezweifle, dass es bei den nicht russischen ISS Partnern die Bereitschaft gibt, relativ schnell zusätzliche Finanzmittel bereit zu stellen, um die nicht russischen ISS Module in welcher Form auch immer über 2020 hinaus weiter zu betreiben.

Grundsätzlich verständlich, immerhin sind selbst die jüngsten Module 2020 bereits über 10 Jahre im Einsatz. Da lohnt es sich kaum noch, Milliarden in die Hand zu nehmen, um diese Module noch ein paar Jahre weiter zu verwenden. Das Geld ist besser in einer Neuentwicklung angelegt.

jakda

  • Gast
Re: Russlands Absage an den ISS Betrieb nach 2020
« Antwort #72 am: 14. Mai 2014, 09:54:08 »
Ehrlich gesagt - es wundert mich, dass man bei GPS so lang gewartet hat. Nach dem "Nichtgestatten" des Baues
von GLONASS-Stationen in den USA ("Spionagezellen") habe ich mit einer zeitnahen Reaktion gerechnet.
Das "Nichtweiterbetreiben" der ISS nach 2020 durch Russland (alle anderen hier dargelegten Szenarien sind Spekulationen),
ist eine andere Sache, die schon länger in Russland diskutiert wird (haben wir auch schon im Forum behandelt).
Das sie jetzt durch ROGOSIN als Karte ausgespielt wird, ist doch klar. Die "Hinstellung" Russland als einen kleinern bösen Junge,
dem man verbiete, mit anderen zu spielen, wenn er nicht das macht, was man sagt - ist doch lächerlich. Ein Putin hat plötzlich
über 80 % Zustimmung in Russland, auch von "Oppositionellen", auch von einen Gorbatschow (der von deutschen Politikern
plötzlich als "senil" dargestellt wir). Einige Wenige haben es richtig gesagt - Putin will nichts weiter, als das man mit ihm auf
"gleicher Augenhöhe" verhandelt. Und das hat man versäumt - nicht erst seit der Ukraine, schon Jahre vorher.
Ich habe heute früh erst einmal die "Russischen Seiten" gelesen. Es ist das schon länger angekündigte Raumfahrtprogramm
aktualisiert worden für die Jahre 2013 bis 2020. In Kommentaren dazu wird in letzter Zeit immer mehr verlangt, man solle sich
von Stations-Großprojekten, wie der ISS, verabschieden, und eher kleineren Einheit zuwenden und sich auf die Besiedelung
des Mondes konzentrieren. Im Programm wird von einer weiteren Modernisierung der Trägerraketen, der Fertigstellung
des östlichen Kosmodroms, Modernisierung PLESETZK, des neuen Raumschiffes gesprochen.
Geplanter staatliche Anteil 1,8 Trillionen Rubel (wenn ich das richtig verstehe).
Namhaft Akteure in der Russischen Raumfahrt fordern aktuell eine Abkehr der Zusammenarbeit mit USA und Europa - hier auch aus der
Erfahrung der zweimal "geplatzten" gemeinsamen Entwicklung eines Raumschiffes (ich musste da immer an die IL-76 denken,
die als Joint-Venture in den 90ern auf der ILA als Transporter für das europäische Militär vorgestellt wurde - und plötzlich Pustekuchen).
Russland solle sich lieber asiatischen Partner zuwenden - und da scheint man im Moment offene Türen einzutreten.
Die hier diskutierte Abkopplung von derzeitigen russischen Modulen ist "SF". Erstens sind sie alt und werden zweitens nicht für
eine neue Station benötigt. Das NEM-1 ist eine komplette Zentrale mit Steuereinheit - fertig wahrscheinlich Ende 2016.
Problematisch wäre eine Montage ohne ISS. Der Aufbau der neuen russischen Station beginnt am MLM - mit Konotenmodul,
gefolgt von NEM-1. Das MLM kann aber in seiner jetzigen Konfiguration nicht "allein" operieren. Es braucht einen Fixpunkt - die ISS.
Der "Knoten" wird mit einer PROGRESS-Antriebseinheit manövriert. Ob damit direkt auch an ein NEM angekoppelt werden kann...
- ist fraglich. Also ist der Werdegang wahrscheinlich:
- Start MLM und Kopplung an ISS
- Start Knoten und Kopplung an MLM
- Start NEM und Kopplung an Knoten
- Abkopplung MLM von ISS und Betrieb der Module als eigenständige russische Station

jakda

  • Gast
Re: Russlands Absage an den ISS Betrieb nach 2020
« Antwort #73 am: 14. Mai 2014, 10:05:23 »
Hier noch ein Link, der die russische Position zusammenfasst:

http://www.gerhardkowalski.com/?p=9001

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Offline MR

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  • 2110
Re: Russlands Absage an den ISS Betrieb nach 2020
« Antwort #74 am: 14. Mai 2014, 10:33:49 »
In Kommentaren dazu wird in letzter Zeit immer mehr verlangt, man solle sich
von Stations-Großprojekten, wie der ISS, verabschieden, und eher kleineren Einheit zuwenden und sich auf die Besiedelung des Mondes konzentrieren. Im Programm wird von einer weiteren Modernisierung der Trägerraketen, der Fertigstellung des östlichen Kosmodroms, Modernisierung PLESETZK, des neuen Raumschiffes gesprochen.
Geplanter staatliche Anteil 1,8 Trillionen Rubel (wenn ich das richtig verstehe).
Namhaft Akteure in der Russischen Raumfahrt fordern aktuell eine Abkehr der Zusammenarbeit mit USA und Europa - hier auch aus der Erfahrung der zweimal "geplatzten" gemeinsamen Entwicklung eines Raumschiffes (ich musste da immer an die IL-76 denken, die als Joint-Venture in den 90ern auf der ILA als Transporter für das europäische Militär vorgestellt wurde - und plötzlich Pustekuchen).

Du meist sicher eher die An-70. Wobei die An-70 immer in Konkurrenz zum A400 (bzw dessen Vorgängerprojekten) stand. Propagiert wurde sie vor allem von der Regierung Schröder, über deren gute Connections zu Russland und Putin wir nicht weiter reden müssen. Angesichts einer erfolgreichen europäischen Flugzeug-Industrie wäre es aber vollkommen unverständlich gewesen, eine solche Maschine aus Russland oder der Ukraine zu beschaffen, ganz zu schweigen davon, das da auch die übrigen Kaufinteressenten noch ein Wort mitzureden hatten und ein deutscher Alleingang nur sehr schwer zu vermitteln gewesen wäre. Bei Kliper dagegen war es wohl so, das die Europäer einen Großteil der Entwicklung bezahlen sollten, die wichtigste Technologie aber in Russland bleiben sollte. Das da die Europäer kein weiteres Interesse an einer gemeinsamen Entwicklung hatten ist durchaus verständlich.

Was die restlichen russischen Pläne betrifft: Das liest sich für mich wie immer. Russland hat immer supertolle Pläne, nur mit der Realisierung klappt es nicht. Ohne US-Finanzhilfe hätte Russland nicht mal seine vertraglichen Pflichten beim Bau der ISS erfüllen können. Auch die vor 2,5 Jahren gescheiterte russische Marssonde war vollkommen unzureichend finanziert, was letztlich auch der Grund für das Scheitern war. Egal was Russland noch alles so vorhat, wenn auch nur ein Viertel davon realisiert wird, dann wäre das schon viel.