Hallo,
Mein Name ist Michael Lebert und ich bin einer der beiden Experimentatoren, die das Eu:CROPIS Projekt erdacht haben und es im Augenblick, wie Sebastian es im gerade veröffentlichten Vortrag sehr schön dargestellt hat (siehe Link oben), tatsächlich auch bauen.
Ich habe mit grossem Interesse Ihre Diskussion nachverfolgt und freue mich sehr über das Interesse.
Eine kleine Ergänzung sei mir erlaubt: Unser Haustier, Euglena gracilis ist nicht nur auf Foton M1 mitgeflogen, sondern auch auf Foton M2, M3 und Bion M1.
Viele der Beiträge drehen sich um die alternative Nutzung der ISS, anstelle einen Satelliten zu bauen. Dazu gibt es einiges zu bemerken. 1. Es gibt auf der ISS keine geeignete Versuchsanlage, um unser Experiment darauf durchzuführen. Wir brauchen eine bestimmte Mindestgröße um zum Beispiel mehr als 1 Tomate im Experiment wachsen zu lassen. Unsere Nutzlast wird so um die 70 kg wiegen also pro Modul etwa 35 kg. 2. Alles was auf der ISS gemacht wird, ist per Definition Bemannte Raumfahrt. Die notwendigen Sicherheitsmassnahmen verteuern das Projekt um den Faktor 5 bis 10. 3. Im Augenblick beträgt die durchschnittliche Wartezeit selbst für die oberen 5 % der ausgewählten Experimente etwa 5 - 6 Jahre...wenn nichts dazwischen kommt. Und es kommt immer etwas dazwischen! 4. Die experimentelle Hardware müsste von der Industrie gebaut werden, was wiederum einen Kostenfaktor von mindesten 10 mit sich bringt. 5. Die europäische ISS Nutzung erfolgt im Rahmen des ESA ELIPS Programmes. Dies gehört zu den so genannten 'non-mandatory programs'. Die Mitgliedsstaaten können, aber müssen nicht dafür zeichnen. Im derzeitigen Programm wurden nur 50 % der Vorschläge gezeichnet. D.h. es ist im Augenblick noch nicht mal genug Geld da, um die laufenden Projekte zu finanzieren, geschweige denn für neue Projekte. 7. In unserem Experiment können wir alle Parameter flexibel anpassen. Zum Beispiel ist es möglich die Laufzeiten für ein Modul (also entweder bei Mond- oder bei Marsbeschleunigung) länger oder kürzer zu gestalten. Es ist weiterhin denkbar, nach Beendigung der Läufe für beide Module, das erste Modul noch einmal zu starten.
Damit ist eigentlich klar, das die ISS keine vernünftige Alternative zu unserem Ansatz ist.
Eine der experimentellen Grundfragen, die wir versuchen zu beantworten ist, ob man die Ausscheidungen von Menschen nutzen kann um damit Pflanzen und Algen wachsen zu lassen. Weiter oben wird ausgeführt, dass über einen Sabatier Reaktor der Sauerstoff wieder regeneriert werden kann und auch der Urin rezykelt wird. Der Punkt ist aber, dass das Endprodukt des Sabatier-Reaktors Methan ist, was schlussendlich abgeblasen wird. Beim Urin verbleibt eine Pastenähnliche Substanz, die dann auch weggeschmissen werden muss. Für Langzeitmissionen oder Stationen auf anderen Planeten braucht man aber möglichst geschlossene Systeme, da dann eine Versorgung nur schwer möglich ist.
Der zweite Schwerpunkt ist die Automatisierung aller Analysesysteme. Damit braucht man dann keine Rückkehr des Satelliten mehr, sondern bekommt alle relevanten Daten, und zwar zeitnah auf den eigenen Rechner. Auf der ISS liegen die Proben im gekühlten Zustand über viele Wochen oder gar Monate. Dann werden sie mit den abgelösten Astronauten unter teilweise abenteuerlichen Umständen wieder zu Erde gebracht. Und dann become ich sie irgendwann wieder. Ein Reentry-System ist immer 10 mal teurer als ein System wie unseres. Die Analysesystem beinhalten eine automatische Ionenchromatographie, die es uns erlaubt den Abbau des Harnstoffes direct zu verfolgen. Weiterhin eine automatische Einrichtung um die Anpassung der Algen an neue Bedingungen auf genetischem Niveau zu verstehen. Die dazu nötigen Chemikalien würden jeden ISS-Sicherheitsbeauftragten in den Wahnsinn treiben...in einem Satellitenprojekt kein Problem.
Erst einmal bis hierhin,
Michael Lebert