Trockenübung zur Auswahl des PHILAE-Landeorts durchgeführtAn drei Tagen (16.Mai,23.Mai, 6.Juni) haben die Wissenschaftler und Ingenieure des PHILAE-Teams in gemeinsamen Sitzungen
eine realistische "Trockenübung" zur Auswahl eines optimalen Landeorts durchgeführt. Zu diesem Zweck hatte ESA ihnen ein (ihnen
vorher unbekanntes) Modell von C-G vorgesetzt, mit Daten und Bildern, wie sie später im Ernstfall auch von den Orbiter-Instrumenten
geliefert werden. Aufgabe der Teams war die Identifizierung von 5 möglichen und wissenschaftlich interessanten Landeorten auf dem Modell-Kometen,
unter Berücksichtigung der jeweiligen Absetzbahnen für den Orbiter, der Landebedingungen, der Lichtverhältnisse am Landeort usw,
einer Trade-off-Bewertung dieser fünf identifizierten Landeorte unter operationellen und wissenschaftlichen Gesichtspunkten,
die dann zu einem begründbaren "ranking" führen sollte, mit einer abschliessenden gemeinsamen Entscheidung für einen "primary"-Landeort
und einen Reservekandidaten als back-up.
Dazu war eine enge Zusammenarbeit der Teams notwendig: die Erstellung der Liste der fünf Kandidaten-Landeorte benötigte 6 Stunden.
Kompliziert wird das ganze durch die Tatsache, dass der Betrieb und die Kommandierung des Landers vom DLR-MUSC in Köln (LCC) aus geschieht,
der Betrieb der wissenschaftlichen Instrumente auf dem Lander aber vom CNES in Toulouse (SONC)
[Diese Konstruktion ist eine raumfahrtpolitische Folge der Verschmelzung des ursprünglich deutschen Landerkonzepts "RoLand"
mit dem europäischen Anteil am -gestrichenen- NASA-Landerkonzept "CHAMPOLLION". Die französichen Kollegen hatten keine Lust,
jetzt als "Untermieter" auf RoLand unterzukriechen und beanspruchten zB einen gleichberechtigten zweiten Chefwissenschaftlerposten
(lead scientist); neben dem damaligen Lead Scientist von RoLand, Helmut Rosenbauer (einer der Direktoren am MPS), wurde also
Jean-Paul Bibring vom IAS-Paris zum Co-Lead-Scientist ernannt (die unausweichlichen Konflikte sollten dann von einem
dazu ersonnenen "Steering Committee" geschlichtet werden...). In ähnlicher Weise wurde eine französische Beteiligung am Betrieb des Landers
durchgesetzt (SONC in Toulouse). Ausserdem war den Franzosen die Bezeichnung "RoLand" zu "deutsch", und sie verlangten, in einer
einigermaßen bizarren Diskussion, einen neuen "neutraleren" Namen (der von der ESA schliesslich in "PHILAE" gefunden wurde).
Ebenso ist penibel ausgehandelt, dass die erste batteriegestütze wissenschaftliche Phase auf dem Kometen unter französischer Federführung
passiert, während die weitere sonnenzellengestütze Phase unter deutscher Federführung steht (so viel zum "europäischen Geist" solcher Kooperationen...)]
Vor diesem Hintergrund ist es sicher auch sinnvoll, wenn die beteiligten Organisationen und Teams ihre möglichen Rivalitäten und Kommunikationsprobleme
in einer solchen Trockenübung erst mal abreagieren können und der Ernstfall im Herbst dann möglichst unbelastet von solchen Nebeneffekten durchgeführt werden kann.
Einzelheiten zum Ablauf der Trockenübung: im Blog von H.Böhnhardt/MPS, derzeitiger deutscher Lead Scientist von PHILAE
http://www.mps.mpg.de/3053813/Philae-Blog Gruss HHg