Chinas Planung zur Monderforschung

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Offline alepu

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Re: Chinas Planung zur Monderforschung
« Antwort #125 am: 29. Mai 2023, 00:54:18 »
Der angeblich geplante chinesische bemannte Mondlander.
Landeeinheit ist auch Starteinheit, so wiederverwendbar. Erste Tests in 2 - 4 Jahren.

https://twitter.com/pascalleetweets/status/1661976767723106304

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Offline alepu

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Re: Chinas Planung zur Monderforschung
« Antwort #126 am: 30. Mai 2023, 00:13:43 »
Schwerlastträgerstartanlage, Long March 10, neues Raumschiff, Mondlander, Raumanzüge, all dies soll in den nächsten Jahren fertig werden und zu einer ersten bemannten Mondlandung noch vor 2030 führen.

https://twitter.com/CNSpaceflight/status/1663023215143444481

Offline Regnart

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Re: Chinas Planung zur Monderforschung
« Antwort #127 am: 30. Mai 2023, 10:38:05 »
Hier ist ein Modell der Mondlandefähre aus einer in den nächsten Tagen zu Ende gehenden Sonderausstellung im Chinesischen Nationalmuseum:


Bild: Philip Ye

Die Ausleger oben, mit denen Philippe Coué nichts anfangen konnte, sind fächerartig zusammengefaltete, runde, hochklappbare Solarmodule. Einige technische Daten zur Landefähre finden sich hier:
https://de.wikipedia.org/wiki/Bemanntes_Raumfahrtprogramm_der_Volksrepublik_China#Bemanntes_Monderkundungsprogramm

Was den Zeitpunkt betrifft, so muss man darauf achten, wer was genau sagt. Wu Weiren ist der Leiter des Labors für Tiefraumerkundung, das für unbemannte Monderkundung zuständig ist. Er sagt, dass Chinesen vor 2030 Fußabdrücke auf dem Mond hinterlassen können. "Das ist kein Problem." Das Problem liegt darin, dass nicht alles was machbar ist, auch gemacht wird. Die CMSA, die momentan (noch) für die bemannte Mondlandung zuständig ist, befindet sich in keinster Weise in einem Wettlauf - die NASA war schon 1969 auf dem Mond. Es werden garantiert mehrere Testflüge durchgeführt. Angekündigt sind, wie in dem Wikipedia-Link zu lesen, mindestens eine unbemannte und eine bemannte Umkreisung. Erfahrungsgemäß geht immer irgendwas schief, und da bei einer innenpolitisch instrumentalisierten Sache wie der chinesischen Raumfahrt Fehlschläge um jeden Preis vermieden werden sollen, wird es eher mehr Testflüge geben. Zum Vergleich: bei den Shenzhou-Raumschiffen gab es vier unbemannte Missionen bevor Yang Liwei ins All abhob:
https://de.wikipedia.org/wiki/Shenzhou#Missionen

Der Bau einer Startrampe mit Raumfahrzeugmontagegebäude dauert in China zwei Jahre. Jetzt in der Regenzeit werden sie sicher keine Baugrube ausheben. Der frühest mögliche Termin wäre Spätherbst/Winter. Plus 2 Jahre ergäbe dann einen ersten Testflug Anfang 2026. (Angekündigt ist er für 2027).

Bevor die Bagger nicht angerückt sind, gibt es keinen Grund zur Panik, obwohl ich den Chinesen durchaus zutrauen würde, dass sie auch ein bisschen absichtlich Panik schüren. Jeder Dollar, den die Amerikaner im Artemis-Programm versenken, fehlt ihnen bei den Flugzeugträgern :D

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Offline alepu

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Re: Chinas Planung zur Monderforschung
« Antwort #128 am: 30. Mai 2023, 11:16:16 »
@Regnart

Ich habe mir jetzt mal diesen ersten wikipedia-Artikel durchgelesen (schätze mal du bist auch da der Autor) und bin bei der Beschreibung des "für die fernere Zukunft angedachtem Modell" hängengeblieben. Der soll ja wie beschrieben "senkrecht anfliegen" und "waagrecht landen". Raffiniert und ungewöhnlich. Kann mir da aber jetzt die Konfiguration, speziell der Inneneinrichtung, nicht so ganz vorstellen
Gibt es da schon Zeichnungen von?

Offline Regnart

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Re: Chinas Planung zur Monderforschung
« Antwort #129 am: 30. Mai 2023, 11:55:55 »
Eine .pdf-Datei mit den zu dem Artikel gehörenden Zeichnungen kannst Du Dir von hier herunterladen (die Website ist sicher):
http://jdse.bit.edu.cn/sktcxb/cn/article/doi/10.15982/j.issn.2096-9287.2022.20210146

Diese Zeitschrift (bei der Wu Weiren Chefredakteur ist) ist etwas penibel beim Urheberrecht. Also bitte die Zeichnungen nicht hier hochladen.

Und ja, auch bei dem Wikipedia-Artikel zum bemannten Raumfahrtprogramm der Volksrepublik China bin ich der Autor :)

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Offline alepu

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Re: Chinas Planung zur Monderforschung
« Antwort #130 am: 30. Mai 2023, 14:10:31 »
Danke,
bin jetzt nur gespannt ob und wann der jetzt gebaut wird!

Offline Regnart

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Re: Chinas Planung zur Monderforschung
« Antwort #131 am: 30. Mai 2023, 16:13:41 »
Definitiv in fernerer Zukunft. Die Ingenieure von der Chinesischen Akademie für Trägerraketentechnologie haben da ein Gerät konstruiert, das zeitnah gebaut (das YF-75D-Triebwerk ist bei der Changzheng 5 seit Jahren bewährt) und mit der Changzheng 10 ab 2027 problemlos zum Mond befördert werden kann. Das Problem ist der Treibstoff. In China ist man sich völlig darüber im Klaren, dass es noch sehr lange dauern wird, bis man aus dem Wassereis am Südpol des Mondes in industriellem Maßstab Wasser gewinnen kann, von der Herstellung und Lagerung von flüssigem Wasserstoff ganz zu schweigen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Mondprogramm_der_Volksrepublik_China#4._Schritt,_Erkundung_der_Polregion_(Chang%E2%80%99e_6_2024+;_Chang%E2%80%99e_7,_2026+;_Chang%E2%80%99e_8_2027+)

Die Amerikaner brauchen da keine Angst zu haben - die Chinesen schmelzen ihnen nichts weg.

Stattdessen hat man sich mit der Chinesischen Raumstation  auf die Treibstoffkombination Monomethylhydrazin und Distickstofftetroxid für den Verkehr im Wirtschaftsraum Erde-Mond festgelegt. Sauerstoff fällt bei der Reduktion von Titanoxid als Abfallprodukt an, Wasserstoff müsste aber von der Erde eingeflogen werden. Da die Rettungsstation im entfernten rückläufigen Orbit (übrigens ein russischer Vorschlag) auf Jahrhunderte keinen Treibstoff für Bahnkorrekturmanöver benötigt, könnte man die durchaus als Wasserstofftankstelle ausgestalten. Zum Wasserstoff als Treibstoff gibt es bis jetzt aber nur Interview-Aussagen von Wu Weiren, keine offiziellen Ankündigugen von der CMSA, die das letztendlich genehmigen muss.

Offline Regnart

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Re: Chinas Planung zur Monderforschung
« Antwort #132 am: 01. Juni 2023, 11:31:09 »
Das Rätsel ist gelöst: es sind von jetzt an sieben Jahre:
https://www.shobserver.com/news/detail?id=617941

Die chinesische Mondlandung soll also im Frühsommer 2030 erfolgen.

Interessant an diesem Transkript einer Fernsehsendung ist außerdem, dass der Assistent des Direktors der CMSA dort die hohen Anforderungen an die körperliche Leistungsfähigkeit der Raumfahrer betont. Die Mondlander kommen also eher nicht aus dem Kreis der dritten und vierten Auswahlgruppe, sondern es sind entweder die alten Kampfpiloten von 1998 und 2010 oder - wie es in dem Interview den Anschein hat - speziell rekrutierte Leute.

Offline Regnart

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Re: Chinas Planung zur Monderforschung
« Antwort #133 am: 13. Juli 2023, 15:00:36 »
Hier einige gestern von Zhang Hailian (Stellvertretender Technischer Direktor des Bemannten Raumfahrtprogramms der Volksrepublik China) auf einer Konferenz zur kommerziellen Raumfahrt in Wuhan vorgestellte Gedanken zur staatlichen Mondlandung:

https://twitter.com/AJ_FI/status/1679389559912648705

Man beachte:
Auf dem zweiten Bild ist die Erde im Hintergrund zu sehen, dafür aber keine Chang’e 7 oder Chang’e 8. Man plant also beim ersten Versuch zunächst nicht auf der Rückseite des Mondes bei der Internationalen Mondforschungsstation zu landen, sondern auf der erdzugewandten Seite, wo das Terrain deutlich weniger zerklüftet ist (die Erdkugel wirkt als Asteroidenschutzschild).

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Offline alepu

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Re: Chinas Planung zur Monderforschung
« Antwort #134 am: 13. Juli 2023, 16:43:43 »
Soll der Rover gleich bei der ersten Landung dabei sein?
Bisher hieß es doch immer die erste Landung soll nur wenige Stunden dauern und mehr ein Test sein. Allerdings kann man natürlich auch gleich den Rover mittesten!

Offline Regnart

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Re: Chinas Planung zur Monderforschung
« Antwort #135 am: 13. Juli 2023, 17:51:23 »
So wie ich die Zusammenfassung des Vortrags verstehe, soll ein Rover (nicht notwendigerweise der auf dem Bild) gleich bei der ersten Landung dabei sein. Die dabei eingesetzte Landefähre ist großzügig konzipiert und kann das tragen; es gibt also prinzipiell keinen Grund, den Rover nicht mitzunehmen und schon mal ein bisschen probezufahren. Bei diesem Modell von einer Ausstellung im Nationalmuseum im Frühjahr kannst Du den für den Transport zusammengefalteten Rover oben rechts an den Rädern erkennen:


Bild: Shu Jianyang

Was erst später kommt, ist das derzeit am Raumfahrer-Ausbildungszentrum in Entwicklung befindliche Mobile Mondlabor, das Du hier links an die Raumstation-ähnlich aus Modulen zusammengebaute Mondstation angedockt siehst (man beachte: die Solarmodule sind nach oben ausgerichtet - man befindet sich nicht am Südpol, sondern am Äquator des Mondes):


Bild: Philip Ye

Dieses Fahrzeug soll für längere Zeit in einem großen Umkreis herumfahren und Messungen durchführen und für kürzere Zeit auch Raumfahrer beherbergen. Eines der Dinge, die den Aktionsradius der Raumfahrer einschränken, sind die Akkumulatoren der Raumanzüge, die dort im Fahrzeug aufgeladen bzw. ausgewechselt werden sollen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Feitian_(Raumanzug)#Mondanzug

Das Mobile Mondlabor dürfte in seiner unbemannten Anwendung übrigens der Prototyp für das "Marsauto" (火星车) sein, das als nächster Schritt nach der Probenrückführmission Tianwen-3 diskutiert wird.

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Offline alepu

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Re: Chinas Planung zur Monderforschung
« Antwort #136 am: 16. Juli 2023, 19:47:49 »
Sind diese kleinen schwarzen "Knubbel" unten an dem Mondstation-Modul auch (kleine) Räder?

Offline Regnart

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Re: Chinas Planung zur Monderforschung
« Antwort #137 am: 17. Juli 2023, 07:40:22 »
Ganz genau. Auf dem letzten Bild hier kannst Du das besser erkennen:
https://www.bjnews.com.cn/detail/1689248583129864.html

Wenn man die Wohn- und Labormodule mittles Himmelskran oder wie auch immer sanft auf die Mondoberfläche hinuntergebracht hat, muss man sie noch zusammenkoppeln. Die kleinen Räder erfüllen eine ähnliche Funktion wie die Lageregelungstriebwerke bei einem Raumschiff. Neben dem Rangieren beim Aufbau der Station wird das Ganze dadurch natürlich auch relativ mondbebensicher, sowohl was die lateralen Bewegungen angeht als auch, durch die Radaufhängung, bei Erdstößen von unten.

In dem Transkript der Fernsehsendung wird übrigens noch mal bestätigt, dass von Anfang an ein leichter Rover mit 200 kg Gewicht und einem Aktionsradius von 10 km dabei ist. Wegen dem doch recht großen Aktionsradius auch der kleine Rettungsbuggy hinten dran, für den Fall, dass der Rover kaputtgeht:


Bild: SCMP

Das ist ein erster Rover, mit dem man auf jeden Fall losfliegen kann. Zusätzlich hat das Büro für bemannte Raumfahrt am 29. Mai eine primär an Elektroautobauer wie BYD gerichtete Ausschreibung herausgegeben, die zwar nicht für alles, aber für vieles offen ist (normalerweise werden bei den Ausschreibungen der Dienststelle strenge Vorgaben gemacht):
https://mp.weixin.qq.com/s/AdOoqgl6vQjfl_cJ5mSqkg

Falls eine Autofirma mit ihrer Expertise auf den Zug aufspringt, hätte das natürlich einen ähnlichen Werbeeffekt wie die Lenovo-Notebooks auf der Raumstation :D

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Offline alepu

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Re: Chinas Planung zur Monderforschung
« Antwort #138 am: 17. Juli 2023, 09:19:07 »
Raffinierter Gedanke, das mit den Rädern an den Stationsmodulen!
Das beweist wieder mal wie inovativ die Chinesen da sind!

Genauso mit diesem kleinen "Rettungsbuggy"! Wobei sich mir allerdings nicht so ganz erschließt, wen oder was der "retten" soll.  ??? So klein wie der ist, kann er bestimmt keine Taikonauten transportieren! O.k., diese Räder werden sicher noch seitlich ausgeklappt, aber trotzdem....  Soll er möglicherweise anderen Zwecken dienen?
(z.B. Transport von Bodenproben oder Ersatzsauerstoff beim evtl. notwendigen Rückmarsch)

Offline Regnart

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Re: Chinas Planung zur Monderforschung
« Antwort #139 am: 17. Juli 2023, 11:18:36 »
Doch, dieser 40 kg leichte Rettungsbuggy kann zwei Raumfahrer retten. Hier das Ding in entfaltetem Zustand.


Bild: SCMP

Ein Raumfahrer sitzt auf dem Sitz, der zweite steht hinter ihm und hält sich an seinen Schultern fest. So ähnlich wie bei den Fahrrädern, die manche Kinder heutzutage haben, wo an der hinteren Achse runde Rohrabschnitte herausragen, auf denen der Passagier steht und sich am eigentlichen Radler festhält.

Der Buggy fährt zwar nur mit 10 km/h, aber das ist immer noch besser als 10 km in einem 130 kg schweren Raumanzug zu Fuß zu gehen, auch bei der reduzierten Schwerkraft. Am Chinesischen Raumfahrer-Ausbildungszentrum, das für die Entwicklung der Raumanzüge zuständig ist, arbeitet man zwar an einem Exoskelett für die unteren Gliedmaßen, das den Tornister tragen soll, aber bis jetzt hat das Skelett noch Schwierigkeiten, die Bewegungen der Träger vorherzusehen und tendiert dazu, die Versuchspersonen umzuwerfen.

Die Bodenproben, Grabewerkzeuge etc. werden im eigentlichen Rover transportiert. Was den Ersatzsauerstoff betrifft, so bin ich mir nicht sicher, ob man die Flaschen von außen auswechseln kann, vor allem mit Handschuhen. Der chinesische Raumanzug funktioniert so ähnlich wie der russische Orlan-Anzug, mit einer Rumpfschale, an der ein wegklappbarer Tornister den Einstieg verschließt.

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Offline alepu

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Re: Chinas Planung zur Monderforschung
« Antwort #140 am: 17. Juli 2023, 12:33:13 »
Hallo hallo!
Das ist ja ein ganz besonderes Ding!
(Da passen dann ja womöglich sogar zwei auf den "Mutterrover", für jeden havarierten Mondfahrer einer)
Fast zu schade um nur ständig unbenützt migeschleppt zu werden! (Hoffe natürlich trotzdem, daß der große Rover so zuverlässig ist, daß dieser kleine nie zum Einsatz kommt!)
Mit den heutigen Batterien, bei der geringen Geschwindigkeit und nur 1/6 Gewicht könnte der doch sicher viel weiter als 10 km fahren!

Was den zusätzlichen Reservesauerstoff angeht, dürfte es doch nicht allzuschwer sein, da einen äusseren Anschlußstutzen zu montieren.

Offline Regnart

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Re: Chinas Planung zur Monderforschung
« Antwort #141 am: 17. Juli 2023, 16:42:49 »
Bei Apollo 15 bis 17 hat man das so gelöst, dass die beiden Astronauten ihre Lebenserhaltungssysteme (Sauerstoff und Kühlkreislauf) über derartige  Anschlußstutzen zusammenkoppeln konnten:
https://de.wikipedia.org/wiki/Lunar_Roving_Vehicle#Einsatzgrunds%C3%A4tze

Ich kann nicht ausschließen, dass das Büro für bemannte Raumfahrt, das bei der Missionsplanung die letztendlichen Entscheidungen treffen muss, etwas ähnliches vorgesehen hat. Wie aus der heute vormittag veröffentlichen Ausschreibung für Nutzlasten außen an der Landefähre hervorgeht, wiegt der Rover zwar 200 kg, die Halterung oben an der Fähre kann aber 260 bis 290 kg tragen (da gibt es wohl aus Gründen der symmetrischen Gewichtsverteilung auf der gegenüberliegenden Seite eine ähnliche Lademöglichkeit):
https://de.wikipedia.org/wiki/Bemanntes_Raumfahrtprogramm_der_Volksrepublik_China#Nutzlasten_der_Landef%C3%A4hre

60 bis 90 kg könnten zum Beispiel Ersatzsauerstoff-Flaschen für zwei Raumfahrer sein. Das ist jetzt aber reine Spekulation. Zhang Wanxin, die Chefkonstrukteurin der Raumanzüge, hat dagegen einmal im Fernsehen gesagt, dass sie an einem (teilweise) regenerativen Lebenserhaltungssystem arbeitet. Auf der Raumstation macht man, wenn's hochkommt, vier Außenbordeinsätze pro halbes Jahr. Auf dem Mond will man dagegen mehr Zeit draußen verbringen. Bei einer während des Polarsommers für fünf bis sechs Monate besetzten Südpolstation wären das viele Sauerstoffflaschen, die hochgeschafft werden müssen. Natürlich kann auch ein regeneratives Lebenserhaltungssystem kaputtgehen, und dann bräuchte man wieder Notsauerstoff ...

Letztendlich ist das einen politische Entscheidung, wieviel Risiko man eingehen will. Bei der wichtigen propagandistischen Funktion der Raumfahrt in China würde ich sagen, dass man das Risiko möglichst nahe an Null halten will. Das ist wie mit dem Rover - der könnte sicher weiter als 10 km fahren, aber der Befehl lautet: "Bei Kilometer 10 umdrehen!"

Offline HAL 9000

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Re: Chinas Planung zur Monderforschung
« Antwort #142 am: 17. Juli 2023, 17:14:17 »
Hallo

Also auf die Idee, einen kleinen Rettungsbuggy auf dem Mondauto mitzunehmen, muß man
erst einmal kommen.
Auf den von @ Regnart verlinkten Bildern der Ausklappsequenz, die offenbar ein "nacktes"
Testmodell zeigen, da hier noch einige Elemente die im echten Betrieb benötigt würden noch
nicht verbaut sind, ist aber schon zu erahnen, daß eine Fahrt von 2 Raumfahrern mit diesem
Fahrzeug sehr sportlich sein wird.
Vor allem der hinten stehende Raumfahrer, wird viel Mühe haben auf dem steinigen unebenen
Mondboden, auch bei nur 10 km pro Stunde Geschwindigkeit, nicht beizeiten im Mondstaub
zu landen.
Ich denke da an eine Filmsequenz die während der Mondlandemission Apollo-16 aufgenommen wurde.
Da sieht man, gefilmt von Charles Duke, wie John Young mit dem LRV-2 eine Testfahrt in der
Nähe der Mondlandefähre unternimmt. Die Geschwindigkeit wird auch so bei 10 bis 15 km/h
gelegen haben. Als das rechte Vorderrad über einen nicht mal so großen Mondstein rollt, wir
der Rover vorn deutlich noch oben geworfen (vieleicht 20 bis 30 cm etwa). Das ist die
Auswirkung der geringen Mondschwerkraft.
Die Idee von @alepu, einen zweiten Buggy mitzunehmen, ist nur logisch, wenn der Platz und
das zusätliche Gewicht das zulassen, hat der "stehende Raumfahrer" deutlich bessere
Rückkehrchancen!

Gruß  HAL 9000

Offline rok

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Re: Chinas Planung zur Monderforschung
« Antwort #143 am: 17. Juli 2023, 18:07:44 »
Der hintere Mitfahrer steht sicherlich vor und nicht hinter der Rückenlehne.

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Offline HausD

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Re: Chinas Planung zur Monderforschung
« Antwort #144 am: 17. Juli 2023, 22:39:15 »
Chin. Mondrover, Notfall-Rückkehrfahrzeuge

Da ich heute mit anderem, leider unliebsamen Dingen beschäftigt wurde, bin ich erst jetzt dazu gekommen, mir einige Bilder aus dem Vortrag von Zhang Hailian, CMS, auf der Konferenz in Wuhan zur chinesischen Mondlandung  genauer anzusehen.
Die Ergebnisse habe ich in der Medien-Galerie abgelegt...

Als erstes einige Bilder und Beschreibungen zu den Notfall-Rückkehrfahrzeugen:

... Auf den von @ Regnart verlinkten Bildern der Ausklappsequenz, ... , ist aber schon zu erahnen, daß eine Fahrt von 2 Raumfahrern mit diesem Fahrzeug sehr sportlich sein wird.
Vor allem der hinten stehende Raumfahrer, wird viel Mühe haben auf dem steinigen unebenen Mondboden, auch bei nur 10 km pro Stunde Geschwindigkeit, nicht beizeiten im Mondstaub zu landen. ...

Vorstellung des geplanten Roverbetriebs                    Bild: CCTV 13/CMS/ed.HausD
Text:
                   (ein) Mond-Raumfahrer-Mitglied
                                                         (2) Notfall-Rückkehrfahrzeuge (zusammengepackt)
                                                                                      (hinter den 2 Roversitzen)
      Bemannter Mondrover (Zweisitzer

Die Idee von @alepu, einen zweiten Buggy mitzunehmen, ist nur logisch, wenn der Platz und das zusätliche Gewicht das zulassen, hat der "stehende Raumfahrer" deutlich bessere Rückkehrchancen! ... 

Auf dem Chinesischen Mondrover können 2 Notfall-Rückkehrfahrzeuge hinter den zwei Roversitzen mitgenommen werden, die Idee ist also schonmal nicht neu, schade ...
Die Notfall-Rückkehrfahrzeuge lassen sich sehr kompakt verstauen und sehen für den ersten Blick aus, als hätten sie nur zwei Räder...

Ein Notfall-Rückkehrfahrzeug  sehr kompakt verstaut             Bild: China Science/SCMP/ed.HausD

Aber beim Auseinanderklappen kommen nicht nur zwei , sondern vier Räder zum Vorschein ... und eine Rückenlehne ... und ein Sitz ...  was deutlich macht, dass im oberen Bild tatsächlich zwei komplett zusammengefaltete Notfall-Rückkehrfahrzeuge auf dem Rover mitgenommen werden können.

2 Vorder- und 2 Hinterräder sind 1 Rückkehrfahrzeug             Bild: China Science/SCMP/ed.HausD

Auch ein Lenker lässt sich ausklappen, Kabel kommen zum Vorschein, die ev. Bowdenzüge sein  und die Lenkbewegungen auf alle vier Räder übertragen können, aber auch Kabel für die Stromversorgung von Naben-Motoren.
Der Rahmen des Notfallfahrzeugs ist zusammengesteckt, was darauf hindeutet, dass unterschiedliche Ladelängen eingestellt werden können ... und die Lenksäule kann offenbar auch nach vorn geschwenkt werden, was den "Handwagen-Betrieb" möglich macht ...

Das Notfallfahrzeug für den sitzend Betrieb konfiguriert             Bild: China Science/SCMP/ed.HausD

Der hintere Mitfahrer steht sicherlich vor und nicht hinter der Rückenlehne. 
ich denke damit ist auch diese Vermutung aus der Welt, 2 Mondfahrer haben jeder ein "Pannen-Fahrzeug" und der ACAD (Allg. Chin. Abschl.Dienst) braucht nicht zu kommen ...

Beste Grüße, HausD (teilw. unter Wasser)

Offline rok

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Re: Chinas Planung zur Monderforschung
« Antwort #145 am: 18. Juli 2023, 08:46:01 »
Genauer hinzuschauen wäre hilfreich gewesen, danke HausD.

Offline Regnart

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Re: Chinas Planung zur Monderforschung
« Antwort #146 am: 18. Juli 2023, 10:40:16 »
Für diejenigen, die von der wundersamen Radvermehrung verblüfft sind, die Hinterräder (breiter roter  Markierungsstreifen) greifen in zusammengeklapptem Zustand mit der Felge über die etwas kleineren Vorderräder (schmaler roter Markierungsstreifen).

Was die Hoppelei betrifft, so stehen die Raumfahrer auf dem mechanischen Arm der Chinesischen Raumstation mit dem vorderen Teil des Fußes in sandalenähnlichen Schlaufen und steuern das Gerät durch Drücken mit den Fersen auf entsprechende Hebel. Theoretisch wäre es möglich, einen verletzten Raumfahrer auf dem Sitz festzubinden und der hinter ihm stehende Kollege schafft ihn so zur Landefähre zurück. Ähnliche Rettungseinsätze wurden außen an der Raumstation bereits geübt. ("Totstellen, kein Problem!")

Aber wie gesagt, der Rover mit dem Rettungsbuggy auf den Bildern ist nur ein von der Chinesischen Akademie für Weltraumtechnologie entwickeltes Gefährt, mit dem man sich von Zulieferern unabhängig macht und 2030 auf jeden Fall pünktlich losfliegen kann. Wenn eine Autofirma, die mit Elektro-SUVs Erfahrung hat (Aiways, Nio etc.) eine bessere Lösung präsentiert, wird man das auf der Basis für Erprobung und Popularisierung der Erschließung und Nutzung lunarer Ressourcen des Büros für bemannte Raumfahrt in der nordchinesischen Mu-Us-Wüste testen und bei Eignung auch einsetzen. Die diesbezügliche Ausschreibung war keine Werbeaktion, sondern absolut ernst gemeint.

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Offline alepu

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Re: Chinas Planung zur Monderforschung
« Antwort #147 am: 18. Juli 2023, 13:38:50 »
Auf jeden Fall sind diese minimalistischen kleinen Rover eine hervorragende Idee und durchaus in grösserem Umfang ausbaubar und anwendbar. Z.B. als "Kurzstreckentransporter" in der unmittelbaren Umgebung einer Mondstation sowohl für einen Astronauten, als auch für begleitendes Material.

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Offline HausD

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Re: Chinas Planung zur Monderforschung
« Antwort #148 am: 18. Juli 2023, 15:18:38 »
Chinas Mondrover-Versionen

Wieder einige Bilder und Beschreibungen zu Chinas Mondrover-Plänen:

Ein Modell eines möglichen Mondrovers mit zwei Sitzen, hinter denen zB. noch zwei kleine Rückkehrfahrzeuge für den Notfall mitgenommen werden können.

Konzept eines Mondrovers mit zwei Sitzen   Bild: CCTV 13/CMS/ed.HausD

Ein Modell eines möglichen Mondrovers, der an der Aussenwand der Bemannten Landefähre angebracht ist, hier im Chinesischen Nationalmuseum in Peking, im Maßstab 1:4.

der Bildausschnitt mit dem Mondrover         Bild: Weibo/Philip Ye/ed.HausD

Zhang Hailian (Stellvertretender Technischer Direktor des Bemannten Raumfahrtprogramms der Volksrepublik China) auf einer Konferenz in Wuhan hat zur chinesischen Mondlandung auch dieses mehr symbolische Bild mit den 2 Taikonauten, die eine Flagge aufgestellt und ihren Mondrover vom Zubringerschiff entladen haben, vorgestellt.

2 Taikonauten und ihr Mondrover                   Bild: CCTV 13/CMS/ed.HausD

Die  Vorstellungen zum Bau der wissenschaftlichen Mondforschungs- und Versuchsstation:
 von li. hinten .ein Aufenthalts- sowie Umstiegs-Modul
                mittig : ein rechteckiges Aus- und Einstiegselement von und zur Mondoberfläche.
                                  re, vorn:  ein mobiles Labor- und und Arbeitsmodul
  (Die Räder unter diesen Moduln sollen ggf. auch eine passive mobile Nutzung anzeigen)
li. vorn davor steht, mit einer Art Gangway angedocktes größeres Fahrzeug, das als selbstständiges Mobil-Labor, aber auch als Zugmaschine für die anderen Moduln bei einem nötigen Ortswechsel Verwendung finden kann.

Selbstständiger ortsveränderlicher  Mobil-Labor Komplex     Bild: CCTV 13/CMS/ed.HausD

Was sich mir noch nicht erschlossen hat ist der Rover mit dem "Schirm" (re. oben im Bild), ...ist es ein Schutzschirm gegen zu starke Sonneneinstrahlung und Temperatur, ist es ein Fotovoltaik-Fächer ...

Gruß, HausD  (teilw. schadhaft unter Wasser)

Offline Regnart

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Re: Chinas Planung zur Monderforschung
« Antwort #149 am: 18. Juli 2023, 16:11:56 »
Der Schirm ist die Kühlfläche eines am Institut für Sicherheit der Kernenergie in Hefei in Entwicklung befindlichen, mit geschmolzenem Lithium gekühlten schnellen Brüters:
https://spacenews.com/chinese-megawatt-level-space-nuclear-reactor-passes-review/

Ursprünglich sollte die Stromerzeugung bewegungsfrei über Thermoelemente laufen, wie einst beim Snapshot-Satelliten der USA. Mittlerweile hat das Shanghaier Institut für Weltraumantriebe aber auch einen auf dem Joule-Kreisprozess basierenden Generator mit Turbine entwickelt:
https://baijiahao.baidu.com/s?id=1759994446925078592

2017 hatte man noch an einen MHD-Generator gedacht:
http://www.cmse.gov.cn/dmt/cbw/zrht/2017n/2017ndeq/201706/t20170626_40626.html

Der wird aber in letzter Zeit nicht mehr erwähnt.