Ein System, was in diese Richtung gebt, gab es ja schon im aktiven Einsatz: die R-36O. Im April 1962 beschloss die Sowjetunion, 4 neue Interkontinentalraketentypen zu entwockeln: eine leichte feststoffgetriebene Rakete (als Gegenstueck zur Minuteman), eine schwere ICBM (als Gegenstueck zur Titan), eine ueberschwere Rakete fuer sehr grosse Sprengkoepfe sowie eine orbitale Rakete.
Daraus wurden dann die RT-2 und UR-100 als leichte Rakten (Koroljow bekam das Feststoffprojekt nicht richtig gebacken, so wurde die UR-100 als Ersatz von Tschelomej entwickelt), die R-36 als schwere Rakete (von Jangel), die UR-500 als ueberschwere Rakete (kam aber nur als Traeger zur Verwendung - Proton). Mehrere Konstrukteure bemuehten such um die orbitale Rakete, schliesslich bekam Jangel hier den Zuschlag mit einer Abwandlung der R-36 fuer diesen Zweck.
Die R-36O war ein sogenanntes Fractional Orbital Bombing System - FOBS (Teil-Orbit Bombardierungssystem). Die Rakete befoerderte einen Orbitaleinheit in eine sehr niedrige Umlaufbahn, je nach Ziel und Richtung bremste die eine dann vor dem Ziel vor Komplettierung des ersten Orbits wieder ab, der Sprengkopf trat in die Erdatmosphaere ein und detonierte ueber dem Ziel.
Der Vorteil war, das die Rakete so ein Ziel aus jeder beliebigen Richtung anfliegen konnte, so z.B. Ziele in den USA aus Sueden, um die nach Norden ausgerichteten Fruehwarnradare zu umgehen. Weiterhin flogen die Sprengkoepfe auf ihrem Orbit sehr tief, unter 200km. Dadurch waren sie auch auf "konventionellen" Flugbahnen spaet zu orten, da sie fuer ein Radar erst sehr spaet ueber dem Sichtbarkeitshorizont auftauchten (der Sprengkopf eine Titan II erreichte bei einem Flug ueber 10.000km eine Gipfelhoehe von ueber 1.200km, war also schon aus grosser Entfernung fuer ein Radar zu Orten).
Die R-36O mit ihren 3Mt Sprengkopf wurden in 18 Silos in Baikonur stationiert, hatte aber dann nie die Bedeutung die man hatte vermuten koennen. Die Gruende waren, das mit den ersten Fruehwarnsatelliten der USA mit Infrarotoptik der Ueberraschungsvorteil verschwand, die Raketen konnten also schon beim Start in Baikonur detektiert werden. Weiterhin war der CEP (also die Treffgenauigkeit) erbaermlich, viel schlechter als bei den normalen ballistischen R-36 Varianten. Sie hatte damit militaerisch nicht viel zu bieten, und man gab sie in den SALT Verhandlungen auch schnell auf. Anfang der 1980er wurden sie dann ausgemustert.
Man koennte sicherlich einige Nachteile der R-36O mit moderner Technik umgehen, allerdings nur unter hohen Kosten. Da die R-36O nur einen Teilorbit zum Ziel hinlegt, konnte die Bahn genau so gewaehlt werden, das dieser Orbit ueber dem ZIel lag. Bei einem Satellitengestuetzten System geht dies nicht, das heisst man muss mit dem Angriff so lange warten bis der Satellit das Ziel ueberfliegt, oder man gibt dem Sprengkopf die Moeglichkeit in der Erdatmosphaere zu manoevrieren. Dann wird das ganze aber wieder groesser und schwerer. Und bei einem grossen Land wie Russland oder den USA koennte man wahrscheinlich immer noch nicht Ziele an den beide Enden des Landes von einem Satelliten simultan angreifen. Man braeuchte also mehrere Satelliten, was die Entdeckungswahrscheinlichkeit steigert.
Als Abwandlung koennte man allerdings an einen Sprengkopf zur Erzeugung eines EMP's in der Hochatmosphaere denken um bei einem Ueberraschungsangriff den Gegner zu blenden. Hier braucht man keine grosse Praezession, da die Explosion in grosser Hoehe erfolgt koennte man auch auf ein Wiedereintrittssystem verzichten.
Allerdings kommen auch praktische Schwierigkeiten in de Weg. Wenn man soetwas wie einen nuklearen Erstschlag mit einem solchen System plant, sollte man auch ziemlich sicher sein, das es wie geplant funktioniert. Das heisst es muss getestet werden, auch unter realen Bedingungen. Und das fiele sicherlich auf. Und was macht man, wenn man das System wieder ausser Dienst stellen will, ohne es eingesetzt zu haben?
Auf jedenfall bekaeme man den gleichen Effekt mit einem Marschflugkoerper von einem Containerschiff. Solche Systeme gibt es schon.