Lunochod – Technik/Vergleiche/Referenzierungen

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Offline dksk

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Re: Lunochod – Technik/Vergleiche/Referenzierungen
« Antwort #75 am: 08. April 2014, 16:02:57 »
------ Luna 17 – Fortsetzung Allgemeinbeschreibung  und Finalkonfiguration auf Block-D -----

Die konzeptionelle Auslegung des Gesamtsystems zeichnet sich durch eine optimale Bauraumausnutzung und Montagestaffelung aus.
Die Zusatzmodule ragen mit den aufgesetzten Druckgaskugeln fast bis in die Kimme zwischen den Lunochod Rädern. Über den Rädern ergibt sich ein Zwischenraum, da der Kegelstumpf des Lunochod-Hauptkörpers erst weiter oben seinen maximalen Durchmesser hat.

 

Abb. auf der Montagevorrichtung

Die Landebeingestelle sind vollständig nach unten geklappt.
Um den Lunochod herum füllen die Zusatzmodule und die Rampen die jeweiligen Freiräume bis zum maximalen Nutzlastdurchmesser unter der Nutzlastverkleidung aus.

 

Abb. Integrationsübung

Luna 17 ist mit einem Trennadapter mit dem Bock D der Proton verbunden.

 

Zur Optimierung des thermischen Verhaltens des Gesamtsystems war Luna 17 großflächig mit Isolationsmatten umgeben.

 

Die Verbindung zwischen Lunochod und dem Modulblock ist mit einem mechan./el. Trennadapter ausgeführt. Dieser ist zentral auf der Oberseite der Triebwerks-Tragstruktur ausgebildet.

 

Die Station Luna 17 ist in dieser Ausführung auf den Block D aufgesetzt und so geht es dann in den Erdorbit.
Block D mit Luna 17 hat 15 Minuten und 58 Sekunden nach dem Start seine erste Triebwerkszündung zur Erlangung der ersten definierten Erdorbitalbahn. Auf dieser Orbitalbahn werden nach weiteren 35 Minuten die Landebeingestelle von Luna 17 aus der Startstellung in die Flugkonfiguration gebracht.

 

Durch eine Zugfeder wird das Landebein nach der Freigabe hochgezogen.

 

Quellen:
Die Screenshots sind aus dem schon vorgenannten Film Объект "Е-8"/ Object E-8:  Lunokhod     (moonwalker). Луноход.
und
   
http://kik-sssr.ru/10.7.5_Pressa_3_Lunohod.htm
http://fr7904ur.bget.ru/10.7.8.1_Avtomuseum_Lunohod_p.2.htm

dksk

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Re: Lunochod – Technik/Vergleiche/Referenzierungen
« Antwort #76 am: 15. April 2014, 09:02:51 »
3.   Transferbahn zum Mond

Um aus dem Erdorbit zum Mond zu kommen, muß auf eine entsprechende   Transferbahn gewechselt werden. Dazu wird das Gesamtsystem entsprechend ausgerichtet und um die nötige Geschwindigkeitsdifferenz aufzubauen (ca. 7,9 km/s + ca. 3,3 km/s = ca. 11,2 km/s) zündet Bock-D ca. 66 Minuten nach dem Start ein zweites Mal und es erfolgt der „Einschuß in die Mondtransferbahn“.

Grundinfos zum Thema Transferbahn:
http://www.openmoon.info/wp-content/uploads/2010/02/Moonshot-for-Dummies.pdf

Nach Beendigung der Arbeit von Block D wird die Station Luna 17 abgetrennt und befindet sich auf der ersten Freiflugphase Richtung Mond.
12 Sekunden nach Beginn der Freiflugphase werden die Antennensysteme des Modulblocks entfaltet und die entsprechenden Systeme aktiviert. Dies stellt die Grundlage für die wechselseitige Kommunikation zu und durch Luna 17 dar.
Das Antennensystem am Modulblock bestand vergleichbar dem Lunochod aus unterschiedlichen Antennentypen, die entspechend ihrer Hauptaufgabe und Betriebszeitpunkt am Landemodul bzw. den abnehmbaren Zusatzmodulen befestigt waren.

 

Die Antennen klappen nach unten und zur Seite weg.



Beispiel für die Antennenbefestigung:
Der Antennenkegel ist an seiner Spitze mit Kugel/Pfanne gesichert Über eine Wippe wird die Kugel weggeschwenkt, wenn der Zugstab oben getrennt ist. Die Antenne mit Träger schwenken federgespannt nach außen in Flugkonfiguration.
Bildquelle:
http://spacemodels.nuxit.net/lunokhod/reference/Lunokhod.htm

2 Stunden nach dem Start findet planmäßig eine vollständige Betriebsdatenübertragung statt.
Dabei werden u.a. auch Messdaten zur Flugbahnbestimmung, Geschwindigkeit, topozentrische Koordinaten, Temperaturen und Drücke der wichtigsten Systeme von Luna 17 übermittelt.
Def.: topozentrisch



http://www.geodz.com/deu/d/topozentrisches_astronomisches_Koordinatensystem

Auf Grundlage der übermittelten Daten werden die projezierten Bewegungsbahnparameter  (räumlich und zeitlich )ermittelt, mit den Vorgabewerten verglichen und die nötigen Korrekturwerte ausgegeben, welche zur Vorbereitung der nächsten aktiven Manöver an die Station übermittelt werden.
Die umfangreichen Datenverarbeitungen wurden durch bodengestützte Großrechenanlagen durchgeführt.
Die Steuerung der Station Luna 17 bestand prinzipiell aus kombinierten Befehl- und Programm- Methoden. Dabei wurden „statische Programmabschnitte“ als auch „dynamische Programmabschnitte“ genutzt. Damit war eine stabile Kombination aus automatisierten Flugabschnitten und entsprechenden Korrektur und Anpassungsabschnitten möglich.
Die energetische Steuerung berücksichtigte ebenfalls die statischen/dynamischen Flugabschnitte.
Während des Fluges zum Mond gab es innerhalb des Energiesystems von Luna 17 zwei Grundbetriebsarten, die für die aktiven und passiven Phasen eingestellt wurden. Speziell in den aktiven Flugphasen, bei denen durch die Bordsysteme aktive Änderungen durchgeführt wurden, war ein entsprechend höherer Energieverbrauch zu berücksichtigen. Nach jeder aktiven Phase wurden die zu erzielenden neuen Werte ermittelt und bei deren Erreichung wieder in eine passive Phase mit deutlich niedrigerem Energieverbrauch wechseln zu können.
Nach der Bestätigung der Zielwerte wurde der Solarzellendeckel geöffnet, auf die Sonne ausgerichtet und die Station in eine langsame Drehbewegung versetzt um ein vorgesehenes thermisches Verhalten zu erreichen. Da die Flugzeit bis zur Landung noch mehr als 6 Tage dauert, ist in dieser Zeit die elektrische Energieversorgung auch durch die Solarzellen sicherzustellen.



Zur Drehfrequenz habe ich keine Infos gefunden – die Screenshots sind wieder aus dem vorgenannten Объект "Е-8" Film.

Zur konkreten Finalgeschwindigkeit zu Beginn der Mondtransferbahn von Luna 17 gibt es mehrere Angaben, die etwas geringer als die 11,2 km/s liegen.
Da noch 2 Bahnkorrekturen auf dem weiteren Weg zum Mond erfolgten, wurde bei diesen die jeweilig nötige Differenzbeschleunigung/Geschwindigkeit/Richtung des jeweiligen Zielwertes erreicht.

Die Bahnkorrekturen waren für folgende Zeitfenster nach dem Start vorgesehen.
1.   Bahnkorrektur: 32 – 36 Stunden nach dem Start
2.   Bahnkorrektur: 80 – 84 Stunden nach dem Start

Um die Bahnkorrekturen durchführen zu können verfügte Luna 17 über ein entsprechendes
„Bahnkorrektur- und Brems- Triebwerk“ vom Typ KTDU-417 russ.  КТДУ-417.

Damit geht es dann weiter.

dksk

Offline dksk

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Re: Lunochod – Technik/Vergleiche/Referenzierungen
« Antwort #77 am: 15. April 2014, 20:33:40 »
KTDU-417 russ.  КТДУ-417

Im Russischen entspricht die Abkürzung  auch КТДУ-Корректирующая Tормозная Двигательная Установка, was sinngemäß „Bahnkorrektur- und Brems- Triebwerk“ bedeutet.

Das KTDU-417 ist ein Kombinationstriebwerk und stellt quasi 2 Triebwerke in einem Block dar. In seiner primären Funktion (Hauptdüse) wird es als Bahnkorrektur- und Bremstriebwerk verwendet. In einer sekundären und finalen Einsatzfunktion dient es als Brems-/Landetriebwerk (Nebendüsen). Dessen Bezeichnung ist dann KTDU-417B.



Das kleine Bild beim Triebwerk zeigt eine E-8 Konfiguration von z.B. Luna 16, bei der das Triebwerk auch zum Einsatz kam.

 

Die Bilder habe ich aus einem Schriftstück rauskopiert und die Benennungen übersetzt.

Das KDTU-417 ist ein regelbares Flüssigkeitstriebwerk, welches auf Basis der Komponenten  NTO und UDMH funktioniert.

Abkürzungen:
1,1-Dimethylhydrazin (abk. UDMH für Unsymmetrisches Dimethylhydrazin)
Stickstofftetroxid (engl. Abk. NTO (von Nitrogen Tetroxide)

Das stellt eine hypergole Treibstoffkombination dar, bei der NTO und UDMH im Verhältnis ca. 1.8 zu 1 verbrannt wurden.

http://de.wikipedia.org/wiki/Hypergolit%C3%A4t

Das Triebwerk ist mehrfach zündbar – bis zu 11 mal - bei einer maximalen Brenndauer von 650 Sekunden.
Der Schub ist ein einem Bereich von 18.92-7.35 kN regelbar. Der spezifische Impuls lag bei 314 s bis 308 s. (angloam. Referenzangabe in den Quellen)
Damit sind die Grundvoraussetzungen für Bahnkorrektur und Bremsung gegeben.
Diese Angaben beziehen sich auf das Haupttriebwerk KTDU-417. Zum Nebentyp 417B plane ich bei der Beschreibung der Landung die Details darzustellen.
Die Bezeichnung des Treibwerks je nach Hersteller- oder Projektangabe ist auch 11D417 (11Д417), KDTU-417 (КТДУ-417 ) oder auch KRD-417 (КРД-417).
Weiterhin ist die Abkürzung KDT/КДT (Космический корабль-двигательные блоки – „Kosmisches Schiff“ bzw. Raumschiff-Antriebsblock) bei der Triebwerksbeschreibung zu finden.

Die Kommandos der Triebwerkssteuerung wurden durch pneumatische und elektromechanische Aktuatoren umgesetzt.
Die Treibstoff/Oxydatorkombination wird für das Haupttriebwerk mit Turbopumpen gefördert
Treibstoff und Oxydator sind in einem entsprechenden Tanksystem untergebracht, welches beim Landemodul und den Zusatzmodulen jeweils vorhanden ist. 
Die Tankvolumina sind entsprechend dem Verbrauchs/Volumenverhältnis angepaßt.

Die Tanks sind mit Druckgas, welches in entsprechenden Kugelbehältern bereitgestellt wird, beaufschlagt. Durch Druckminderer/Regler wird damit ein stabiler Entnahmedruck gewährleistet. Die Druckgaskugeln sind auf die Tanks an mehreren Stellen des Modulblocks aufgesetzt.

Zum Gas/Drucksystem gibt es wieder mehrere, teils widersprüchliche Informationen bezüglich Druckgaskugelinhalt bzw. Funktion.

Die Haupfunktionen sind die Bereitstellung von:
-       Druckgas zur Beaufschlagung der Treibstoff/Oxydatortanks
-       Druckgas zum Betrieb des „kleinen Lageregelungssystems“ (Astroorientierung)
-       Betriebsstoff zum Betrieb des „großen Lageregelungssystems“
-       Druckgas zum Betrieb des Automatisierungs/Steuerungssystems des Gesamtsystems

Ich habe folgende Druckgase in den Quellen gefunden.
-       Helium
-       Stickstoff

An den Kugelanschlußleitungen sind unterschiedliche Farbkennzeichnungen zu erkennen.
Dazu habe ich eine Übersicht erstellt.
Es gibt die Leitungskennzeichnungen grün, rot, blau, und grün+rot+grün. Zu entsprechenden Funktions/Medienzuordnung habe ich keine weiteren Infos.


 
An den beiden Kugeln, die vorne und hinten am Landemodul mittig aufgesetzt sind, kann man die Aufschrift N2 (Sticksoff) erkennen und die Anschlußleitung ist grün gekennzeichnet.



Die Kugeln mit der grün+rot+grünen Kennzeichnung auf den Tanks der abnehmbaren Zusatzmodule werden dem „kleinen Lageregelungssystems“ (Astroorientierung) zugewiesen.
Diese sind ebenfalls mit Stickstoff gefüllt.
Daher nehme ich an, daß Stickstoff in einer Verwendung als Systemgas dient und in einer anderen Verwendung als „Treibstoffgas“ für die Kaltgasdüsen des „kleinen Lageregelungssystems“. Der unterschiedlichen Verwendung folgend, sind auch unterschiedliche Druckgastanks installiert.

Quellen:
http://www.b14643.de/Spacerockets_1/Diverse/KB-Isayev_KDUs/
http://www.rocket-propulsion.info/kbhm/index.htm
http://kbhmisaeva.ru/main.php?id=57
http://www.lpre.de/kbhm/index.htm
http://e-strannik.livejournal.com/58824.html
http://swalker.org/deistvuushie/2559-muzey-npo-im-sa-lavochkina.html
http://pkk-avia.livejournal.com/53448.html
http://www.planetology.ru/panoramas/pichkhadze_2007_kosmicheskie_apparaty_dlya_issledovaniya_luny.pdf?language=english

dksk

LOXRP1

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Re: Lunochod – Technik/Vergleiche/Referenzierungen
« Antwort #78 am: 15. April 2014, 20:39:22 »
@dksk

Danke für diese wunderbar übersichtlichen Zusammenfassungen!  :)

Jura

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Re: Lunochod – Technik/Vergleiche/Referenzierungen
« Antwort #79 am: 21. April 2014, 13:54:42 »
Nur kurz:

Mit der Entwicklung einer selbstfahrende Maschine und deren Landung auf Mond (Thema E-8) wurde OKB-1 unter der Leitung von Tichonravov schon 1960 beauftragt. Der Start war mit N-2 vorgesehen. Am 3 August 1964 wurde ein Dekret des ZENTRALKOMITEES der KPdSU und des Ministerrates Nr. 655-268 über die Erforschung des Mondes und Weltraum mit N1-L3 erlassen. Im Lichte der Entscheidung Nr. 655-268 wurde die Hauptaufgaben für E-8 geändert. Lunochod wurde für eine eingehende Prüfung der Landeplätze für bemannte Mondlandefähren mit Kosmonauten vorgesehen. Wenig bekannte Details zu Lunochod und Koroljew. Ja, und Lunochod-3 (8ЕЛ №205) statt auf dem Mond, steht bis heute in NPO Lavotschin Museum.

http://selena-luna.ru/russkie-na-lune/istoriya-razrabotki-lunoxoda

Nach meiner Information (Novosti Kosmonavtiki, dazu der Link), wurde Lunochod-1 mit der Landeplatform am 11 Dezember 1993 auf einer Auktion bei Sothebys für 68500 $ versteigert. Nach der russischen Presse erwies sich der Käufer als der Sohn eines amerikanischen Astronauten. Die Transportkosten von Mond zu Erde gehen natürlich zu Lasten des Käufers.

http://space.hobby.ru/projects/lunochod1.html

McFire

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Re: Lunochod – Technik/Vergleiche/Referenzierungen
« Antwort #80 am: 22. April 2014, 01:37:13 »
Dieses Prachtstück wieder auf der Erde zu haben, wäre schon was Schönes :)

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Offline Terminus

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Re: Lunochod – Technik/Vergleiche/Referenzierungen
« Antwort #81 am: 22. April 2014, 07:15:42 »
Dieses Prachtstück wieder auf der Erde zu haben, wäre schon was Schönes :)

Aber echt.

Und irgendwann wird es sowas auch geben, da bin ich mir sicher. Nur werden wir das nicht mehr erleben. Da bin ich mir leider auch sicher...  :-\

Offline dksk

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Re: Lunochod – Technik/Vergleiche/Referenzierungen
« Antwort #82 am: 22. April 2014, 07:47:53 »
Ich schalte mal meinen „Spinnermodus“ ein!

Das wäre doch mal ein Themenvorschlag für eine Studienarbeit.

„Erarbeitung eines Konzeptes zur Rückführung eines inaktiven RaumFAHRzeugkomplexes von der Mondoberfläche zur Erde.“
Variantenuntersuchung:

Rückführung des Einzelkomplexes „Lunochod“ ohne das Landemodul:
- Auswahl eines Landeplatzes in der Nähe des Exponates
- Konzeption eines geeigneten Lande-Gesamtsystems – mit rückstartfähigen Komponenten
- Konzeption eines Transport und Bergungskomplexes
- unter Berücksichtigung der kinematischen Disposition der Einzelkomponenten (Deckel, Räder etc.) und möglicher Einflussnahme auf den
  Masseschwerpunkt des Exponates
- Berücksichtigung der vor Ort Temperatur des Exponates in Abhängigkeit des Transportzeitpunktes
- Auswahl geeigneter Transportsicherungsverbindungen mit dem Exponat
- Auswahl eines optimalen Zeitpunktes für Anlandung und den Rücktransport in Abhängigkeit bahnmechanischer Randbedingungen
- Auswahl eines geeigneten Flugprofils durch Gegenüberstellung der Varianten mit und ohne Mondorbitaleinheit
- daraus Ableitung eines Rückflugprofils
- Untersuchung optionaler Einflussnahmemöglichkeiten auf das Exponat während des Transportes (el. mechan. etc.)
- Konzeption der Rückstartkomponenten
- Konzeption eines Mondrückkerflugprofils und Eintritt in die Erdatmosphäre
- Konzeption eines thermisch/mechanischen Schutzes beim Wiedereintritt
- Berücksichtigung der Maximalbeschleunigungen, der das Exponat ausgesetzt werden kann
- Betrachtung eines Lande- und Bergungskonzept auf der Erdoberfläche/Wasserung
- Erarbeitung eines Analysekonzeptes für das rückgeführte Exponat.

„Spinnermodus“ aus!

dksk

McFire

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Re: Lunochod – Technik/Vergleiche/Referenzierungen
« Antwort #83 am: 22. April 2014, 11:47:33 »
@@ Nun ja, ich alter Knochen erlebs nimmer ....

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Offline max-q

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Re: Lunochod – Technik/Vergleiche/Referenzierungen
« Antwort #84 am: 22. April 2014, 23:13:01 »
Nach meiner Information (Novosti Kosmonavtiki, dazu der Link), wurde Lunochod-1 mit der Landeplatform am 11 Dezember 1993 auf einer Auktion bei Sothebys für 68500 $ versteigert. Nach der russischen Presse erwies sich der Käufer als der Sohn eines amerikanischen Astronauten. Die Transportkosten von Mond zu Erde gehen natürlich zu Lasten des Käufers.
Nach meinen Informationen handelte es sich bei dem "amerikanischen Astronauten" um Owen Garriott. Sein Sohn Richard Garriott ist 2008 dann als Tourist auch selbst im Erdorbit gewesen. Vielleicht holt er ja "sein" Lunochod auch persönlich auf dem Mond ab  ;)
Irgendwie fürchte ich aber, dass er es nicht persönlich wird in Augenschein nehmen können. Und meine einstige Hoffnung, doch noch eine bemannte Mondlandung bewußt zu erleben, geht mittlerweile auch eher gegen Null (bei den Apollo-Mondlandungen war ich noch zu klein, für das nächste Programm bin ich voraussichtlich dann zu senil oder zu tot   >:( )

Olaf
Geschichte und Geschichten aus sechseinhalb Jahrzehnten Raumfahrt:
http://www.raumfahrtkalender.de

Offline dksk

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Re: Lunochod – Technik/Vergleiche/Referenzierungen
« Antwort #85 am: 24. April 2014, 15:44:04 »
Ich mach mal weiter auf dem Weg zum Mond mit dem nächsten Ziel für Luna 17:

4. Eintritt in den Mondorbit

Nach den beiden Transfer-Bahnkorrekturen ist die nächste wichtige Etappe der Eintritt in die Mondumlaufbahn.
Dazu führt Luna 17 das Bremsmanöver zum Eintritt in die Mondumlaufbahn aus. In Vorbereitung des Bremsmanövers muß die Station  um 180° geschwenkt werden– Triebwerk in Flugrichtung.
Der Solarzellendeckel ist auch hier, wie bei den anderen aktiven Bahnmanövern geschlossen.
Ziel ist ein Anfangsmondorbit mit Bahnhöhe von ca. 90 km über der Mondoberfläche. (unterschiedliche Angaben)
Wie bei allen Bahnmanövern ist die korrekte Ausrichtung von Luna 17 sicherzustellen. Die nötigen Informationen zur Orientierung im Raum liefert u.a. das Astronavigationssystem.

Das Astronavigationssystem ist in der Mitte eines der abnehmbaren Zusatzmodules installiert und liefert Navigationsdaten auf Basis des „Mitbewegtes Bezugssystem“.
Im Bild ist die Einbauposition am linken Modul in der Mitte zwischen den Tanks zu erkennen (E 8 Luna 16 Referenz).

 

Entwicklungslieferant war eine Forschungs- und Produktionsvereinigung, die heutzutage unter dem Namen  “ Московское опытно-конструкторское бюро "Марс" /” Moskauer Experimental Design Büro „Mars“ bekannt ist.
Das System mit der Bezeichnung A-31 besteht aus optisch-mechanischen Visiereinrichtungen und dazugehörigen mechatronischen Systemen. Es können Erde, Sonne und Mond je nach Fluglage über Strichmarken anvisiert werden.
Dabei wird als erstes eine Groborientierung durchgeführt, auf deren Basis jeweils eine Feinorientierung folgt.
Durch eine logische Operation wird eine Verwechslung der optischen Zielobjekte ausgeschlossen.
Zusätzlich sind Sensoren zur Ermittlung der Winkelgeschwindigkeit mit dem System kombiniert.

 

Im damaligen Flugzeitraum (10.11 – 17.11.1970) befand sich der Mond in der -361ten Lunation.
Hier mal die entsprechenden Mondphasen im Kalender November 1970.



Der Mond war zu diesem Zeitpunkt für das System mit ausreichender Helligkeit und Fläche sichtbar.
Mit dem Astronavigationssystem werden zusätzliche Lagedaten in Referenz zu Sonne und Erde gewonnen. Diese werden neben den bodengestützten Telemetrie/Trackingdaten noch mit Daten aus dem Gyroskopsystem verarbeitet.

Insgesamt werden vom Astronavigationssystem 2 Hauptaufgaben erfüllt.
1.   Ermittlung von Daten zur dreiachsigen Orientierung im Raum vor der Durchführung von Bahnmanövern an mehreren Positionen des Fluges.
2.   Ermittlung von Daten zur „groben“ Ausrichtung zur Sonne auf den freien Flugphasen als Ausrichtungsgrundlage der Einleitung der langsamen Drehung   um die Längsachse.

Die Orientierungsdaten vor Bahnmanövern werden auch zum Gyrosystem übertragen um dieses jeweils zu aktualisieren. Während der Bahnmanöver und danach kann das Gyrosystem die schnellste Referenz für die Lageänderung darstellen.
Die grundsätzliche Ermittlung der Bahnpositions- bzw Raumlagedaten mit mehreren Systemen macht Sinn hinsichtlich möglicher Redundanz bzw. Abgleichbarkeit und auch dadurch, daß je nach Flugphase die Systeme unterschiedlich eingesetzt werden. Durch die Raumlage bzw. Arbeitsposition des Haupttriebwerks ergibt sich für das Astroorientierungssystem z.B. wechselnder Sichtbereich Sonne, Erde und Mond.
Das Astroorientierungssystem hat seine Hauptfunktionsbereich ab der Transferbahn zum Mond.
Im Erdorbit sind in Bezug auf die räumliche und zeitliche Nähe die bodengestützten Telemetrie/Trackingdaten als Informationsbasis noch geeignet.
Damit sind die Lagedaten aus Telemetrie/Tracking, Gyrosystem und Astronavigation teilweise ergänzend bzw. zur Systemabstimmung verfügbar.

-------                   ---------                           ---------

Astronavigation und Lageregelung:

Zur Lageregelung bzw. Drehung der Station um die Hauptachsen wird während der Transferflugphase ein Kaltgasdüsensystem auf Stickstoffbasis eingesetzt, welches direkt mit dem Astronavigationssystem verblockt ist.
Am zweiten Zusatzmodul sind auf der gegenüberliegenden Seite des Astronavigationssystems entsprechende Düsenpaare angebracht. Auf dem Modul befindet sich ein Arm, der das obere Düsensystem trägt.



Der Düsenblock für die Haupt- Drehbewegung ist als 3er-Modul ausgeführt. Das deutet auf eine Besonderheit in dieser Bewegung hin. Es könnte für eine größeren Schubbereich, der auch dreifach dosierbar ist sorgen – oder bei geöffnetem/geschlossenen Solarzellendeckel einen wahlweisen Positionsausgleich gegen die „Unwucht“ schaffen, die dann dort in der Hauptrichtung liegt. Damit wäre dann eine, einer Schwenkdüse vergleichbare Funktion realisierbar (z.B. nur 1 von 3 oder 2 von 3 betreiben).

Die verblockte Einheit Astronavigationssystem + Kaltgasdüsensystem muß seine Funktion bis kurz vor der finalen Landephase erfüllen. Danach werden beide Systeme mit der Abtrennung der Zusatzmodule (leere Tanks etc.) vom Landemodul entfernt.
Die verblockte Einheit verfügt über eigene Energieversorgung, Avionik etc.
D.h. hier ist quasi das Prinzip einer Stufenabtrennung nach Verbrauch des Treibstoffs und nach dem Ende ihrer Funktionsdauer  als Konzept realisiert. Damit verringert sich die Landemasse, was wiederum entsprechende Vorteile mit sich bringt.

Interessant ist noch die Ausrichtung des oberen Kaltgas-Düsenpaares an dem langen Arm.
Auch für das Flüssigkeitstriebwerk-Stabilisierungssystem ist ein Düsenpaar an einem Ausleger in ähnlicher Position, neben dem Kaltgassystem vorhanden.
Unter der Annahme, daß die Düsenpaare bei beiden Systemen jeweils tangential zum Masseschwerpunkt ausgerichtet sind, ergeben sich Rückschlüsse auf die Veränderung des selbigen nach dem Abtrennen der Zusatzmodule.
Ich hab mal eine Hilfslinienskizze erstellt. Der Schwerpunkt liegt nach der Abtrennung die Zusatztanks höher. Das ist eine tendenzielle Aussage. Die Lage des Schwerpunktes verändert sich ja auch in den Flugphasen durch Treibstoffverbrauch etc. Die Seitendüsen liegen auch etwas niedriger als die skizzierten Schnittpunkte. Ich denke aber, daß das in die Richtung geht.
Damit ist ein konzeptionelles „Nachtrimmen“ gewährleistet, da nach der Abtrennung der Zusatzmodule das Flüssigkeitstriebwerk-Stabilisierungssystem in der Abstiegsphase aktiv wird.



Quellen:
http://www.ninfinger.org/models/vault/Luna%20Probes/
http://www.mars-mokb.ru/eng/history.html
http://www.uledoc.de/kalender/kalender.html?yy=1970&lang=de_DE.UTF8&mode=2
http://metalyuga.livejournal.com/54490.html
Screenshots aus dem Объект "Е-8" Film.

dksk

McFire

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Re: Lunochod – Technik/Vergleiche/Referenzierungen
« Antwort #86 am: 24. April 2014, 17:59:26 »
Ist schon sagenhaft, was da für Ideen und Überlegungen eingeflossen sind ! Wenn man bedenkt - die "große" Raumfahrt war ja so alt noch nicht......

Offline dksk

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Re: Lunochod – Technik/Vergleiche/Referenzierungen
« Antwort #87 am: 02. Mai 2014, 13:54:45 »
-------------  5. Bahnkorrektur im Mondorbit --------------------

Nach dem erfolgreichen Eintritt von Luna 17 in den Mondorbit beginnen die Vorbereitungen zur Landung.
Zur besseren Übersichtlichkeit habe ich hier mal was zusammengestellt.

 

Dazu wird als nächster Flugabschnitt der Übergang aus der runden Orbitalbahn in eine elliptische Bahn vorbereitet.
Bei den Bahnkorrekturen im Mondorbit wird zunehmend die relative Position, Geschwindigkeit etc. zur Mondoberfläche interessant und in zunehmendem Maße von den entsprechenden Sensorsystemen als Grundlage verwendet.
Wie im vorherigen Abschnitt erwähnt,  stellt das Gyrosystem die schnellste Referenz bei Lageänderungen dar.

Das Gyrosystem ist in einer der Gerätesektionen zwischen den Tankpaaren untergebracht.
Auf dem Bild sieht man, in der linken Bildmitte eine entsprechende Montageöffnung, die hermetisch verschlossen werden kann (metallener Deckel mit Rippen am Umfang).

Zentral ist das abgedeckte KTDU417 und 417 B zu erkennen (Tennisschläger?).  Zwei der vier Vernierdüsen ragen nach vorne und hinten heraus. Die Farbkennzeichnung der Zuleitungen Rot und Ocker müßten entsprechend Oxydator- und Treibstoffleitungen kennzeichnen. (Farbreferenz Fregat Oberstufe)

 

Zum Gyrosystem gibt es sogar eine Darstellung aus dem vorgenannten Объект "Е-8" Film.

 

Nach der Lageüberprüfung und Ausrichtung der Station beginnt nun das Bahnkorrekturmanöver mit dem KTDU 417, welches an seinem Ende zu einer elliptischen Umlaufbahn mit einem Perilunum bei  ca. 20 km über der Mondoberfläche führt. (Apolunum  90 km)
Die Grundausrichtung der Station ist wieder mit Haupttriebwerk in Flugrichtung und das Radarsystem für große Höhen zeigt Richtung Mondoberfläche. Damit kann dann die nächste Bahnänderung vorbereitet werden.
Auf der elliptischen Bahn wird das letzte mal eine kombinierte Messung der Positions- und Bewegungs-
parameter durchgeführt, auf deren Grundlage die finalen Abstiegsparameter festgelegt werden.
Ab jetzt ist das Gyro-Stabilisierungssystem das Hauptreferenzsystem um die Station „stabil“ zu halten.
Die Detail-Angaben für den Abstieg sind wieder je nach Quelle unterschiedlich. Das hängt wohl auch damit zusammen, daß auf dem E-8-Luna-Lander-System je nach Einsatztyp auch unterschiedliche Flugprofile realisiert wurden.
Bei den E-8 basierenden Probenrückholsonden war das grundsätzliche Gesamtflugprofil zum Mond auch so ausgelegt, daß eine vorteilhafte „Rückkehrbahn“ zur Erde genutzt werden konnte. Die Differenzen der zu landenden Gesamtmassen spiegelten sich dann auch in gewissen Unterschieden der Bahnparameter wieder.

 

Die Werte für Höhen und Geschwindigkeiten sind daher gerundet. Die weiteren Beschreibungen folgen dann den Abschnittspunkten 1 bis 7.

Mit dem Flug auf der elliptischen Bahn ergibt sich im Perilunum (ca. 20 km) die bisher dichteste Annäherung von Luna 17 an die Mondoberfläche. Von dieser Bahnposition aus wird dann der finale Abstieg eingeleitet.
Zum bildlichen Vergleich  - hier mal ein paar Referenzinfos zur in näherer Zukunft geplanten
Landemission mit erkennbaren historischen Wurzeln.

 

Bild ist Seite 7 ist aus einer Präsentation von 2011.
http://www.iki.rssi.ru/conf/2011-lg/presentations/1_DAY/20110125_Zaitseva(NPOL).pdf

weitere Quellen:

http://www.ninfinger.org/models/vault/Luna%20Probes/
http://rumlin.wordpress.com/2013/04/09/polet-i-posadka-avtomaticheskoi-stantcii-luna-17/
Screenshots aus dem Объект "Е-8" Film

dksk

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Offline Terminus

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Re: Lunochod – Technik/Vergleiche/Referenzierungen
« Antwort #88 am: 02. Mai 2014, 14:44:43 »
Und meine einstige Hoffnung, doch noch eine bemannte Mondlandung bewußt zu erleben, geht mittlerweile auch eher gegen Null (bei den Apollo-Mondlandungen war ich noch zu klein, für das nächste Programm bin ich voraussichtlich dann zu senil oder zu tot   >:( )

Gilt für mich genauso.

Allerdings würde ich eine bemannte Mission zu einem Asteroiden als vollwertigen Ersatz akzeptieren, wenn sie auf dem Brocken dann auch "landen"(*). Und da sieht es ja nicht ganz so schlecht aus, dass das in absehbarer Zukunft zustande kommt, wie eine bemannte Rückkehr zum Mond.  :)

Terminus

(*) die einschränkenden Anführungszeichen wegen der extrem geringen Gravitation. Stehen oder gehen wie auf dem Mond wäre da ja kaum möglich, dürfte mehr ein "Nebeneinanderherschweben" sein.
« Letzte Änderung: 02. Mai 2014, 18:45:27 von Terminus »

Offline dksk

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Re: Lunochod – Technik/Vergleiche/Referenzierungen
« Antwort #89 am: 02. Mai 2014, 21:08:35 »

...wenn sie auf dem Brocken dann auch "landen"...

Da war doch was vor ein paar Tagen.....



dksk

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Offline Terminus

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Re: Lunochod – Technik/Vergleiche/Referenzierungen
« Antwort #90 am: 03. Mai 2014, 00:06:34 »
;D ;D ;D

Offline dksk

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Re: Lunochod – Technik/Vergleiche/Referenzierungen
« Antwort #91 am: 08. Mai 2014, 19:00:42 »
------  Eintritt in die Mondabstiegsbahn -------
 
Nachdem Luna 17 in der Nähe des Perilunums ist, wird die Finalphase der Landung vorbereitet.
Dazu werden die möglichst genauen Bahndaten ermittelt um die Ausgangsposition für die Landung (rückwärts) zu berechnen.

Alle Systeme, die zur Landung benötigt werden sind jetzt aktiv. Diese Phase stellt auch eine hohe Energieverbrauchsphase dar. Daher werden diese erst jetzt vollumfänglich aktiviert.
Die weiche Landung einer automatischen E-8 Station ist zu diesem Zeitpunkt erst einmal mit Luna 16 erfolgreich durchgeführt worden.  D.h. jetzt ist eine hochkomplexe Phase erreicht.
Es sind mehrere Programmcodes im System gespeichert, von denen entsprechend der aktuellen Datenlage der passende ausgewählt wird um die automatisierte Landung ab jetzt für die Systeme zu führen.

Wie schon vorher erwähnt werden die Zusatzmodule zur Vorbereitung abgetrennt.
Das geschieht 5 min. 45 s vor der Landung.
Die Zusatzmodule waren durch mehrere Schnittstellen mit dem Landemodul verbunden.
Aufgrund der Funktion der Module ergab sich hier eine komplexe Schnittstelle.
Es gibt trennbare Schnittstellen für die Betriebsstoffe, Elektrik/Elektronik und natürlich eine mechanische Schnittstelle.

So sehen diese Stellen stationsseitig aus.



Bei Exponaten ohne die Thermoschutzverkleidung ergeben sich mehr Einzelheiten.



Unter der Station verlaufen die Leitungen zum Triebwerk.



Die Haupttrennung erfolgt pyrotechnisch an den 4 mechanischen Hauptbefestigungs-Schnittstellen.
Um eine zuverlässige Trennung zu gewährleisten ist an den oberen Befestigungspunkten noch eine Art Führungsstab eingearbeitet, der bei der Abtrennbewegung ein Verkippen des Moduls verhindert. Die Trennbewegung der Kontakte ist z.B. kürzer als die der Medienkupplung mit Dichtung etc. Daher ist der Führungsstab so ausgeführt, daß er erst nach der Trennung aller Funktionsschnittstellen aus seiner Führung gleitet.

Im Bild ist der Stab erkennbar.



Problematisch sind hier auch die unterschiedlichen Einzelschnittstellen (Kontakte, Dichtungen etc.), die einerseits unterschiedliche Hemmkräfte erzeugen, und andererseits ein in Bezug auf die Hauptbefestigung außermittiger Kraftschwerpunkt (alle Hemmkräfte als Linien betrachtet – Analogie zu Schnittwerkzeugen und Schwerpunktermittlung).

Hier wieder eine Darstellung aus dem Объект "Е-8" Film – während der Erprobungsphase. Ich hab oben mal den Bauraum der restlichen Station dargestellt.



Nun ist die Station Luna 17 landebereit und die nächsten Aktivitäten folgen.

dksk

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Re: Lunochod – Technik/Vergleiche/Referenzierungen
« Antwort #92 am: 14. Mai 2014, 14:18:31 »
------- Fortsetzung Abstiegsbahn -------

Um die Bewegung auf der vorgesehenen Abstiegsbahn weiter zu kontrollieren sind u.a. Höhenangaben relativ zur Mondoberfläche wichtig.
Zur mondbezogenen Höhen- und Bewegungsermittlung von Luna 17 gibt es 3 Hauptsysteme, die ab jetzt aufeinanderfolgend zum Einsatz kommen.

Diese sind:
1.   Höhenmeßradar für große Höhen „Vega“
2.   Dopplerradar „Planeta DA 18“ für geringere Höhen (Höhe und Seitenbewegung)
3.   Gammastrahlen Höhenmesser „Kvant 2“ (unmittelbar in Bodennähe)

Die Einbauposition und Ausrichtung dieser Systeme spiegelt auch hier die grundsätzliche Ausrichtung/Raumlage der Station zum entsprechenden Einsatzzeitpunkt während des Abstieges wieder.
Die unterschiedlichen Systeme berücksichtigen auch die jeweils nötige Meßgenauigkeit bzw. Systemsicherheit/Fehlerrobustheit.

 

Als erstes kommt das „Vega-System“ zum Einsatz. Der Arbeitsbereich dieses Systems liegt in Höhen um 20 km. D.h. dem Höhenprofil im Bereich des Perilunums.
Der Radar arbeitete in einem Frequenzbereich von 1 GHz. Das System ist +/- 35° schwenkbar an der Vorderseite der Station angebracht.

 

Das „Vega-System“ ermittelt die nötigen Daten vor der Zündung des Haupttriebwerks KTDU 417, welches den finalen Abstieg einleitet. Während des Abstiegs werden noch weitere Meßwerte ermittelt.

Abgebremst durch das Haupttriebwerk verringert die Station ihre Geschwindigkeit und Höhe. Es erfolgt ebenfalls eine Drehung in Fallrichtung. In wieweit diese Drehung durch einen Gravity Turn oder das Lageregelungssystem erfolgt – dazu habe ich keine eindeutigen Infos gefunden.
Am Ende dieses Bremsmanövers befindet sich die Station im freien Fall. In diesem erfolgt nun die kontrollierte vertikale Ausrichtung mit Hilfe des Flüssigkeitstriebwerk-Stabilisierungssystems.

Quellen:
http://www.svengrahn.pp.se/radioind/E8radio/E8Radio.htm
http://www.vega.su/en/about/history/

dksk

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Re: Lunochod – Technik/Vergleiche/Referenzierungen
« Antwort #93 am: 20. Mai 2014, 12:37:28 »
---- Flüssigkeitstriebwerke des Stabilisierungssystems ---

Insgesamt sind am Landemodul 4 Triebwerkspaare zur Stabilisierung/Lageregelung vorhanden.



Mit dem System wird jetzt die horizontale Raumlage der Station stabilisiert und die Seitenbewegung auf max. 0,5 m/s begrenzt.
Mit den beiden seitlichen Düsenpaaren ergibt sich auch in der Landesituation die Möglichkeit ein Umkippen zur schmalen Abstützseite zu verhindern.
Die Triebwerke arbeiten wieder mit der Betriebsstoffkombination
1,1-Dimethylhydrazin (abk. UDMH für Unsymmetrisches Dimethylhydrazin)
Stickstofftetroxid (engl. Abk. NTO (von Nitrogen Tetroxide), welche im Verhältnis NTO und UDMH ca. 1,85 zu 1 verbrannt werden.
Die Triebwerke haben einen Einzelschub im Vakuum von 100 N.
Entwicklungslieferant für die Triebwerke war das „Maschinenbau und Design Büro Sojus“
Den Parametern nach, müßte es sich um ein „МДТО-123“ (MDTO-123) Triebwerk handeln.
Dieses ist Bestandteil einer ganzen Triebwerksfamilie mit modularem Aufbau und variablen Leistungswerten, die u.a. auch zur Lageregelung von Block-D zum Einsatz kamen.

Wenn die vertikale Ausrichtung stabilisiert ist, kann der Dopplerradar „Planeta DA 18“ seine Aufgabe erfüllen. Dieser mißt die weiter abnehmende Höhe und gibt dem Steuerungssystem das Signal, um bei ca. 760 m Höhe die zweite Zündung des Haupttriebwerks zu starten und bei 20 m Resthöhe zu beenden.
Das Planeta-System ist auf der dem Vega System gegenüberliegenden Stationsseite, mit Arbeitsrichtung nach unten installiert.
Die Auslegung als Dopplerradar ermöglicht die erforderliche Messgenauigkeit bezüglich Höhe in Kombination mit der Messung der Seitenbewegung/Geschwindigkeit.



Das Radarsystem Planeta war technisch so ausgelegt, daß neben der Messung der primären Höhen/Bewegungswerte weitere Parameter ausgewertet werden konnten um  den Grad der Rauheit der Mondoberfläche, die effektive Dielektrizitätskonstante und die Dichte des Bodens zu bestimmen.
Diese radarbasierenden Messergebnisse zum Landegebiet wurden nachfolgenden mit denen, die durch die Lunochod-Messgeräte direkt am Boden ermittelten wurden, verglichen.
Dadurch konnte das Radarmessverfahren bzw. die Interpretation dessen Messewerte schrittweise weiter verbessert werden.

Noch eine Nebeninfo:
Im Detailbild der Sende/Empfangseinheit liegt ein Rechenschieber vor dem Exponat.
http://de.wikipedia.org/wiki/Rechenschieber
Das war seinerzeit ein durchaus nützliches Hilfsmittel, auch zur Förderung des logischen Denkens und des rationellen Rechnens.
In der „Generation CAS-Rechner“ ist dieses Gerät auf Nachfrage kaum noch bekannt.

Weitere Quellen:

http://www.tmkb-soyuz.ru/Production-Rus
http://www.ktrv.ru/about/structure/388/389/
http://www.tmkb-soyuz.ru/31
ftp://ftp.radio.ru/pub/2011/08/8.pdf

dksk

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Re: Lunochod – Technik/Vergleiche/Referenzierungen
« Antwort #94 am: 28. Mai 2014, 08:23:21 »
------------------Abbremsung zu Landung  -----------------------

Die Ermittlung der Resthöhe von 20 m über dem Mondboden (letzte Aufgabe Planeta DA 18) ist nicht nur für die Abschaltung des Haupttriebwerks wichtig, sondern gleichzeitig wird das Nebentriebwerk KTDU 417B zur finalen Abbremsung eingeschaltet.
Dieses Triebwerk ist mit insgesamt 6 Düsen um das Haupttriebwerk herum positioniert.
Dabei befinden sich 2 Düsen direkt neben dem Haupttriebwerk und die 4 weiteren an den Außenseiten der Station. Damit ergibt sich eine ausgedehnte „Abstützfläche“.



Die Triebwerke arbeiten, wie das Haupttriebwerk mit der Betriebsstoffkombination
1,1-Dimethylhydrazin (abk. UDMH für Unsymmetrisches Dimethylhydrazin)
Stickstofftetroxid (engl. Abk. NTO (von Nitrogen Tetroxide), welche in diesem Falle im Verhältnis NTO und UDMH ca. 2,4 zu 1 verbrannt werden.
Das KTDU 417B-Triebwerk ist nur für eine einmalige Zündung ausgelegt - bei einer maximalen Brenndauer von 30 Sekunden.
Der Schub ist in einem Bereich von 3,5-2,1 kN regelbar. Der spezifische Impuls lag bei 254 s bis 252 s. (angloam. Referenzangabe in den Quellen)

Die ggü. dem Haupttriebwerk niedrige Schubkraft folgt u.a. aus 2 Randbedingungen:
1.   die abzubauende Geschwindigkeit ist deutlich kleiner
2.   die Mondstaubaufwirbelung durch die Triebwerksgase soll möglichst gering sein
Durch die Anzahl und räumliche Verteilung der Düsen kann hier ein optimales Ergebnis erzielt werden.

Eine weitere Maßnahme zur Minimierung der Staubaufwirbelung war, das Bremstriebwerkssystem in einer Höhe von ca. 2,5 m über der Mondoberfläche ganz auszuschalten. Die Fallgeschwindigkeit an diesem Punkt mußte auf einen  Maximalwert von 3,5 m/s, bei einer Seitengeschwindigkeit mit Maximalwert von 0,5 m/s reduziert sein. Die Auslegungs- und Betriebsparameter des KTDU 417B waren entsprechend dieser Zielwerte definiert worden.

Um in unmittelbarer Nähe der Oberfläche und innerhalb der Bewegungsparameter eine sichere Abstandserkennung zu ermöglichen, wurde hier ein auf Gamma Strahlenmessung basierendes System – Kvant 2 - eingesetzt.
Das Kvant-2 System ist zwischen den unteren „Dreieckslenkern“ eines der Landebeine befestigt.



Grundlage des Höhenmessers ist die Verwendung einer Gammastrahlenquelle, deren Hauptrichtung nach unten zeigt. Der Empfänger erfaßt die Photonenstrahlung,  die von der Mondoberfläche (reflektiert) rückgestreut wird. Das System ist dabei resistent gegen verschiedene Arten von Störungen. Wenn die höhenabhängige „Rückstrahlung“ einen bestimmten Wert überschreitet, wird ein Signal für das Steuerungssystem der Luna Station gegeben.

Ein ähnliches System mit Namen „Kaktus“ wird bei der Landung der Sojus-Kapseln seit Jahrzehnten eingesetzt.

Die Zuverlässigkeit des Kvant 2 Höhenmessers wurde mit 0,9999 über eine Zeitdauer von 1h angegeben.
Der effektive Messbereich des Systems lag zwischen 3,5 und 0,5 Meter über der Oberfläche.
Nachdem die Triebwerke ca. 2,5 m ober dem Boden abgeschaltet wurden, setze Luna 17 im freien Fall mit einer Restgeschwindigkeit von max. 3,5 m/s auf der Mondoberfläche auf. Um die finale Bremsbeschleunigung beim Aufsetzen zu verringern, waren die Landebeine stoßdämpfend ausgelegt.

Die weiche Landung gelang am 17. November 1970 im Mare Imbrium.
Damit war aber die Mission noch nicht am Ziel. Das Fahrzeug mußte noch vom Landemodul auf die Mondoberfläche zum Einsatz kommen. Damit geht es dann weiter.

weitere Quellen:
http://ru.wikipedia.org/wiki/%D0%92%D1%8B%D1%81%D0%BE%D1%82%D0%BE%D0%BC%D0%B5%D1%80
http://www.rtc.ru/publication/posadka.shtml

dksk

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Re: Lunochod – Technik/Vergleiche/Referenzierungen
« Antwort #95 am: 05. Juni 2014, 07:55:41 »
Nach der Landung von Luna 17 wurden erst mal die Systeme überprüft und die nächsten Aktionen vorbereitet. Das Landemodul hat jetzt noch die Aufgabe die Herunterfahrt des Lunochod zu gewährleisten.
Dazu werden im nächsten Schritt die beiden Fahrrampenpaare ausgeklappt.
Die Klapprampen sind jeweils an den Enden der Transportführungen, auf denen die Lunochod-Räder stehen mit einem Drehgelenk angebracht.
In dem Drehgelenk ist eine Feder integriert und die Rampen haben am oberen Klappscharmier eine kinematische Zugumlenkung. Damit klappen sie bei der Drehung um das untere Federgelenk in der Bewegung auf, bevor sie den Boden berühren.
Im Bild ist die Drehfeder auf der Klappachse zu erkennen.
Die Rampen wurden bis zur Landung mit einem Zugstab gesichert, der direkt vor der Entfaltung der Rampe pyrotechnisch durchtrennt wird und an seiner unteren Anbindung zur Seite klappt.
(liegt im Bild rechts horizontal)
Somit kann die Drehfeder die Rampenklappung antreiben.



Bildquelle http://swalker.org/deistvuushie/2559-muzey-npo-im-sa-lavochkina.html

Die kinematische Zugumlenkung ist so ausgelegt, daß bereits bei horizontaler Ausrichtung die vollständige Ausklappung erfolgt. Damit kann die Rampe auch auf unebenem Gelände sicher nach unten gesenkt werden (keine Schubbewegung).



Mit der Möglichkeit das Landemodul in 2 Richtungen verlassen zu können, wurde hier eine Redundanz geschaffen, für den Fall, daß eine Seite geländebedingt keine Herunterfahrt zuläßt.
Da die Landung passiv einem vordefinierten Programm folgte, war eine Landung in „ungünstigem“ Gelände von zu berücksichtigender Wahrscheinlichkeit.
Hier war bei unbemannten Systemen zur damaligen Zeit eine technische Grenze erreicht.
Beim Vergleich zur Chang’e-3 Mission wird deutlich, daß diesbezüglich ein Fortschritt festzustellen ist.
Das ist zum Einen im Abstiegsprofil von Chang’e-3 erkennbar. Der Endanflug wird durch Sensorsysteme in deutlich größerem Maße beeinflußt. Die Zwischenphase des „Hoverings“ macht hier eine Reaktion des Gesamtsystems möglich um die optimale Landestelle und Position zu erreichen.
Zum Anderen verzichtet Chang’e-3 auf eine Lösung mit 2 Rampenrichtungen, da das Gesamtsystem in der Lage ist eine entsprechende Ausfahrsicherheit des Rovers durch die Auswahl der Landeposition zu gewährleisten.
Bei den Luna Stationen steht das Fahrzeug nach der Landung in einer Höhe von ca. 1 m (abhängig vom Einsinken/Landebeinabsorbtionsdeformation) über der Oberfläche. Die Klapprampen stehen nach der Entfaltung auf ebenem Untergrund in einem Winkel von ca. 30°.
Die Stützkräfte werden durch die Anbindung der Rampe an den Drehpunkten und  die Bodenauflage aufgenommen. Das Fahrzeug kann hier problemlos herunterfahren.

Beim Chang’e-3 System steht das Fahrzeug in ca. 1,5 m Höhe. Hier wird eine kombinierte Auffahrt auf die Rampe mit anschließender Absenkung umgesetzt. Der Yutu Rover verläßt dann die Rampe „ebenmondig“.
Bevor aber der Lunochod das Landemodul über die Rampe verläßt, müssen noch die mechanischen und elektrischen Verbindungen getrennt werden. Hier gibt es weitere interessante Punkte.

Ich hab mal zum Ausblick ein Bild gemalt, wie es ausgesehen haben könnte, als das erste Räderpaar auf die Mondboden auffuhr.



dksk

McFire

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Re: Lunochod – Technik/Vergleiche/Referenzierungen
« Antwort #96 am: 05. Juni 2014, 18:29:34 »
Muß mal wieder ein Danke ablegen für die viele Mühe des Zusammentragens und Aufbereitens  :)

Offline Zicki

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Re: Lunochod – Technik/Vergleiche/Referenzierungen
« Antwort #97 am: 05. Juni 2014, 22:20:31 »
muss  mich McFire anschließen : tolle Aufbereitung, auch für Laien wie mich toll zu lesen, DANKE dafür,

Offline dksk

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Re: Lunochod – Technik/Vergleiche/Referenzierungen
« Antwort #98 am: 11. Juni 2014, 15:51:49 »
Bis zur Anlandung ist der Lunochod mechanisch und elektrisch mit dem Landemodul verbunden.

Die mechanischen Verbindungen sind pyrotechnisch trennbar. Die elektrischen Verbindungen sind wieder als Steckverbindung ausgelegt.
Die Hauptverbindungen sind um den zentralen Verbindungsblock (Stationsmitte) angeordnet. Zusätzlich liegen die Räder auf Führungsbahnen auf. Unter den beiden Führungsbahnen befinden sich unter den äußeren Rädern Stützrippen. Damit ergibt sich eine geometrisch ausgebreitete Abstützfläche, die die Anbindungen am zentralen Verbindungsblock mechanisch entlasten.

Da die Fahrzeugräder gefedert angebracht sind, muß das Gesamtsystem hier verspannt werden, um eine Mindeststützkraft  = Vorspannkraft zu realisieren. D.h der Lunochod wird vor dem Anschrauben heruntergedrückt und die Räder federn ein.
Die Radaufhängungen sind mit Torsionsstabfedern ausgelegt. Dazu gab es am Anfang des Threads schon einige Infos. Um ein optimales Federverhalten Kraft/Weg-Verhältnis zu erreichen wurden in diesem Falle jeweils 3 Torsionsstäbe parallel eingebaut.



Damit ergibt sich eine genügend hohe Federkraft – aber mit relativ flacher Kennlinie gegenüber einer einteiligen Lösung mit entsprechend größerem Torsionsstabdurchmesser. Die einzelnen Stäbe können bei der Verspannung noch eine Relativbewegung zueinander machen, bei der es zu keinen zusätzlichen Schubspannungen gegenüber einem verbundenen dickeren Stab kommt. Zwischen den Anbindungsenden sind die Stäbe auch entsprechend verjüngt.

Die Momentenübertragung erfolgt über einen Formschluß an den jeweiligen Enden. Der Übertragungsring mit Außenverzahnung hat innen eine 6-Kant Öffnung, in die 3 Stäbe mit rautenförmigem Ende eingelegt sind.
Damit ist die Stabilität des Gesamtsystems sehr hoch.

Gleichzeitig wird mit der Federung auf einfache Weise eine Funktion realisiert, die nach der pyrotechnischen Durchtrennung der mechanischen Verbindung nötig ist, um eine vollständige Trennung des Fahrzeuges zum Verlassen des Landemoduls zu gewährleisten.
Um die elektrischen Steckverbindungen zu trennen, muß das Fahrzeug eine „Hubbewegung“ nach oben vollführen. Diese wird ganz einfach durch die Entlastung des vorgespannten Fahrwerks ermöglicht (Pyrotrennung). Dabei überlagern sich 2 Effekte.

1.   Das Fahrwerk wurde vor dem Start vorgespannt. Zusätzlich zum gewichtsbedingten  Einfedern (Erdschwere = „Federweg 1“) wird noch weiter bis
                zur nötigen Mindeststützkaft mit „Federweg 2“  verspannt.

2.   Bei der Freigabe des Fahrzeuges auf dem Mond entspannt sich das System, wobei das Fahrzeug am Ende durch das Fahrwerk in eine insgesamt
                höhere Position über den zentralen Verbindungsblock angehoben wird.

Durch die gegenüber der Erdschwere geringere Mondschwere kommt es zu einer Überkompensation – hier geht das Gesamtsystem über den Mindestabstand beim „Nullpunkt“ zurück und hebt das Fahrzeug zusätzlich an. Auf der Federkennlinie würde quasi eine Kraft/Weg Koordinate weiter links erreicht.

 

Im Bild ist an der Stellung der Radaufhängung VOR und NACH der pyrotechnischen Trennung der Unterschied erkennbar.

Das Verhältnis Erdschwere/Mondschwere (ca. 6/1) mußte auch generell bei der Auslegung der Gesamtsysteme berücksichtigt werden.
Die Masse der Systeme (Landemodul, Lunochod etc.) blieb ja, abgesehen vom Verlust der Verbrauchsstoffe gleich – die jeweilige Schwerebeschleunigung ändert sich aber, sodaß sie an der Mondoberfläche schließlich auf 1/6 der Wirkung gegenüber einer Position an der Erdoberfläche absank.

Um die relative Verringerung der Schwere auf dem Mond bei den Vorerprobungen auf der Erde zu simulieren kamen grundsätzlich 3 Maßnahmen zum Einsatz.

1.   Aufhängung des Lunochod an einer Art Federwaage, die an einer Rahmenstruktur über dem Fahrzeug geführt wurde und Bewegungen folgte.
2.   Räder mit Zusatzblechringen zur Vergrößerung der Auflage – ca. 6 mal größer – gleiches  Bodendruckequivalent (das Laufflächennetz wurde quasi geschlossen)
3.   Fahrübungen mit einem Fahrgestell mit deutlich reduzierten Aufbauten mit ca. 1/6 der Masse des Lunochod – Räder ohne Veränderungen

---------------------------------- --------------------------------- ---------------------------------

Nach der Abtrennung des Lunochod vom Landemodul kann das Fahrzeug auf die Mondoberfläche fahren.
Das Landemodul hatte keine weiteren aktiven Aufgaben mehr zu erfüllen. Es wurde noch für Navigationstest verwendet und vom Fahrzeug nach der ersten Etappe nochmal angefahren und optisch inspiziert. Daher verfügte es auch nicht über langfristige Energieversorgungs- bzw. Thermoregelungssysteme.
Bei der Chang’e-3 Mission beinhaltet die Landeeinheit wissenschaftliche Experimente/Vorrichtungen mit kurz- und mittelfristiger Missions-/Funktionsdauer und auch über entsprechende Energie-/Thermosysteme sowie ein Kamerasystem für erste Statusbilder der Umgebung und vom Fahrzeug. Daher konnten auch die ersten Aktionen des Yutu Rovers live auf der Erde verfolgt werden.

Dadurch gibt es z.B auch viele Bilder und Filme vom Yutu-Rover. Weiterhin gibt es bei Chang’e-3 zusätzliche Nahbereichskommunikationsoption Rover-Lander etc.

Bei der Mission Luna 17 wurde die der Landung folgende Missionskommunikation vom Fahrzeug weitestgehend autonom durchgeführt. Weiterhin sind von Luna 17 u.a. Panoramaufnahmen des Landemoduls verfügbar. Vom Lunochod selbst sind in den Randbereichen der Panoramabilder mehrere Fahrzeugdetails erkennbar bzw. die Fahrzeugschatten für die Umrisskonturen einzelner Systeme.
Damit war/ist die Medienwirksamkeit dieser Bilder natürlich nicht so hoch wie bei der jüngsten Mondmission.

dksk

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Re: Lunochod – Technik/Vergleiche/Referenzierungen
« Antwort #99 am: 12. Juni 2014, 07:22:20 »
Noch ein paar Referenzinfos:

Die Luna 17 Mission basierte auf dem Grundprojekt Luna  E-8, welches durch seinen modularen Aufbau noch weitere Missionsszenarien ermöglichte.
Hier mal zur Übersicht die Hauptvarianten nach Nutzlast/Verwendung in Startkonfiguration dargestellt.

 

Ich habe noch eine Matrix für die 3 Hauptkonzepte E-8 skizziert.



Entsprechend dem modularen Aufbau konnten Landungs- und Probenrückführungs- sowie Mondsatelliten-Missionen realisiert werden.
Bei den Mondsatelliten kamen z.B. Lunochod-Grundkörper, Solarzellendeckel, Messgeräte etc.in Kombination mit dem Modulblock auch zum Einsatz. Damit konnte aus dem Grundprojekt ein hoher Nutzen gewonnen werden.
Mondsatellitenmissionen auf E-8 Basis wurden mit Luna 19 und Luna 22 erfolgreich durchgeführt.
Eine Besonderheit bestand bei diesen Missionen in der Anforderung langfristig Bahn(erhaltungs)änderungen durchführen zu können.
Der Mond hat großräumige Bereiche mit erhöhter Massekonzentration. Diese führen u.a. zu Bahnbeeinflussungen bei Mondsatelliten. Ohne eine aktive Bahnkorrektur durch den Satelliten  würde dies in kurzer Zeit zu starken Bahnstörungen führen. Die Lebensdauer wäre damit auch nur kurz.

http://de.wikipedia.org/wiki/Mascon

Dafür konnte das Hautptriebwerkssystem KTDU 417 auf diese Anwendung hin umkonfiguriert werden. Bei den Landemissionen wurde das Triebwerk 6 mal gezündet. Dabei waren 3 Zündungen erforderlich um in einen Mondorbit einzutreten (1. und 2. Bahnkorrektur und 1. Bremszündung Mondorbit)  Die Grundauslegung von 11 maliger Zündbarkeit des KTDU 417 war hier die Grundlage für die zusätzliche lange Einsatzdauer der E-8 basierenden Mondsatelliten.

Durch die langfristigen Bahnkorrekturen war es auch möglich die „Mascon“ Massekonzentrationen gezielt zu erforschen und u.a. die Oberfläche auf einer gleichmäßigen Basis zu untersuchen/kartografieren. Damit konnte bei Luna 19 eine Missionsdauer von über einem Jahr und bei der Nachfolgemission Luna 22 noch eine Steigerung auf 1 ½ Jahre erzielt werden. Soweit ich das überblicke, hat LRO Anfang 2011 diese bis dahin längste Missionsdauer für Mondsatelliten übertroffen.

Hier noch ein Vergleichsbild von Luna 19.



Bildquelle:
http://nssdc.gsfc.nasa.gov/nmc/spacecraftDisplay.do?id=1974-037A

dksk