Lunochod – Technik/Vergleiche/Referenzierungen

  • 153 Antworten
  • 88512 Aufrufe

Offline dksk

  • *****
  • 744
Re: Lunochod – Technik/Vergleiche/Referenzierungen
« Antwort #50 am: 25. Februar 2014, 21:52:05 »
Die Navigation auf dem Mond basierte auf mehreren Ebenen. Einmal die „Grobnavigation“ in Bezug auf die aktuelle Position auf dem Mond und den anzufahrenden Ziel(gebieten). Dazu standen Mittel der Funkmessung/Telemetrie und die Gesamtheit von vielfältigen Sensordaten zur Verfügung.
Zum Anderen war die Nahbereichsnavigation für die dynamische mobile Missionsführung wichtig.
Grundlage dafür waren zum einen die visuellen Daten auf dem „Fahrbildschirm“, die von der Hauptfahrkamera übermittelt wurden.
Das System war aber weit entfernt von dem was man heute unter „Liveübertragung“ versteht. Die Kameras konnten Bilder in unterschiedliche Auflösung und Wiederholrate übertragen. Mit wenig Pixeln alle 3,2 sec. und mit maximaler Pixelanzahl alle 21,1 sec.

Das Arbeiten mit dieser visuellen Information war sehr anstrengend und ermüdend und entsprach eher einer Standbildkamera mit Update.
Wer Veranstaltungen mit niedrigfrequenter stroposkopischer Ausleuchtung kennt, weiß wie das stressen kann, da das Gehirn kein laufendes Bild verarbeitet, sondern die Informationen immer wieder komplett neu aufnimmt. Eine Foto-Slideshow kommt dem auch sehr nahe.
Mit der Signalübertragungs- Reaktionszeit und Bildaufbauzeit kam hier eine nicht zu unterschätzende Gesamtzeitdauer zusammen, in der ein „blindes“ Agieren des Fahrzeuges vorkam.
Ergänzt wurden diese visuellen Daten in einer Art „statischer Missionsführung“ von der „Nebenkamera“, die auch als Ersatz der Hauptfahrkamera vorgesehen war und zur besseren Orientierung Vergleichsbilder aus einer zur Fahrzeugmittenachse seitlich verschobenen Position lieferte. Damit waren quasi optische Stereoauswertungen mit besserer Informationsdichte und der Möglichkeit Entfernungen realistischer einzuschätzen möglich.

Die 4 Panoramakameras ergänzten dieses System, wobei deren Bilder in einer weiteren zeitlichen Verzögerung zur Verfügung standen. Im Gegensatz zu den beiden Kameras im vorderen Bereich des Fahrzeuges wurden deren Bilder nicht auf einem Bildschirm angezeigt, sondern mußten erst mal ausgedruckt werden.
Die Zeilendrucker hatten viel zu tun.



Bild Lagebesprechung mit ausgedrucktem Panoramabild.



Aus den Erfahrungen mit Lunochod 1 wurde bei Lunochod 2 eine 3. Fahrkamera in erhöhter Position angebracht, um die Übersichtlichkeit zu verbessern



Ergänzt wurde das visuell/telemetrische System noch mit Informationen eines Kurs-Gyroskopsystems und eines Wegmessrades (Odometer).
Die dynamische Missionsführung/Fahrbetrieb wurden auch aus energetischer Sicht bewertet, um einen möglichst energieoptimalen Fahrbetrieb zu erzielen.
Im Hauptfahrprogramm wurden 4 Räder des Fahrwerks angetrieben. Ein gewisser Schlupf war hier normal und zum Ausgleich der starren Radrichtungsführung durchaus sinnvoll.
Wurde der zulässige Schlupf überschritten so konnten halbautomatisch die restlichen 4 Räder in den aktiven Antriebsmodus geschaltet werden.
Dazu wurde die Umfangs/Umdrehungsdifferenz der Fahrzeugräder und des Odometers verglichen und bei Überschreitung des max. Schlupfes die „Allradschaltung“ aktiviert.
Da das Fahrwerk vom Konstruktionsbüro ВНИИ-100 entworfen wurde, welches u.a. die Grundlagen des 8*8 Fahrwerk des BTR 60 schuf, war diese 4 und 4 Aufteilung der angetriebenen Räder keine Überraschung.
Beim BTR 60 ist die Antriebsformel geteilt, wobei hier 2 Motoren im Heck des Fahrzeuges jeweils 2 der 4 Achsen über ein Verteilergetriebe antreiben. Bei geringem Schlupf (Straßenfahrt) wird nur 1 Motor genutzt und bei großem Schlupf (Geländefahrt) der Allradantrieb (4 Achsen je 2 Räder) durch Zuschaltung des 2. Motors umgesetzt.



dksk

Offline dksk

  • *****
  • 744
Re: Lunochod – Technik/Vergleiche/Referenzierungen
« Antwort #51 am: 25. Februar 2014, 21:55:30 »
Das Gyroskopsystem wurde in Zusammenarbeit der Entwicklungs- und Produnktionsvereinigung Zenki und Mettalist ( ФГУП «ЦЭНКИ / Завод Металлист) erstellt.
Es werden 2 Gyroskopsysteme für die Luna 17 Mission beschrieben.
Gyroskop KI 21-9 und KI 22-40B (КИ 21–9 / КИ22-40Б). Die Zuweisung Rakete,Lander bzw. Lunochod ist mir mit den Quellen aber nicht gelungen. Es gibt Hinweise, daß diese für die Fluggeräte zum Mond, also Rakete und Landestufe eingesetzt wurden. Es wird aber das Wort Lunochod/ Луноход auch mit angebeben.
 Hier ein Bild mit der allgemeinen Produktübersicht.



Zum System КИ 21–9 habe ich noch eine Abbildung auf einer Medaille mit einer (R 16?) Rakete gefunden. Daher ist dieses wohl eher für Flug/Abstiegsbahnen in Anwendung.


Zumindest sind das dann Referenzierungen vom Lunochod auf die kosmischen Transporter.
Wenn die vorbeschriebenen Gyroskopsysteme nur in Rakete und Lander zum Einsatz kamen, könnte aus der Logik der Übernahme bewährter Systeme durch das Konstruktionsbüro ВНИИ-100 auch ein „Kreiselkursgerät“ ähnlich dem BTR 60 und vergleichbarer Landfahrzeuge zum Einsatz gekommen sein. Hierzu zählen die TNA 1 bis 4 oder GPK 59 Geräte. Dabei wird beim GPK in den Fahrzeugen auch nur ein Skalenwert angezeigt, der vom Insassen in Stressituationen als Minimalinformation abgelesen werden kann. Bei den TNA Geräten war eine Dokumentation der gefahrenen Strecke auf einem mit der zugehörigen Geländekarte bestückten Kurstisch durch einen mechanisch betriebenen Zeichenstift möglich.
Das stellt quasi eine Onlinedokumentation der Fahrstrecke dar.
Ein Dokumentationsverfahren des Lunochod-Kurses mit einem vergleichbaren System halte ich für sehr wahrscheinlich.
Die Ausgabeinstumente auf dem Bild im linken Bereich als sind als Analogzeigergeräte ausgeführt.
Das wirkt zwar sehr grob und einfach – man muß aber beachten, daß die Dateninhalte, die für diese laufenden Angeben übertragen wurden auch entsprechend reduziert waren.



Die Informationen in Bezug auf Kurs und Winkel waren für Antennenoperator ebenso wichtige Informationen, da dieser mit einem Kompensationssystem die Antenne relativ zur Fahrzeugbewegung halbautomatisch stabilisieren musste.
Ich hab mal versucht die Beschriftungen zuzuordnen.



Auf dem Bildschirm sind mehrere Bezugslinien dargestellt. Das Dreieck stellt wahrscheinlich den projezierten Fahrspurbreitenverlauf ohne Lenkkorrektur dar. Auf dieser Projektion sind dann entsprechende Abstandsmarkierungen aufgesetzt. Damit war eine relativ zuverlässige Einschätzung möglich, ob das Fahrzeug an einem Zielpunkt ankommen wird oder vorbeifährt – einschließlich der gewünschten Korrekturen.
 
Quellen:
http://www.astronaut.ru/luna/crew.htm
http://www.ihst.ru/~akm/21t33.pdf
http://www.kik-sssr.ru/10.7.3_Pressa_1_Lunohod.htm
http://alternathistory.org.ua/bazovyi-gruzovik-dlya-rkka-0
http://www.tsenki.com/about/branch/niipm/history/
http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Lunokhod_control_panel_1.jpg
http://epizodsspace.no-ip.org/bibl/sovetskoe-foto/1971/4/lunohod.html
http://www.telesputnik.ru/archive/15/article/66.html

Nachdem das Fahrzeug auf dem Mond aktiv betrieben und bewegt werden kann, kommt die wissenschaftliche Ausrüstung zum Einsatz -- demnächst.

dksk

McFire

  • Gast
Re: Lunochod – Technik/Vergleiche/Referenzierungen
« Antwort #52 am: 25. Februar 2014, 22:51:22 »
Winzig kleine Korrektur - es heißt Krängung  :)

Ansonsten : Der blanke Wahnsinn, was hier im Thread an Info zusammengetragen ist und was man damals aus der Technik herausgeholt hat !

jakda

  • Gast
Re: Lunochod – Technik/Vergleiche/Referenzierungen
« Antwort #53 am: 26. Februar 2014, 07:38:12 »
Ein dickes Lob an dksk, dessen populär-wissenschaftliche Beschreibung sehr gelungen ist...

... meint jakda

Re: Lunochod – Technik/Vergleiche/Referenzierungen
« Antwort #54 am: 26. Februar 2014, 10:13:57 »
Ein dickes Lob an dksk, dessen populär-wissenschaftliche Beschreibung sehr gelungen ist...

... meint jakda

Absolut richtig.  :D
„Die Erde ist die Wiege der Menschheit, aber der Mensch kann nicht ewig in der Wiege bleiben. Das Sonnensystem wird unser Kindergarten.“ K. E. Ziolkowski

-

Stolzer Träger einer Raumconverwarnung wegen Schreibens unbequemer Wahrheiten.

*

Offline fion1

  • ****
  • 305
Re: Lunochod – Technik/Vergleiche/Referenzierungen
« Antwort #55 am: 26. Februar 2014, 11:12:06 »
Vielen Dank dksk! Ich habe deine Beiträge sehr interessiert verfolgt.  :)

Offline dksk

  • *****
  • 744
Re: Lunochod – Technik/Vergleiche/Referenzierungen
« Antwort #56 am: 27. Februar 2014, 10:32:21 »
Danke für die freundlichen Kommentare!

Und weiter geht es mit der wissenschaftlichen Ausrüstung.
In den bisherigen Ausführung wurde diese schon in Teilen dargestellt – z.B. Kamerasystem und Laserretroreflektor. Zum Laserretroreflektor hier noch ein paar Ergänzungen und Gedanken.
Aus meiner Sicht ist es auch im Rückblick bemerkenswert, daß auf den Lunochods je ein Experiment bzw. technische Ausrüstung aus Frankreich installiert war, welche in Folge auch international von Boden-Laserstationen genutzt wurden.
Bedenkt man, daß zum Ende der 1960er Jahre (kalter Krieg auf Hochphase) eine „deutliche Konkurrenz“ der Raumfahrtgroßmächte vorhanden war, und hier der Zeitraum der finalen bemannten Mondlandungsphase unmittelbar bevor stand, so ist die Zusammenarbeit von Frankreich und der Sowjetunion ein herausragendes wissenschaftlich/gesellschaftspolitisches Ereignis. (Ich hatte zur späteren französisch/sowjetischen Zusammenarbeit in der bemannten Raumfahrt ja auch schon einige Aspekte beim Thema Jean-Loup Chrétien beschrieben.)
Bei der Zusammenarbeit im Lunochod-Projekt mußten aber nicht nur die gesellschaftspolitischen Randbedingungen/Unterschiede beachtet und überwunden werden. Auch die Denk- und Arbeitsweisen der Teams und deren Auftraggeber/Regierungen waren auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen.
Vor Kurzem wurde im Forum an anderer Stelle ja über die Thematik „west- mittel- osteuropäische“ Mentalität/Denkweise diskutiert. Das zeigt ja, daß solche Themen auch aus heutiger Sicht anhand ihrer Präsenz nachvollziehbar sind.
Es gab und gibt aber auch viele Gemeinsamkeiten, die Grundlage für eine ordentliche Zusammenarbeit und ein Auskommen auf einer gemeinsamen Basis darstellen.
Hier fallen mir z.B. sprachliche oder grammati(kali)sche Ähnlichkeiten ein, die im wahrsten Sinne des Wortes das Verständnis fördern. Wenn es z.B. Vorbehalte gegenüber der russischen Sprache, aber nicht gegenüber der französischen Sprache gibt, ist hier doch schon der halbe Weg beschritten, da hier schon durchaus Gemeinsamkeiten erkennbar sein können.
 Wer den Subjonctif vom Conditionnel sicher unterscheiden und anwenden kann, den kann doch Nichts mehr aus der Ruhe bringen – auch nicht 6 Fälle im Russischen.
Nun zu den Gemeinsamkeiten der Sprachen:
Ähnlich wie im Französischen, wo die Akzentzeichen eine Rolle spielen, gibt es auch im Russischen Aussprachezeichen.

Der Akut (accent aigu) und der Gravis (accent grave) sind ja neben circonflexe und dem Trema gleich am Anfang zu lernen.

Beim Akut und Gravis fallen mir im Russischen gleich mal мягкий знак  - mjachki snak „Weichheitszeichen“ und твёрдый знак – tvjordyi snak „hartes Zeichen „ ein.

Die Gemeinsamkeiten der Sprachen könnte man noch mit:
unsere – notre - наше (nasche)
eure – votre – ваше (vasche) etc. weiterführen – aber damit auch gut.

Gelegentlich kommt es ja gut an, ein Zitat einer bekannten Persönlichkeit in ein Thema hineinzuwerfen.
Folgendes Zitat wird Sergei Pawlowitsch Koroljow zugeschrieben:
„Луна твёрдая!“ (Luna tvjordaja) „Der Mond ist fest“

Diesen Satz kann man mit den vorbeschriebenen Anfangskenntnissen der russischen Sprache leicht erschließen.

Luna – sollte klar sein. Твёрдая (tvjordaja) hat im Wortstamm тверд(о) (tvjord) – hart,fest, was aus dem твёрдый знак (HARTES Zeichen) dann (siehe Text oben) bekannt ist.
Wenn nun noch die Endung auf das Luna – „a“ angepaßt wird, stimmt auch die Grammatik.
Also –Übersetzung ist klar- oder?
Zum Sergei Pawlowitsch Zitat gibt es im Netz Hinweise auf ein weiteres wichtiges Schriftstück, welches auf einer Beratung am 28.10.64 das Zögern in der finalen Auslegung der Landemissionen beendete, indem ihm eine entsprechende Entscheidung und Bedingungsdefinition zugeschrieben wird.
Die schriftliche Formulierung auf dem Bild ist etwas ausführlicher und schließt das LK Projekt ein.



http://astronaut.ru/bookcase/books/filin/filin.htm

dksk

Offline dksk

  • *****
  • 744
Re: Lunochod – Technik/Vergleiche/Referenzierungen
« Antwort #57 am: 04. März 2014, 21:03:43 »
------ Beschreibung der wissenschaftlichen Ausrüstung --------

Nachdem für die Sowjetunion Luna 9 eine „weiche Landung“ vollzogen hatte und es die ersten vor Ort Infos gab, galt es diese zu detaillieren. Die erschwerten Bedingungen der "komplizierten Umwelt auf der Mondoberfläche" (Formulierungsübernahme aus der Chang’e-3 Yutu Problemthematik) wurden auf sowjetischer Seite mit der Luna 9 Mission bereits erkannt.
Für die weiteren Missionen, die gegenüber Luna 9 deutlich komplexer geplant waren, bzw. um die Sicherheit bemannter Landungen zu optimieren, war das Fahrzeug auf ein anspruchsvolles Forschungsprogramm hin ausgelegt.
Die wissenschaftliche Zielstellung der Mission kann in 2 Hauptbereiche unterteilt werden.
(Planungsbasis des Zeitraumes 1964/65)

1.    Grundlagenerkenntnisse für weitere Missionen  - auch im Zusammenhang mit der bemannten Landung.
Dabei steht die mechanische Beschaffenheit und Tragfähigkeit der oberen Schichten des Bodens – aber auch die Erprobung des Fahrzeug/Transportsystems durch ferngesteuerte Missionsführung und telemetrische + visuelle Datenerfassung unter den vor Ort herrschenden Bedingungen im Vordergrund.
Ergänzt wurde diese Thema von Untersuchungen zur Strahlenbelastung und direkter Umweltbedingungen an der Oberfläche.

2.    Weiterführende Forschung zur Erlangung von Detailerkenntnissen zum Verständnis des Aufbaus des Mondes (Entstehung, Struktur) und damit auch Basis für weitere Rückschlüsse zum Aufbau und Entstehung des Universums, bis hin zu perspektivischen Aspekten für ein Langfristprogramm (permanente Station, chemische Elemente, Rohstoffnutzung etc.).

Die vor Ort Erforschung eines extraterrestrischen Körpers war von außerordentlicher Wichtigkeit – auch um bestehende Theorien und Ergebnisse zu überprüfen und anzupassen.
Durch die Mobilität des Fahrzeuges war es möglich örtliche Veränderungen und Abhängigkeiten zu erkennen. Dazu wurden gezielt auch Bereiche mit unterschiedlicher Oberflächenformation angefahren (Ebenen, Bruchstellen, Verwerfungen, Kraterbereiche etc.)
Die televisuelle Bewertung war Grundlage für eine situative Anpassung der Missionsroute.
Zur Bewertung konnten Fachspezialisten (Geologen etc.) hinzugezogen werden.

Um die vielschichtigen Forschungsergebnisse dieser breit angelegten Zielstellung zu gewinnen, waren folgende Komponenten am Lunochod installiert. 

(Als Referenz für die Instrumentenzuweisung habe ich „große sowjetische Enzyklopädie“ herangezogen – siehe Link)
http://dic.academic.ru/dic.nsf/bse/104875/%D0%9B%D1%83%D0%BD%D0%BD%D1%8B%D0%B9
 
Zur Übersichtlichkeit hier erst mal eine Benennungszuweisung der Hauptgeräte:
(Hier möchte ich noch feststellen, dass kein Fahrzeugexponat der Bildgrundlagen die jeweilig vollständig detaillierte Instrumentierung zeigt, sodaß meist Bilder mehrere Fahrzeuge für die Gesamtdarstellung nötig sind. Teilweise sind sogar Baugruppen und Teile falsch angebaut.)



Nun zu den Einzelbeschreibungen:

--- Penetrometer und Odometer PrOP ---

Entwicklungslieferant war das Institut „Kemurdzhian“.
Beide Geräte sind in einer gemeinsamen Funktionsbaugruppe zusammengefaßt.
Dies beinhaltet eine gemeinsame Antriebseinheit und eine Funktionsverbindung bei der Inbetriebnahme nach der Anlandung auf dem Mond.

---- Odometer ----  ist ein Messrad zur Ermittlung einer zurückgelegten Strecke durch Abrollung des selbigen und Bezugsmessung des Umfangsanteils (den meisten Mitbürgern als quasi Kilometerzähler bekannt). Es ist mittig am hinteren Ende des Lunochod angebracht und läuft, nur durch das Fahrzeug gezogen, nach.
Hier ein Bild, das die Spur des 9. Rades in der Mitte sehr gut zeigt.



Mittels Odometer konnte primär die zurückgelegte Strecke ermittelt werden. Daraus waren Rückschlüsse über den Vortriebsschlupf und die entsprechende Bodenbeschaffenheit in unterschiedlichen Gegenden möglich (Vergleich mit den entsprechenden Daten der Antriebs und Mitlaufräder bei 4*8 oder 8*8 Betrieb).
Da eine genaue Positionszuweisung möglich war, konnten die Ergebnisse der anderen wissenschaftlichen Geräte entsprechend genau den überfahrenen Bereichen zugeordnet werden.
Weiterhin konnte zur „Feinnavigation“ eine genau definierte Strecke zurückgelegt werden. Beispielsweise zur Erstellung von Vergleichsbildern aus verschiedenen Ansichten mit gewünschtem Positionsabstand.



Das Odometer bestand aus einem Hauptrad mit Zählwerk, welches mit einem Hebe/Senkmechanismus (wie Scherenwagenheber) und einer Radlaufgabel mit Dreh-Andruckfeder an der Gabelschulter kombiniert war. Durch die Feder wurde das Rad in Arbeitsstellung kontinuierlich auf den Boden gedrückt.
Für bestimmte Missionsphasen war es sinnvoll das Rad anzuheben und damit aus dem Bodeneingriff zu nehmen.
Beispiele: Transport und Anlandung, starke Drehung (auf der Stelle) des Fahrzeuges (erhöhte Seitenkräfte bei gleichzeitig geringem Vortrieb) und bei Navigation in Extremsituationen oder beim Rückwärtsfahren (unbekanntes Gebiet, da hinten keine Fahrkamera).
Der maximale Freigang des Odometers zum Boden betrug ca. 63°.
Dies war für ausreichende Manöverfreiheit beim Herabfahren vom Landegestell nötig, falls dieses in rückwärtiger Richtung nötig gewesen wäre (vordere Rampe blockiert oder Bodenformation ungeeignet). Das Bild verdeutlicht auch die Logik, dass der Deckel beim Herunterfahren von der Rampe geschlossen war (siehe auch Steuer und Regelkomplex – Themen vorher).
Daher zeigte das erste Panorama, was zur Erde gesendet wurde die Rampenenden und Bodenanschlüsse vorne und hinten – damit konnte dann entschieden werden wo es lang geht.
An der Vorderseite stand die Fahrkamera ebenfalls zur Bewertung zur Verfügung – hinten nur Panoramakamera.



Den Wert für die  33° Rampenneigung habe ich aus mehreren Bildern händisch ermessen.
Wenn die 33° von den 63° abgezogen werden, bleiben noch 30° zum ebenen Boden übrig. Darin finden dann dann noch Unebenheiten, Steine etc. Platz, sodaß eine sichere Anfahrt möglich ist.



dksk

Offline dksk

  • *****
  • 744
Re: Lunochod – Technik/Vergleiche/Referenzierungen
« Antwort #58 am: 04. März 2014, 21:09:06 »
Das Odometer hatte insgesamt 3 Funktionsstellungen.

-Transportstellung (Radlaufgabel oben – Feder nicht freigegeben)
-Bereitschaftsstellung (Gabelführung mit Rad durch Feder ausgeklappt und Scherenhebel 
 Oben + Rad noch über dem Boden)
-Arbeitsstellung (Gabelführung ausgeklappt und Scherenhebel runter gefahren + Rad im  Bodenkontakt)

Hier kann man die Arbeitsstellung sowie teilweise Innereien des Kombigetriebes Odometer/Penetrometer erkennen.
Die Einbaulage am Fahrzeug ist natürlich 180° gedreht.

Bild --- Odometer und Penetrometer-------- teilaufgeschnittene Getriebe-Verteilung



Der Hebe/Senkmechanismus des Odometers war mit der entsprechenden Funktionsvorrichtung des Penetrometers kombiniert. Dadurch konnten 2 Funktionen mit geringerem Gesamtaufwand bei einem Verteilantrieb realisiert werden (Gewichtsvorteil)



Neben der Antriebseinheit waren beide Geräte noch durch eine logische Inbetriebnahmefunktion verbunden.
Nach der Anlandung des Lunochod und dem Herunterfahren von der Landeeinheit wird das Fahrzeug in die erste Inbetriebnahmephase gebracht. Dabei werden die ersten Messwerte und Daten im Stand ermittelt und übertragen, bevor die erste „Forschungsfahrt“ beginnt.
Dazu ist das Penetrometer (Beschreibung folgt) noch vor dem Odometer zum ersten Mal in Betrieb zu setzen (das Odometer wird für die Fahrt von der Landeeinheit noch nicht gebraucht und ist in Transportstellung).
Die Transportstellung des Odometers wird durch einen Querstab (mit Federvorspannung zum Öffnen) verriegelt, welcher zwischen den Scherenhebeln durchführt ist und den Schwenkmechanismus der Gabelführung blockiert.
Damit der Querstab sich durch die Federvorspannung nicht nach links schiebt, wird dieser Stab durch einen Scherenhebel des Penetrometers seinerseits blockiert. (Montagereihenfolge und Einfahren des Scherensystems vor dem Start in entgegengesetzer Reihenfolge)
Der Senkmechanismus des Penetrometers (linker Scherenantrieb) wird in der Inbetriebnahmephase auf dem Mond das erste mal nach unten verfahren. Dabei bewegen sich die Scherenhebel und geben den Querstab frei, der unter Federvorspannung nach links schnellt und die Gabelführung des Odometers (rechts) freigibt. Diese schwenkt ebenfalls federgespannt nach unten und bringt das Rad in die Bereitschaftsstellung über den Boden (noch kein Kontakt).



Natürlich wurde die Funktionstüchtigkeit des Odometers auf einem Prüfstand getestet.



Quellen:
http://venividi.ru/node/5658
http://epizodsspace.no-ip.org/bibl/znan/1977/2-luna.html
http://epizodsspace.no-ip.org/bibl/cherkasov/grunt-luny/cherkasov-grunt-1975.pdf
http://www.enlight.ru/ib/tech/vtm/part2.htm
http://habrahabr.ru/post/187286/

dksk

Offline dksk

  • *****
  • 744
Re: Lunochod – Technik/Vergleiche/Referenzierungen
« Antwort #59 am: 04. März 2014, 21:13:36 »
------------------Fortsetzung Penetrometer ---------------------------

Penetrometer – Vorrichtung zur Messung der mechanischen Hauptkriterien des Bodens.
http://de.wikipedia.org/wiki/Penetrometer



Das Penetrometer ist hinten am Fahrzeug neben dem Odometer angebracht.
Es besteht aus einem Hebe/Senkmechanismus und einem Arbeitskopf (Penetrometerspitze) mit Mechanik und Sensoren. Es kann angehoben in Transport/Bereitschaftsstellung und abgesenkt, in die Arbeitsstellung, verfahren werden.
Innerhalb der Fahrtzyklen wurde alle 15 bis 30 Meter die Penetrometerspitze in den Boden gedrückt und anschließend gedreht. Somit konnte die Widerstandskraft des Mondbodens gegenüber Kompression und Scherung ermittelt werden.





Das Diagramm zeigt die auf den Arbeitskopf wirkende Kraft (daN) in Bezug zur Eindringtiefe (mm)
Die Graphen entsprechend den Ziffern bedeuten:
1 auf waagerechten Abschnitten
2 auf ringförmigen Kraterwällen
3 auf Kraterabhängen
4 auf mit kleinen Steinen bestreuten Flächen

In Auswertung der Messreihen ergab sich folgende statistische Tragfähigkeitsverteilung:



Messreihe von Lunochod 1.
Wichtig war auch die „Lockerheit“ der oberen Schicht zu bestimmen, da für spätere Missionen eine Wechselwirkungs- und Staubemissionsabschätzung für die Auslegung und Ausführung eines sicheren Rückstartgerätes wichtig war.
Dazu wurden neben den direkten Messergebnissen, die beim Einsatz des Penetrometers gewonnen wurden, auch 2 indirekte Messverfahren angewandt.
Zum Einen wurden die Ausformung der Fahrspuren der Antriebsräder und des Odometers in Referenz zum jeweiligen Bodenabschnitt optisch bewertet, und zum Anderen die Traktionsparameter der Antriebsräder in Referenz zum Odometer.
 
Quellen:
http://web.archive.org/web/20090621014815/http://www.flug-revue.rotor.com/FRHeft7X/FRHeft74/FRH7410/FR7410c.htm
http://epizodsspace.no-ip.org/bibl/osvoen-kosm-pr-sssr/1971/04.html
http://www.litmir.net/br/?b=115876&p=12

dksk

McFire

  • Gast
Re: Lunochod – Technik/Vergleiche/Referenzierungen
« Antwort #60 am: 04. März 2014, 22:14:27 »
Was hätte daraus und damit alles werden können.....

Offline dksk

  • *****
  • 744
Re: Lunochod – Technik/Vergleiche/Referenzierungen
« Antwort #61 am: 12. März 2014, 20:41:28 »
Weiter geht es mit den wissenschaftlichen Geräten, die übrigens  von der Lunochod 1 zur Lunochod 2 – Mission hin modifiziert, verbessert und auch weiter ergänzt wurden.

Quellensammlung für die Ausführungen:

http://web.archive.org/web/20090621014815/http://www.flug-revue.rotor.com/FRHeft7X/FRHeft74/FRH7410/FR7410c.htm
http://www.raumfahrtkalender.de/thema-des-monats/januar-1973
http://dic.academic.ru/dic.nsf/enc_physics/2472/%D0%A0%D0%95%D0%9D%D0%A2%D0%93%D0%95%D0%9D%D0%9E%D0%92%D0%A1%D0%9A%D0%98%D0%99
http://refdb.ru/look/1200250-pall.html
http://stp.cosmos.ru/uploads/media/Lunokhod_talk_Microrover_workshop.pdf
http://nauka.relis.ru/05/9804/05804059.htm
http://epizodsspace.no-ip.org/bibl/znan/1978/02/2-him-lun-gr.html
 
- - - - - - - - - - RIFMA  Röntgenfluoreszenz-Spektrometer - - - - - - - - -

Entwicklungslieferant war das Institut „Kocharov“.
RIFMA war am vorderen Bereich des Fahrzeuges mittig in ca. 30 cm Höhe installiert.
Hauptbestandteile sind die Hauptgerätebox und zwei seitlich angeordnete Platten.
Es besteht aus einer Isotopenquelle , die den untersuchten Bereich des Bodens bestrahlt und dadurch induzierte Röntgenemission von Atomen der verschiedenen Elemente der Mondoberfläche hervorruft. Diese werden im Detektorblock empfangen.



1 – панели с радиоактивными источниками;    ----  radioaktive Strahlenquellen;
2 – исследуемый грунт; -----  untersuchter Boden
3 – блок детекторов флуоресцентного излучения  ----  Block mit  Fluoreszenzstrahlungsdetektoren

Der Strahlenempfängerblock ist ein System von speziell entwickelten Proportionalzählern mit (Stoff)charakteristischen Filtern. Die Informationen auf dem Energiespektrum und die Intensität der Röntgenstrahlen werden durch einen Analysator (64-Kanal-Amplitude) aufgezeichnet.



Darstellung der Proportionalzähler des RIFMA Systems



Das RIFMA hatte die Aufgabe, die charakteristischen chemischen Hauptelemente an der Oberfläche der verschiedenen Mondgebiete zu ermitteln.
An einigen Stellen wurden vom Lunochod spezielle Fahrmanöver (Radpaare als Bodenfräse) durchgeführt um die Bodenschicht bis in eine Tiefe von ca. 10 cm freizulegen. Diese Stellen wurden mit dem RIFMA System dann ebenfalls analysiert.

Hier eine Zusammenstellung von Forschungsergebnissen:
ftp://ftp.lpi.usra.edu/pub/outgoing/lpsc2009/full802.pdf

Basierend auf den Ergebnissen der RIFMA – Analysen gab es Überlegungen eine indirekte erdgebundene optische Oberflächenanalyse (die deutlich weniger Aufwand bedeutete) zu erproben.
Es wurde von der Erde aus mit leistungsstarken Teleskopen die Oberfläche des Kraters Le Monnier (Landegebiet Lunochod 2) fotografiert. Die mit den Aufnahmen bestimmte Helligkeit der Mondgebiete entlang der Fahrstrecke des Mondmobils und ihre vermeintliche chemische Zusammensetzung wurden mit den vor Ort ermittelten  RIFMA – Werten verglichen.

Dabei stellte sich ein sehr hoher Übereinstimmungsgrad heraus, welcher die Basis der nachfolgend in diesem Bereich intensivierten erdgebundenen Mondbeobachtung- und Analyse bildete.

- - - - - - Radiation Detektor RV-2N - - - - - - -

Entwicklungslieferant war das Institut „Chuchkov“.
Das Radiometer RW-2N untersuchte die kosmische Teilchenstrahlung der Sonne (Protonen– und Alphastrahlung) und der Galaxis mittels Halbleiter-Detektoren und Zählrohren.
Dabei standen die Ermittlung der Werte der Grundstrahlung sowie lokale Unterschiede im Vordergrund. Diese Daten stellten auch die Basis für die Planung nachfolgender bemannter Missionen dar.
 
- - - - - - -Astrophotometer AF-3L- - - - - - -  (nur bei Lunochod 2)

Entwicklungslieferant war das Institut „Zvereva“.
Mit dem Astrophotometer wurden verschiedene Messungen im Bereich des sichtbaren Lichts und ultravioletter Strahlung vorgenommen.
Als Strahlungsempfänger dienten fotoelektrische Vervielfacher (Sekundärelektronenvervielfacher).
Es ist mit einer drehbaren Filterplatte ausgestattet, mit der man die empfangene Strahlungsintensität nach künstlich vorgeeichten Lichtquellen bestimmen kann.
Mit dem Photometer wurde jeweils 12 Aufnahmen erstellt, von denen 9 am MONDTAG, 1 in der MONDNACHT, und 2 in der Monddämmerung gemacht wurden. Aufgrund der Helligkeitsunterschiede wurde eine Art „Streulicht“ erkannt, welches damals schon mit einer Mondstaubschwebetheorie erklärt wurde.
 
- - - - - - - Laser/Photodetektor Rubin 1- - - - - (nur bei Lunochod 2)-

Das Rubin 1 System diente zum Detektieren eines von der Erde gezielt gesendeten Laserstrahls, zur genauen Ermittlung der Fahrzeugposition.
Zu diesem Zweck richteten man ein Teleskop auf den Südostteil des Kraters Le Monnier (Landegebiet Lunochod 2). Danach wurden nacheinander Rubin-Laserimpulse in einer das Zielgebiet überdeckenden spiralförmigen Projektionsbahn ausgesendet. Gleichzeitig mit dem Senden des jeweiligen Laserimpulses wurde dessen Abstrahlrichtung/Zielmarke gemessen und ein zugehöriges Zielfoto des Kratergebietes gemacht. Traf ein Laserimpuls den Rubin1 Detektor, so wurde ein elektrisches Signal erzeugt und zur Erde gesendet.
Nach Kompensation der Zeitdifferenz/Signallaufzeit konnte dieses Signal einer Abstrahlrichtung/Zielmarke zugewiesen  – und somit die Position des Fahrzeuges relativ genau ermittelt werden.
 
 
-          - - - - - - -  Magnetometer SG 70 A – - - - - - - -  (nur bei Lunochod 2)

Entwicklungslieferant war das Institut „Dolginov“.
Das Magnetometer war an einem 1,5 m langen Ausleger am Fahrzeug befestigt, der erst nach der Anlandung aus der Transportstellung seitlich vor den Lunochod geklappt wurde.
Die Daten des Magnetometers wurden sowohl im Stand als auch während der Fahrt ermittelt. Damit konnte festgestellt werden, wie sich die magnetischen Eigenschaften des Mondbodens entlang der Fahrstrecke verändern.
 
-- - - - - - - - - - -    -RT 1 Kollimator Röntgenteleskop - - - - - -

Das Röntgenteleskop des Lunochod war sehr einfach aufgebaut ( stellte erste Gerätegeneration  dieser damals noch jungen Forschungsrichtung dar). Bekanntlich hat die Erdatmosphäre eine abschirmende Wirkung gegenüber kosmischer Röntgenstrahlung. Daher ist die Analyse dieser Strahlung oberhalb der Atmosphäre z. B. mit Satelliten von Interesse. Ein Röntgenteleskop auf der Mondoberfläche macht Sinn, wenn ein bestimmter Bereich des Kosmos genauer untersucht werden soll. Anders als bei einer Erdorbitalbahn (Satellit), ist die relative Bewegungsbahn eines Punktes auf der Mondoberfläche in Bezug auf einen Beobachtungssektor im Kosmos sehr gering.  Damit können Langzeitbeobachtungen mit hoher Wiederholgenauigkeit durchgeführt werden.
Mit dem Röntgenteleskop RT-1 wurden die Galaxie, Sterne und Sonne beobachtet um Erkenntnisse über deren ausgesandte Röntgen-/Gammastrahlung zu gewinnen.
Der Grundaufbau bestand aus einem optischen Sensor und 2 Strahlungsdetektoren, die im Energiebereich von 2 -10 keV ihren Arbeitsbereich hatten.
Dabei wurden die direkt einfallenden Röntgenphotonen mit der Hintergrundstrahlung vergleichen (daher 2 Sensoren) um daraus einen Effektivwert zu ermitteln.

Hier ein Prinzipbild zum Aufbau eines Röntgenteleskopes. Im oberen Bereich sind die 3 Hauptelemente:

оптический детектор ярких объектов – optischer Detektor heller Objekte
звезды датчик – Sternsensor
пропорциональный счётчик – Proportionalzähler (unter Kollimator) mit Auswerteeinheit



Eine langsame Rotation des Mondes um seine Achse (eine Umdrehung in 27,3 Erdentagen) ergibt ein sehr langsames Gleiten des „Sichtfeldes“ des Teleskops gegenüber der Himmelskugel. Innerhalb der Arbeitsphasen, je 18-20 Stunden wird somit ein Winkelsektor von 9°-10° überstrichen. (360°/27,3 d = 13,186 °/d;  13,186°/24h*18h =  9,89° in 18 Stunden)

dksk

McFire

  • Gast
Re: Lunochod – Technik/Vergleiche/Referenzierungen
« Antwort #62 am: 12. März 2014, 23:32:01 »
Hast Dir wieder allerhand Arbeit gemacht - Danke ! :)

Wilga35

  • Gast
Re: Lunochod – Technik/Vergleiche/Referenzierungen
« Antwort #63 am: 13. März 2014, 10:58:53 »
Auch von mir ein herzliches Dankeschön für die vielen zusammengetragenen Infos.
Gleich noch eine Frage: wurde der Laser/Photodetektor Rubin-1 zur Positionsbestimmung in Kombination mit dem französischen Laserreflektor TL-2 eingesetzt (Beitrag #18), oder arbeiteten die beiden Geräte unabhängig voneinander?

Offline dksk

  • *****
  • 744
Re: Lunochod – Technik/Vergleiche/Referenzierungen
« Antwort #64 am: 13. März 2014, 15:37:12 »
Im Prinzip ja  .......

Bei Lunochod 1 war der Laserretroreflektor noch alleine – Rubin 1 kam erst bei Lunochod 2 zum Einsatz.
Damit war die Positionszuweisung für den Berechnungspunkt auf dem Mond noch genauer gegenüber Lunochod 1.
Bei den Experimenten wird ja u.a. mit Trigonometrie im Raum gerechnet und da sind die Berechnungsbasen wichtig.
Das Ergebnis für die Laser-Laufzeit- Abstandmessung mit dem TL 2 konnte damit weiter verbessert werden und in einen Genauigkeitsbereich kommen, mit dem sogar Untersuchungen zur Kontinentaldrift gemacht werden konnten.
Wenn ich die Quellen richtig interpretiere so sind die Sendestellen für den TL 2 Laser und den Rubin 1 Laser an unterschiedlichen Orten auf der Erde. Die technische Ausführung (Signalform, Leistung, Zielmarkenzuweisung, Signalempfänger etc.) sind wohl zu unterschiedlich um das in einem Observatorium/Sender zu vereinen. Zum Anderen werden bei zwei Orden auf der Erde (deren Abstand und Position genau bekannt sind) auch eine Kathede und daraus folgender Ergänzungswinkel eines der vielen Dreiecke definiert, was die Messgenauigkeit auch erhöhen kann.

dksk

Offline dksk

  • *****
  • 744
Re: Lunochod – Technik/Vergleiche/Referenzierungen
« Antwort #65 am: 13. März 2014, 17:44:38 »
Wie schon in den vorherigen Beiträgen angemerkt, waren die Missionen Lunochod 1 und 2, Teil der Gesamtplanung sowjetischen Mondprojekte der 1960/70er Jahre.
Die Lunochods, die hier bisher behandelt wurden entstammen dabei dem Projekt mit der Bezeichnung Luna E-8.
Dieses war auch zur Unterstützung der bemannten Mondlandung im Rahmen des Projektes N1-L3
vorgesehen.

Dabei sollte es 2 Hauptaufgaben, die Vorbereitung der Landung und Unterstützung des gelandeten Kosmonauten, erfüllen. Diese Aufgaben hätten sich auch in seiner Ausrüstung und technischen Ausführung/Modifikation  wiedergespiegelt.

-          - - - - - - - Vorbereitung der Landung: - - - - - - - - -

Die bemannte Mondlandung (N1-L3) wäre in 3 Teilphasen unterteilt gewesen.
-          Landung Lunochod
-          Landung unbemannte Fähre - ЛК-Р (Lunnyi Korabl – Reserve – LKR)
-          Landung bemannte Fähre - ЛК (Lunnyi Korabl - LK)

Dabei wäre ein Lunochod im ausgewählten Gebiet vorab angelandet um dieses zu überprüfen und
ggf. wichtige Zusatzinfos zu übermitteln. Für die Landung der nachfolgenden ersten Fähre (LKR) hätte es zur Unterstützung als Funkbake gedient.
Nach der Landung (und nachdem sich der Staub halbwegs gelegt hätte) wäre der Lunochod an die Reservefähre herangefahren um diese von außen zu inspizieren. Dazu besaß er ein geeignetes Kamerasystem mit dem Total- und Detailaufnehmen aus unterschiedlichen Entfernungen und Positionen möglich waren.
An dieser Stelle möchte ich eine Überlegung beisteuern, die sich mit der grundsätzlichen Kritik zur Höhe der Fahrkameras am Lunochod 1 beschäftigt.
Wenn ich die gesamten bisherigen Ausführung zur Auslegung des Fahrzeuges betrachte, komme ich zu dem Schluß, daß hier sehr viel im Vorfeld nachgedacht und getestet wurde, um ein insgesamt optimales Ergebnis zu erzielen.
Ich gehe auch davon aus, daß die „zu niedrige Position“ der Fahrkameras im Vorfeld bei den Test im Lunodrom (Testgelände des Lunochod) aufgefallen ist und diskutiert wurde. Daher habe ich versucht einen (zwei) Grund(e) für die Position (95 cm Höhe) zu finden.
Ich sehe den ersten Grund im Hauptinspektionsbereich an der Landefähre. Eins der wichtigsten Systeme der Landefähre ist deren Haupttriebwert, welches sowohl für die Landung als AUCH FÜR DEN RÜCKSTART verwendet worden wäre. Nur bei Funktionsfähigkeit des Triebwerkes nach der Landung, wäre die Reservefähre für ihre potentielle Nutzung einsatzfähig gewesen. Der Triebwerksstatus wäre aber grundsätzlich nicht durch die entsprechende BMSR Technik vollständig erkennbar gewesen, da es in der finalen Landephase durch aufgewirbelte Bodenpartikel zu ungünstigen Anhaftungen oder sogar Beschädigungen des Triebwerks kommen konnte.
Diese äußeren Beeinflussungen wären optisch relativ gut erkennbar gewesen. Der Hauptinspektionsbereich an der Fähre liegt dabei relativ genau in der Höhe des Kamerasystems.
Wäre das Kamerasystem höher angebracht müßte das Fahrzeug einen weiteren Abstand zur Fähre einhalten um in einen günstigen Blickwinkel zu kommen. Mit der bestehenden Kamerasystemhöhe kann das Fahrzeug so sehr nahe an die Fähre heranfahren und somit sind die Bilder sehr deutlich.
Um das Ganze mal zu veranschaulichen, habe ich ein paar Bilder erstellt.



Durch die Möglichkeit der gezielten Erstellung von Stereoskopiebildern war deren Auswertungspotential sehr groß.
Um den seitliche Blick zu ergänzen, hätte es eine relativ einfache Möglichkeit gegeben, auch von „unten“ einen Blick auf den Bereich des Haupttriebwerks zu bekommen.





Spiegel – im unteren Bereich der Landebeine angebracht, hätten einen Blick auf die Bodenfläche der Fähre ermöglicht. Bei der Landung hätten diese Spiegel mit einer Abdeckung geschützt sein müssen, die vor dem Erstellen der Bilder entfernt hätte werden müssen (einfacher Federmechanismus vorstellbar). Durch Veränderung der Position des Lunochod hätte mit der Spiegelumlenkung ein großer Bildbereich erfaßt werden können.
Die dieser Zusatzausrüstung entsprechende höhere Masse wäre bei der Reservefähre kein Problem gewesen, da die Landung ohne die Masse des Kosmonauten erfolgt wäre. Beim Rückstart wäre nur der obere Teil des LK , die T2K-Einheit gestartet und die Zusatzausrüstung am Landegestellt hätte hier keinen Einfluß gehabt.
Nach der Freigabe der Reservefähre hätte die bemannte Fähre landen können und der Lunochod wäre hierfür im zweiten Teil seiner Hauptaufgabe im N1-L3 Programm zuständig gewesen.

Lunochod 1 sehe ich daher technisch und auch zeitlich noch am stärksten an die in das N1-L3 Projekt eingebundene Fahrzeugvariante angelehnt, was beim Lunochod 2 (mit 3. Fahrkamera weiter oben UND WEITER VORNE) auch aufgrund anderer Modifikationen nicht mehr gegeben ist.

dksk

Offline dksk

  • *****
  • 744
Re: Lunochod – Technik/Vergleiche/Referenzierungen
« Antwort #66 am: 13. März 2014, 17:50:35 »
-          - - - - - - -- Unterstützung des Kosmonauten: - - - - - - - -

Dafür wären die Fahrzeuge in einer entsprechend modifizierten Variante ausgeführt worden, deren technische Auslegung teilweise an den bekannten Lunochods – speziell Lunochod 1 zu erkennen ist.
Aus meiner Sicht sind dies Themen wie z.B.
-          Position der Fernsehkameras (zweiter Grund)
-          Position der Hauptstrahlantenne
Die Position der Fahrkameras des Lunochod 1 berücksichtigt aus meiner Sicht ebenfalls die Option einen Kosmonauten auf dem Mond zu versorgen und zu transportieren.
Dazu dient erst mal die Überlegung, wo eine mögliche Transportposition der Kosmonauten am Lunochod
sein kann.

Für die wahrscheinliche Position vorne sprechend folgende Punkte:
-          Nicht hinten, da Deckel für Stromversorgung aufgeklappt werden muß und Sicht nicht behindern soll
-          Nicht hinten, da der Kosmonaut einen Mindestabstand zur RHU einhalten muß
-          Vorne, damit der Kosmonaut die Fahrstrecke einsehen kann
-          Vor den Kameras -  diese auch überdeckend, da der Kosmonaut besser die Umwelt erkennt und die 
           Kameras während der bemannten Fahrt nicht nötig sind.
-          Vorne, weil hier seitlich optional Platz ist Zusatzausrüstung anzubringen
Wenn man nun betrachtet, wie sich eine höhere Kameraposition im vorderen Bereich am Fahrzeughauptkörper (umgedrehter Kegelstumpf) auswirkt, wird schnell klar, daß diese auch zu einer Vorverlagerung der Kamera führen würde --- was klar in den Positionsraum des Kosmonauten einwirkt.

Der Freigang zum Deckel muß dabei ebenfalls berücksichtigt werden. Siehe Bild



Das ist meiner Meinung nach ein weiteres Argument warum die Kameras die niedrige Position hatten.
 
Die Position der Hauptstrahlantenne ergibt sich bei einer vorderen Position des Kosmonauten aus dem Umstand, daß der Kretchet Raumanzug auf der rechten Brustseite einen Hauptversorgunsanschluss besitzt, der dann auf dieser Seite mit dem entsprechenden System (vergleichbar B-2M im LK) verbunden werden muss. Daher befindet sich aus meiner Sicht die Hauptstrahlantenne auf der gegenüberliegenden , in Fahrtrichtung linken, Fahrzeugseite und der Versorgungsanschluß rechts.



Vor dem Transport werden die externen Versorgungssysteme für den Kosmonauten, die durch den Lunochod unterstützt werden, angeschlossen. Weiterhin wird eine Transportstruktur – Plattform nach vorne ausgeklappt. Die Hauptstrahlantenne kann dann auch in eine neutrale Position geschwenkt werden (Sicht und Bewegungsoptimum), da der Kosmonaut die Fahrkameraaufgaben quasi selbst übernimmt. Auf dieser findet der Kosmonaut eine Position, die z.B. mit analogen Befestigungspunkten wie im LK fixiert wird, sodaß ein ermüdungsfreies Arbeiten oder sogar eine fixierte Ruhephase möglich sind. Damit war eine ausreichende Grundmobilität des Kosmonauten gewährleistet, wobei die Mindestanforderung für Transport und Versorgungsunterstützung sich aus der Landegenauigkeit/Positionsdifferenz zwischen LK und LKR definierte. Dazu gibt es Informationen, daß sich hiermit eine Strecke von 5 km ergibt. Bei einer vmax. von 2 km/h ergibt das wohl mindestens 3 Stunden Transportzeit – zuzüglich Vor- und Nachbereitung.
Der Bereich zur Oberkante des Fahrzeughauptkörpers wäre damit vermutlich auch mechanisch abgedeckt, um eine Beschädigung des Rückenteils des Raumanzuges auszuschließen.
Aufgrund der Bauraumverhältnisse der Landestufe – geklappte Fahrrampen – ist der Bauraum für eine solche Plattform bis zur Anlandung stark eingeschränkt. Daher gehe ich davon aus, daß diese platzsparend und klappbar im vorderen Bereich des Fahrzeuges angebracht war.
Wenn die Zusatzausrüstung vorne rechts angebracht wäre, so würde der Laserretroreflektor für diese Variante wahrscheinlich entfallen.
Bedienpanel, Anzeigegeräte, Navigationshilfe etc. waren ebenfalls in den Betriebsmodus zu bringen.
Hier mal ein Bild, welches meiner Phantasie entspricht und zeigt, wie der Kosmonaut die Vorbereitungen am Lunochod durchführt.



Die Kosmonauten, die für die Landung übten, hatten sich natürlich auch mit dem Lunochod vertraut gemacht.
Hier ein Gruppenbild von einem Besuch im Lunodrom – Mannschaft- Kosmonauten – Lunochodübungsfahrgestell.



Die Personen Nr. 5 ist der Kosmonaut  Waleri Bykowski, der einer der Trainingsgruppen zur Mondumfliegung(L1-Programm) angehörte und danach auch dem N1-L3 Projekt zugeteilt wurde. Die Kosmonautengruppen wurden (auch durch mehrere Projektrückschläge bedingt) mehrmals umstrukturiert, sodaß es unterschiedliche Infos zu den Missionsplanungen des N1-L3 Projektes gibt. Seit 1978 sollte er als Person auf jeden Fall hier bekannt sein.
Und zum Schluß noch ein Eindruck, wie es aussehen hätte können, wenn nach erfolgreicher bemannter Landung der Kosmonaut (beobachtet auch vom Lunochod und am Bodenbildschirm) die Landefähre verläßt.



Quellen:
Die gezeichneten Bilder entstammen meiner Phantasie und können in Details abweichen.
http://en.wikipedia.org/wiki/Soviet_manned_lunar_programs
http://www.laspace.ru/rus/lh6.php
http://astrotek.ru/wp-content/uploads/2011/11/d18128_d181d0bad0b0d184d0b0d0bdd0b4d180d18b_d0b4d0bbd18f_d181d0bed0b2d0b5d182d181d0bad0bed0b9_d0bbd183d0bdd0bdd0bed0b9_d0bfd180d0be.pdf
http://rumlin.wordpress.com/2013/04/08/kto-est-kto-na-foto-v-shkolnom/
 
dksk

Re: Lunochod – Technik/Vergleiche/Referenzierungen
« Antwort #67 am: 13. März 2014, 20:21:47 »
vielen lieben Dank dksk für die ausführlichen ausführungen hier und die tollen selbst angefertigten Bilder. Freue mich immer wieder aufs neue über deine Beiträge. Bring gerne mehr dieser Zeichnungen hier rein :)
"It's clearly a budget. It's got a lot of numbers in it."
Reuters - 5. Mai 2000, G.W. Bush

Wilga35

  • Gast
Re: Lunochod – Technik/Vergleiche/Referenzierungen
« Antwort #68 am: 14. März 2014, 20:27:27 »
Hallo dksk,

hochinteressant, welche Rolle Lunochod im Programm N1-L3 spielen sollte, und vielen Dank für die zahlreichen Details zu diesem Thema.
Im Juni 1999 fanden in Morgenröthe-Rautenkranz die 3. Raumfahrttage statt. Thema der Veranstaltung war der Jahrestag der ersten bemannten Mondlandung. Die russischen Referenten Leonow, Makarow und Dolgopolow gingen dabei intensiv auf die sowjetischen Programme zur Monderkundung ein.
Ein Thema dabei war auch Lunochod. Auf eine Zuhörenfrage wurde eingeräumt, dass Lunochod zur Unterstützung der bemannten Mondlandung vorgesehen war, ohne dabei aber ins Detail zu gehen. Laut der damaligen Auskunft hätte ein bemannbares Lunochod aber anders ausgesehen als die unbemannten Lunochods. Wäre eventuell eine Kabine vorhanden gewesen? Schwer zu sagen!
Ich könnte mir aber auch vorstellen, dass ein bemannbares Lunochod Anschlüsse zum Ergänzen der Energie- und Sauerstoffressoursen des "Kretschet"-Skaphanders besessen hätte. Beim vermutlich etwas längerem Warten auf Lunochod und der anschließenden Fahrt des Kosmonauten zum Reserve-LK wären die Vorräte des Skaphanders unter Umständen schnell aufgebraucht gewesen und hätten demnach ergänzt werden müssen.
Insgesamt gesehen finde ich den in Erwägung gezogenen Aufwand schon beträchtlich, zusätzlich zur Landefähre mit dem Kosmonauten auch noch eine Ersatzlandefähre und ein Lunochod vorzuhalten. Und das alles musste auch noch in enger räumlicher Nähe zueinander angelandet werden. Eine kilometerweit vom gelandeten Kosmonauten entfernt stehende Ersatzlandefähre nebst dort wartendem Lunochod hätten ja im Falle eines Falles garnichts genutzt, dann hätte allein schon die Zeit gegen den Kosmonauten gearbeitet.
Zweifel, ob mit der damaligen Technik alles wie angedacht geklappt hätte, sind angebracht. Dennoch interessant, welche Szenarien man damals so alles durchgespielt hat, um den Amerikanern bei der bemannten Mondlandung paroli bieten zu können.

Wilga35

Offline dksk

  • *****
  • 744
Re: Lunochod – Technik/Vergleiche/Referenzierungen
« Antwort #69 am: 14. März 2014, 21:44:08 »
Ich versuche mal auf die einzelnen Aspekte nacheinander zu antworten.

Das N1-L3 Konzept hatte ja einen Gesamtleistungsnachteil (u.a. Treibstoffe und Triebwerkskonzepte), der sich final in einem Massenachteil des zum Mond beförderbaren Komplexes widerspiegelte.
Dieser Komplex hatte dann auch wieder entsprechende Kompromisse in sich. Beispielsweise die einstufige Landefähre, nur 1 Kosmonaut zur Landung, kein direkte Umstieg vom LOK ins LK und zurück, erste Abstiegsphase des LK mit Block D „Restschub“ usw . Damit hatte das Gesamtsystem auch teilweise eine geringere Redundanz oder Robustheit, die man versuchte auszugleichen.
Komplikationen, wie z.B. Apollo 13 hätte dieses System dann aber z.B. nicht in vergleichbarer Weise kompensieren können.

Die Lösung mit mehreren Starts und dem Reserve LK war da eine der Varianten, die aber gleichsam wieder die Gesamtlogistik und zeitliche und räumliche Abhängigkeit mehrerer aufeinander zwingend abfolgender Ereignisse zum Gesamtgelingen erforderte. Das E8 basierende Spezial-Lunochod war da teilweise entkoppelt, da eine andere Rakete/Startlogistik/Mannschaft etc. genutzt werden konnte bzw. durch die relativ lange mögliche Verweilzeit des Fahrzeuges auf dem Mond. Wenn es einmal erfolgreich im Zielgebiet angelandet wurde konnten sicher mehrere Startfenster für die beiden erforderlichen Flüge der N1 Komplexe zeitliche abgesichert werden. Dadurch hätte ein missglückter N1 Start nicht gleich ein „neues Lunochod“ erfordert. In dieser Konzeption hatte der Lunochod schwerpunktmäßig eine Absicherungs/Unterstützungsfunktion um die Problematik mit der Landegenauigkeit LKR – LK durch Transportunterstützung auszugleichen. Eine vordergründige Explorationsmission mit längerem bemannten Betrieb war dabei nicht vorgesehen.

 Es gab mal bei Novkos eine Abschätzung zur Versorgungsbedarf auf Basis 52 Stunden Gesamtversorgungszeit des Kosmonauten auf dem Mond, wobei 46 Stunden vom Lunochod als externe Versorgung eingeschätzt wurden. Zusatzmasse dafür waren knapp 80 kg.

Bemanntes Expolationsfahrzeug:
Es gab ja mehrere sowjetische Mondprojekte, die teilweise zeitgleich vorangetrieben wurden und natürlich auch eine Ursache der Kappa- und Resourchenprobleme im schlussendlich entscheidenden N1-L3 Projekt waren.
Die Mondumfliegung beispielsweise hatte ein eigenes Projekt, mit teilweise deutlich unterschiedlichen Systemen. Diese Thematik wurde im Apollo Programm als eine Projektzwischenschritt auf Basis des Finalsystemes realisiert.

Einige dieser mehreren Mondprojekte beinhalteten auch bemannte Explorationsfahrzeuge.

Dieses Projekte hätte aber einen der höheren Masse entsprechenden Transportkomplex erfordert. Im N1-L3 Projekt war daher das „kleine Lunochod“ vorgesehen.

Die Ausführungen von Leonow  sind grundätzlich nachvollziehbar.
Zu einem großen bemannten Lunochod gab es z.B. ab 1963 im L5-Projekt entsprechende Entwürfe.
Das Fahrzeug hatte eine Kabine und war für eine längere Exploration ausgelegt.



Anfang der 1970er Jahre gab es dann noch ein Vulkan LEK – Projekt – auch mit einem längere Zeit bemannten Fahrzeug – und einer noch größeren Rakete als Konzept.



siehe auch:
http://www.astronautix.com/craft/l51963.htm
http://www.astronautix.com/articles/sovjects.htm
http://en.wikipedia.org/wiki/Soviet_manned_lunar_programs

dksk

*

Offline Terminus

  • *****
  • 5093
Re: Lunochod – Technik/Vergleiche/Referenzierungen
« Antwort #70 am: 16. März 2014, 13:51:56 »
vielen lieben Dank dksk für die ausführlichen ausführungen hier und die tollen selbst angefertigten Bilder. Freue mich immer wieder aufs neue über deine Beiträge. Bring gerne mehr dieser Zeichnungen hier rein :)

Volle Zustimmung. Zum Beispiel in diesem Thema, zur Illustration kleiner rotierender Raumstationen zur Simulation der Marsschwerkraft? Könnte ich mir gut vorstellen. :)

Offline dksk

  • *****
  • 744
Re: Lunochod – Technik/Vergleiche/Referenzierungen
« Antwort #71 am: 19. März 2014, 20:52:30 »
Zum Thema Kosmonautentransport mit dem E-8 Lunochod, hab ich noch mal was gefunden, was hier eine klare Referenz auf diesen Haupttyp ergibt.

In einem Dokument zur Entwicklung der Raumanzüge für das sowjetische Mondprogramm N1-L3 ist eine Prinzipdarstellung der Haupthandlungsphasen während der Mission enthalten.
Dabei wird eine Überfahrt mit dem Lunochod zur Reservefähre sinnbildlich dargestellt.
Interessant ist auch die „Aufhängung“ an einem übergreifenden Gestell.



Ein Bedienteil ist an einem nach vorne führenden „Armträger“ auszumachen.
Das sieht wiederum dem „Orlan SPK“ Bediensystem ähnlich.



Da können auch die „Armträger“ aus der Transportposition vorgeklappt werden. Die Freiheitsgrade +Z und –Z sind beim Lunochod dann aber nicht da. Dafür gibt es aber Bremsen ;-)

Dann hab ich noch mal einen Film, aus den Anfängen dieses Threads angesehen und da gibt es gleich noch einen Texthinweis, dass der Lunochod u.a. auch für den Transport von Kosmonauten im N1-L3 Komplex entwickelt wurde.



Quellen:
http://astrotek.ru/wp-content/uploads/2011/11/d18128_d181d0bad0b0d184d0b0d0bdd0b4d180d18b_d0b4d0bbd18f_d181d0bed0b2d0b5d182d181d0bad0bed0b9_d0bbd183d0bdd0bdd0bed0b9_d0bfd180d0be.pdf
http://www.myspacemuseum.com/orlan.htm

dksk

Offline dksk

  • *****
  • 744
Re: Lunochod – Technik/Vergleiche/Referenzierungen
« Antwort #72 am: 24. März 2014, 14:52:42 »
Nachdem hier bereits viele Informationen über die Fahrzeuge und deren Mission auf dem Mond zusammengestellt wurden, will ich ein paar Infos ergänzen, wie sie dahin gekommen sind.

Das Gesamtsystem Luna 17 (mit Lunochod 1) bzw. Luna 21 (mit Lunochod 2)wurde mit jeweils einer Proton-K ;Block-D - Rakete von Baikonur gestartet. Sowohl zur Proton-K ,als auch Block-D gibt es in diesem Forum bereits viele Infos, sodaß ich hier im Weiteren auf das kombinierte Transport- und Landemodul „Modulblock“ eingehen will.
Zur Übersichtlichkeit hier erst mal eine schematische Darstellung des Fluges von Luna 17/21.
Der Lunochod ist währen des Fluges auf einen „Modulblock“ aufgesetzt. Dieser Modulblock vereint in sich alle Systeme zur Bahnkorrektur, Bremsung und Landung und übernimmt diese Aufgaben ab der Trennung vom Block-D,   12 Sekunden nach dessen finaler Beschleunigungsphase Richtung Mond.



Die Flugdauer von Start bis Landung betrug bei beiden Missionen jeweils ca. 7 Tage. In diesen 7 Tagen war der Lunochod keine passive Fracht, sondern hatte aktiv Aufgaben auszuführen.
Dies betraf das gesamte Energiemanagement – Laden der Batterien kombiniert mit gezieltem Öffnen und Schließen des (Solarzellen)Deckels um die Fahrzeugtemperatur innerhalb der definierten Systemgrenzen zu halten. Weiterhin das Senden und Empfangen von Telemetriedaten und der Test bzw. die Aktivierung aller Fahrzeugsysteme.

Das abschließende Missionsziel des Modulblocks ist die „мягкая посадка“ (mjachkaja posadka).

Das sind wieder 2 russische Worte, die vom aufmerksamen Raumfahrbetrachter leicht als Begrifflichkeit zu erschließen und zu merken sind.

Wer bei Antwort #56 im Thread aufmerksam war, dem erschließt sich das „мягкая (mjachkaja) fast von selbst. Zur Erinnerung: мягкий знак  - mjachki snak „Weichheitszeichen“

Мягкий ( mjachki )– weich

Посадка – ist dann auch nicht ganz so schwer – kommt ja regelmäßig auch beim NASA TV ins  Bild
und wird richtig interpretiert – als Посадка = Landung.

Landung erfolgreich! Laut MCC Bild (auch wenn ich kein russisch kann)

"Est' posadka" - "we have landing!"




Also „weich“ und „Landung“ ergibt: weiche Landung oder auch  мягкая посадка.

Und immer schön Bremsen zum Schluß, denn  „Луна твёрдая!“, sagte schon Sergei Pawlowitsch.

dksk

Offline dksk

  • *****
  • 744
Re: Lunochod – Technik/Vergleiche/Referenzierungen
« Antwort #73 am: 25. März 2014, 12:46:25 »
Zur weiteren Übersichtlichkeit hier erst mal ein paar Darstellungen vom System Lunochod + Modulblock.
Ich hab zum besseren Verständnis mal ein paar Begrifflichkeiten in den Bildern definiert, da diese in unterschiedlichen Quellen je nach Relativsichtweise teilweise sehr unterschiedliche Benennungen haben .



Der Modulblock wird auch in einigen Quellen als:
Унифицированный корректирующий тормозной посадочный модуль лунных автоматических станций – benannt.

Ich würde das so übersetzen:
Einheitliches Korrektur- Brems- und Landemodul für automatische Mondstationen.

Die Bezeichnung Block KT könnte davon abgeleitet sein, wird aber auch für andere Zusammenstellungen genutzt. Daher für mich: Modulblock.

Hinzu kommt, daß es wirklich sehr gute und beeindruckende Bilder auf Basis der „Luna 25“ Exponate aus den 1970ern gibt, die auch in einem außerordentlich beeindruckenden Gesamtdisplay  dargestellt werden – ABER eine „vermischte Missionsphasendarstellung“ vermitteln. (Luna 25 war die geplante 3. Lunochod –Mission mit Start für 1977, die komplett fertiggestellt war – aber nicht mehr flog.
http://de.wikipedia.org/wiki/Lunochod_3

Eine interessante Neuerung am Fahrzeug wäre u.a. die Stereokamera gewesen, mit der die Fahrzeugführung von der Erde deutlich verbessert werden sollte.
Der Missionsname „Luna 25“wird wohl demnächst im Rahmen der  Luna-Glob  Mission wieder Verwendung finden )
http://de.ria.ru/science/20130408/265891071.html

Um einen tollen Gesamteindruck zu vermitteln – hier mal eine „vermischte Darstellung“ von Luna 25 (Hardware von 1977).



Der ältere Herr (Konstantin Konstantinovich Davidovsky) war seinerzeit Mitglied der Bodenbetriebsmannschaft.



(Die Zusatzmodule sind noch dran, hinten die Rampe zeigt Startstellung, Deckel des Lunochod ist offen, Lunochod steht verkehrt herum etc.)
Trotzdem zeigenswert…

Das Landemodul sieht nach erfüllter Aufgabe dann so aus (hab aus den Panoramaaufnahmen mal was zusammenkopiert).
Gut sind die Gesamtisolationmatten, die Anschlüsse der abgetrennten Zusatzmodule (mittig) und auch die ausgekleideten Fahrrampen zu erkennen.



Quellen:
http://www.planetology.ru/panoramas/lunokhod1.php?language=english
http://arkady-z.livejournal.com/27079.html
http://kik-sssr.ru/10.7_Lunohody.htm

dksk

Offline dksk

  • *****
  • 744
Re: Lunochod – Technik/Vergleiche/Referenzierungen
« Antwort #74 am: 04. April 2014, 11:11:51 »
---------------- Luna 17  technische Beschreibung --------------------

Im ersten Schritt will ich mal ein paar allgemeine Infos zu Aufbau und Funktion des Modulblocks geben.
Danach  plane ich dann auf Basis folgender Missionsphasen die jeweilig aktiven Funktionssysteme nochmal genauer zu beschreiben:

1.   Allgemeine Beschreibungen
2.   Finalkonfiguration von Luna 17 auf Block-D
3.   Transferbahn zum Mond
4.   Eintritt in den Mondorbit
5.   Bahnkorrektur im Mondorbit
6.   Eintritt in die Mondabstiegsbahn
7.   Landung
8.   Entfaltung der Rampen für das Fahrzeug
9.   Fahrzeug verläßt das Landemodul und fährt auf den Mond
10.   Referenzbetrachtungen zu Luna 16 und Luna 19

Innerhalb dieser Hauptphasen sind entsprechende Bordsysteme aktiv, die teilweise nacheinander zum Einsatz kommen. Die Reihenfolge des ersten bzw. letzten Funktionseinsatzes spiegelt sich auch in der Montageposition der Bordsysteme im Gesamtsystem Luna 17 wieder. Einige Baugruppen sind baugleich mit den Systemen von Luna 16 bzw. Luna 19, da sie ja auch in dem Grundsystem Luna E8 ihren Entwicklungsursprung haben. Diese habe ich als Referenz genutzt, wenn primär bei den Luna 17 Infos Nichts zu finden war.
Die konzeptionelle Auslegung des Gesamtsystems zeichnet sich durch eine optimale Bauraumausnutzung und Montagestaffelung aus.
Die Grundstruktur bilden je 2 sphärische Tanks an der Vorder- und Rückseite, die durch zylindrische Sektionen zu einer rechteckigen Grundstruktur verbunden waren.  Auf diese Grundstruktur waren Druckgasbehälter, Versorgungsleitungen + Steuerungssysteme (mech. el. pneumat.) angebracht.
In den zylindrischen Sektionen befanden sich Batterien, Gyroskopsystem und Avionik etc.
An den 4 Ecken waren bewegliche Landebeinstrukturen an entsprechenden Lastknotenpunkten/Tankkugeln angebracht. In der Mitte dieser Struktur befand sich das kombinierte Haupt/Landetriebwerkssystem, dessen Austrittsdüsen an der Unterseite herausragten. Das Triebwerkssystem wurde von einer Tragrahmenstruktur aufgenommen, die ihrerseits mit den Lastknotenpunkten/Tankkugeln verbunden war. An der Oberseite dieser Rahmenstruktur war die mech./el. Schnittstelle zum Lunochod. Der Lunochod war mit den Fahrkameras nach vorne auf die Struktur montiert (Blickrichtung mit Radar Höhenmesser großer Höhen).
Im Umfangsbereich waren Lageregelungsdüsen für alle 3 Raumhauptrichtungen angebracht. An der Vorderseite befand sich ein Radar Höhenmesser für große Höhen und an der Rückseite ein Doppler-Radar für geringere Höhen.
An der Vorder- und Rückseite des Modulblocks befanden sich ausklappbare Fahrrampen für den Lunochod. An den beiden Seitenflächen waren Zusatzmodule (abnehmbar) angebracht, die Tankstrukturen, Antennensysteme , Raum-Feinorientierungs- und Lageregelungssystem etc. beinhalteten.

(Das Grundsystem  mit den 4 Tanks, den 2 Gerätezwischensektionen (Tanks und Sektionen volumenangepaßt ineinandergreifend), Druckgaskugeln etc. , zentrales Triebwerk  mit Mehrfachzündbarkeit , Lageregelungssystem usw. erinnert mich ein bisschen an die Fregat Oberstufe – ÄÄHHH oder eher umgekehrt!)

Hier mal eine Übersichtsdarstellung mit einigen Benennungen.





Quellen:
http://ru.wikipedia.org/wiki/%D0%9B%D1%83%D0%BD%D0%B0-17

dksk