Raptor - SpaceXs Methantriebwerk

  • 1151 Antworten
  • 310133 Aufrufe

GalacticTraveler

  • Gast
Re: Raptor - SpaceXs Methantriebwerk
« Antwort #200 am: 27. Juni 2014, 18:06:02 »
Aber such doch mal meine im nachhinein amüsant zu lesenden Kommentare raus, dann haben wir beim 1000-Flüge Dinner gemeinsam was zu lachen  ;)

Ich dachte Du hast die alle im Kopf, dann muss ich sie ja auch nicht raussuchen...   ;)

Und jetzt Schluss damit... ich hab gesagt was ich sagen wollte. Und wenn Dir was daran liegt, nicht als SpaceX-Gegner wahrgenommen zu werden, dann einfach beispielsweise die oben geradegerückten Tendenzen weglassen, dann klappt's auch mit der Neutralität. Kritik an SpaceX hab ich im übrigen auch genug.

*

Offline Klakow

  • *****
  • 6758
Re: Raptor - SpaceXs Methantriebwerk
« Antwort #201 am: 27. Juni 2014, 20:33:53 »
@Zoe:
Ich bin mir 100% sicher das die Raumfahrt hoch komplex ist, allerdings keine ich kaum Entwicklungen bei denen sich während der Entwicklung zeigte das bestimmte Teil sehr viel komplxer sind als angenommen.

Da du wohl was mit der Raumfahrt zu tun hast und ich davon ausgehe, dass du keinen guten Klangkörper (Hohlraumresonanz) zwischen den Ohren hast, bin ich mir auch ziemlich sicher das du in eurem Laden (wo immer das ist), durchaus Potential für Verbesserungen siehst?
Die Frag ist das natürlich warum dies nicht umgesetzt wird?

Leider habt ihr vermutlich nicht unbedingt, die Freiheit eurer Kreativität mal den Freiraum einzuräumen die sie Verdient. Da hängen ja viele Beteiligte dran und auch noch die europäische Politik.
Ich hoffe das es für euch wenigstens besser als auf dem BER ist.

Offline proton01

  • *****
  • 1950
Re: Raptor - SpaceXs Methantriebwerk
« Antwort #202 am: 27. Juni 2014, 22:26:59 »
Man muß nicht mehrere Stufen für mehrere Tests bauen. Man fliegt die gleiche immer wieder, bei Bedarf mit Umbauten.

Nach längerem Nachdenken glaube ich zu verstehen, was du meinst. Dir ist aber schon klar, dass deine Rechnung nur dann aufgeht, wenn die geflogene Hardware nach dem Test keine hohen Wartungskosten verursacht oder gleich einen wirtschaftlichen Totalschaden darstellt? Immerhin: Den Punkt wird man dann testen können.

Und natürlich wäre es ziemlich blöd, wenn ein Test gar nicht stattfinden kann, weil sich die Testanordnung wegen eines Fehlers in einem bereits zuvor verwendeten Teil im Flug zerlegt. Da hilft die beste Telemetrie nichts, wenn das zu testende Teil noch in einem weitgehend passiven Zustand zerstört wird, weil die Stufe darunter den Geist aufgibt.

Daß es Fehler, auch Verluste, geben kann, ist selbstverständlich. Trotzdem würde die Testreihe insgesamt viel billiger, wenn man nicht unterstellt, daß es mit der kostengünstigen Wiederverwendung gar nicht klappt. Ich gehe davon aus, daß keine grundsätzlichen physikalischen Gegebenheiten dagegen sprechen.

Nochmal zur Erinnerung. Der Ausgang der Diskussion war, die Tauglichkeit des Systems für Marsflüge herzustellen und zu demonstrieren. Dazu gehört einiges an Flügen im erdnahen Bereich. Orbital, vielleicht vorher suborbital, was nur mit wiederverwendbaren Systemen sinnvoll ist. Flüge um den Mond, vielleicht Mondorbit. Alles mit Rückkehr der Oberstufe zur Erde.

Also:  Ich will eine Trägerrakete für eine Flug zum Mars bauen. Dazu nehme ich ein LOX-Methan Triebwerk, Damit die extreme Zuverlässigkeit nachgewiesen wird muss ich ausreichend Tests machen. Nach ESA-Regeln viermal die Gesamt-Lebensdauer. Bei 10 facher Wiederverwendung also 40 Missionen mit einem Triebwerk. Zwangsweise ergibt sich, daß ich entweder zwei Triebwerke je 40 Missionen lang auf dem Prüfstand teste, oder je 40 mal eine repräsentative Mission fliege. Diese Tests oder Flüge sind aber nur diei Qualifikation, vorehr muss ich es erst entwickeln, um die Ausleguing so zu definieren, daß ich ziemlich sicher bin daß sie die vorgesehene Lebensdauer 4mal durchhält, dazu brauche ich weitere ca. 5 Triebwerke.

Mache ich alles am Prüfstand, dann kostet das was, das muss ich nachher kommerziell wieder verdienen (SpaceX als Prvatfirma). Mache ich das per Flüge, dann kostet es noch mehr (Flüge sind teuerer als Tests, aber dafür repräsentativer). Solange das Treibwerk nicht qualifiziert ist zahlt kein normaler Kunde den vollen Preis wahrscheinlich finde ich am Anfang gar keine zahlenden Kunden. Dann bleiben nur institutionelle Wissenschaftsmissionen. Wie das funktionieren kann hat Cluster gezeigt.

Bei Einfachverwendung brauche ich zur Qualifikation Tests über 2 x 4 Missionen.
Bei 10-facher Wiederverwendung brauche ich zur Qualifikation ebenflass Tests über 2 x 4 Missionen, dann bin ich für eine Flug qualifizert. Danahc werden entweder weitere 2 x 36 Missionen getestet. oder 2 x 36 Flüge durchgeführt, bis ishc für die Wiederverwendung qualifiziert bin. Ein Teil der Kosten kann ich eventuell erlösen, wenn ich zahlende Kunden finde.
Aber billiger ist die Entwicklung und Qualifikation dadurch nicht.

Und wenn bei Flug 28 was schief geht, fange ich die vielen Flüge von vorne an, oder akzeptiere 'nur' 7-fache Wiuederverwendung.

Die Diskussion zur Wiederverwendung der ganzen Stufe gehört doch nicht in diesen thread.

Offline proton01

  • *****
  • 1950
Re: Raptor - SpaceXs Methantriebwerk
« Antwort #203 am: 27. Juni 2014, 22:35:07 »
@Zoe:
Ich bin mir 100% sicher das die Raumfahrt hoch komplex ist, allerdings keine ich kaum Entwicklungen bei denen sich während der Entwicklung zeigte das bestimmte Teil sehr viel komplxer sind als angenommen.

Wie bitte ?  Ich kann mich auf Anhieb an keine Entwicklung der Größenordnung Triebwerk oder Raumfahrzeug oder Trägerrakete erinnern, bei der nicht irgendeine Komplikation unterwegs eingetreten ist. SpaceX sollte das sehr gut kennen, Das Merlin Triebwerk ist heute anders als ursprünglich vorgesehen, da die erste Auslegung schlicht nicht funktioniert hat.

Lt. Rocketdyne werden ca. 75% der Entwicklungskosten eines Triebwerks für Fehlerbeseitung benötigt, davon ist höchstens ein Bruchteil vorher eingeplant.

Und Raptor mit LOX-Methan im full-flow cycle (Präsentaiton Tom Mueller), also mit gleichzeitg einem brennstoffreichen und einem sauerstoffreichem Gas Generator ist so das komplizierteste was man sich denken kann. Kreislauf unbekannt, Gas Generator Verbrennung mit Methan nicht state-of-the-art, das alles in einer Größenordnung die vieles vorhandene übersteigt, Erfahrungsträgervom SSME nicht mehr verfügbar.
« Letzte Änderung: 27. Juni 2014, 23:58:18 von proton01 »

*

Offline Klakow

  • *****
  • 6758
Re: Raptor - SpaceXs Methantriebwerk
« Antwort #204 am: 27. Juni 2014, 22:45:58 »
OK, die Leute sind weg oder vielleicht sogar schon gestorben, aber da gibts doch hoffe ich eine Dokumentation?
OK, ich hab letztens kurze Zeit in einer Firma gearbeitet die hat weitgehend auf Dokumentationen verzichtet, die haben deshalb jedesmal ein neues Kunstwerk produziert, war echt klasse.
Dumm nur das kein Kunde bereit war den zehnfachen Preis zu zahlen, Folge? Kapitale Pleite mit ca. 130k€/Mitarbeiter.

Die Situation müsste doch zumindest was die Werkstoffseite betrifft heute ein ganzes Stück besser sein?

Offline proton01

  • *****
  • 1950
Re: Raptor - SpaceXs Methantriebwerk
« Antwort #205 am: 27. Juni 2014, 22:57:43 »
OK, die Leute sind weg oder vielleicht sogar schon gestorben, aber da gibts doch hoffe ich eine Dokumentation?
OK, ich hab letztens kurze Zeit in einer Firma gearbeitet die hat weitgehend auf Dokumentationen verzichtet, die haben deshalb jedesmal ein neues Kunstwerk produziert, war echt klasse.
Dumm nur das kein Kunde bereit war den zehnfachen Preis zu zahlen, Folge? Kapitale Pleite mit ca. 130k€/Mitarbeiter.
Na, da weißt Du ja aus eigener Erfahrung, wie man es beser nicht macht. Heute ist das so: die  vorgeschriebene Lagerdauer für Dokumentation ist ca. 10 Jahre. Am Tag nachdem diese Frist abgelaufen ist wird alles entsorgt, weil jemand festlegt, daß Lagerkosten gespart werden müssen.

Die Situation müsste doch zumindest was die Werkstoffseite betrifft heute ein ganzes Stück besser sein?
Stimmt  teilweise. Aber größere Schritte kann man wohl mit neuen Fertigungsverfahren machen, wie z.B. SLM, ALM etc., also im Prinzip 3D Druck mit Metallen. Aber diese Technologien müssen auch erstmal für die notwendige Größenordnung erarbeiet werden.

*

Offline roger50

  • Raumcon Berater
  • *****
  • 11933
Re: Raptor - SpaceXs Methantriebwerk
« Antwort #206 am: 28. Juni 2014, 02:47:13 »
Moin,

OK, die Leute sind weg oder vielleicht sogar schon gestorben, aber da gibts doch hoffe ich eine Dokumentation?

Dokumentation nützt zwar einiges, aber die entscheidenden Details sind weg, wenn die Mitarbeiter gehen. Denn der wahre Schatz steckt in den Köpfen, nennt sich "Erfahrung". Und die ist nirgendwo dokumentiert.

Das Problem (bis heute) ist, das Raumfahrtprojekte oft sehr lange dauern, sodaß man oft nur 1 großes Projekt im Leben durchführen kann. Wenn man Glück hat und es zeitlich gerade paßt, vielleicht 2.

Nur ein Beispiel, das ich zufällig gut kenne: da dauerte es 20 Jahre von den ersten vagen Ideen bis zum Erstflug. Sowas ist normal.

Selbst wenn noch die gesamte Dokumentation des F-1 Triebwerks vorhanden wäre, wäre ein Nachbau heute doch eine Neuentwicklung. Einfach, weil sich zuviel geändert hat. Materialien, Normen, Konstruktionsmöglichkeiten, Qualitätsanforderungen, etc.

Jede Ingenieursgeneration muß ihre eigenen Erfahrungen machen - und die Fehler ihrer Vorfahren wiederholen..... ;)

Gruß
roger50

Offline proton01

  • *****
  • 1950
Re: Raptor - SpaceXs Methantriebwerk
« Antwort #207 am: 28. Juni 2014, 09:53:23 »
Moin,

Dokumentation nützt zwar einiges, aber die entscheidenden Details sind weg, wenn die Mitarbeiter gehen. Denn der wahre Schatz steckt in den Köpfen, nennt sich "Erfahrung". ...

Das Problem (bis heute) ist, das Raumfahrtprojekte oft sehr lange dauern, sodaß man oft nur 1 großes Projekt im Leben durchführen kann. ...

Nur ein Beispiel, das ich zufällig gut kenne: da dauerte es 20 Jahre von den ersten vagen Ideen bis zum Erstflug. Sowas ist normal.

Genau so ist es. SpaceX war vieleicht etwas schneller, da deutlich weniger Entscheidungsträger mitgeredet haben. Firmenintern geht es auch flotter als wenn europaweit mehrere Firmen miteinander Interfaces abstimmen müssen, die jeder ein großes Stück vom Budgetkuchen haben wollen.

Die Entwicklung der Ariane 5ME mit Vinci hat gewisse Chancen dem von roger50 genannten Beispiel nachzueifern. Erste Ideen zu Vinci ca. 1998, Erstflug frühestens 2017. Da darf man 3-4 Jahre abziehen nach dem Absturz 2003, als das Programm unterbrochen wurde. Aber die geforderten Tests und Nachweise dauern halt.

Führerschein

  • Gast
Re: Raptor - SpaceXs Methantriebwerk
« Antwort #208 am: 28. Juni 2014, 15:19:15 »
Also:  Ich will eine Trägerrakete für eine Flug zum Mars bauen. Dazu nehme ich ein LOX-Methan Triebwerk, Damit die extreme Zuverlässigkeit nachgewiesen wird muss ich ausreichend Tests machen. Nach ESA-Regeln viermal die Gesamt-Lebensdauer. Bei 10 facher Wiederverwendung also 40 Missionen mit einem Triebwerk. Zwangsweise ergibt sich, daß ich entweder zwei Triebwerke je 40 Missionen lang auf dem Prüfstand teste, oder je 40 mal eine repräsentative Mission fliege. Diese Tests oder Flüge sind aber nur diei Qualifikation, vorehr muss ich es erst entwickeln, um die Ausleguing so zu definieren, daß ich ziemlich sicher bin daß sie die vorgesehene Lebensdauer 4mal durchhält, dazu brauche ich weitere ca. 5 Triebwerke.

Mache ich alles am Prüfstand, dann kostet das was, das muss ich nachher kommerziell wieder verdienen (SpaceX als Prvatfirma).

Deine Annahmen für notwendige Tests bei Wiederverwendung akzeptiere ich nicht. OK, die ESA will 4 mal das Flugprofil, um das Triebwerk für einen Flug zu qualifizieren, klingt plausibel und vernünftig.

Daraus aber hochzurechnen, daß man für 10 Flüge 40mal diesen Zyklus durchspielen muß, ist nicht zulässig, warum das denn? 15 sind reichlich. Mal abgesehen davon, daß SpaceX 40 Tests des ganzen Triebwerkes nicht als eine übermäßig aufwändige Angelegenheit sehen wird. Die brauchen keinen Monat je Test.

Abgesehen davon, die Zahlen sind niedrig angesetzt. SpaceX nennt für Merlin 40 Zyklen. Ich weiß aber nicht, was sie mit Zyklen meinen. Sind das 40 Flüge oder incl.Tests vielleicht nur gut 20? Jedenfalls mehr als 10. Für Raptor erwarte ich eine sehr viel höhere Zahl von Flügen. Da ist diese Methode sowieso nicht mehr anwendbar.

Man wird zuerst die Zuverlässigkeit des Triebwerkes an mehreren Exemplaren auf dem Teststand prüfen mit 10 oder 20 oder mehr Testläufen. Das macht man im Rahmen der Entwicklung sowieso. Danach beginnt man mit Flügen. Nach ca. 20 realen Flügen wird man sich die Triebwerke genau ansehen. Probleme mit den Turbopumpen wird man im Flug frühzeitig mit Vibrationssensoren feststellen, so macht man es heute auch mit Flugzeugtriebwerken anstelle von festen Serviceintervallen. Kühlkanäle in der Brennkamer und der Düse muß man eher mit Durchflußmessungen und Ultraschalluntersuchungen testen. Das macht man anfangs häufiger und wenn Flugerfahrungen vorliegen, nach Bedarf.

Was ich zur Vorgehensweise bei Raptor schreibe, ist natürlich meine Spekulation, aber sicher realistischer als deine 40 Zyklen für 10fache Wiederverwendung.

Zur Wirtschaftlichkeit: Elon Musk hat schon gesagt, daß er keinen Business Case für Raptor und MCT hat. Er macht es trotzdem aus Überzeugung.

*

Offline Klakow

  • *****
  • 6758
Re: Raptor - SpaceXs Methantriebwerk
« Antwort #209 am: 28. Juni 2014, 18:28:57 »
Wenn ich sowas zu entwickeln hätte, würde ich erstmal die Turbopumpen auf Herz und Nieren testen und zwar sowohl was Anzahl der Intervalle wie die Betriebszeit geht so lange bis die Teile wirklich sehr deutlich über das gewünschte Profil weit hinaus geht.
Für das gesamte Triebwerk im Teststand dann genauso vorgehen.
Danach kann mit der Flugerprobung losgelegt werden.
Es hindert ja niemand daran das SpaceX die Bauteile weiterhin überwacht und auftauchende Schwächen durch Verbesserungen, Stück für Stück noch zuverlässiger zu machen.
Selbst beim Thema Tanks sind Konstruktionen die oft und lange verwendet werden sicher einfacher als mit LH2. Soweit ich weiß wird je tiefer die Temperaturen sind, je brüchiger werden die Materialien.  Aber vielleicht weiß jemand hier ja genau wieweit das bei LCH4 einfacher wird.

Re: Raptor - SpaceXs Methantriebwerk
« Antwort #210 am: 28. Juni 2014, 19:11:02 »
Sehr viel einfacher, weil die Temperaturen wesentlich höher als bei Wasserstoff und eher im Bereich von flüssigem Sauerstoff angesiedelt sind.
„Die Erde ist die Wiege der Menschheit, aber der Mensch kann nicht ewig in der Wiege bleiben. Das Sonnensystem wird unser Kindergarten.“ K. E. Ziolkowski

-

Stolzer Träger einer Raumconverwarnung wegen Schreibens unbequemer Wahrheiten.

Offline proton01

  • *****
  • 1950
Re: Raptor - SpaceXs Methantriebwerk
« Antwort #211 am: 28. Juni 2014, 19:38:56 »
Deine Annahmen für notwendige Tests bei Wiederverwendung akzeptiere ich nicht. OK, die ESA will 4 mal das Flugprofil, um das Triebwerk für einen Flug zu qualifizieren, klingt plausibel und vernünftig.

Daraus aber hochzurechnen, daß man für 10 Flüge 40mal diesen Zyklus durchspielen muß, ist nicht zulässig, warum das denn? 15 sind reichlich. Mal abgesehen davon, daß SpaceX 40 Tests des ganzen Triebwerkes nicht als eine übermäßig aufwändige Angelegenheit sehen wird. Die brauchen keinen Monat je Test.
Glaube mir, wenn ich schreibe daß die ESA das so vorsieht, dann ist das so. Wenn Du es nicht glaubst, wirf mal einen Blick in DR(Design Rule) -1-X-10 oder DR-1-51. Da steht es drin, und das wird derzeit verlangt. Ich habe es da gelesen. Beispiel Vinci:  2 Zündungen zur Abnahme vor dem Flug, bis zu 3 Zündungen im Flug ergibt 20 Zündungen in der Qualifikation.
Natürlich gilt das so in USA nicht, aber was ähnliches.

Abgesehen davon, die Zahlen sind niedrig angesetzt. SpaceX nennt für Merlin 40 Zyklen. Ich weiß aber nicht, was sie mit Zyklen meinen. Sind das 40 Flüge oder incl.Tests vielleicht nur gut 20? Jedenfalls mehr als 10. Für Raptor erwarte ich eine sehr viel höhere Zahl von Flügen. Da ist diese Methode sowieso nicht mehr anwendbar.
Nehmen wir mal an mit Zyklen sind thermodynamische Zyklen gemeint, also Zündung, Betrieb bis die Struktur voll durchgeheizt ist, Abschalten und Abkühlung bis Raumtemperatur. Das beansprucht das Material. (Bei kryogenen Temperaturen entsprechend Abkühlung im Betrieb und Wiedererwärmung nach dem Abschalten).
Im Prinzip ist die Methode anwendbar.
ABER: Zur Erinnerung:  Beim SSME erfolge die Zertifizierung entlang des "fleet leader"-Nachweises. Von jeder Komponente gab es eine, die die meisten Tests erfolgreich absolviert hatte. Dann waren davon ein Drittel für den bemannten Flug zertifiziert. Gab es zwei Komponenten mit quasi gleicher Testerfahrung, dann war die Hälfte zertifiziert.  Möglicherweise wird sowas für SpaceX auch wieder angewendet.

Man wird zuerst die Zuverlässigkeit des Triebwerkes an mehreren Exemplaren auf dem Teststand prüfen mit 10 oder 20 oder mehr Testläufen. Das macht man im Rahmen der Entwicklung sowieso. Danach beginnt man mit Flügen. Nach ca. 20 realen Flügen wird man sich die Triebwerke genau ansehen. Probleme mit den Turbopumpen wird man im Flug frühzeitig mit Vibrationssensoren feststellen, so macht man es heute auch mit Flugzeugtriebwerken anstelle von festen Serviceintervallen. Kühlkanäle in der Brennkamer und der Düse muß man eher mit Durchflußmessungen und Ultraschalluntersuchungen testen. Das macht man anfangs häufiger und wenn Flugerfahrungen vorliegen, nach Bedarf.
Das Serviceintervall für Turbopumpen ist ein Flug, die Dinger sind so hoch belastet, das ist nicht mit Flugzeugturbinen vergleichbar. Health Monitoring durch Vibrationsmessung ist noch sehr in den Anfängen. Fehlschläge können damit nur in sehr wenigen Fällen verhindert werden. Kühlkanäle mit Ultraschall zu untersuchen bringt nichts wenn man Verschmutzungen finden will, dafür ist die Auflösung zu gering. Im zusammengebauten Zustand können nur alle Kanäle gleichzeitig durchströmt weden, dann findet man lokale Abweichungen in nur einem Kanal nicht.

Aber im Prinzip hast in einem Recht. Wenn man sehr oft wiederverwendbare Systeme qualifizieren will, dann muss man sich eine andere Vorgehensweise einfallen lasssen als heute gilt. Das erfordert aber Umdenken, sowas dauert lange. Für die ersten Flüge muss ja die Wiederverwendung über die volle Anzahl noch nicht qualifiziert sein.

Was ich zur Vorgehensweise bei Raptor schreibe, ist natürlich meine Spekulation, aber sicher realistischer als deine 40 Zyklen für 10fache Wiederverwendung.
Was realistischer ist oder nicht wird sich zeigen. Deine Aussage dazu ist genauso Spekulation, wir wissen es beide nicht. Ich beziehe mich auf geltende Regeln. und Du ?

Zur Wirtschaftlichkeit: Elon Musk hat schon gesagt, daß er keinen Business Case für Raptor und MCT hat. Er macht es trotzdem aus Überzeugung.
NA, solange sein Geld reicht , umso besser. Wir wollen ja alle was funktionierendes erleben.
« Letzte Änderung: 28. Juni 2014, 21:51:31 von proton01 »

Offline proton01

  • *****
  • 1950
Re: Raptor - SpaceXs Methantriebwerk
« Antwort #212 am: 28. Juni 2014, 19:50:34 »
Sehr viel einfacher, weil die Temperaturen wesentlich höher als bei Wasserstoff und eher im Bereich von flüssigem Sauerstoff angesiedelt sind.

Richtig, Außerdem: Wasserstoff verursacht bei einigen Materialien eine Versprödung. Dann ist die Materialwahl eingeschränkt. Das Problem hat man mit Mehtan (nach bisheriger Kenntnis) nicht. Dafür hat Methan das Problem, daß schon kleinste Schwefelanteile mit gewissen Materialien Probleme ergeben können. Dann hängt es von der Methanreinheit ab. Aber, je reiner desto teuerer.

Re: Raptor - SpaceXs Methantriebwerk
« Antwort #213 am: 28. Juni 2014, 20:05:02 »
Welche Komponenten des Raptor Triebwerks wurden oder werden denn zuerst getestet, weis das jemand ?

Gruß

Führerschein

  • Gast
Re: Raptor - SpaceXs Methantriebwerk
« Antwort #214 am: 28. Juni 2014, 21:10:13 »
@proton01

Die ESA hat Abnahmeregeln für wiederverwendbare Triebwerke?

Offline proton01

  • *****
  • 1950
Re: Raptor - SpaceXs Methantriebwerk
« Antwort #215 am: 28. Juni 2014, 21:43:50 »
Ja und nein. Die ESA hat Qualifikationsregeln for Antriebssystem, die so allgemein sind, daß sie auch für wiederverwendbare System gelten. (solange nichts anderes vereinbart wird). Aber spezifische Regeln sind mir nicht bekannt. Soweit ist man bei Hermes damals wohl nicht gekommen.

*

Offline Klakow

  • *****
  • 6758
Re: Raptor - SpaceXs Methantriebwerk
« Antwort #216 am: 29. Juni 2014, 00:52:29 »
Das Serviceintervall für Turbopumpen ist ein Flug, die Dinger sind so hoch belastet, das ist nicht mit Flugzeugturbinen vergleichbar.
Das LH2 Turbopumpen sehr hoch belastetet sind ist schon klar wegen der geringen Dichte vom Wasserstoff, aber LCH4 ist im Vergleich doch schon sehr viel dichter, das geht doch wohl direkt in die Drehzahl der Pumpen ein, also viel dichter an den LOX Pumpen, oder?
Soweit mir bekannt ist, ist die Lebenszeit~1/eN?
Wenn dem so ist, sollte man eine sehr viel höhere Lebenszeit erreichen können, oder?
Zitat
Health Monitoring durch Vibrationsmessung ist noch sehr in den Anfängen. Fehlschläge können damit nur in sehr wenigen Fällen verhindert werden. Kühlkanäle mit Ultraschall zu untersuchen bringt nichts wenn man Verschmutzungen finden will, dafür ist die Auflösung zu gering. Im zusammengebauten Zustand können nur alle Kanäle gleichzeitig durchströmt werden, dann findet man lokale Abweichungen in nur einem Kanal nicht.
Das mag schon sein, aber ist Verschmutzung bei dem Treibstoff überhaupt ein Thema, wir sprechen ja nicht über RP-1?
Das mit der Reinheit ist natürlich ein Problem, da könnte selbst der Wasserstoffanteil schädlich sein.

Offline proton01

  • *****
  • 1950
Re: Raptor - SpaceXs Methantriebwerk
« Antwort #217 am: 29. Juni 2014, 10:50:35 »
Hallo Klakow,

Im Prinzip hats Du recht, Methan-Pumpen drehen deutlich langsamer, könnte mit der LOX-Pumpe auf eine Welle. Aber Überprüfung nach jedem Flug ist erstmal notwendig um die Zuverlässigkeit zu erhalten. Diese Inspektionsmöglichkeiten muss man gleich reinkonstruieren, damit es ohne zuviel Aufwand geht (z.B. Zugang für Endoskope). Mit viel Flugerfahrung kann man dann die Intervalle vergrößern.

Reines Methan ist kein Problem, aber sehr teuer. Verflüssigtes Erdgas ist sehr viel günstiger, da hängt die Zusammensetzung aber vom Fördergebiet ab. Das Zusammenspiel von Material und Fremd-Anteile im Methan ist nicht generell bekannt und muss individuell erprobt werden. Andere Kohlenwasserstoffe,auch H2, sind kein Problem (H2 erhöht den Isp), aber Schwefel-Verbindungen.
Ich hatte mal ein Konferenzpaper verlinkt, da steht einiges dazu drin.

tobi

  • Gast
Re: Raptor - SpaceXs Methantriebwerk
« Antwort #218 am: 29. Juni 2014, 11:51:52 »
Raptor hat 2 Pumpen mit 2 Turbinen und 2 Gasgeneratoren, schließlich soll es ein full flow staged combustion Triebwerk werden:
http://www.nasaspaceflight.com/2014/03/spacex-advances-drive-mars-rocket-raptor-power/

Offline Flandry

  • *****
  • 797
Re: Raptor - SpaceXs Methantriebwerk
« Antwort #219 am: 29. Juni 2014, 12:02:12 »

Reines Methan ist kein Problem, aber sehr teuer. Verflüssigtes Erdgas ist sehr viel günstiger, da hängt die Zusammensetzung aber vom Fördergebiet ab.

SpaceX will, wenn ich das richtig mitbekommen habe, Methan auf dem Mars selbst synthetisieren - womit gleichzeitig eine große Reinheit verbunden ist.
Wenn man sowieso eine Produktionsanlage für den Mars entwickelt (wartungsarm, und nur mit vorhanden Ressourcen -CO2, Wasser, Sonnenlicht- arbeitend ), wird man nicht umhin kommen, eine Pilotanlage auf der Erde zu bauen. Und wenn man schon eine funktionierende Anlage bauen muss, kann man sie auch entsprechend größer auslegen und sich selbst kostengünstig mit Treibstoff versorgen (und das Problem mit eventuellen Verunreinigungen des Methans von vornherein vermeiden).

tobi

  • Gast
Re: Raptor - SpaceXs Methantriebwerk
« Antwort #220 am: 29. Juni 2014, 12:03:41 »
Ziemlich sicher wird man auf der Erde LNG benutzen, alles andere macht kein Sinn. Das ist günstig und einfach verfügbar.

Führerschein

  • Gast
Re: Raptor - SpaceXs Methantriebwerk
« Antwort #221 am: 29. Juni 2014, 12:18:33 »
Es gibt Methan auf dem Markt in jeder Reinheit. Die ausraffinierten Bestandteile sind teurer als Methan, deshalb ist die reine Version durchaus nicht teuer.

Wenn es so einfach und kostengünstig möglich wäre, Methan hier herzustellen, dann wären wir schon längst unabhängig von fossilen Quellen.

Speziell Schwefel, findet sich das überhaupt in Methan? Ich konnte nichts dazu finden. Höherkettige Kohlenwasserstoffe je nach Quelle reichlich oder wenig genug, um kaum eine Rolle zu spielen.

Offline Ruhri

  • *****
  • 4042
Re: Raptor - SpaceXs Methantriebwerk
« Antwort #222 am: 29. Juni 2014, 12:58:07 »
Methan ist CH4 und enthält absolut keinen Schwefel. Erdgas alias LNG besteht zum überwiegenden Teil aus Methan, aber nicht vollständig, und darin liegt nun einmal das Problem. Manche Quellen enthalten mehr Schwefel, andere weniger.

*

Offline HausD

  • *****
  • 13753
Re: Raptor - SpaceXs Methantriebwerk
« Antwort #223 am: 29. Juni 2014, 13:09:09 »
...Manche Quellen enthalten mehr Schwefel, andere weniger.
[KSM on] ...wenn, dann schon Gasquellen...
und nicht Schwefel, sondern Schwefelwasserstoff und weitere gasförmige  Schwefelverbindungen ... [KSM off]
[IM on]  ;) [IM off] HausD

Offline Ruhri

  • *****
  • 4042
Re: Raptor - SpaceXs Methantriebwerk
« Antwort #224 am: 29. Juni 2014, 13:12:01 »
Meinst du, dass man das extra erwähnen muss? ???

Nun, vermutlich hast du recht.  ;)